Liliput 163100: VT 640 011-2 der DB AG – Spur N

Ende des letzten Jahrtausends entstanden eine Vielzahl neuer Produktpaletten auf dem Segment der Dieseltriebwagen. Als einer davon ist die Typenfamilie der LINT-Triebwagen von Alstom zu nennen, der seit 1999 auf den Schienen Deutschlands zu sehen ist. LINT steht für „leichter innovativer Nahverkehrstriebwagen“ und wurde noch von der bekannten Waggonbaufirma Linke-Hofmann-Busch (LHB) entworfen. Vier verschiedene Ausführungen bereichern diese Produktfamilie. Der LINT 27 ist ein einteiliger Triebwagen mit zwei Drehgestellen, eines davon angetrieben, und ist 27,26 m lang. Dieses Fahrzeug wird als Baureihe 640 geführt und ist bei der DB Regio, der Hessischen Landesbahn und HEX im Einsatz. Der zweiteilige Triebwagen wird als LINT 41 geführt, ist 41,81 m lang und verfügt neben zwei Antriebsdrehgestellen unter den Führerständen ein antriebsloses Jacobsdrehgesell am Fahrzeugkastenübergang auf. Die DB Regio hat diese Ausführung als Baureihe 648 in Betrieb. Als lange, zweiteilige Ausführung wird als LINT 54 bzw. Baureihe 622 betrieben und ist 54,27 m lang. Die längste Ausführung stellt der dreiteilige LINT 81 der Baureihe 620 dar.

Die DB Regio hat 30 Fahrzeuge gekauft und als 640 001 bis 030 bezeichnet. Sie werden auf verdieselten Nebenstrecken in Nordrhein-Westfalen von der DB Regio NRW sowie von der DB Regio Südost im Großraum von Leipzig betrieben.


Modellvorstellung

Liliput hat für 2016 als einzige N-Spur-Neuheit den LINT 27 als Modell vorgestellt. Zwei verschiedene Ausführungen waren angekündigt, und zwar die DB Regio-Version mit der Artikelnummer 163100 sowie als Privatbahn-Fahrzeug der Hessischen Landesbahn mit der Artikelnummer 163103. Dieses Fahrzeug trägt die HLB-Betriebsnummer VT 201 bzw. die vollständige NVR-Nummer 95 80 0640 101-1 D-HEB. Der UVP beider Fahrzeuge beträgt je € 219,–.

Verpackung

Zur Vorstellung gelangt die DB-Variante mit der Artikelnummer 163100. Das Modell wird in der bekannten Kartonschachtel und Plastikeinsatz geliefert. Das Modell liegt im paßgenauen, zweifachen Plastikeinsatzes. Nach dem Abnehmen des Oberteiles ist der zierliche Triebwagen entnehmbar und sofort einsetzbar. An der Innenseite des Unterteiles der Plastikeinsatzes ist ein Zurüstbeutel mit Kurzkupplungsstangen zur Nachbildung von Tandemtraktionen beigelegt. Mitgeliefert wird eine Betriebsanleitung in zweifacher Sprache (Deutsch/Englisch) und das Ersatzteilblatt.

Technik

Liliput hat den neukonstruierten Triebwagen wie beim Vorbild motorisiert. Das Antriebsdrehgestell befindet sich an der Fahrzeugseite 1 und ist im Fahrzeugteil zwischen Führerstand und Einstiegstüre untergebracht. Aufgrund der Dimensionen des Motors war es unmöglich, diese Bauteile zu kaschieren, weshalb der freie Durchblick und die Darstellung der Inneneinrichtung an dieser Stelle nicht möglich war.

Für den Fahrzeugantrieb dient ein kleiner Motor mit einer Schwungmasse und einer direkt angeflanschten Welle, die über die Zahnräder die beiden Achsen des Antriebsdrehgestelles antreiben. Das andere Drehgestell ist als Laufdrehgestell ausgeführt.

Die Fahrzeugplatine ist auf Dachhöhe platziert und übernimmt dabei die LED für die Innenbeleuchtung auf. Für die Digital-Freaks wurde dort eine NEXT18-Schnittstelle untergebracht, deren Schnittstelle an der Unterseite platziert wurde. Die beengten Platzverhältnisse bedingen eine unglückliche Lage des Decoders, was den Abzug der Platine vom Chassis erfordert, weil der Brückenstecker schon jetzt direkt auf dem oberen Abschluß der Sitzreihen anliegt.

Das Fahrzeug verfügt über keine Kurzkupplungskulisse. Die montierte Scharfenbergkupplung ist fix montiert und hat einen Drehpunkt. Für die Mehrfachtraktion zweier oder mehrerer Triebwagen liegen eigene Kupplungsstangen bei, die an der Fahrzeugunterseite in einer gesonderten Vorrichtung einzustecken sind.

Fahreigenschaften

Das Modell gilt wohl mit seinen 50 Gramm Eigengewicht als Leichtgewicht. Das Modell durfte seine Proberunden auf einem Gleisoval auf dem kleinsten Radius des „piccolo“-Gleissystems von Fleischmann erbringen. Der Motor surrt sehr leise.

Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 120 km/h. Die Modellgeschwindigkeit deckt sich somit mit der Vorbildgeschwindigkeit, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 50 %, ist das Modell um gerade genau 50 % zu langsam. Der Fahrzeugauslauf beträgt 50 cm.

Optik

Liliput legt ein maßstäbliches Modell vor, dessen Konturen und Silhouetten sehr gut getroffen wurden. Am Fahrzeugkasten sind verschiedene Gravuren vorhanden und sauber ausgeführt. Die Fenstereinsätze sitzen paßgenau im Gehäuseteil und sind leicht nach innen versetzt. Die schwarzen Fensterstege sind dezent ausgeführt. Die Scheibenwischer hat Liliput als extra eingesetztes Teil ausgeführt. Der Wagenboden ist nachgebildet. Detailreich gestaltet sich das Dach mit der Auspuffanlage (abnehmbares Teil bezüglich Fahrzeugeinstellung an der Platine), den Dachlüftern und sonstigen Konsolen. Die Fahrzeugschütze weist neben Gravuren auch die Trittstufen der Doppelflügeltüren auf. Die Drehgestelle sind dreidimensional ausgeführt und weisen eine deutlich erkennbare Tiefenwirkung auf.

Farbgebung und Beschriftung

Der optische Eindruck wird durch die tadellose Lackierung ohne jegliche Verfransungen an den Farbübergängen aufgewertet, was auch für die mehrfarbigen Anschriften bzw. Bedruckungen gilt. Die vollständige Fahrzeugnummer (siehe oben) wird um das Halterkürzel D-DB bzw. die Gattungsbezeichnung ABp ergänzt. Die Revisionsanschriften lauten auf: Unt. FK X 17.03.08. Der Triebwagen ist in Dortmund bei DB Regio NRW beheimatet.

Beleuchtung

Für die Beleuchtung sowie die Innenbeleuchtung sorgen warmweiße LED. Das Zugschlußsignal wird mit roten LED dargestellt.


Bilder


Die Entstehungsgeschichte der VT 640

Mit dem LINT (darunter versteht man Leichter Innovativer Nahverkehrs-Triebwagen) betrat die Alstom LHB GmbH erst relativ spät die Bühne der Produzenten von Regional-Triebwagen mit Verbrennungsmotoren. Vier Varianten werden heute international unter dem Markennamen „Coradia LINT“ vermarktet. Der LINT 27 ist ein einteiliger, vierachsiger Dieseltriebwagen. Weitere Produktvarianten sind der LINT 41 als sechsachsiger und zweiteiliger Triebwagen, der LINT 54 bzw. der LINT 81. Letzt genannte sind zweiteilige mit längeren Wagenkästen und ebenfalls sechs Achsen oder dreiteilig mit acht Achsen. Im LINT 81 wird daher ein Mittelwagen eingehängt, der motorisiert ist. Die Zahl hinter dem Produktnamen gibt die Zuglänge in Metern an. Entsprechend den Kriterien des modernen Fahrzeugbaues ist die Konstruktion des LINT modular aufgebaut, sodaß Anpassungen je nach Kundenwunsch jederzeit vorgenommen werden können.

Vorgeschichte

Nach dem Vorstoß von Prof. Dr.-Ing. Adolf Müller-Heilmann im Jahr 1992 wurden auch bei LHB Überlegungen angestellt, wie die VDV-Vorgaben am Besten zu erreichen sind? Hierzu stellte sich LHB die folgenden zusätzlichen Rahmenbedingungen:

– Antriebe (Gestaltung der Einbauräume für diesel-hydraulische, diesel-elektrische und hybride Antriebe)
– Einsatzfelder (Einsatz auf EBO-Strecken und innerstädtischen Trassierungen)
– Gefäßgröße (Längenvariationen im Baukastensystem
– Angebotsniveau (Möblierungsvarianten von der dichten Nahverkehrsbestuhlung bis hin zum komfortablen Panoramwagen)

Um Einsatzfelder und Gefäßgrößen in Einklang zu bringen, entstand als erster Entwurf des Konzept eines zweiteiligen und dreiachsigen Gelenkfahrzeugs. Da bei voller Belastung die für Nebenbahnen erforderlichen Achslasten von max. 15 t nicht einzuhalten waren, besannen sich die LHB-Ingenieure auf die bei Straßen- und Stadtbahnen eingeführten zweiachsigen Mittelteile. Durch die Anordnung eines durchgehenden Niederflurbereichs in der Fahrzeugmitte konnte eine durchgängig begehbare ebene Fläche unter Einbeziehung der Einstiege kreiert werden. Die hochflurigen Endräume ermöglichen neben der Einrichtung ruhiger Sitzbereiche auch die Unterbringung der für attraktive Fahrleitungen erforderlichen Antriebstechnik, wozu eine Mindestleistung von 400 kW vorgegeben war. Durch die Aufteilung dieser Gesamtleistung auf zwei identische Antriebsanlagen bestand ie Möglichkeit, auf Komponenten aus der Nutzfahrzeugfertigung zurückzugreifen, was wiederum mit einem positiven Einfluß auf die Beschaffungs- und Wartungskosten verbunden war.

Das Ergebnis, ein dreiteiliges und vierteiliges, ca. 25 Meter langes Fahrzeug mit der Bezeichnung „Leichter Innovativer Nahverkehrs-Triebwagen (LINT)“, wurde im September 1994 der Öffentlichkeit vorgestellt. Doch zu spät, wie sich dann herausstellte.

Die von der Dürener Kreisbahn und dem Land Nordrhein-Westfallen beeinflußte Entwicklung und Beschaffung des bereits im Frühjahr 1994 vorgestellten „RegioSprinters“ sowie ihre frühe Markteinführung verschaffte diesem Fahrzeug einen nicht-aufholbaren Vorsprung, insbesondere dort, wo ein optimaler Einsatz von Fahrzeugen dieser Klasse zu erwarten war.

Zudem litt der LINT unter den weitergehenden Forderungen der Verkehrsbetriebe, wodruch sich die allgemeine Entwicklung der neuen Regionalfahrzeuge mehr und mehr auf die „1.500 kN“-Klasse konzentrierte.

Diese Tatsachen bestärkten bedauerlicherweise die Konzernmutter GEC-Alsthom in ihrer Überzeugung, bei der Finanzierung eines Prototyps zurückhaltend zu sein.

Die DB AG schrieb am 19. Mai 1994, die auf ihren-eigenen Nebenbahnen ebenfalls den Betrieb zeitgemäßer und attraktiver gestalten wollte, eine Reihe von Fahrzeugen auf der Basis des VDV-Vorschlags aus. An dieser Ausschreibung beteiligte sich auch LHB mit dem LINT-Classic. Nachdem auf Grund veränderter Vorgaben das Lastenheft überarbeitet wurde, wiederholte die DB AG im Oktober 1995 die Ausschreibung, diesmal über eine größere Anzahl von Fahrzeugen und jetzt mit einer Längsdruckkraft von 1.500 kN. Auch an dieser Ausschreibung beteiligte sich LHB.

Aufgrund des Lastenheftes entstand jedoch schließlich ein vom ursprünglichen LINT-Gedanken abweichendes Konzept. Das bedeutete für das Unternehmen jedoch nicht, dieses Projekt beiseite zu legen. Vielmehr wurde unter Beibehaltung des Produktnamens LINT ein neues, folgende Fahrzeugtypen umfassendes Gesamt-Programm erarbeitet:

Längsdruckraft 600 kN:
– LINT-Classic
– City-LINT
– LINT-S (Schmalspur) – angedachtes Projekt

Längsdruckkraft 1.500 kN:
– LINT 27
– LINT 41
– LINT 53
– S-LINT (S-bahntaugliche Ausführung)

In weiterer Folge wird aber nur der LINT-27 beschrieben, weil dieses Fahrzeuge auch von Liliput als Modell umgesetzt wurde.

LINT-27 – DB-Baureihe 640

Aufgrund der ersten Ausschreibung der DB im Jahre 1994 wurden zunächst Überlegungen in Richtung einer LINT-ähnlichen Konzeption angestellt; nach der Überarbeitung des Lastenheftes durch die DB AG und die darauffolgende Ausschreibung im Oktober 1995 erfolgte jedoch eine Zäsur, bei der nunmehr das Konzept eines einteiligen und einmotorigen Drehgestellwagens, zunächst mit der damaligen Bezeichnung EBO-LINT 27, heute LINT-27, im Mittelpunkt stand. An dieser Stelle sei darauf hingeweisen, daß mit der in der Typenbezeichnung enthaltenen Zahl die Länge des Fahrzeuges angegeben wird. Der LINT-27 hat daher eine Länge über Kupplung von 27.260 mm.

Für die Gestaltung sowohl des Exterieurs als auch des Innenraums zeichnete der hauseigene Designer Vincent Thoss verantwortlich. Anläßlich der Auftragsvergabe durch die DB AG für einen Umfang von zunächst 300 Fahrzeugen verschiedener Hersteller unter dem Sammelbegriff Baureihe 64x erhielt LHB am 21. Juni 1996 den Zuschlag für 30 Stück LINT-27-Fahrzeuge als künftige Baureihe 640 der DB AG.

Wagenkasten

Der Wagenkasten ist als verwindungssteife Röhre konzipiert. Das Untergestell ist eine Schweißkonstruktion, bestehend aus Stahlprofilen in der Qualität R-St 52-3, in Bereichen mit höherer Korrosionsbelastung wird korrosionshemmender Stahl X2 Cr 11 sowie X5 Cr Ni 18 9 eingesetzt. Seitenwände und Außenbeplankung sind in integraler Bauweise aus Stahlblech in der Qualität X2 Cr 11 hergestellt. Das Dach ist in herkömmlicher geschweißter Gerippebauweise mit Abkantprofilen aus X2 Cr 11 hergestellt. Der Fahrzeugkopf ist aus mehreren GFK-Formteilen gefertigt, welche mit der Rohbaukonstruktion verklebt sind. Für die Außenlackierung werden Lacke auf PUR-Basis verwendet.

Das Fahrzeug ist mit Scharfenberg-Kupplungen vom Typ T-10 ausgerüstet und mit allen Fahrzeugen der Baureihe 64x kuppelbar.

Die direkt auf den Rohbau geklebten und gerahmten Seitenfenster bestehen aus Verbund-Sicherheitsglas in einfacher Ausführung. Zusätzliche, klappbare Oberlichter befinden sich in dem den Einstiegen benachbarten Fenstern der Hochflurbereich. Das großflächige und sphärisch gewölbte Frontfenster-Element ist im Kopfmodul eingeklebt und besteht ebenfalls aus Verbundsicherheitsglas. Die Seitenfenster des Führerraumes sind als Drehfenster ausgeführt.

Der Fahrzeugboden besteht aus einer Sandwich-Konstruktion. Diese setzt sich zusammen aus 15 mm dicken, kochfest verleimten und imprägnierten Multiplexplatten, einer 40 mm dicken Zwischenlage aus Mineralwolle und ist mit einem 1,25 mm dicken Blech aus X5 Cr Ni 18 9 nach unten abgedichtet. Die Konstruktion wurde schalltechnisch optimiert. Der Kautschuk-Bodenbelag ist nahtlos verlegt.

Das Fahrzeug ist mit einem Niederflurbereich ausgestattet; die Fußbodenhöhe beträgt 598 mm über Schienenoberkante (SOK), die Einstiegshöhe bei 580 mm über SOK. In den Fahrzeug-Endbereichen, ober der Drehgestelle und des Maschinenraumes, beträgt die Fußbodenhöhe einheitliche 1.160 mm; der Niederfluranteil beläuft sich auf 46 Prozent. Die Hochflurabteile sind über drei Stufen erreichbar.

Die abgehängte und tiefgezogene Decke sowie die Seitenwandverkleidungen bestehen aus ABS-Kunststoff-Formteilen. Durch die im Niederflurbereich vorhandenen großen Fenster wird ein großzügiges Raumgefühl vermittelt.

Zur Wärme- und Schallisolation werden die Seitenwände zwischen Außenhaut und Innenverkleidung mit Melamin-Schaum ausgekleidet. Im Motorbereich sorgen seitliche Schürzen für eine Reduzierung der Geräuschemissionen.

Pro Fahrzeugseite sind zwei doppelflügelige elektrisch betätigte Schwenk-Schiebetüren mit ienem lichten Durchgang von 1.300 mm vorgesehen; der Hersteller ist die Firma Faiveley. Die Türen können vom Lokführer sowie von außen und innen über Leuchttaster vom Fahrgast geöffnet und geschlossen werden. Sie werden seitenselektiv vom Lokführer freigegeben. Zusätzliche Schiebetrittstufen oder Behindertenrampen sind nicht vorgesehen; diese können auf Kundenwunsch jedoch jederzeit eingebaut werden.

Die körpergerecht geformten Einzelsitze der Firma Keil sind in der Aufstellung 2 + 2 angeordnet. Der Sitzteiler in der 2. Klasse beträgt 1.670/750 mm. Der acht Sitze in vis-à-vis-Aufstellung umfassende 1. Klasseraum befindet sich hinter dem Führerstand 2 und hat einen Sitzteiler von 1.850 mm. Zwischen den Sitzen sind Tische mit Tischabfallbehälter angebracht.

Der am Wagenende 2 gelegene Mehrzweckraum bietet Platz für zwei bis drei Rollstühle, ferne sind 13 Klappsitze vorhanden. Über den Sitzen sind offene Gepäckablagen in geschweißter Aluminium-Ausführung mit Pulverbeschichtung angebracht. Hinter der Sanitärzelle befinden sich zusätzlich zwei übereinander angeordnete Gepäckablagen. Innerhalb des Mehrzweckraumes ist eine Sanitärzelle mit einer behindertenfreundlichen Vakuum-Toilette – System VANIVAC – vorgesehen; der Waschtisch besteht aus Corian. Wasser- und Fäkalienbehälter sind in einem Technikraum, welcher in die Sanitärzelle integriert ist, untergebracht. Die Sanitärzelle ragt um ca. 200 mm über die Fahrzeugmitte hinaus, sodaß der Durchblick durch das Fahrzeug geringfügig gestört ist. Die halbrunde Schiebetür stellt für die im Mehrzweckraum sitzenden Fahrgäste keine Behinderung dar. Ebenfalls im Mehrzweckraum wurde Platz für einen Verkehrkaufsautomat (zum Beispiele für Fahrscheine) vorgehalten.

Zwischen den Einstieg- und Fahrgasträumen sind nahezug raumhohe Glas-Trennwände angebracht. In der Flucht mit den Trennwänden befinden sich gebogene pulverbeschichtete Haltestangen. Der 1. Klasseraum ist durch eine Glastrennwand mit Drehtür vom 2. Klasseraum abgetrennt.

Das Lokführerabteil befindet sich auf der gleichen Höhe wie der Hochflurbereich. Die Rückwand des Lokführerabteils besteht aus einer zwischen den Schaltschränken eingebauten Glas-Schiebetür, die von innen mit einem Drücker, von außen mit einem Sicherheitsschlüssel geöffnet wird. Das Lokführerabteil ist ausschließlich durch den Fahrgastraum erreichbar. Das Fahrpult wurde nach ergonomischen Gesichtspunkten übersichtlich gestaltet.

Die Beheizung des Fahrgastraumes erfolgt über zwei längsseitig angebrachte Konvektor-Heizungen, die ihre Energie über Wärmetauscher aus dem Wasserkreislauf der Antriebsanlage beziehen. Im Falle extremer Minus-Temperaturen sorgt ein zusätzliches heizöl-gefeuertes Webasto-Heiz-Doppelgerät mit 2 x 30 kW Leistung sowohl für eine zusätzliche Beheizung des Kühlwassers der Antriebsanlage als auch des Innenraumes durch die Konvektoren. Zwei auf dem Dach angeordnete Luft-Kühlanlagen werden im Winter ebenfalls von der Webastoheizung erwärmt. Der Luftaustritt befindet sich seitlich entlang der Fenster. Die Abluft entweicht über statische Dachlüfter. Die Fahrerkabinen werden über ein eigenständiges Klimagerät beheizt und belüftet.

Die Innenbeleuchtung besteht aus einem mittig angeordneten Leuchtband mit Lamellenabdeckung. Front- und Schlußsignale sind paarweise und senkrecht unterhalb der Frontscheibe in der GFK-Kopfverkleidung angeordnet. Das obere Spitzensignal befindet sich im oberen Teil des Frontfenster-Elementes.

Das Fahrgast-Informationssystem (FIS) besteht aus einer Brose-Vollmatrix-Zugzielanzeige im unteren Bereich des Frontfenster-Elementes. An beiden Fahrzeugseiten, hinter dem jeweils rechten vorderen Fenster des Niederflurbereichs, ist ebenfalls je eine Vollmatrix-Zugzielanzeige der Firma Brose angebracht.

In den beiden Einstiegräumen sind je ein beidseitig lesbares Vollmatrix-Display zum Anzeigen der Haltestellen mit einem beleuchteten Transparent als Bestätigung des Haltewunsches angebracht. Die Beschallung erfolgt über Sprachspeicher und, fallweise, mit dem Mikrophon. Die Lautsprecher sind im Deckenbereich angeordnet.

Über den gesamten Fahrgastraum sind acht Haltewunschtaster gleichmäßig verteilt. In den Einstiegsräumen befindet sich je eine Not-Sprechanlage. Notbremshebel befinden sich bei den Einstiegen und an der Fahrertrennwand.

Drehgestelle

Die Fahrzeuge der Baureihe 640 haben die Achsfolge B‘ 2′ B‘; Trieb- und Laufdrehgestell sind identisch aufgebaut. Der H-förmige und verwindungssteife Drehgestellrahmen setzt sich zusammen aus geschweißten Kastenprofilen, bestehend aus Stahlblechen der Qualität R-St 52-3; die Längsträger sind zur Aufnahme der Sekundärfederung nach unten durchgekröpft. Als Primärfederung sind Gummi-Konusfedern mit zusätzliche Paralle-Schwingungdämpfer vorgesehen. Die Radsätze sind mit Rollenlagern im Drehgestell gelagert, der Raddurchmesser beträgt 770 mm (im abgenützten Zustand 710 mm).

Die Sekundärfederung besteht aus zwei Luftfedern mit Niveau-Regulierung und integrierten Gummi-Notfedern. Parallel zu jeder Luftfeder ist ein vertikal wirkender hydraulischer Schwinungsdämpfer angeordnet. Zwischen Aufbau und Drehgestell sind je Drehgestell zwei lateral wirkende Schlingerdämpfer angebracht. Dämperhersteller ist die Firma Sachs-Boge. Sowohl die Elemente der Primär- als auch der Sekundärfederung werden von CONTITECH geliefert. Die Anlenkung der Drehgestelle am Wagenkasten erfolgt über je eine Zug-Druckstange, die mit verschließarmen Gummi-Elementen an der Vorderseite des Wagenkastens und dem Hauptquerträger des Drehgestellrahmens befestigt ist. Die Antriebskräfte der Maschinenanlage werden im Triebdrehgestell über eine Gelenkwelle auf das Radsatzgetriebe der zweiten Achse übertragen, mit einem Durchtrieb auf das Radsatzgetriebe wird die erste Achse angetrieben.

Die Bremsanlage ist dreistufig konzipiert. Neben der im Getriebe integrierten dynamischen Retarder-Bremse erfolgt die Abbremsung des Fahrzeugs über elektro-pneumatissch gesteuerte Scheibenbremsen mit drei Wellenbremsscheiben am Triebdrehgestell und vier am Laufdrehgestell. Die elektropneumatisch vom Fahrpult angesteuerte Feststellbremse wirkt auf eine Bremsscheibe pro Radsatz. Hersteller des Bremssystems ist Mannesmann Rexrodt Pneumatik (MRP).

Das Laufdrehgestell ist mit einer Magnetschienenbremse in Ringbald-Tiefaufhängung ausgerüstet, um eine haftwert-unabhängige Schnellbremsung zu gewährleisten. Die maximale Bremsverzögerung beträgt 1,2 m/s². Die Endradsätze sind mit einer Sandungsanlage und einer Ausrüstung zur Spurkranzschmierung versehen; der Fahrzeugmagnet für die Indusi I 60 R befindet sich am Laufdrehgestell.

Antriebsanlage

Die Triebwagen der Baureihe 640 verfügen über eine Antriebsanlage, die über einen Hilfsrahmen unterhalb des Wagenbodens hinter dem Drehgestell 1 am Wagenkasten befestigt ist. Zum Einbau kommt ein MTU-Triebwerk, 6 R 183 TD 13 H, mit einer Leistung von 315 kW; hierbei handelt es sich um einen liegend eingebauten wassergekühlten Sechszylinder-Reihenmotor mit Turbo-Aufladung und Ladeluftkühlung. Die Motoren arbeiten besonders geräuscharm und erfüllen die Abgasvorschriften nach „Euro 2“. Die Kraftübertragung erfolgt über ein hydro-dynamisches Voith-Strömungsgetriebe, Typ T 211 rzze mit integriertem Retarder.

Alle Getriebefunktionen werden über eine diagnosefähige elektrische Schaltautomatik gesteuert. Mit der beschriebenen Schaltautomatik gesteuert. Mit der beschriebenen Antriebsanlage erreicht das Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h bei einer mittleren Beschleunigung zwischen 0 und 50 km/h von 0,5 m/s².

Elektrische Anlage

Die Traktionssteuerung der Baureihe 640 erfolgt über eine speicherprogrammierbare Steuerung mit Zugbus, System TCN (Train Communication Network), nach DIN 43322, welche die Steuerung von drei, auch unterschiedlichen Fahrzeugen erlaubt; Hersteller ist die Fa. Schaltbau in München. Dieses TCN entspriecht dem IEC-TC9-Entwurf „Zugbus“ vom August 1996.

Das Steuerungssystem verfügt über einen selbstkonfigurierenden Bus. Wird ein Führerstand durch Einschalten des Schlüsselschalters aufgerüstet, wird die Fahrzeugsteuerung initialisiert und geht in den „Masterstatus“. Dabei löst sie eine automatische „Zugtaufe“ aus, bei der alle angeschlossenen Stationen adressiert werden und in den „Slave“-Zustand übergehen. Ist kein weiteres Fahrzeug vorhanden, wird die „Taufe“ beendet. Die übrigen Führerstände werden elektronisch verriegelt.

Die Aufgabe des „Masters“ ist es, Steuerbefehle an die „Slaves“ (Sklaven) zu senden. Im Gegenzug melden alle „Slaves“ Motorzustände und Stöungen der Subsysteme an den „Master“, der diese Meldungen über Leuchtmelder oder das Display dem Triebfahrzeugführer anzeigt. Die Störungsanzeigen werden dauerhaft abgespeichert.

Die Bordelektrik hat eine Spannung von 24 Volt Gleichstrom. Eine 24 Volt Batterie mit einer Kapazität von 440 Ah versorgt das Fahrzeug bei Stillstand der Antriebsanlage während einer Dauer von 30 Minuten mit Energie für

– Beleuchtung (Front- und Schlußsignale, Innenraum spannungsabhängig)
– Fahrgaststeuerungs-Betriebsbereitschaft
– Türsteuerung
– Zugfunkanlage
– Heizung (in niedrigster Lüfterstufe) oder Lüftung.

Die Batterien werden aufgeladen von einem vom Dieselmotor direkt angetriebenen Generator mit einer Ladeschlußspannung von 28 V DC – 1 x 500 A. Zur elektrischen Versorgung des abgesetllten Fahrzeugs dient ein Fremspannungsanschluß für 230 V Wechselstrom (also Hausstromnetz), max. Leistungsaufnahme 2,7 kW. Auch die elektrische Anlage stammt von der Fa. Schaltbau. Das Fahrzeug ist mit folgenden Sicherungseinrichtungen ausgerüstet:

– Sifa STG 545
– Indusi I 60 R
– Zugbahnfunk MESA 2002.

Einsatzgebiet

Der LINT 27 wurde von der DB in den Jahren 2000 und 2001 als Baureihe 640 in einer Stückzahl von 30 Einheiten bestellt und in Dienst gestellt. Weitere zehn Fahrzeuge wurden als VT 201 bis 210 durch die „vectus“ als erste Privatbahn Deutschlands Ende 2004 für den Einsatz auf der Lahntalbahn sowie der Unter- und Oberwesterwaldbahn beschafft. Für den Verkehr auf den Strecken Halberstadt – Blankenburg und Könnern – Bernburg (Saale) nahm die Veolia Tochter HEX (= Harz-Elbe-Express) 2005 sieben LINT 27 als VT 870 bis 876 in Betrieb. Nach gewonnener Ausschreibung der 3-Länder-Bahn (Verbindungen im Dreiländereck zwischen Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfallen) im Dezember 2014 übernahm die Hessische Landesbahn (HLB) die LINT 27 von „vectus“, modernierisierte sie sukzessive und ließ sie entsprechen ihrem HLB-Outfit umlackieren.