Roco 70115: DB-Baureihe 288

Die Deutsche Reichsbahn hat in den Jahren 1941/42 insgesamt vier Doppellokomotiven der Type D 311 in Dienst gestellt. Die als „Walli“ bezeichnete D 311.01 a/b wurde auf der Halbinsel Krim eingesetzt, ebenso die Schwestermaschine D 311.02 a/b. Beide Lokomotiven standen als Zuglokomotiven für das größte Eisenbahngeschütz „Dora“ im Einsatz. Die beiden anderen Lokomotiven, D 311.03 a/b und D 311.04 a/b, waren für den Einsatz mit dem Geschütz „Schwerer Gustav 2“ vorgesehen und waren vermutlich auch im Westen im Einsatz. Eine fünfte und sechste Doppellokomotive wurde zwar noch bei Krupp bestellt, aber infolge der Kriegsereignisse nicht mehr realisiert.

Bei den Doppellokomotiven handelt es sich um Verbrennungsfahrzeuge mit dieselelektrischer Kraftübertragung. Jede Lokhälfte ist als autarke Antriebseinheit zu sehen. Ein im Maschinenraum befindlicher ein Dieselmotor mit dem direkt angetriebenen Gleichstrom-Generator erzeugte die Energie für elektrischen Fahrmotoren in den vier Radsätzen, womit die Wehrmachtslokomotive die Achsfolge Do + Do aufweist. Die Steuerungen beider Lokhälften waren elektrisch gekoppelt und wurden von dem jeweils vorausfahrenden Führerstand aus bedient. Das Gesamtgewicht der Doppellokomotiven betrug 147 Tonnen. Die Höchstgeschwindigkeit war auf 75 km/h festgelegt. In der Feuerstellung der „Dora“ lieferten die Lokomotiven auch die elektrische Energie zum Betrieb des Geschützes.

Zwei Doppellokomotiven wurden nach dem Krieg in Deutschland vorgefunden. Die D 311.03 a/b wurde in der Nähe von Freilassing vorgefunden und nach der Instandsetzung 1948/49 bei Krauss-Maffei in München als V 188 001 a/b von der Deutschen Bundesbahn übernommen. Die D 311.04 a/b verblieb in den Niederlanden und wurde gegen Ende 1949 zur Deutschen Bundesbahnen gekauft. Sie wurde nach ihrer Aufarbeitung im Jahr 1951 als V 188 002 a/b umgezeichnet und in den Betriebsdienst genommen. Die D 311.02 a/b wurde bei Krupp in Essen vorgefunden und als Ersatzteilspender verwendet. Beide DB-Lokomotiven kamen im schweren Güterzug- und Schiebedienst zum Einsatz, vorwiegend auf der nicht elektrifizierten Spessart-Rampe. Ende der 1950er Jahre erfolgte eine Neumotorisierung mit Maybach-Motoren, welche schon bei der V 200.0 und im VT 08 verwendet wurden.

Die V 188 001 wurde infolge eines Generatorschadens 1968 abgestellt. Die V 188 002 (ab 1968: 288 002) war bis 1972 im Fränkischen Raum im Einsatz. Beide Loks wurden 1973 verschrottet.


Modellvorstellung

Die achtachsige Wehrmacht-Diesellokomotive wurde bereits im Jahr 2021 als Neukonstruktion für die Baugröße N bei Fleischmann angekündigt und erfolgreich umgesetzt. Daher war es also nur eine Frage der Zeit, ob die Salzburger auch die größere Modellausführung in H0 umsetzen werden. Und ja, im Neuheitenprogramm von 2023 findet sich im hochwertigen Produktsegment Edition eine purpurrote 288 002-9 der Deutschen Bundesbahn. Das realisierte Modell entspricht demzufolge dem Letztzustand, indem die Rahmenblenden mit je vier Sandkästen und Indusi-Magneten ausgestattet sind. Roco legt seine Neukonstruktion in den drei üblichen Modellausführungen auf. Unter der Artikelnummer 70115 ist das Gleichstrom-Modell ohne Loksound zum UVP von € 369,90 erhältlich. Die Gleichstrom-Version mit Loksound trägt die Artikelnummer 70116 und weist einen UVP von € 619,90 auf. Ebenfalls mit Loksound erhältlich ist eine Dreileiter-Wechselstrom-Ausführung, erhältlich unter der Artikelnummer 78116 zum UVP von € 619,90. Der hohe UVP für die Soundmodelle erklärt sich dadurch, da das Modell über zwei Decoder verfügt.

Verpackung

Der Hersteller liefert seine DB-Großdiesellokomotive mit dem Produktzusatz „Edition“ aus. Dies bedeutet für die Verpackung, daß das Modell sich nicht nur ein einer robusten Kartonverpackung befindet, sondern noch zusätzlich auf einem Plastikgleis in einer durchsichtigen Glasvitrine steht und von der Unterseite her festgeschraubt ist. In diesem Zustand kann das Lokmodell auch staubgeschützt irgendwo aufgestellt werden. Dem Modell liegt noch die umfangreiche Betriebsanleitung und ein Zurüstbeutel bei, in dem aber nur die Roco-Kurzkupplungen und die Zurüstteile für die PUfferbrust beiliegen. Das Ersatzteilblatt ist in der Betriebsanleitung integriert.

Technik

Die Filigranität der Neukonstruktion erfordert mehrere Schritte, um die Lokgehäuse aus Kunststoff abnehmen zu können. Als erste ist ein Steckteil (Verbindungsleitungen) zwischen beiden Lokhälften auf beiden Lokseiten zu entfernen. Dann sollten die beiden Hälften getrennt werden. Sie sind durch eine Kurzkupplung verbunden. Das Lokgehäuse läßt sich wie üblich durch seitliches Auseinanderspreizen nach oeben abziehen. Allerdings Achtung auf die fixierten Anbauteile sie die Treppen. Beim Innenleben werden jeweils Platinen sichtbar, die auf dem Zinkdruckgußrahmen befestigt sind. Jede Platine verfügt über einen Steckplatz PluX22 als Digitalschnittstelle. Da die beiden Lokhälften nicht elektrisch miteinander verbunden sind, sind die Fahrzeugteile autark einsetzbar und zusätzlich sind im Digitalbetrieb zwei Decoder notwendig.

Roco hat gegenüber seinem N-Modell von Fleischmann das Antriebskonzept geändert und jeder Lokhälfte einen Mittelmotor eingesetzt. Ein Mittelmotor mir zwei Wellenstummel treibt die Lokomotive über ein Zahnradgetriebe die jeweils erste bzw. letzte Achse pro Lokhälfte an. Die Achsen 2 und 3 bzw. 6 und 7 sind antriebslos, also Laufachsen. Die Laufachsen sind horizontal wie vertikal gefedert. Alle Achsen sind mit einem unterschiedlichen Seitenspiel versehen. Das Modell erhielt trotz des hohen Eigengewichtes zwei Haftreifen. Je ein Haftreifen befindet sich an der ersten und letzten Achse. An allen Enden sind Kurzkupplungskulissen verbaut, bei den Lokenden sind NEM-Kupplungsschächte vorgesehen.

Fahrverhalten

Die Doppel-Lok hat ein Eigengewicht von 774 Gramm. Das Vorbild erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 91 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 22 % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist sie um ca. acht % zu langsam.

Optik

Roco hat die Lokgehäuse aus Kunststoff gefertigt, welche mit zahlreichen Details versehen sind. Die beiden Gehäuseteile sind ident, unterscheiden sich allerdings nur durch die Anschriften. Das Kunststoffgehäuse verfügt über feine Nachbildungen der Lüftergitter unterschiedlicher Bauart. Die Nieten an der Oberfläche sind allesamt sehr filigran umgesetzt. Die Fenster sind paßgenau eingesetzt, die Fensterrahmen weisen einen schmale, schwarz ausgeführte Fensterfassung auf. Dies trifft auch für die Führerstandsfenster zu. Die Scheibenwischer sind als erhaben ausgeführte Bauteile ausgeführt und in das Gehäuse gesteckt. Die Führerstandstüren offenbaren weitere Detaillierungen, die schwarzen Griffstangen sind ebenfalls als erhabene Steckteile ausgeführt. Das an sich einfach gestaltete Dach wird durch zahlreiche Nietreihen, Lüfteranordnungen und dem Ausblaslüfter durchbrochen. Dieses Lüfterteil ist als feines Ätzteil gefertigt. Lüfterräder sind aber keine zu erkennen. Das Fahrwerk besteht aus einem durchgehenden Außenrahmen mit frontseitiger Pufferbrust, wobei die dreidimensionale Tiefenwirkung des Modells sehr gut zur Geltung kommt. Das Modell verfügt über optisch einwandfrei umgesetzte Federpakete bzw. Ausgleichshebel, aber auch die empor stehenden Sandkästen oder Achslagerdeckel weisen alle Nachbildungen auf wie man sie beim Vorbild vorfindet. Die montierten Bremsbacken sind auf Radlaufebene positioniert. Aufpassen sollte man auf alle Fällte bei den Trittstufen bei den Führerstandstüren. Durch das Umfallen des Modells beim Fotografieren ist eine Stufenteil abgebrochen. Besondere Beachtung verdient der Platz zwischen den beiden Lokhälften, indem in beide Gehäuseteile verschiedene Leitungsführungen eingesetzt sind. Gerade diese sollte man beim Abnahmen oder Aufsetzen der Gehäuse besonders im Auge behalten.

Bedruckung und Beschriftung

Das einfache Farbschema der DB-Lok gestattet eine einfach Modellumsetzung. Die erhaben dargestellten Zierlinien weisen scharfe Farbtrennkanten auf. Die Anschriften sind gut deckend wieder gegeben und lupenrein lesbar. Die als 288 002 a/b beschriftete Lokomotive ist beim Bw Bamberg der BD Nürnberg beheimatet. Im Revisionsraster werden als letzte Untersuchungsdaten die Angaben REV U2 MF 29.02.68 ausgewiesen.

Beleuchtung

Das Modell der Baureihe 288 ist mit LED als Beleuchtungskörper ausgestattet. Die Ansteuerung des Spitzenlichtes bzw. des Schlußlichtes erfolgt richtungsabhängig. Das Spitzenlicht ist dreifach weiß belegt, das Schlußlicht zweifach rot. Die Umschaltung erfolgt fahrtrichtungsabhängig. Das Digitalmodell weist noch separate Schaltmöglichkeiten auf, außerdem sind eine Führerstandsbeleuchtung und eine Maschinenraumbeleuchtung vorgesehen.


Bilder