Piko 51142: ÖBB 1018.07

Die BBÖ forcierte während der Zwischenkriegszeit die rasche Elektrifizierung aller wichtigen Strecken, also nicht nur jene über die Alpen, sondern auch die Fortführung des Fahrdrahtes von Salzburg nach Wien ab 1937. Damit ergab sich die Forderung nach einer leistungsfähigen und schnellaufenden Schnellzuglok für die Hügellandstrecke mit bis zu 11 Promille Rampenneigung. Bei der DRB zeichnete sich mit der E 18 eine geeignete Lösung ab, weshalb die BBÖ die Lizenz für einen Nachbau im mechanischen Teil erwarben. Die elektrische Ausstattung wurde nach österreichischen Baugrundsätzen neu konzipiert (650 t Wagenzuggewicht bei 90 km/h in 10 Promille). Somit entstanden bei der BBÖ acht Loks der Reihe 1870, die bei der DRB als BR E 18² geführt wurden und ab 1945 (ohne E 18.206) wieder zur ÖStB bzw. ÖBB als Reihe 1018 gelangten. Obwohl die DRB während des Zweiten Weltkrieges Angleichungen zur E 18 vornahm, wurden umfangreiche bauliche Änderungen erst im Zuge von Ausbesserungen in den 1960er Jahren vorgenommen. Im Jahre 1962 erfolgte die Umstationierung nach Linz, fortan änderte sich das Einsatzspektrum. Der hochwertige Schnellzugverkehr wurde an Neubaureihen abgetreten, dafür waren die einstigen Schnellzugloks im Eilzugverkehrs ringsum Linz im Einsatz. Die sieben verbliebenen Serienmaschinen wurden zwischen 1986 und 1992 ausgemustert. Die grüne 1018.05 blieb als Nostalgielok erhalten.


Modellvorstellung

Der Sonneberger Hersteller entwickelt sich hinsichtlich der Neuheitenauswahl als Überraschungskind. Nachdem der Hersteller für sich beschlossen hat, ein Vollsortimenter zu sein, versucht dieser alle potentiellen Modellbahnmärkte entsprechend zu beackern. Die Ankündigung der Reihe 1018 der ÖBB ist daher eine logische Konsequenz als Folgeentwicklung basierend der zuvor konstruierten Reichsbahn E 18 bzw. BR 118 der DB oder BR 218 der DR. Die erfolgreiche Modellumsetzung der E 18/118 schrie gerade nach einer Neuauflage des österreichischen Pendants, immerhin liegt die Modellkonstruktion von Roco schon einige Zeit zurück. Das Neuheitenprogramm 2023 hat daher eine blutorange 1018 in vier technisch unterschiedlichen Ausführungen vorgesehen. Piko hat sein Erstmodell jeweils ohne und mit Loksound für die beiden Stromsystem Gleich- bzw. Wechselstrom angekündigt. Die analoge Modellversion mit der Artikelnummer 51142 weist einen UVP von € 249,– auf. Die Gleichstromausführung mit Loksound wird unter der Artikelnummer 51144 geführt und wird zum UVP von € 359,– angeboten. Unter der Artikelnummer 51143 ist die Modellausführung für das Dreileiter-Wechselstromsystem ohne Decoder zum UVP von € 299,– erhältlich. Wer die Wechselstrom-Maschine mit Loksound und Decoder erwerben will, kommt diese Modellausführung unter der Artikelnummer 51145 zum UVP von € 359,–. Angekündigt war übrigens ein Modell mit Computernummer.

Verpackung

Piko liefert sein neues ÖBB-Modell in der bekannten Kartonverpackung mit Blistereinsatz aus. In die Kartonverpackung mit Kartonschuber ist das Modell in der rutschsicheren Blisterummantelung eingelegt. Sämtliche Papiere zum Modell sind an der Unterseite in einem eigenen Schuber in die Kartonverpackung eingeschoben. Das Modell steht wie vergleichbare Konstruktionen wieder auf einem Plastikgleis. Das Modell ist an der Unterseite mit einer Imbus-Schraube befestigt. Hier hat der Hersteller einen entsprechenden Imbus-Schlüssel beigelegt. Der Zurüstbeutel ist am Scharnier der Blisterbox eingeklebt. Als Zurüstteile sind die Verschiebertritte, die Bremsschläuche, die Zughaken und das Heizkabel beigelegt. Mitgeliefert wird sogar ein lackierter Ätzschildersatz, wie man dies vom Mitbewerber Roco kennt.

Leider hat der Hersteller aus der bisherigen Kritik hinsichtlich der fehlenden Barrierefreiheit von Betriebsanleitungen nichts gelernt, denn die Lesbarkeit der Betriebsanleitung läßt auch dieses Mal zu wünschen übrig. Die Explorationszeichnungen sind für den Modellbahner sehr nützlich. Ergänzende Hinweise werden noch in Schriftform niedergelegt. Allerdings wäre es sehr sinnvoll, die bisher gewählte Schriftgröße zu überdenken. Der Hersteller möge bedenken, daß die Sehkraft gerade älterer Personen schwächer wird und die Angaben nur mehr unter der Zuhilfenahme einer Lupe erkennbar sind.

Technik

Das Antriebskonzept ist wie bei jeder Lokomotive unterhalb des Lokgehäuse untergebracht. Das Öffnen der Lok gestaltet sich beim ÖBB-Modell einfacher als dies noch bei den verwandten Modellausführungen der Reichsbahn und der DB der Fall ist. Das Lokgehäuse ist über zwei Schrauben an der Unterseite des Modells befestigt. Nach dem Lösen der beiden Schrauben ist das Gehäuse einfach nach oben abziehbar.

Im Chassis der Lok ist ein fünfpoliger Mittelmotor mit zwei Schwungmassen verbaut. Der Antrieb erfolgt via Kardanwellen und dem Zahnradgetriebe auf alle vier Treibräder. Je ein Haftreifen ist einseitig an den inneren Treibachsen aufgezogen. Die Treibachsen sind innerhalb der Fahrwerksverkleidung als zwei Drehgestelle ausgeführt. Die Achsen sind starr eingelagert. An deren Enden sind die Vorlaufdrehgestelle über einen zentralen Drehpunkt befestigt. An den Stirnenden befindet sich eine Kurzkupplungskulisse. Die Stromabnahme erfolgt über alle Achsen, sogar von den Vorlaufachsen.

Die Zentralplatine ist über den Antriebskomponenten mit Schrauben befestigt. Auf der Platine befinden sich einerseits die Digital-Schnittstelle sowie ein Jumper, mit dem Beleuchtungsvarianten eingestellt werden können. Bei der Digital-Schnittstelle wurde eine PluX22 berücksichtigt. Das Modell ist natürlich für einen späteren Einbau der Sound-Ausrüstung vorbereitet.

Fahrverhalten

Das Modell bringt ein Gewicht von 427 Gramm auf die Waage. Das Modell fällt durch ein solides Fahrverhalten und durch die geringe Geräuschentwicklung auf. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 135 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. vier % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist die Modellgeschwindigkeit um ca. 26 % zu niedrig.

Optik

Piko hat schon mit der Baureihe 118 der DB bewiesen, welche Augenweide das Unternehmen bei Neukonstruktionen an den Tag legen konnte. Das kann man auch für das artverwandte ÖBB-Modell sagen. Piko legt mit seiner Neukonstruktion ein wunderschön umgesetztes Modell vor, natürlich mit entsprechenden Detailreichtum. Die helle Farbgebung macht unter anderem die feinen Nietreihen optisch ersichtlich. Die Lüftergitter weisen tiefe Gravuren auf. Die länglichen Verkleidungsstreifen sind dezent angedeutet. Die Türrillen und Fensterübergänge sind ebenfalls mit feinen Gravuren ausgestattet. Die Haltegriffstangen der Türen, der Verschiebergriff, der Frontumlauf und die Scheibenwischer sind als eigene Ansetzteile ausgeführt. Die Fensterscheiben sind paßgenau eingesetzt und weisen dezente Gummifassungen auf. Die Stirnlampen sind als Stilaugen ausgeführt und weisen graue Lampenumfassungen auf.

Am Dach sind die Nietreihen wesentlich besser zu erkennen als auf den Seitenwänden. Die rot lackierte Dachleitung wird von zierlichen, braun lackierten Isolatoren getragen. Große Beachtung finden jedoch die eigens für die 1018 produzierten Stromabnehmer, deren Oberscheren aus feinem Metalldraht bestehen. Die feinen Schleifstücke eigenen sich allerdings nicht für den Oberleitungsbetrieb.

Der letzte Blick fällt auf das Fahrwerk selbst, daß durch die Rahmenkonstruktion und die Achsantriebe gekennzeichnet ist. Auch hier ist die saubere Arbeit des Konstrukteurs erkennbar, indem etliche Gravuren und auch Nietreihen sowie weitere Ausnahmen zu erblicken sind. Sämtliche Ausgleichshebel und Überwurfbügel sind gleichermaßen ausgeführt wie die Sandfallrohre. Nachgebildet sind auch die Antriebselemente auf den Treibrädern.

Bedruckung und Beschriftung

Das Modell ist in den ÖBB-Farben ab den 1970er Jahren lackiert. Die als 1018.07 beschriftete Lokomotive ist blutorange lackiert und verfügt über drei Zierlinien im Farbton Elfenbein. Die Farbtrennkanten sind sauber ausgeführt. Die Bedruckung ist tadellos. Sämtliche Anschriften sind gut lesbar und voll deckend aufgetragen. Die Loknummer ist aufgedruckt und als Lokschild ausgeführt, formtechnisch wurde dies durch eine erhabene Darstellung in der Seitenwand umgesetzt worden. Die 1018.07 ist in der Zfl. Linz beheimatet. Die letzte Bremsuntersuchung ist mit dem Datum 20.03.81 angegeben.

Beleuchtung

Das Beleuchtungskonzept erfolgt über warmweise LED. Diese leuchten fahrrichtungsabhängig dreimal weiß als Spitzenlicht und einmal rot als Schlußlicht. Die Modellausführungen mit Digitaldecoder verfügen noch über weiterführende Beleuchtungsmöglichkeiten.

Nachtrag

Ein Bekannter hat mich nach dem Erscheinen meines Artikels in der Modellbahnwelt darauf hingewiesen, daß die am Sounddecoder aufgespielten Bahnsteigansagen für St. Pölten dennoch richtig sind. Die Ansagetexte handeln von einer Zeit, als es bei den ÖBB noch keine chronologische Nummerierung der Bahnsteige gab.