Jägerndorfer Collection: ÖBB-Reihe 4010 „Transalpin“

Der Modellbahner kennt die „kleinen“ Firma Jägerndorfer Collection in Berndorf von der Produktion eigener Lokomotiven oder Waggons und als (General)Importeur für andere Marken. Die Eigenproduktion ist dabei ein Thema geworden, als sich die Vertriebsstrukturen im Modellbahnsektor maßgeblich veränderten. Der Schwerpunkt der heutigen Modellbahnproduktion hat sich speziell auf die vernachlässigte Baugröße N gerichtet. Jägerndorfer Collection ist bislang durch verschiedene Neukonstruktionen von ÖBB-Modellen positiv beim Kunden in Erscheinung getreten und hat sich somit in den letzten Jahren damit ein äußerst positives Image in diesem Marktsegment geschaffen.

Die große Überraschung hatte der Hersteller dann bei der Neuheitenankündigung im Zuge der Nürnberger Spielwarenmesse 2018 parat, als auf dem Neuheitenprospekt der Baugröße N ein Bild des legendären ET 4010 zu sehen war. 25 Jahre nach dem Erscheinen des maßstäblichen H0-Modells aus Salzburg folgte die verkleinerte Ausführung im Maßstab 1:160, wobei der Hersteller zunächst drei verschiedene Ausführungen ankündigte. Zwischenzeitlich ist die angekündigte Variantenanzahl auf fünf verschiedene Fahrzeuge gestiegen. Laut Herstelleraussage habe man gleich alle möglichen Formvarianten konstruieren ließen, allein beim Speisewagen sind sechs verschiedene Formen entstanden. In Summe dürften wohl ensuite ca. 15 Fahrzeuge für einen sechsteiligen Zug konstruiert worden sein. Für das kleine Unternehmen Jägerndorfer Collection ist das eine beachtliche Investition, die auch wieder verdient werden muß. Folgende Modellausführungen werden realisiert:

* 74010:      ET 4010.06 im Ablieferungszustand mit Flügelrad und dem Speisewagen 7110.303 in der Farbgebung saphirblau/elfenbein mit dem seitlichen Schriftzug „Transalpin“.

* 74110:      ET 4010.014 im Letztzustand mit Bistrowagen 7110.309 und in ultramarinblauer Farbgebung.

* 74210:      ET 4010.024 in der gegenständlichen Ausführung nach der Modernisierung in verkehrsroter Lackierung.

* 74310:      ET 4010.17 im Ablieferungszustand (saphirblau/elfenbein) mit Flügelrad und dem Bistrowagen 7110.306.

* 74410:      ET 4010.029 in ultramarinblauer Farbgebung und dem Vollspeisewagen 7310.117, Ausführung mit Halbfenster (!) und frontseitigem „Pflatsch“.

Der Verkaufspreis darf in Anbetracht dieser kompletten Neukonstruktion als human betrachtet werden. Die Modellausführung ohne Loksound ist in Österreich zum UVP von € 494,90 erhältlich. Die Modellausführungen mit Loksound sind um € 105,– teurer und kosten knapp € 600,–.

Verpackung

Jägerndorfer liefert seine Neukonstruktion in einer robusten Kartonverpackung aus. Die sechs Fahrzeuge sind einzeln im Schaumstoff der gut DIN-A4-großen Verpackung eingelegt. Darauf liegt ein Plastikeinsatz, der von oben her die Modelle fixiert und zusätzlich schützt. Unter der unteren Schaumstofflage befindet sich die mehrseitige Betriebsanleitung. Bedauerlicherweise sind einzelne Angaben nicht schlüssig dargestellt. Dies betrifft gerade jene Seiten, wo es um die Darstellung der Ersatzteile geht. Der Hersteller hat diesbezüglich eine Nachbesserung zugesagt.

Jedes Modell ist zusätzlich in einer feinen Folie gewickelt. Zusätzlich sind noch zwei Ausnehmungen im Schaumstoff vorhanden, in einer befindet sich ein Zurüstbeutel. Dieser beinhaltet zwei Kupplungen, die Führerstandsleitern für den Triebkopf und die Kupplungshaken.

Die Modelle sind wie auf der Abbildung der Verpackung eingelegt. Wer die sechsteilige Garnitur in dieser Reihenfolge zusammenstellt, wird eine Triebwagengarnitur erhalten, die es in dieser Form beim Vorbild nicht gab. Die richtige Zugzusammenstellung ist daher wie folgt: 4010.06 + 7010.106 + 7110.106 + 7110.303 + 7110.206 + 6010.06.

Technik

Die Konstrukture von Jägerndorfer haben den Triebwagen wie beim großen Vorbild umgesetzt, indem nur der Triebkopf die technischen Komponenten beinhaltet. Alle anderen Zwischenwagen und der Steuerwagen sind antriebslose Fahrzeuge und als reine „Reisezugwagen“ ausgeführt.

Die Antriebskomponenten befinden sich unter dem Lokgehäuse des ET 4010. Das Lokgehäuse ist am Chassis aufgesetzt. Um es Abziehen zu können, müssen die Seitenwände bei den mittleren Achsen nach außen gespreitz werden, dann ist das Abziehen nach oben möglich. Der anschließende Blick auf das Innenleben des Triebkopfes zeigt uns eine am Lokrahmen montierte Zentralplatine und darunter die entsprechenden Antriebskomponenten.

Ein in Fahrzeugmitte eingesetzter Mittelmotor mit zwei großen Schwungmassen überträgt das Drehmoment via kurzen Kardanwellen und dem Stirnrad-/Schneckengetriebe auf die vier Achsen. Die jeweils innenliegenden Achsen eines Drehgestelles – also die Achsen 2 und 3 – sind jeweils einseitig mit einem Haftreifen bestückt. Die Bodenplatte der Drehgestelle ist mit je drei Wartungsluken versehen, die ein Ölen oder Fetten des Getriebes möglicht macht.

Die Zentralplatine ist, wie schon erwähnt, auf dem Lokrahmen befestigt und weist an der Oberseite die Schnittstelle nach NEM 652 (Next18) für den Digitalbetrieb auf, in welchem ein Brückenstecker eingesetzt ist. Die Modelle mit dem Loksound sind mit einem Decoder aus dem Hause ZIMO bestückt.

Eine weitere Decoder-Schnittstelle befindet sich im Steuerwagen. Das Gehäuse des Steuerwagens läßt sich wie jenes des Triebkopfes abnehmen, indem die Seitenwände nach außen gespreitzt werden und ein Abzug des Gehäuses nach oben möglich wird. Die Decoder-Schnittstelle des Steuerwagens befindet sich gut kaschiert hinter dem Führerstand im Gepäckabteil. (Hinweis: Den Steuerwagen, aber auch die Mittelwagen sollte man nur undingt öffnen, wenn es notwendig ist. Die Feder der Kurzkupplungskinematik neigt sehr leicht aus der Führung zu springen. Ein Einfädeln der Feder ist eine sehr zeitaufwendige Prozedur.)

Der Triebwagen ist serienmäßig für die Solo-Fahrt vorbereitet, wobei die Pufferbrüste des Triebkopfes und des Steuerwagens komplett zugerüstet sind. Auf der anderen Fahrzeugseite befindet sich eine Kurzkupplungskulisse mit Normschacht. Alle Mittelwagen sind mit einer Kurzkupplungskulisse versehen. Das Kuppeln erfolgt mit der N-Standardkupplung. Somit sind die Fahrzeuge untereinander nicht elektrisch gekuppelt, was durchaus als Vorteil anzusehen ist. Nachteilig erweist sich jedoch der Fahrzeugabstand von ca. 2 bis 3 Millimeter. Beim Steuerwagen ist wiederum die Fahrgastseite mit einer Kurzkupplungskulisse versehen, die Führerstandsseite ist mit einer Schürze verkleidet.

Eine Kurzkupplungskulisse ist aber auch an den beiden Führerstandsseiten vorgesehen, die durch die werkseitig montierten Schürzen unbeweglich sind. Nach dem Abziehen der jeweilige Schürze lassen sich die mitgelieferten Kupplungen in die Kulissenführung einsetzen und somit ist der Triebwagen mit anderen Fahrzeugen kuppelbar.

Fahrverhalten

Das Gesamtgewicht des ET 4010 beträgt 262 Gramm. Das Fahrverhalten des Modells ist hervorragend, wiewohl der Motor etwas leiser sein könnte. Die Höchstgeschwindigkeit des Vorbildes beträgt 150 km/h. Die umgerechnete Modellgeschwindigkeit beträgt ca. 164 km/h. Die Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. zehn Prozent zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 50 % um ca. 40 % zu langsam.

Optik

Man darf vorweg festhalten, daß die Neukonstruktion in seiner Grundform und Umsetzung ein stimmiges Modell ist und als absolute Augenweide gilt. Der Triebkopf ist durch seine kurze Bauform mit der abgerundeten Stirnfront charakterisiert, die korrekt wiedergeben ist. Das Lokgehäuse ist mit feinen Gravuren versehen. Die seitlichen Lüftergitter sind besonders fein graviert. Alle Fenster sitzen paßgenau in den Öffnungen, die Fensterstege weisen einen geringen Querschnitt auf. Das Fahrzeugdach ist ebenso vorbildgerecht umgesetzt, zwei Stromabnehmer sind im hinteren Fahrzeugbereich montiert. Die feine Bauausführung machen auch dieses Teil zum echten Hingucker. Die Dachausrüstung mit Hauptschalter ist ebenso korrekt umgesetzt, wie auch die Dachwiderstände, deren Oberfläche geriffelt umgesetzt ist. Die Drehgestelle sind korrekt wiedergegeben und sind dreidimensional ausgebildet.

Die drei Mittelwagen und der Speisewagen wurden einer gesonderten optischen Betrachtung unterzogen. Bei allen Einzelfahrzeugen wurden die baulichen Unterschiede berücksichtigt. Dies ist insbesonders an den seitlichen Lüftern erkennbar. Da das Fahrzeug der Ursprungsausführung angehört, sind die Schwenkflügeltüren nicht nur fein graviert, sondern noch zusätzlich mit erhaben dargestellten Türgriffen und Griffstangen ergänzt worden. Die Fensterleisten sitzen wiederum paßgenau in den Öffnungen. Da es sich um Fallfenster handelt, sind keinerlei Fensterstege vorgesehen. Bei allen Wagen ist der Wagenunterboden vorbildgerecht nachgebildet. Die Drehgestelle der Mittelwagen sind wiederum dreidimensional durchgebildet, die Dachpartien sind ebenso korrekt umgesetzt. Weitere und gut sichtbare Formänderungen betreffen den Halbspeisewagen 7110.303 durch die geänderten Seitenwände infolge der anderen Fensteraufteilung.

Der Steuerwagen fällt wiederum durch seine runde Stirnfront auf. Auch bei dieser Form hat Jägerndorfer alles vorbildlich umgesetzt. Diese betreffen einerseits die Ausführungen am Fahrzeugdach und auch beim führenden Drehgestell des Steuerwagens, der Indusi-Magnet ist an diesem angebaut.

Die Fahrzeugübergänge sind genauso korrekt umgesetzt, wobei auch die Übergangstüren fein graviert sind. Die Gummiwülste sind in der Gehäuseform angesetzt, sind aber im Fahrbetrieb durch die Verwendung der mitgelieferten Kupplung nicht bündig. Zwischen den Fahrzeugen ergibt sich ein Spalt von bis zu drei Millimeter.

Farbgebung und Beschriftung

Die Lackierung der Fahrzeuge ist hervorragend gelungen. Lobenswert ist vor allem die Tatsache, daß keinerlei Farbverläufe erkennbar sind. Ein Lob gilt auch der Bedruckung der Modelle. Sämtliche Anschriften sind unter einer Lupe gut lesbar aufgetragen, manchmal vielleicht zu intensiv. Die verwendeten Fahrzeuganschriften bzw. die Fahrzeugnummern wurden eingangs schon erwähnt.

Beleuchtung

Das Modell verfügt über eine wartungsarme LED-Beleuchtung zur Darstellung des Spitzen- und Schlußsignals. Damit versehen ist nur der Triebkopf und der Steuerwagen. Das Spitzenlicht besteht aus drei weißen Frontlichtern, die Schlußbeleuchtung aus zwei roten Lichtern. Die Umschaltung erfolgt fahrrichtungsabhängig. Der Triebwagen wird serienmäßig ohne Innenbeleuchtung ausgeliefert und ist auch nicht dafür vorbereitet.


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Modellvorstellung 74210 – ÖBB 4010 024-0

Bevor die Firma Jägerndorfer den oben gezeigten 4010.06 ausgeliefert hat, wurde die modernisierte Version im EC-Look an den Fachhandel abgeliefert. Es handelt sich dabei um die modernisierte Variante ab Mitte der 1980er Jahre, wie man diesen im grenzüberschreitenden Verkehr zu Deutschland einsetzte.

Die Firma Jägerndorfer hat für die Modellausführung natürlich alle Formänderungen vollzogen, sodaß der Modellbahner ein formvollendetes und sehr maßtstäbliches Fahrzeug auf seine Anlage bekommt. Aber auch hier gilt zu sagen, daß die in der Verpackung abgelegten Modelle nicht in dieser Reihenfolge zusammenstellbar sind. Die richtige Reihenfolge sowohl in Natura wie auf der Anlage ist wie folgt:

4010.024 + 7010.124 + 7110.124 + 7310.112 + 7110.224 + 6010.026


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Modellvorstellung 74110 – ÖBB 4010 014-1

Im September 2020 ist die dritte Variante des Städteschnellzug ET 4010 als Modell erschienen. Die Firma Jägerndorfer hat diesmal die Version des 4010.014 im klassischen Erscheinungsbild der 1990er und 2000er Jahre realisiert. Der ET 4010.014 war auch einer der wenigen Garnituren, die nicht in den Farbtopf der HW Floridsdorf fielen und modernisiert wurden und somit bis zur Kassierung derartig im Einsatz war. Im Unterschied zum früher ausgelieferten ET 4010 mit der Transalpin-Beschilderung war das Fahrzeug in den Farben Ultramarinblau (RAL 5002) und Elfenbein (RAL 1014) lackiert. Die roten Lampenfassungen entsprechen dem Farbton Blutorange. Der Fahrzeugboden und die Drehgestelle sind im Farbton Tiefschwarz gehalten.

Das neue Set besteht aus folgenden Fahrzeugen: 4010.014-1 + 7010.114-2 + 7110.114-1 + 7110.309-7 + 7110.214-9 + 6010.014-6. Am Modell wurden einzelne Formänderungen vorgenommen, soweit dies erforderlich war, so zum Beispiel erkennbar an der Heizkupplung am Triebkopf- und am Steuerwagen. Zudem entsprechen alle Anschriften dem Vorbild. An dieser Stelle ist leider ein Manko für den ansonsten formschönen Zug vorzubringen. Die Herstellerfirma aus Fernost hat bei der Lackierung nicht sauber gearbeitet, an mehreren Stellen sind unsaubere Farbverläufe sowie auch unschön mit den Kastenfarben versehene Griffstangen bestückt.  Derartiges sollte bei einem Modell in dieser Preisklasse nicht passieren.


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