Piko 52320: DB-Baureihe V 100

Die Planungen gehen auf den vorläufigen Typenplan der Bundesbahn von 1950 zurück, in dem auch eine Mehrzweck-Streckenlok in der Leistungsgruppe von 800 bis 1000 PS vorgesehen war. „Schwerer Nebenbahndienst“ — so etwas gab es damals noch —, aber auch leichte Hauptstreckenaufgaben sollten ihr Arbeitsgebiet ebenso sein wie schwere Rangierarbeiten. Letztere wurden dann zugunsten der V 90 aus dem Pflichtenheft der V 100 genommen.

Die Erfahrungen mit der Baureihe V 80/280, die seit 1952 in Erprobung und Betrieb war, flossen natürlich auch in die Konstruktion der „Großserien-Lok“ ein, die ausdrücklich dafür vorgesehen war, Nebenstrecken „dampffrei“ und damit rentabler zu machen. Dazu mußte die neue Lok a) günstig in der Anschaffung, b) sparsam im Betrieb (Einmannbedienung) und c) „billig“ in der Unterhaltung (robust konstruiert) sein.

Das bedeutete unter anderem den Verzicht auf den selbsttragenden Aufbau der in dieser Hinsicht „moderneren“ V 80 und die Rückkehr zum „guten alten“ Brückenrahmen aus Doppel-T-Profilen mit Querverstrebungen. Die markanten Hauben der V 100 haben also nur noch schützende Funktion. Und weil damals das Gros der Reisezugwagen noch mit Dampf beheizt wurde, war eine passende Heizung für Züge bis etwa 300 t ebenso gefragt wie nebenbahntaugliche Achsfahrmasse (15 bis 16 t) und Kurvengängigkeit (bis minimal 100 m Kurvenradius). Mit einer Nebenbahn-Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h, für Hauptbahnen 100 km/h, einer Reisezug-Anfahrzugkraft von 150 t (Güterzüge 210 t) und der Forderung, daß die betriebsbereite Lok auch einmal eine kalte Nacht durchstehen konnte (mindestens sechs Stunden Abstellzeit bei — 30° C), war das Pflichtenheft schon fast komplett.

Gestalt nahm die Lok dann bei der Maschinenbau Kiel (MaK) an, wohin die Bundesbahn den Entwicklungsauftrag vergab. In enger Kooperation mit den zuständigen DB-Stellen erfolgten 1956 bis 1958 die Konstruktionsarbeiten — die
V 100 ist also ein waschechtes „Kind“ der Epoche III, als Ende 1958 die ersten sieben Vorserienmaschinen aufs Gleis rollten. Sechs der Loks hatten einen 1.100-PS-Motor, waren also „echte“ V 100 (211), während eine Lok, versuchsweise zunächst, eine 1.350-PS Lokomotive erhielt, Vorgängerin der Baureihe V 100.20, der späteren Reihe 212.

Fünf Vorausloks wurden später von der DB als V 100 001 bis 005 (später V 100 1001 bis 1005, danach 211.001 bis 005) übernommen, während der 212-Prototyp über die Nummern V 100 006 und V 100 2001 zu seiner letzten Betriebsnummer 212 001 kam. Bleibt die Frage nach der siebten Vorauslok: V 100 007 kam als solche erst 1959 zur DB, nachdem sie vorher noch als MaK-eigene Vorführlok verschiedene ausländische Bahnen kennenlernte (V 100 1007, 211 007). Alle Vorausloks sind dann in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre aus dem DB-Bestand ausgeschieden.

Die Serienlieferung der V 100.10 umfaßte nach einer Vorserie von 36 Loks (1961/62) schließlich insgesamt 364 Maschinen. Ausgehend von der mit 1.350 PS motorisierten V 100 006, deren Motor gegenüber den 1.100-PS-Maschinen keinen zusätzlichen Platz benötigte — und der zudem bereits zur Beschaffung vorgesehen war (für die Baureihe V 200.1 bzw. 221) —, ging die stärkere Unterbaureihe gewissermaßen von Anfang an mit ins Rennen. Die Serienbeschaffung der V 100.20 erfolgte dann 1962 bis 1965 in einer Gesamtzahl von 380 weiteren 1.350-PS-V 100.

Wenn wir aber „nur“ 371 Loks der ab 1968 so genannten Baureihe 212 zählen (zwei davon ausgemustert), so deswegen, weil zehn Maschinen — die V 100 2332 bis 2341 — wegen ihrer speziellen Ausrüstung für den Steilstreckenbetrieb (u. a. hydrodynamische Bremse) bei der Umnummerierung von 1968 einer eigenen Baureihe — 213 — zugeordnet wurden. Die als Steilstreckenloks bezeichnete Serie ist bis auf Getriebe und hydrodynamische Bremse fast identisch mit den Loks der Baureihe 212. Eine weitere Abweichung ist der Einbau eines ortsnetzgespeisten Batterieladegeräts, da der sonst hier eingebaute Hilfsdiesel wegen des Platzbedarfs für die Brems-Wärmetauscher nicht mehr paßte.

Recht spät wurden die V 100 vom ozeanblau/beigen DB-Farbschema berührt: 1975 erfolgten die ersten Umlackierungen. Dafür hielten sich aber die purpurroten V 100 relativ lange im Betriebsdienst. Sie wurden dann im Rahmen einer Hauptuntersuchung mit Neulack versehen, also teilweise auch „von purpurrot auf orientrot“ umgespritzt.

Insgesamt wurden von den verschiedenen V 100-Spielarten 745 Maschinen beschafft, wobei der Bestand über zwei Jahrzehnte hinweg ziemlich konstant blieb. Der erste markante Einbruch trat 1982 ein, als 15 Lokomotiven in die Türkei „auswanderten“; zunächst von der Türkischen Staatsbahn (TCDD) angemietet, 1985 mit einer weiteren 211 gekauft, erfüllen sie an Bosporus und Mittelmeer die ihnen ursprünglich auch hierzulande zugedachte Aufgabe: Sie mach(t)en Dampflokomotiven im lokalen Verkehr überflüssig. Und das im nicht unattraktiven „neutürkisch-blauen“ TCDD-Farbkleid als Reihe DH 11.

1986 kam es zum ersten Verkauf einer V 100 an eine Nichtbundeseigene Eisenbahn (211 273 an die Rinteln-Stadthagener Eisenbahn, danach RStE-Lok V 125), eine Aktion, der im Mai 1988 der Verkauf von 211 252 an die Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser folgte (EVB-Nummer: V 284).

Das Jahr 1987 war von weiteren Ab- und Umstellungen bei der V 100-Familie gekennzeichnet, wobei vor allem nicht Wendezug-fähige 1.100-PS-Maschinen den ersten Auswirkungen der DB-Planung von 1990 zum Opfer fielen, die davon ausgeht, 1990 nur noch gut 1.100 der damals vorhandenen noch etwa 1.500 Streckendiesellokomotiven im Bestand zu haben.

Einige der 1986 zur „baldigen Ausmusterung“ ausgeschauten 211 ohne Wendezugsteuerung hat es schon erwischt, weitere folgten unweigerlich. Der Abschied dieser typischen Vertreter der Epoche 3 war also vorgezeichnet, weil die Bahn schon massiv unter dem Konkurrenzdruck des Autos stand, da das Programm des Niedergangs nicht nur schon geschrieben, sondern schon gestartet war.

Die seit Anfang 1986 erfolgende zügige, wenngleich verspätete Serienfertigung des Triebwagens Baureihe VT 628.2 — keineswegs ein weiterer „Retter der Nebenbahnen“ … — hat die Verdrängung der V 100 aus ihr zugewachsenen Eilzug-Diensten beschleunigt. Der Umbau von Schienenbussen auf Einmannbetrieb hat ein übriges tun, auf Nebenbahnen, die die meisten schon für lange stillgelegt halten, das vertraute Bild des lokbespannten Zuges, und sei es eben eine V 100 mit zwei Silberlingen — allenfalls ergänzt durch einen Umbau-Halbpackwagen —, schneller verschwinden zu lassen als manchem lieb war.

1994 übernahm die DB AG die Maschinen in den Bestand. Obwohl die letzte Maschine der BR 211 bei der DB AG im Jahr 2001 nach fast 40 Jahren ausgemustert wurde, sind die Loks noch heute bei vielen Privatbahnen in ganz Europa im Einsatz. Hier sind sie oft bei Gleisbaufirmen anzutreffen, da der erhöhte Mittelführerstand gegenüber Lokomotiven mit Endführerstand eine bessere Übersicht bietet.


Erste Bilder des Messemusters 2023:


Bilder des Serienmodells

Piko ist bei seiner Neuheitenfestlegung immer für eine Überraschung gut. Als eine dieser Überraschungen ist die V 100 der DB zu nennen, die die Sonneberger neu ins Sortiment nehmen. Die Neukonstruktion überrascht auch insofern, indem es schon entsprechende Konstruktionen durch andere Modellbahnhersteller gibt. Diese sind von Märklin, Fleischmann, Roco und Brawa. Piko konnte es sich nicht nehmen, dieses Vorbild der Wirtschaftswunderzeit im Maßstab 1:87 zu realisieren. Aufgelegt werden vier verschiedene Modellausführungen. Zwei Modelle sind ohne Loksound verfügbar, weitere Zwei Modelle mit Loksound und dementsprechenden Decodern. Das vorliegende Modell ist eine analoge Modellvariante für das Zweileiter-Gleichstromsystem zum UVP von € 180,–. Dasselbe Modelle ohne Decoder für die Dreileiter-Wechselstromvariante (Artikelnummer 52321) wird zum UVP von € 230,– angeboten. Die beiden Soundloks für beide Stromsysteme (52322 (DC) bzw. 52323 (AC) sind jeweils mit einem UVP von € 290,– versehen.

Verpackung

Die neue V 100 bzw. Baureihe 211 der DR wird in der bekannten Kartonverpackung ausgeliefert. Das Modell ist in einer fixen, paßgenauen Plastikform ummantelt. Nach dem seitlichen Entriegeln ist das Modell aus der klappbaren Plastikform entnehmbar. Das Modell steht auf einem Plastikgleis. Der Zurüstbeutel ist an die Plastikform eingeklebt und beinhaltet Bremsschläuche, den Zughaken und Abdeckungen. Die Allgemeine Betriebsanleitung, die Betriebsanleitung mit dem Ersatzteilblatt und sonstiges Werbematerial sind im eingeschobenen Kuvert abgelegt.

Technik

Das Lokgehäuse ist zweigeteilt ausgeführt und auf das Chassis aufgesetzt. Das Führerhaus ist in den Gehäuseteil mit den Vorbauten eingesetzt. Es läßt sich nur im demontierten Zustand entfernen. Beide Gehäuseteile sind mittels zweier Schrauben von der Unterseite her befestigt, welche auf Höhe der hinteren Führerstandswand sind. Die Fahrzeugplatine erstreckt sich über die gesamte Länge des Vorbaues, wobei an der Fahrzeugfront des längeren Vorbaues die PluX22-Digitalschnittstelle berücksichtigt wurde. Unter der Fahrzeugplatine ist ein Mittelmotor mit zwei großen Schungmassen in den Fahrzeugrahmen eingelassen. Das Drehmoment wird über kurze Kardanwellen und Zahnradgetriebe auf alle Achsen der Drehgestelle übertragen. Für eine bessere Adhäsion sind zwei Haftreifen jeweils einseitig an den Außenachsen aufgezogen. Natürlich erhielt die Neukonstruktion eine NEM-Kurzkupplungskulisse.

Fahrverhalten

Das Eigengewicht beträgt xxx Gramm. Die Vorbildgeschwindigkeit beträgt für die ersten sieben Lokomotiven 90 km/h, bei allen anderen 100 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. xxx km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. xxx % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist sie sogar um ca. xxx % zu niedrig.

Optik

Piko legt eine hervorragende Nachbildung dieser Mittelstandsführerstandslokomotive vor. Das Modell ist eine Kombination aus hervorragend umgesetzter Details, vielen extra angesetzten Bauteilen und eingesetzter Ätzteile. Die beiden Gehäuseteile sind aus Kunststoff nachgebildet, gut erkennbar sind die verschiedenen Verriegelungen an den Vorbauten. Die Vorbauten weisen bei den eingesetzten Lüftergittern Nietreihen auf, die Lüftergitter sind als feine Ätzteile gefertigt und eingesetzt. Beim großen Lüftergitter am vorderen Vorbau ist leicht durchschimmernd das Lüfterrad zu erkennen. In die Vorbauten sind erhabene Griffstangen und auch Antennen angesetzt. Das Dach ist stattdessen einfach umgesetzt.

Die Oberseite des Fahrzeugrahmens ist mit einer geriffelten Oberseite versehen. An den Ecken sind die Verschieberplattformen gleich montiert. Der auffällige Fahrzeugrahmen, der zu den Fahrzeugenden verjüngt zuläuft, ist ebenfalls mit feinen Gravuren versehen, sehr schön nachgebildet sind auch die Trifftstufen im Fahrzeugtank. Die Trittflächen sind silbern lackiert. Die Drehgestelle weisen eine optische Tiefenwirkung auf, wirken aber dennoch etwas flach durchgebildet. Die Drehgetellblenden weisen extra angesetzte Leitungen auf. Beim Blick auf die Unterseite des Modells kommt der hydraulische Antriebsstrang zum Vorschein.

Farbgebung und Beschriftung

Das vorliegende Modell ist vorbildgerecht lackiert und beschriftet. Die Lackierung ist seidenmatt ausgeführt. Die großflächige Lackierung wird durch sauber ausgeführte Zierlinien durchbrochen, welche gut deckend aufgetragen sind. Die Anschriften bzw. die Beschriftungen auf dem Modell sind alle gut deckend aufgetragen und lupenrein lesbar. Piko hat bei seinem Erstmodell die 211 200-1 umgesetzt. Die Lok ist beim Bw Hof der BD Nürnberg stationiert. Das Revisionsraster ist am Fahrzeugtank angeschrieben und weist die Angaben REV NN X 18.10.84 auf.

Beleuchtung

Wartungsarme, warmweiße LED sorgen für den fahrtrichtungsabhängigen Lichtwechsel mit dreimal weiß vorne, und zwei mal rot als Schlußlicht.