Roco 72001 / 72002 / 72004 / 72005: ÖBB-Reihe 2062 / FS 225.6011

Der Lokpark der ÖBB war nach dem Zweiten Weltkrieg dadurch gekennzeichnet, daß im Bestand eine Vielzahl von Dampfloks verschiedenster Bauarten sowie nur wenige Kleinloks aus der ehemaligen Reichsbahnzeit (Köfs) verblieben. Gleichzeitig haben sich die Jenbacher Werke (JW) in Tirol einen Namen bezüglich Waggonreparaturen gemacht, und sie haben auch diverse Motortypen an die ÖBB für Arbeitsfahrzeuge geliefert. Aufgrund der guten Erfahrungen mit dieser Firma, haben die ÖBB den JW den Auftrag gegeben, sie mögen doch eine robuste, kleine Verschubdiesellok entwickeln. Die erste Lok vom Typ „Jenbach 200“ wurde 1954 als 2060.01 an die ÖBB abgeliefert. Es folgten noch bis Ende 1956 weitere 72 Stück, die sogar tandemfähig sind. In den Jahren 1958 wurden sieben und 1962 wurde eine Abschlußserie von 20 Stück nachgeliefert. Die mangelnde Leistung der 2060 ließ die ÖBB eine weitere, leistungsmäßig stärkere Lok entwickeln, da sich die JW 200 im Realbetrieb als zu schwach manifestierte. Die Jenbacher Werke entwickelten in den Folgejahren ein Lieferspektrum, das baukastenartig zu Maschinen höherer Leistungskategorien von 400 PS und sogar 600 PS in zwei- und dreiachsiger Ausführung weitergeführt wurde. Die JW-Zweitakt-Dieselmotoren mit einer Zylinderleistung von 50 PS boten sich hier bei gleicher Grundkonzeption mit verschiedenen Zylinderzahlen an. So hatte der JW 200 vier Zylinder, der JW 400 acht und der JW 600 zwölf Zylinder.

Der Bau der verstärkten Type entstand zunächst als Exporttyp DH 400 B 32 und geht auf die im Staatsvertrag angelaufenden Lieferungen in die Sowjetunion zurück. Ehe noch eine 2062 auf ÖBB-Gleisen rollte, waren 1957 fünfzig DH 400 B 32 als Reihe MG-2 an die Sowjetischen Staatsbahnen (SZD) geliefert worden. Die für Umgebungstemperaturen von – 50° C bis + 45° C ausgelegten Breitspurlokomotien unterschieden sich in der doppelwandigen, thermisch isolierten Konstruktion des Motorraumvorbaues und der Ausrüstung mit Allesbrenner-Heizkessel und zusätzlicher Führerhausbeheizung von den späteren Lieferungen für gemäßigte Klimazonen.

Noch im selben Jahr wurde die erste Normalspurausführung der JW DH 400 B 32, die schon alle Typenmerkmale unserer 2062 zeigt, als Probelok 225.6099 an die Italienischen Staatsbahnen (FS) ausgeliefert. Die FS führten die „2062“ unter der Nennleistungs-Kategorie von lediglich 250 PS (184 kW), wiewohl sie den gängigen JW 400-Motor aufweist, allerdings in gedrosselter Ausführung von maximal 1.450 Umdrehungen. Officina Meccanica della Stanga in Padua und Jenbach Diesel Soc. r. l. in Bozen lieferten 1960/61 zwanzig Serienloks des modifizierten Typs DH 250 B 28 als FS 225.6001 bis 6020, die sich nach Maßgabe von FS-Mormierungen in einigen Details vom JW-Grundtyp unterscheiden. Äußerlich erkennbar sind dabei die fehlenden Ballastschilde an der Pufferfront und die aufklappbaren (statt wegschiebbaren) Motorraumdeckel. Bei der Lieferung entsprach aber die Frontpartie der italienschen Nachbauten genau der Form der ÖBB 2062.01 bis 45, der vorspringende, schräg nach vorn in Art einer Haifischschnauze geneigte Kühlergrill entstammt erst einem späteren FS-Umbau.

Die Erstserienlieferung von 2062.01 bis 11 für die ÖBB begann 1958. Von der Konzeption der Reihe 2060 unterscheidet sich die größere Lokeinheit DH 400 B 32 unter anderem durch das zweistufige Voith-Turbogetriebe (gegenüber einem Wandler plus zwei Hydraulik-Kupplungen bei der DH 200 B 28), die stufenlose Füllungsregelung, den gesondert unabhängig vom Traktions-Diesel durch einen 40-PS-Einzylinder-Motor angetriebenen Druckluft-Kompressor JW 200 Kv und die Scheibenbremsen – eine der ersten Anwendungen bei Lokomotiven in Europa überhaupt. Die Reihe 2062 wurde in mehreren Baulosen mit geringen Modifikationen zunächst 1958 bis 1961 in 45 Exemplare an die ÖBB geliefert. Die Nachbauserie (2062.46 bis 65) wurden dann mit verschiedenen Modifikationen Mitte der 1960er Jahre beschafft. Die 65 zwischen 1958 bis 1966 beschafften Loks waren im Verschub- und Arbeitszugdienst genauso im Einsatz wie auch beim Führen leichter Personenzüge mit Spantenwagen. Gegen Ende ihrer Einsatzdauer erfolgte die Umzeichnung zur Reihe X262 (Tunnelrettungloks) oder X631.


Modellvorstellung

Die Erstankündigung der ÖBB-Reihe 2062 erfolgte zur Spielwarenmesse 2019 in Nürnberg und ist im Gleichklang mit der Ankündigung der Baureihe 335 mit der Neuentwicklung eines kombinierten Antriebssystems mit eingebauter, elektrischer Digitalkupplung zu sehen. Während das Modell der DB-Lok schon längst im Fachhandel ist, rollte die Jenbacher Diesellok der ÖBB im Laufe des Monats September in die Läden der Modellbahnhändler. Die Neukonstruktion wird in zwei Ausführungen aufgelegt, wobei beide Versionen über die Digitalkupplung einerseits und den Loksound andererseits aufweisen. Der Unterschied liegt in der technischen Ausführung als Zweileiter-Gleichstrom-Modell (Artikelnummer 72001) und der Dreileiter-Wechselstrom-Variante (78001). Die Neukonstruktion wird zum UVP von € 269,90 angepriesen.

Verpackung

Roco liefert sein jüngstes Kind in der bekannten Roco-Schachtel (robuste Kartonverpackung) aus. Das Modell liegt in einer Plastikfolie umhüllt und liegt paßgenau in der Ausnahmung des Schaumstoffes. Eine aufgesetzte Plastikhaube soll das Modell vor Beschädigungen von Anbauteilen mit der Schaumstoffverpackung verhindern, allerdings sitzt diese Plastikhaube sehr fest am Modell, weshalb es günstig ist, diese nach vorne zu drücken und von der Vorbauseite abzunehmen. Zum Lieferumfang des Modells gehören verschiedene Dinge wie ein Zurüstbeutel mit Bremsschläuche und Abdeckplättchen, ein geschätzter Schildersatz, eine Bedienungsanleitung mit Zusatzinformation, das Ersatzteilblatt und ein Informationsblatt für den Digital-Decoder.

Technik

Die gerade einmal halb so lange Diesellok stellt für die Unterbringung der technischen Komponenten eine spannede Herausforderung dar. Der halbhobe Vorbau begrenzt den Platz für den Antrieb, die Platine mit Decoder und die Digitalkupplung, zusätzlich sind noch Pufferkondensatoren untergebracht. Das Lokgehäuse ist von der Unterseite des Modells über zwei Zentralschrauben befestigt. Der Blick auf die Unterseite des Modells offenbart aber vier Schrauben. Als Befestigungsschrauben für das Lokgehäuse gelten bei länglicher Ansicht stets die rechten Schrauben. (Beim Lösen aller Schrauben ist der Getriebeboden zugänglich.) Nach dem Lösen ist das Gehäuse nach oben abnehmbar. Sichtbar wird die Zentralplatine mit den beiden Pufferkondensatoren, wobei das Modell über keine Digitalschnittstelle verfügt. Der verbaute Decoder ist fester Bestandteil der Platine und dient zur Schaltung der Digitalkupplung und der LED-Beleuchtung.

Ein kleiner Motor mit einseitigem Wellenstummel ist unter der Platine im Getriebeblock eingesetzt. Dieser treibt über ein Zahnradgetriebe beide Achsen an. Die hintere Achse ist mit zwei Haftreifen versehen. Der Getriebeblock und der Motorvorbau besetht aus Zinkdruckguß, wie auch das Fahrwerk des Modells, um damit ein möglichst hohes Eigengewicht zu erzielen. Durch die tiefe Lage dieser Komponenten ist der freie Durchblick durch das Führerhaus möglich, beim genauen Hinsehen ist das Führerpult mit dem Mitteltisch erkennbar.

Die Digitalkupplung ist im Fahrwerk integriert. Das Heben und Senken des Kupplungsbügels ist nur im Digitalbetrieb möglich, ansonsten verharrt dieser in der Grundstellung. Die Digitalkupplung ist allerdings beweglich, die Seitenbeweglichkeit wird über einen zentralen Drehpunkt gewährleistet.

Fahrverhalten & Loksound

Die ersten Fahrtests wurden im Analogbetrieb mit Breitenimpulssteuerung durchgeführt. Da der Decoder sieben Volt Strom absaugt, erfolgten die ersten Testfahrten bei mehr als 12 V Gleichstrom. Vor dem Anfahren lud sich der PUfferspeicher auf, sodann war der Loksound zu hören. Der Decoder spulte dabei das übliche Procedere des Startvorganges ab, der laufende Motor war ständig in schwingender Melonie zu hören. Sämtliche Soundeffekte werden realistisch wiedergegeben, sodaß das Modell von diesem Aspekt zu überzeugen weiß.

Das Modell wiegt 184 Gramm. Weitere Fahrttests stehen noch unter Digital-Bedingungen an.

Optik

Roco legt ein optisch einwandfreies und korrekt nachgebildetes Modell vor. Diese Eindruck läßt sich mannigfach untermauern. Der erste Blick richtet sich aus die markante Ausformung des Fahrzeugrahmens mit dem geteilten Frontschilden. Die tief gezogenen Schilde nehmen nicht nur die die Puffer und die darunter befindlichen Halterungen auf, sondern sehr schön ausgebildet ist der Bereich der Kupplung. Der Außenrahmen weist viele Details auf, einzelne Fahrzeugteile sind mit feinen Gravuren versehen, siehe Federpakete. Auf den Achsdeckeln ist sogar das alte Firmenlogo eingraviert! Einzelne Fahrzeugteile – Aufstiege – sind als eigene Ansteckteile ausgeführt und in den Rahmen eingesetzt. Der darüber befindliche Umlauf ist wie beim Vorbild mit einem rautenförmigen Trittschutz versehen.

Das Lokgehäuse gibt die markante Bauform der 2062 wieder. Neben der aufgesetzten Stirnleuchten unten richtet sich der Blick auf den Kühlergriff mit dahinter liegender Verkleidung, an welcher ebenfalls feine Gravuren zu sehen sind. Am Vorbau wurden die vier Schiebeabdeckungen nachgebildet. Am Modell gut zu erkennen sind die auffälligen Lüfterschlitze sowie auch die silbrig eingefärbten Handgriffe. Gleiches existiert auch auf dem Vorbau. Das Führerhaus mit seiner Rundumverglasung ist unverkennbar. Die Führerstandstüren sind fein graviert und werden optisch durch die extra angesetzten Griffstangen und den Windabweisern aufgewertet. Nachgebildet sind auch das obere Regendach und die untere Abstützfläche für das Personal beim Seitenfenster. Die Fenstereinsätze sind paßgenau eingesetzt, die Scheibenwischer sind als eigene Anbauteile ausgeführt, wie auch die weiteren Griffstangen oder Umläufe am Modell. Zu guter Letzt erhielt das Modell noch eine Messingpfeife am Dach und das Auspuffrohr ist silbergrau lackiert.

Farbgebung und Beschriftung

Die Farbgebung der Lok verteilt sich auf einzelne Fahrzeugteile, die sowohl beim Vorbild wie im Modell eigene Bauteile darstellen und deshalb einfach farblich zu behandeln waren. Das Lokgehäuse ist blutorange lackiert, sofern nicht das Granulat gleich blutorange eingefärbt war, das Fahrwerk ist schwarz lackiert. Zierlinien sind am Modell keine Vorhanden, allerdings einzelne anderst lackierte Anbauteile. Sämtliche Anschriften sind sauber aufgedruckt und in weißer bzw. gelber Farbe ausgeführt. Roco wählte für sein Modell die Loknummer 2062.35. Es ist dies eine Lok der Zfl. St. Pölten, deren letzte Bremsuntersuchung am 04.01.80 in der HW Knittelfeld stattfand. Die Lokschilder und das Eigentumsschild sind silbern umrahmt.

Beleuchtung

Roco hat bei dieser Verschublok ein LED-Beleuchtungskonzept vorgesehen. Die Frontbeleuchtung besteht aus warmweiße LED. Ein Zugschlußlicht ist nicht vorgesehen, dies erfolgte beim Vorbild stets durch einsteckbare Schlußscheiben oder durch Zugschlußtafeln, die unter die Puffer eingehängt wurden.

Im Digitalbetrieb sind weitere Beleuchungskonstellationen möglich. Diese betreffen die Schaltung als Verschublicht für beide Lokseiten (F 11) bzw. je nach Lokseite einzeln, links (F 13) bzw. rechts (F 12). Desweiteren existiert ein Fernlichtmodus (F 15) und auch auf die Führerstandsbeleuchtung (F 10) wurde nicht vergessen.


Bilder


Modellvorstellung 72002

Die Jenbacher Werke haben den Typ JW 400 auch nach Italien veräußert, wobei die FS nur eine originale Maschine im August 1957 als FS 225.6099 in Betrieb nahmen. Die weiteren Loks der FS-Reihe 225 (6001 bis 6020) und 235 (6001 bis 6009) stellen Lizenzbauten bei der Officina Meccanica delle Stanga (OMS) in Padova von 1959 bis 1961 dar.

Im Zuge der Neukonstruktion der 2062 bot es sich an, auch die FS-Variante im Modell umzusetzen und auch diesen Markt mit einem zeitgemäßen Modell zu bedienen. Das Modell ist technisch gesehen dem ÖBB-Fahrzeug ebenbürtig, allerdings zeigt sich die Maschine in dunkelgrüner Farbgebung mit gelben Griff- und Haltestangen sowie gelber Zierlinien. Zu sehen sind auch formtechnische Änderungen, die am Dach und am Auspuff zu erkennen sind. Das FS-Modell ist nur als Gleichstrom-Fahrzeug mit Artikelnummer 72002 zum UVP € 269,90 erhältlich.

Roco wollte schon beim obigen Modell einen Kupplungsadapter mit NEM-Schacht mitliefern. Dieses Bauteil sollte über den Fachhandel an die Käufer nachgereicht werden. Bei der tannengrünen 2062 ist dieses Bauteil im Zurüstbeutel enthalten und gestattet das individuelle Einsetzen einer beliebigen Kupplung mit NEM-Steckvorrichtung.


Modellvorstellung 72004

Als zweite 2062 der ÖBB steht nun die tannengrüne Ausführung im Ablieferungszustand zur Verfügung, die als Neuheit 2021 angekündigt wird und aktuell zum UVP von € 289,90 angeboten wird. Natürlich liefert der Hersteller auch eine Variante für das Wechselstromsystem aus, das Modell wird zum selben UVP unter der Artikelnummer 78004 geführt. Die tannengrüne Diesellok trägt die Loknummer 2062.12 und ist in der Zfl. Wien-West beheimatet. Abnahme- oder Untersuchungsdaten sind keine vermerkt. Das Modell entspricht technisch der oben beschriebenen blutorangen Ausführung.


Modellvorstellung 72005 – ÖBB 2062.42

Roco hat diese Modellvariante ins Neuheitenprogramm 2022 vorgesehen und gelangte mit einer Verspätung von gut einem Jahr zur Auslieferung. Wie bei dieser Konstruktion üblich, handelt es sich wiederum um ein digitales Funktionsmodell mit Loksound. Die Gleichstromvariante wird unter der Artikelnummer 72005 geführt, die Dreileiter-Wechselstromvariante weist die Artikelnummer 78005 auf. Der UVP beträgt mittlerweile € 334,90. Das neue Roco-Modell ist im Erscheinungsbild der späten Epoche III bzw. der frühen Epoche IV einzuordnen. Da sich am Modell keinerlei Revisionsanschriften finden, erfolgt die Zuordnung allein durch das Farbdesign der Maschine, die nur über ÖBB-Eigentumsschilder verfügt. Außerdem ist der Lokrahmen eisengrau lackiert. Das Modell trägt die Loknummer 2062.42 und ist in der Zfl. Wien-FJB beheimatet. Dort war die Vorbildmaschine vom 18.03.1972 bis 1. März 1985 stationiert.