Roco 72124 / 72108: ÖBB-Reihe 38 / BBÖ-Reihe 209

Die österreichische Südbahngesellschaft hat ab 1910 diese Dampfloktype für die immer schwerer werdenden Schnellzüge auf der Hauptstrecke von Wien nach Triest beschafft. Die Beschaffung erfolgte von 1909 bis 1914 mit 44 Lokomotiven, die von der Lokfabrik StEG in Wien, der Lokomotivfabrik Wiener Neustadt und der Wiener Lokomotivfabrik Floridsdorf geliefert wurden. 1923 wurde die Südbahn-Gesellschaft aufgelöst und verstaatlicht.

Da die Bundesbahnen Österreich (BBÖ) schon über eine Reihe 109 mit 17 Maschinen verfügte, die aus der Verstaatlichung der StEG-Maschinen der Reihe 36.5 herrührte, wurden die Südbahn 109er im neuen BBÖ-Schema als Reihe 209 geführt, wobei die bisherige Ordnungsnummer beibehalten wurde. Der BBÖ-Bestand umfaßte daher die Lokomotiven 209.13 bis 17, 209.27 bis 33 und 209.40 bis 44. In Summe waren es 17 Lokomotiven, die im geschrumpften Österreich zurückblieben. Die nunmehr als Reihe 209 bezeichneten Maschinen waren während der Zwischenkriegszeit bei den Heizhäusern Wien-Nord, Wien-Süd, Wien-Ost und Graz beheimatet und wurden unter anderem für die Bespannung des Orient-Expresses östlich von Wien herangezogen. Alle 17 Lokomotiven kamen 1938 als 38 4101 bis 4117 zur Deutschen Reichsbahn, zu denen sich die schon erwähnten und nach der Eingliederung der Strecken Südkärntens und der Untersteiermark in die RBD Villach 13 Maschinen aus JDZ-Beständen als 38 4118 bis 4130 dazu gesellten. Bei der Reichsbahn dienten mehrere Lokomotiven in Lundenburg (Breclav) als Reservefahrzeuge für die Korridorschnellzüge nach Berlin und Ostpreußen durch Böhmen und Mähren.

Die ehemaligen 17 BBÖ-Loks sowie fünf Maschinen aus dem ehemaligen Jugoslawien (38 4118, 4120, 4122, 4124 und 4128) blieben nach Kriegsende in Österreich stehen, von denen letztgenannte zwei Jahre später der JDZ übergegeben wurden. Die Übernahme in den ÖBB-Bestand ging aber nicht friktionslos von statten. Die 38 4101 und die 38 4116 wurden am 15. April 1945 vom Bw Wien-Süd nach Sopron abgefahren, waren dann bei der MAV und kamen am 5. Juli 1950 wieder zur ÖBB retour. Dasselbe passierte der 38 4111, die mit gleichem Datum abgefahren wurde, jedoch am 26. Mai 1950 wiederum zur ÖBB kam. Fünf Reichsbahn 38.41 sind in der russischen Zone gestanden und erhielten vor der Loknummer das russische Beutezeichen „T“ vorangeschrieben. Davon betroffen waren die 38 4106, 4107, 4112, 4115 und 4117. Die 38 4115 wurde am 17. April 1953 kassiert, die anderen vier Loks wurden am Folgetag ausgemustert. Bereits am 15. Juni 1952 wurde die aus Ungarn zurückgekehrte 38 4116 kassiert. Die ÖBB haben 1953 ein neues Nummernschema eingeführt, dabei konnten die Südbahn 109er ihre Reichsbahnnummern behalten. Die verbleibenden elf Dampflokomotiven waren bis in die 1960er Jahre im Einsatz und wurden zwischen 1959 (38.4105, 4111) und 1968 (38.4101) kassiert. Die 38.4104 wurde mit 1. September 1964 zur Anlage 0 1043 umgezeichnet und war bis zur ihrer Ausmusterung am 15. Juli 1975 in Betrieb. Die zuletzt ausgemusterte 38.4101 kam als betriebsfähige Museumslokomotive zum Österreichischen Eisenbahnmuseum, welches nunmehr als Technisches Museum Wien fimiert. Die Lok wurde in das Design der Südbahn-Lok 109.13 zurückversetzt und steht in der Obhut des Heizhaus Straßhof für Sonderfahrten bereit.

Die ÖBB-Lokomotiven waren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in den Heizhäusern Amstetten (1948 – 1949, 1952 – 1967), Graz (1945 – 1950), Mürzzuschlag (1950 – 1956), Stadlau (1951 – 1953, 1967/68), Wien-Nord (1945/46), Wien-Ost (1947 – 1951), Wien-Süd (1945 – 1948, 1949 – 1955) und Wiener Neustadt (1945/46) stationiert. Bei acht Lokomotiven wurden ab 1954 noch nachträglich Giesl-Ejektoren (Flachkamin) mit Siederohrdrosselung eingebaut, um bei den mehr als 40 Jahre alten Lokomotiven noch eine technische Aufwertung zu erreichen. Diese wurde auch mit dem Einbau erzielt, indem bei sparsameren Verbrauch eine Leistungssteigerung von 30 % eintrat. Die Lokomotiven wurden vor Güter- und Personenzüge eingesetzt, zuletzt auch vor LEIG-Zügen. Am 30. November 1968 endete die Ära der Südbahn-Serie 109, welche es auf ein stolzes Dienstalter von 57 Jahren brachte.

Einigen Maschinen fanden eine Weiterverwendung als Vorheizanlage. Erhalten geblieben ist die 38.4101, die zum Technischen Museum in Wien gelangte. Die Lok wurde 1992 wieder aufgearbeitet und ist seither mit ihrer alten Südbahn-Beschriftung als 109.13 im Einsatz. Die Museumslok steht heute im Heizhaus Straßhof und wird vom 1. Österreichischen Straßenbahn- und Eisenbahn-Klub betreut.


Modellvorstellung

Roco hat anläßlich des Jubiläums 175 Jahre Eisenbahn in Österreich diese Südbahn-Maschine als Neukonstruktion ins Programm aufgenommen und dabei nicht nur eine ÖBB-Variante, sondern auch die MAV-Version sowie auch Reichsbahn-Ausführungen angekündigt.

Im Neuheitenprogramm 2019 ist eine Modellausführung der ÖBB vorgesehen. Zwei Ausführungen sind angekündigt. Roco bringt daher ein Modell ohne Loksound unter der Artikelnummer 72124 (UVP € 359,90) und ein Modell mit Loksound unter der Artikelnummer 72125 (UVP € 444,90). Bei den Soundloks stehen nicht nur vorbildgerechte Betriebsgeräusche, sondern auch 17 verschiedene Funktionen zur Verfügung. Aufgenommen wurden verschiedene Pfiffe, Fahrgeräusche, das Kohleschaufeln, die Luftpumpe, die Speisepumpe, der Generator, das Weichenquietschen und das Entwässern. Gegenüber früheren Modellausführungen hat sich der UVP der Modelle teils spürbar reduziert.

Verpackung

Das Modell ist im hochwertigen Segment des Herstellers angesiedelt, geführt als Roco Edition. Dies wird schon anhand der Verpackung ersichtlich. Das Modell befindet sich in einer sehr robusten Verpackung, außerdem ist das Lokmodell in einer durchsichtigen Glasvitrine auf einer Kunststoffschiene zweifach montiert (siehe auch Beitrag zur Baureihe 85). In diesem Zustand kann das Lokmodell auch staubgeschützt irgendwo aufgestellt werden. In der Verpackung finden sich noch die umfangreiche Betriebsanleitung und ein Zurüstbeutel. Die Betriebsanleitung beinhaltet das Ersatzteilblatt.

 Technik

Die Dampflok besteht aus einem antriebslosen Lokteil und den angetriebenen Tender. Die Antriebskomponenten sind im Tendergehäuse untergebracht. Das Tendergehäuse ist am Chassis mit vier Schrauben befestigt. Nach dem Lösen der Schrauben läßt sich das Kunststoffteil hochziehen. Der kleine Mittelmotor ist mit einer kleinen Schwungmasse ausgestattet, über zwei Wellenstummel werden die äußeren Tenderachsen angetrieben. Diese sind mit Haftreifen versehen. Die mittlere Tenderachse ist gefedert und ist mit einem Seitenspiel versehen. An den jeweiligen Lokenden sind Kurzkupplungskulissen verbaut. Werkseitig ist aber nur jener am Tender montiert. Die frontseitige Kupplungsdeichsel befindet sich im Zurüstbeutel und muß selbst umgerüstet werden, womit dann Doppeltraktionen möglich werden.

Die Fahrzeugplatine befindet sich ebenfalls im Tender und zwar über dem Motor. Diese ist für den Digital-Betrieb mit einer PluX16-Schnittstelle versehen. Der Zugang zur Platine ist ganz einfach durch das Abnehmen des Kohlekastens möglich.

Das Fahrwerk besteht weitgehendst aus Metall. Die Kuppelachsen sind alle aus Metall gefertigt und weisen feine Speichen auf. Die Kuppelachse 1 und 2 sind gefedert ausgeführt und mit einem Seitenspiel versehen. Die letzte Kuppelachse liegt starr im Fahrwerk.

Fahreigenschaften

Das Modell erfordert im Anlageneinsatz sauber verlegte Gleise, andernfalls sorgen die verbauten Spurkränze für laufenden Ärger. Entgleisungen sind die Folge. Bei optimal verlegter Anlageninfrastruktur fährt die Lokomotive perfekt. Das Eigengewicht beträgt 454 Gramm. Das Vorbild ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h beidseitig zugelassen. Das Modell erreicht bei 12 V Gleichstrom eine Modellgeschwindigkeit von umgerechnet ca. 135 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 49 % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 30 % um 19 % zu schnell.

Optik

Schon bei der Präsentation des Modells konnte man sich von der Perfektion der Modellumsetzung am „lebenden Vorbild“ überzeugen. Roco hat bei dieser Modellkonstruktion alle Details am Kessel, am Fahrzeugrahmen, am Fahrwerk, am und im Führerhaus nachgebildet, wobei die Messing- und Kupferteile sofort ins Auge fallen und das optische Erscheinungsbild maßgeblich erhöhen. Auffallend ist auch der freie Durchblick zwischen Kessel und Fahrwerk und die filigrane Steuerung. Zahlreiche freie Handläufe und Griffstangen an den Pufferbohlen, dem Führerhaus und am Tender zeichnen das Modell zusätzlich aus. Das Modell wird serienmäßig mit verkürzten Kolbenschutzrohren geliefert, wobei der Tausch auf vorbildgerechte möglich ist. Diese Teile befinden sich wiederum im Zurüstbeutel.

Farbgebung und Beschriftung

Wenig falsch machen konnte der Hersteller bei der Lackierung, die entweder in den Farben Schwarz bzw. Rot seidenmatt aufgebracht wurde. Die Beschriftung ist lupenrein aufgetragen und besteht neben den Anschriften am Führerhaus auch verschiedene Anschriften am Lokkessel, an der Rauchkammertüre sowie auf der Tenderrückwand. Roco hat dieser Modellausführung die ÖBB-Nummer 38.4110 vergeben. Als Heimatdienststelle ist die Zfst. Amstetten angeschrieben. Das Revisionsdatum stammt vom 21.03.63. Der Tender trägt die ÖBB-Nummer 9456.04 und interessanter ein Untersuchungsdatum vom 21. 3.69. Die Anschriften sind sauber, trennscharf und mehrfarbig aufgetragen.

Beleuchtung

Die Beleuchtung besteht aus wartungsarme, weißwarme LED, die richtungsabhängig leuchten.


Bilder


Roco 72108 – BBÖ 209

Der Markt für Epoche II-Fahrzeuge ist eher Deutschland orientiert, da durch die verschiedenen Länderbahnloks sehr leicht Reichsbahn-Maschinen ableitbar sind. Die Modellauflagen von KkStB-Dampflokomotiven hält sich leider sehr in Grenzen, weshalb auch das Angebot von BBÖ-Loks stets überschaubar blieb. Roco produzierte bei den österreichischen Dampfloks bisher Modelle der Reihe 310 oder die Südbahn-Reihe 109, welche bei der BBÖ nach der Liquidierung 1923 als BBÖ-Reihe 209 geführt wurde. Die Reichsbahn führte diese Type als Baureihe 38.41, bei der ÖBB war es die Reihe 38.

Die gegenwärtige Modellausführung orientiert sich an den bisherigen Modellauflagen, wobei die BBÖ-Lok in drei verschiedenen Ausführungen erhältlich ist. Unter der Artikelnummer 72108 ist die Gleichstrom-Version zum UVP von € 369,90 erhältlich. Die Modellausführung mit Loksound ist mit der Artikelnummer 72109 für das Zweileiter-Gleichstrom-System bzw. 78109 für das Dreileiter-Wechselstrom-System versehen. Diese Modelle kosten UVP € 454,90.

Die Auslieferung des Modells erfolgt als Roco-Edition mit Präsentationsbox. Die Lok ist am Plastikgleis zweifach befestigt. Zum Lieferumfang gehören zwei Zurüstbeutel, einer davon beinhaltet lackierte Schildersätze.

Bei einer solchen Modellausführung stellt sich nur noch die Frage, welche Personenwagen kann man hinter diese BBÖ-Lok 209.43 hängen? Leider gibt es keine geeigneten BBÖ-Schnellzugs- bzw. Personenwagen österreichischen Ursprungs. Glücklicherweise bespannte die BBÖ-Reihe 209 den Orient-Express durch Österreich. Derartige Modelle werden von Trix, Märklin und Lemke angeboten.


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