ÖBB-Reihe 5044 – Jägerndorfer 23030 / 23020 / 23040

Der Städteschnellverkehr entwickelte trotz Wirtschaftskrise in den Dreißiger Jahren sehr positiv, sodaß die BBÖ ab 1937 16 Triebwagen der neuen Reihe VT 44 bestellten. Als erster dieselhydraulischer Triebwagentyp konzipiert, läutete dieser bis heute den andauernden Systemwechsel von dieselelektrischem zum dieselhydraulischen Antriebskonzept ein, zumal diese Ausführung auch in der Anschaffung günstiger war. Die Triebwagen wurden allerdings erst während der Reichsbahnzeit abgeliefert. Insgesamt wurden 26 Triebwagen mit der DRG-Bezeichnung C4ivT 905 – 930 beschafft, von denen neun Triebwagen zur ÖBB als Reihe 5044 kamen. Alle anderen Triebwagen sind als Kriegsverluste abzuschreiben. Die Triebwagen verfügen über eine Sitzteilung von 2 +2 Plätzen, die zudem noch gepolstert sind. Der Wagenkasten ruht auf zwei geschweißten Drehgestellen, von denen nur eines als Triebdrehgestell ausgebildet ist. Die Fahrzeuge waren bis zum Erscheinen der „Blauen Blitze“ im Städteschnellverkehr, danach wurden sie nur mehr im Regionalverkehr eingesetzt. Im Originalzustand befindet sich noch der VT 5044.06, dieser steht als Nostalgiefahrzeug weiterhin im Einsatz.


Modellvorstellung

Jägerndorfer hat die Triebwagenreihe erstmals im Jahr 2020 als Neukonstruktion angekündigt, nachdem es schon den VT 5042 von Roco gab und somit eine weitere Lücke damit geschlossen werden konnte. Im Neuheitenblatt 2020 von Jägerndorfer finden sich zunächst zwei verschiedene Modellvarianten, und zwar das Museumsfahrzeug 5044.06 und das Modell des 5044.21 mit Halbfenster und blauer Schürzen. Im Folgejahr gesellten sich zwei weitere Ausführungen zu den Neuheiten, und zwar die Reichsbahnausführung für den deutschen Markt und der VT 44.11 als frühes Epoche III-Fahrzeug. Jägerndorfer hat den Museumstriebwagen und die Reichsbahnvariante als erste Modelle ausgeliefert. Dabei hat es Jägerndorfer erneut geschafft, alle Modelle gleich an den Fachhandel auszuliefern und wie immer auf die einschlägige Fachpresse in Österreich zu vergessen. Die Modellvorstellung der Reichsbahnvariante war nur infolge guter Kontakte zu weiteren Akteuren in der Branche möglich. Das vorliegende Modell der Reichsbahnvariante ist als Analog-Fahrzeug unter der Artikelnummer 23030 zum UVP von € 259,90 erhältlich, die Soundvariante trägt die Artikelnummer 23032 und kostet UVP € 399,90. Natürlich sind beide Fahrzeuge auch für das Dreileiter-Wechselstrom erhältlich und weisen die Artikelnummern 13030 und 13032 auf.

Verpackung

Die Neukonstruktion aus Pottendorf befindet in der bekannten, billigen Verpackung von Jägerndorfer. Die einfache Kartonverpackung nimmt den Blistereinsatz mit der zusätzlichen Schutzummantelung auf. Das Modell ist von einer dünnen Plastikfolie umwickelt und in den Blistereinsatz eingelegt und durch eine seitliche Lasche fix arretiert. In einer Ausnehmung des Blistereinsatzes wurde ein Zurüstbeutel beigelegt, darin befinden sich die Bremsschläuche und die Zughaken. In der Kartonverpackung ist eine mehrseitige, zweisprachige Betriebsanleitung beigelegt.

Technik

Die Modellkonstruktion von Jägerndorfer schießt sich an vergleichbare Modelle an. Die technischen Komponenten sind alle unterhalb des Innenraumeinsatzes untergebracht. Um an das Innenleben des Modells heranzukommen, muß das Gehäuse vom Chassis abgenommen werden. Das Kunststoffgehäuse ist auf dem Chassis aufgesteckt. Durch einfaches Auseinanderspreizen der Seitenwände ist der Abzug nach oben möglich. Das Formteil mit der Nachbildung der Inneneinrichtung ist ebenfalls auf dem Chassis aufgesteckt und wird über sechs Rastnasen festgehalten. Die Antriebskomponenten sind beim Antriebsdrehgestell untergebracht. Der Antrieb erfolgt über einen Kardanantrieb auf die äußerste Achse. Die Antriebsachse ist zugleich mit zwei Haftreifen versehen. Der Motor befindet sich unmittelbar nach dem Triebdrehstell in der Bodenwanne und ist beidseits mit Schwungmassen bestückt. Teile der Antriebsanlage sind von der Unterseite des Fahrzeuges ersichtlich. Die Stromabnahme erfolgt von allen Achsen. Die Fahrzeugplatine ist ebenfalls in der Bodenwanne des Fahrzeuges untergebracht, wobei die Neukonstruktion eine PluX22-Digitalschnittstelle erhielt. Die Decoder-Schnittstelle ist von der Unterseite aus zugänglich, die Abdeckung ist über zwei Kreuzschrauben befestigt. Für die Mitnahme von Personenwagen wurden an beiden Wagenenden entsprechende Kurzkupplungskulissen vorgesehen.

Fahrverhalten

Der Triebwagen bringt 330 Gramm auf die Waage. Der Solotriebwagen macht im Anlagenbetrieb einen soliden Eindruck und fällt vor allem durch das leise Motorgeräusch auf. Das Vorbild verfügt über eine Höchstgeschwindigkeit von 115 km/h. Die Messungen der Modellgeschwindigkeit erfolgt bei 12 V Gleichstrom. Dies ergibt einen umgerechneten Wert von 172 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 49 % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert (Draufgabe von 30 % zusätzlich) ist die Modellgeschwindigkeit um ca. 19 % zu schnell.

Optik

Jägerndorfer hat für den interessierten Modellbahner ein tadellos konstruiertes und umgesetztes Modell auf die Schienen gestellt. Der Blick auf den Wagenkasten zeigt eine elegante, fast glatte Linienführung, indem die Seitentüren in die Außenhaut integriert wurden. Auf der Höhe des Fußbodens sowie unter- und oberhalb des Fensterbandes wurden erhaben dargestellte Zierleisten berücksichtigt. Feine Gravuren erfuhren die Türen mit entsprechenden Details, die eingesetzten Griffstangen sind aus Metalldraht gefertigt und erhaben in das Modell eingesetzt. Bei den vorliegenden Modellen weisen die Fenster noch Fallfenster bzw. Ganzfenster auf, die in Alurahmen gefaßt sind. Die Fensterstege sind zierlich ausgeführt und sitzen paßgenau in den Ausnehmungen. Das eingebaute Übersetzfenster in den Türen ist definitiv falsch. Beim Anblick der Fahrzeugrundungen treten bei der Reichsbahnvariante die Formtrennkante klar in Erscheinung. Mit diesen Schiebern konnte Jägerndorfer die unterschiedlichen Stirnfronten des Reichsbahn-Triebwagen mit den eckigen Fenstern bzw. die abgerundeten Fenster bei den ÖBB-Fahrzeugen korrekt darstellen.

Die runde Frontpartie erfährt durch die extra eingesetzten und abhängenden Typhone und der extra angesetzten Scheibenwischer eine zusätzliche Aufwertung. Hierzu tragen auch die extra eingesetzten und bedruckten Übergangsbleche auf. Seitlich davon sind extra montierte Bügel zu sehen. Die unteren Scheinwerfer sind mit schönen Fensterringen versehen, der obere ist abgedeckt ist. Auf die damals üblichen Lichtklappen hat man vergessen!

Der Blick auf das Dach bringt weitere Details zu Tageslicht. Die Konstrukteure haben bei jedem Dachsegment die fein ausgeführten Nietreihen vorgesehen, die in Längs- wie in Querrichtung ausgeführt sind. Die Führerstände, Einstiegsbereiche und Dienstabteile sind in den Farben Braun und Grau gehalten, der Fußboden ist schwarz lackiert und die Sitzbänke weisen eine rote Farbgebung auf. Abschließend sei noch ein Blick auf das Laufwerk gestattet. Die Drehgestelle weisen trotz ihrer unterschiedlichen Bauart eine vorbildgerechte Modellumsetzung auf. Die Fahrwerke sind feingliedrig ausgeführt und zeichnen sich durch unterschiedlich ausgeführte Achsstände, Blattfedern, Achslagerführungen und eigenen Sandkästen aus. Sehenswert sind auch die aufgehängten Aggregatkästen mit den Lüfterimitationen.

Farbgebung und Bedruckung

Der Reichsbahntriebwagen war ganz einfach zu lackieren, indem der gesamte Wagenkasten eine feldgraue Farbgebung aufweist. Die verschiedenen Anschriften sind verschiedenfarbig ausgeführt und lupenrein umgesetzt. Das Modell trägt die Betriebsnummer C4ivT 923 und ist mit einem Reichsadler auf der Seitenwand bedruckt. Die sonstigen Anschriften betreffen einzelne Angaben zu verschiedene Fahrzeugeinrichtungen, aufgedruckt ist noch der Hinweis für die RAW St. Pölten als Erhaltungswerkstätte und auch die Ortsangabe „Dr. Salzburg“.

Beleuchtung

Jägerndorfer hat seiner Neukonstruktion eine Innen- sowie eine Führerstandsbeleuchtung vorgesehen. Im Digitalbetrieb sollten die Schweinwerfer bzw. die Schlußlichter extra schaltbar sein. Tatsächlich ist dies nicht der Fall. Man muß das Schlußlich von der Platine ablöten (dünnes schwarzes Kabel) und über einen 1K Widerstand direkt an den AUX 7 und 8 des Decoders anschließen, um das Schlußlicht dann extra schaltbar zu machen! (Anmerkung: sowas sollte heute nicht mehr passieren!) Regulär findet ein Lichtwechsel zwischen weißem Spitzenlicht und roten Schlußlichtern statt. Bei der Ausführung als Reichsbahn-Triebwagen ist nur ein weißes Spitzenlicht vorgesehen.


Bilder JC 23030 – DRB-Variante


Bilder JC 23020 – ÖBB 5044.021-3

Mittlerweile lieferbar ist eine weitere Formvariante dieses Zwischenkriegsdieseltriebwagens. Der Hersteller hat sich als Vorbild den 5044.021-3 ausgewählt, den der Hersteller in saphirblauer Farbgebung aufgelegt hat. Dieser Farbton hielt sich bis zu Kassierung, wiewohl andere Triebwagen längst in Ultramarinblau lackiert wurden. Das Modell des 5044.21 weist mehrere Formänderungen auf, wobei als erste die Umsetzung der Seitenwand mit Übersetzfenster auszumachen ist. Auch die Stirnfronten wurden abgeändert und sind mit abgerundeten Fensterecken versehen. Eine weitere und wesentliche Änderungen ist im Dachbereich zu finden, indem JC den erhöhten Dachaufsatz über dem Dampfkessel berücksichtigt hat. Jedoch ist hierbei unklar, nach welchen Vorgaben dieser Heizkesselaufsatz konstruiert wurden, denn dieser müßte um ca. 5 mm höher sein. Außerdem wurde der Verschluß beim oberen Spitzenlicht gegen einen Scheinwerfer ersetzt. An der Stirnfront wurde ein Scherengitter montiert. Am Triebwagen ist keine Heimatdienststelle angeschrieben, im Revisionsraster ist als letztes Untersuchungsereignis die Angabe H Pn 29.06.83. Während die Lackierung tadellos ausgeführt ist, weisen die Zierlinie leichte Farbaussetzer auf, zudem ist die Beschriftung beim ÖBB-Triebwagen leider nicht lupenrein aufgetragen. Da der Triebwagen auch im Jubiläumsjahr 1987 im Einsatz stand und für diese Zeit mit einem entsprechenden Aufkleber versehen war, liegen dem Modell zwei entsprechende Aufkleber bei. Bedauerlich ist nur, daß die Betriebsanleitung sich über die Position der Aufkleber ausschweigt. Der Kunde ist genötigt, für das Erhaschen dieser Information entsprechende Literatur anzueignen.


Bilder JC 23040 – ÖBB VT 44.11

Jägerndorfer hat für 2022 zwei Modellvarianten angekündigt. Das war zum einen die Reichsbahnvariante (siehe oben) und ein Modell aus der Zeit des Dreiklassenschema bzw. der frühen Epoche III bis 1956. Der Hersteller hat dabei als Vorbild den VT 44.11 bzw. den C4ivT 915 ausgewählt und ins Modell umgesetzt. Das Modell ist schon in den neuen ÖBB-Farben in Saphirblau, Elfenbein und Eisengrau lackiert und weist auch sonst die damals typischen Anschriften und Besonderheiten wie Ganzfenster, alte Stirnfront mit eckige Fenster und Übergänge auf. Gegenüber den späteren ÖBB-Ausführungen ist der Triebwagen mit schwarz hinterlegten Klassenschildern bedruckt, ebenso sind die Schriftzüge für Raucher und Nichtraucher vorhanden. Die Eigentumskennung wird noch mit dem Schriftzug „B. B. Österreich“ symbolisiert. So schön das Modell auch ist, wird der Eindruck durch fehlerhafte Anschriften getrübt, welche sich beim Revisionsdatum offenbaren. Diese sind mit den Angaben Letzte H 03.02.64 und befinden sich weit über dem Umstellungszeitraum per 1. Juni 1956! Leider kommen solche Schlampigkeiten bei Jägerndorfer immer wieder vor und wären vermeidbar gewesen. Auch dieses Modell wird in vier verschiedenen Ausführungen zu den schon genannten UVP angeboten.


Allgemeine Kritik zur Chargenfestlegung

Viele Kunden beklagen oder stellen fest, daß es zwischen den produzierten Chargen zu verschiedenen Umbauten gekommen sein muß. Offenbar wurden aus Wechselstrom-Fahrzeuge nachträgliche Gleichstrom-Modelle mit und ohne Loksound umgewandelt, weil bei diesen ein Überstand existierte und bei den Gleichstrom-Fahrzeugen ein eklatanter Mangel an Modellen vorherrscht. Dies erklärt auch den raschen Ausverkauf. Jedenfalls wäre dies vermeidbar gewesen. Aus Händlerkreisen war zu vernehmen, daß die Auflagenzahl über alle vier Varianten gleich war, womit sich diese nachträglichen Adaptionen erklären lassen. Für mich deutet dies auf mangelnde Kenntnis des Marktes bzw. lieblose Festlegung von Losgrößen bzw. Produktionsgrößen hin.