ÖBB-Reihe 2070: JC 20700 / 20710 / 20720 / 20730

Neben der Indienststellung der Tauri (1×16) und des Hercules (2016) wurde auch die Beschaffung einer Verschubdiesellok in der Leistungsklasse unter 800 kW in Erwägung gezogen. Auftragnehmer war Siemens, die jedoch den Auftrag an Vossloh (vormals MaK) in Kiel weiterreichten. Der Serienlieferung über 60 Stück folgte eine Option mit weiteren 30 Loks. Die Loks lehnen sich an die bewährte Bauform des Herstellers bzw. an jene der Reihe 2068 an, allerdings sind bei dieser die Vorbauten wesentlich kantiger ausgeführt. Die Reihe 2070 verdrängte die wirklich letzten Altbaureihen aus dem Verschubgeschäft. Davon betroffen waren die Reihen 1040, 2048, 2060 und 2062 sowie teilweise auch die 2067. Die Loks erhielten eine Funkfernsteuerung sowie eine Rangierkupplung, beide Einrichtungen konnten zuvor durch die umgebaute 2167.093 ausgiebig getestet werden. Die ÖBB Traktion hat die Loks nur bei drei Standorten beheimatet, und zwar in Wels, St. Pölten und Wien-Ost und kommen dort sehr weitläufig zum Einsatz, sodaß diese Reihe auf zahlreichen Nebenstrecken im leichten Güterzugeinsatz beidseits der Westbahn gesichtet werden kann. Derzeit findet eine Design-Anpassung der Loks statt, wobei man sich an die zuletzt gewählte Beschriftungsvariante mit ÖBB-Wortmarke orientiert.

Die Reihe 2070 leitet sich technisch und im Aussehen von der Type G 800/ G 1200 der VSFT (vormals MaK) ab, die nicht nur in Deutschland vor allem bei Industriebahnen und kleineren Bahngesellschaften im Einsatz steht. Antriebsaggregat ist ein Caterpillar-Motor der Type 3412E DI-TTA-JW mit 12 Zylindern, 738 kW Leistung und einer maximalen Drehzahl von 2.100 U/min. Das nachgeschaltete Voith-Turbogetriebe verfügt über eine Strecken- und Rangierschaltstufe, die im Stillstand gewählt werden muß. Unterschiedlich sind die maximalen Zugkräfte (151 versus 233 kN) und die Höchstgeschwindigkeiten (100 oder 45 km/h). Mit Gelenkwellen wird das Drehmoment sowohl vom Dieselmotor zum Wandler als auch von dort zu den Radsatzgetrieben übertragen. Verschleißfreies Bremsen ist durch Füllen des Wandlers für die Gegenrichtung möglich. Betriebliche Vorteile bringt ein Hilfsdieselmotor mit einer Leistung von 21 kW. Er versorgt nicht nur die Klimaanlage für den Führerstand, sondern dient auch dem Vorheizen des Kühlwassers für den Traktionsmotor und dem Laden der Batterien. Die Lok ist somit von Fremdstromanschlüssen in Zugförderungen autark und daher auch im Bauzugdienst einsetzbar. Das kompakt gebaute Aggregat liegt im langen Vorbau etwa über der ersten Achse. Die tiefste mögliche Temperatur zur Inbetriebnahme ist – 25° C. Als Dienstgewicht mit 2/3 Vorräten werden 72 Tonnen angegeben, die Länge über Puffer beträgt 14.130 mm. Mit einer Tankkapazität von 3.000 Litern Dieselkraftstoff ist es möglich, die Lok auch längere Zeit vom Heimatstandort aus einzusetzen, die keine Tankstelle haben. Die seitlichen Konturen des Führerhauses erlauben dem Triebfahrzeugführer das Hinaussehen aus dem Fenster, ohne das Umgrenzungsprofil zu verlassen. Gleiches gilt für das Besteigen der Lok über die Rangiertritte und die stirnseitig angeordneten Führerhaustüren. Im Führerhaus befinden sich zwei jeweils in Fahrtrichtung rechts liegende Fahrpulte. Das Abgasrohr (Auspuff) ist außermittig nach links versetzt, um die Sicht zusätzlich zu verbessern. Die Reihe 2070 verfügt als Zusatzausstattung über die Rangierkupplung und die Ausrüstung mit Funkfernsteuerung.


Modellvorstellung

Die Neukonstruktion der jüngsten ÖBB-Verschublokomotive geht auf das Jahr 2018 zurück, indem dieses Vorbild erstmals auf der Nürnberger Spielwarenmesse als Neukonstruktion angekündigt wurde. Die Ankündigung war ein Segen für die heimischen Modellbahner, zumal die bereits vor vielen Jahren gefertigte 2070 eines Mitbewerbers aus Deutschland einem Phantasiemodell ohne großen Wiedererkennungswert in den Details gleicht. Die Firma Jägerndorfer definierte bei der Ankündigung die technische Ausführung als HighEnd-Edition-Modell, das mit und ohne Loksound sowie auch für Gleichstrom- als auch Wechselstromanlagen geeignet sind. Als erste Modelle wurden Fahrzeuge in der Epoche VI (2070 048) und V (2070 074, 2070 018 und 2070 056) angekündigt. Für die gegenständliche Modellbesprechung stehen jeweils ein Modell der beiden Epochen zur Verfügung, und zwar die Artikelnummer 20700 im aktuelleren Erscheinungsbild und 20720 in der Ausführung nach der Auslieferung. Der UVP für das lautlose Gleichstrommodell beträgt € 224,90.

Verpackung

Jägerndorfer liefert sein neuestes Modell in einer kombinierten, stabilen Kartonverpackung mit Blistereinsatz aus. Als erstes ist die Kartonumverpackung abzuziehen, danach kann die in die Kartonschachtel eingelassene Plastikverpackung herausgezogen werden. Auch ist nochmals eine Ummantelung zu entnehmen, nach dem Öffenen der Arretierung und dem Entfernen von dünnen Folien ist das Modell zu entnehmen. Gleich am ersten Angreifen ist das hohe Eigengewicht der Metallkonstruktion spürbar. In der Kartonschachtel liegt noch eine ausführliche Betriebsanleitung. Der Zurüstbeutel liegt in einer Tasche der Arretierungsklappe der Blisterummantelung. Im Zurüstbeutel sind haftreifenlose Räder, eine Abdeckung, die Rangierkupplung RK 900, Kupplungen und weitere Teile abgelegt.

Technik

Die technischen Komponenten sind natürlich unter den vorbauten und dem Gehäuse der Lok untergebracht. Das Metallgehäuse ist auf das Chassis aufgesetzt und mit vier Schrauben befestigt. Diese befinden sich an der Unterseite der Konstruktion, jeweils vor den Drehgestellblenden sind zwei kleine Kreuzschrauben versteckt. Nach dem Lösen läßt sich das Gehäuse mit etwas Feingefühl abziehen. Die anliegenden Geländer blockieren dabei dieses Vorhaben, am besten läßt sich das Gehäuse durch gegenseitiges Hochziehen der Vorbauten abnehmen.

Das Innenleben zeigt die Zentralplatine mit zwei Pufferkondensatoren auf der kurzen Vorbauseite und den Brückenstecker in der verbauten PluX22-Schnittstelle am langen Vorbau. An den Vorbauenden sind jeweils Lichtplatinen platziert. Die Antriebskomponenten sind unter der Zentralplatine verbaut. Der Mittelmotor befindet sich genau unter der Schnittstelle. An beiden Seiten sind Schwungmassen montiert, die Kraftübertragung erfolgt über Kardanwellen und dem Stirnrad-Schneckengetriebe auf alle vier Achsen. Die beiden inneren Achsen sind einseitig mit Haftreifen bestückt. Wie eingangs schon erwähnt, liefert JC die Lok mit zwei Ersatzsachsen ohne Haftreifen aus. Bedauerlicherweise schweigt sich die Betriebsanleitung über die notwendigen Arbeitsschritte hinsichtlich des Achsentausches aus.

Was die Kupplung dieser Neukonstruktion betrifft, ist zwar beidseitig ein NEM-Kurzkupplungsschacht vorgesehen, welcher sich nicht über eine Kulisse, sondern durch eine zentrale Befestigungsschraube drehen läßt.

Fahrverhalten

Jägerndorfer hat seine 2070 als Metalledition angekündigt. Schon bei Auspacken des Modells wird das höhere Eigengewicht der Lok spürbar, doch bei der Verwiegung kommt die Ernüchterung: 267 Gramm. Damit ist dieses Lokmodell leichter als die 2068 aus gleichem Hause.

Die Lok ist leise und hat einen taumelfreien Lauf. Erfreulich ist vor allem die Geschwindigkeit des Modells. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 123 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 23 % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 30 % um ca. sieben % zu niedrig.

Optik

Die 2070 von Jägerndorfer gilt als Augenweide, obwohl das Vorbild durch die vierkantige Bauweise wenige konstruktive Besonderheiten offenbart. Doch die Tücke liegt bekanntermaßen im Detail. Jägerndorfer wählte bei der Umsetzung des Gehäuseteiles die Ausführung als ein Gußteil, in welches das breitere Führerhaus aufgesetzt ist. Die Fenstereinsätze sind paßgenau eingesetzt, die Fensterstege weisen feine Einkerbungen auf. Im Führerhaus sind feine Griffstangen in das Gehäuse eingesetzt. Das Metallgehäuse berücksichtigt alle konstruktiven Details und zeichnet sich durch feine Gravuren im Bereich der Seitenklappen und der aller Lüftergitter auf. Das obere Lüftergitter gestattet einen Einblick in das darunter liegende Schaufelrad des Kühlanlage, die beiden seitlichen Lüftergitter wirken etwas grobmaschig.

Der Blick auf die Oberseite der Vorbauten fördert eine ebenso korrekte Modellumsetzung zu Tage. Die Kranösen sind genauso nachgebildet wie das nach oben ausbauchende Lüftergitter, unter dem die Rotorblätter zu erkennen sind. Korrekt sind auch die beiden Auslaßöffnungen und das dezentrale Abgasrohr beim Führerstand. Ebenso korrekt sind die eingesteckten Antennen auf beiden Vorbauten. Das Führerhausdach trägt die Typhone und ebenso vier weitere Fahrzeugantennen.

Alle montierten Geländer sind aus Kunststoff gefertigt und weisen dünne Querschnitte der nachgebildeten Rohrstangen auf. Die markante Bauform der frontseitigen Geländer mit den seitlichen Abrundungen entspricht absolut dem Original. Sehr schön nachgebildet sind auch die Trittstufen zur Plattform und zum Führerhaus. Es wurden sehr feinmaschige Ätzteile eingesetzt.

Die Drehgestelle sind dreidimensional durchgebildet und weisen die typische Bauform auf, die auch beim Modell sehr gut zur Geltung kommt. Auffallend ist vor allem auch der unterflur situierte Fahrzeugtank. Bei diesem fallen vor allem die baulichen Details der Einfüllstutzen positiv auf.

Farbgebung und Beschriftung

Die Lackierung des vorliegenden Modells ist tadellos ausgeführt, ebenso auch die Bedruckung. Sämtliche Anschriften sind gut deckend und vollständig korrekt aufgetragen. Diese sind auch lupenrein lesbar. Die wesentlichen Anschriften befinden sich nicht nur am Fahrzeugtank, sondern auch an den Trittschutzleisten des Geländers. Beachtenswert sind aber auch die aufgedruckten Anschriften an den Drehgestellen. Darauf stehen die Revisionsanschriften und die Längenangaben der Maschine. Im Revisionsraster sind die Angaben REV Mat 29.01.15 aufgedruckt. Diese Angaben entsprechen auch den Ausführung der aktuellen Epoche VI.

Beleuchtung

Das Modell ist mit einer LED-Beleuchtung ausgestattet. Wartungsarme, weiße und rote LEDs dienen der Darstellung des Spitzen- bzw. Schlusslichtes. Mitbeleuchtet wird auch der Führerstand, was in der Regel nicht der Fall ist.


Bilder JC 20700 – A-ÖBB 92 81 2070 048-1


Bilder JC 20720 – ÖBB 2070 018-3

Dieser Artikel verkörpert ein Modell im Ablieferungszustand bei der Ablieferung an die ÖBB. Das Modell ist mit dem übergroßen Pflatsch auf den Führerhausseitenwänden und kleineren Emblemen an den Stirnfronten versehen. Im Revisionsraster der 2070 018-3 steht das Datum vom 06.09.2001, was weder dem Liefertag von Vossloh (10.09.2001) noch dem Abnahmedatum der ÖBB (04.12.2001) entspricht. Das angeschriebene Datum könnte ein Hinweis auf die an diesem Tag durchgeführte Werksabnahme sein.


Bilder JC 20710 – ÖBB 2070 074-6

Die beiden nachstehenden Modelle wurden gegen Ende September 2020 ausgeliefert und unterscheiden sich gegenüber den beiden Erstlieferungen optisch nur geringfügig. Bei der Modellausführung, der 2070 074-6, wurde zwar die ÖBB-Wortmarke als Eigentumskennung angebracht, allerdings entspricht die angebrachte Loknummer noch dem Ablieferungszustand bzw. vor der Einführung der TSI-Norm. An der 2070 074-6 ist keine Heimatdienststelle angeschrieben, sehr wohl steht aber im Revisionsraster das Untersuchungsdatum REV 12.08.10.


Bilder JC 20730 – ÖBB 2070 056-3

Ein zweitens Modell der Reihe 2070 in der Ursprungsausführung steht dem Modellbahner mit dem als 2070 056-3 beschrifteten Modell zur Verfügung. Die Modellausführung ist gegenüber den anderen Artikel identisch. Die geänderten Anschriften resultieren aus der Loknummer und dem Hinweis der Kilometer-abhängigen Revisionen als karge Angabe im Revisionsraster, währenddessen bei der 2070 018-3 das Abnahmedatum ersichtlich ist.