ESU 31105: ÖBB 694.1266 (preuß. T 16.1)

Die Baureihe 94.5-17 ist eine der langlebigsten und erfolgreichsten preußischen Lokkonstruktionen. Ihre Entwicklung reicht eigentlich bis ins Jahr 1906 zurück, als die Königliche Eisenbahn-Direktion (KED) Erfurt an das preußische Eisenbahn-Zentralamt den Antrag auf die Entwicklung einer fünffach gekuppelten Dampflokomotive für die Steilstrecken in Thüringen gestellt hatte. Die maßgeblich vom bekannten Lokkonstrukteur Robert Garbe entwickelte T16 wurde ab 1905 in 343 Exemplaren gefertigt. Mit der T16 der verstärkten Bauart (als T16.1 bezeichnet) entstanden zwischen 1913 und 1924 wahre Universalloks für kurze Strecken, die in ganz Preußen, im Elsaß und Lothringen und ab 1920 in ganz Deutschland heimisch wurden. Während der langen Bauzeit gab es diverse Änderungen. Ab 1921 trugen die T16.1 einen Speisedom, weshalb der zunächst auf dem Kesselscheitel platzierte Vorwärmer nun seitlich neben den vorderen Sandkasten rutschte. Mit der Dampfheizkupplung waren die ab 1924 als BR 94.5-17 bezeichneten T16.1 auch im Personenzugeinsatz beschäftigt. Die nach Normung vieler Bauteile ab 1927 auf 60 km/h erhöhte Maximalgeschwindigkeit machte sie im Einsatz noch vielseitiger. Mit einer Achslast von 17 Tonnen war die 94 auch für Nebenstrecken mit schwächerem Oberbau geeignet. Außerdem löste sie, ausgerüstet mit einer Riggenbach-Gegendruckbremse, auf Thüringischen Steilstrecken sogar die modernere, aber zu schwere T20 ab. Im Steilstreckendienst wurden die ESU-Vorbilder 094 652 und 94 1292 zu Legenden. Beide gehörten in den frühen 1970er-Jahren zu den letzten Betriebsloks von DB und DR. 94 1292 zeigte als DB-Museumslok ihre Kraft bis 2005 am Rennsteig oder zeitweise auch in der Eifel im harten Steilrampendienst.


Modellvorstellung

ESU hat verschiedene Ausführungen der preuß. T 16.1 gefertigt. Zur gegenständlichen Modellvorstellung gelangt jedoch die ÖBB-Variante als Reihe 694.

Verpackung

Das Modell wird in einer sehr robusten Verpackerung ausgeliefert. Das Modell ist auf einer Plastikhalterung mit Gleis fixiert und in den Schaumstoffkern der Kartonschachtel eingelegt. Die Fixierung des Modells erfolgt durch eine Inbus-Schraube, der dazu gehörige Inbus-Schlüssel ist an der Unterseite der Plastikhalterung angeklebt. Die mitgelieferte Betriebsanleitung befindet sich unterhalb des Schaumstoffkerns. In einer Ausnehmung ist der Zurüstbeutel abgelegt. Der Zurüstbeutel beinhaltet zwei Universalkupplungen, eine Pipette für das Dampfdestilat, eine Schraubvorrichtung für die Kreuzköpfe, den Mittelschleifer für den Dreileiter-Betrieb und eine Montagehilfe. In einem weiteren Beutel sind die Zughaken und Luftschläuche abgelegt.

Technik

Das Modell ist als „Multifunktionsmodell“ zu betrachten. Es ist für beide Stromsysteme verwendbar. Werkseitig ist die Lok für das Zweileiter-Gleichstromsystem ausgelegt. Durch Einsetzen des mitgelieferten Mittelschleifer, wird durch das Einrasten dieses Bauteils die Lokomotive zur Dreileiter-Wechselstrommaschine.

Das Lokgehäuse ist aus Kunststoff gefertigt und besteht aus einem Bauteil, das den Langkessel, das Führerhaus und den rückwärtigen Kohlekasten inkludiert. Das Lokgehäuse ist auf dem Metallrahmen montiert. Sieben unterschiedliche, magnetisierte Kreuzschrauben halten beide Fahrzeugteile zusammen. Die zierlichen Kreuzschrauben sind an der Unterseite der Lok platziert. Die genaue Position der Schraubenverbindungen wird mittels eines Bild in der Betriebsanleitung genauestens vermittelt. Nach dem Lösen der Schrauben und dem Abstellen des Modells auf die Räder läßt sich das Lokgehäuse nach oben abziehen. Gegenüber anderen Modellausführungen hat ESU die Konstruktion insofern abgeändert, daß die zwischen Lokgehäuse und Platine bestehende Kabelverbindung aufgegeben wurde. An dieser Stelle sei noch angemerkt, daß für die Zugänglichkeit des Fahrwerks andere Schraubenverbindungen existieren.

Der vordere Teil des Langkessel beinhaltet einen neu entwickelten Rauchgenerator. Dieser ist auch durch das Abziehen der Rauchkammertüre zugänglich. Im Fall der ÖBB-Maschine, bei der das dritte Spitzenlicht fehlt, besteht keine elektrische Kabelverbindung zwischen Rauchkammertüre und dem Dampfgenerator; anders bei Lokomotiven mit dreifachen Spitzenlicht. Am hinteren Ende des Rauchgenerators befindet sich die Motorwelle für den Antrieb. Die Taktung des Rauchausstoßes wird über zwei schaltbare Permanentmagneten vorgenommen. Der Vorteil dieses Rauchgenerators ist die Darstellung des getakten Dampfausstoßes, indem dieser wirklich synchron zu den Auspuffschlägen wirkt.

Für den Antrieb des Modells befindet sich im Bereich des hinteren Fahrzeugrahmens ein in den Rahmen gelagerter Glockenankermotor. Der Antrieb erfolgt über eine kardanische Kupplung und dem nachgelagerten Schnecken-Stirnradgetriebe auf die vierte Kuppelachse. Die anderen vier Kuppelachsen werden über die Kuppelstangen angetrieben, wobei die vierte Kuppelachse zugleich auch Träger von zwei Haftreifen ist. Die Kuppelachsen 1 und 4 sind im Rahmen starr eingelegt. Die Kuppelachsen 2 bis 4 weisen ein leichtes Seitenspiel für eine bessere Bogenläufigkeit auf. Die Kuppelachsen 2, 3 und 5 sind zusätzlich noch vertikal gefedert. Mit dieser Laufwerkskonstruktion lassen sich Radien bis 420 mm problemlos befahren. Die Stromabnahme erfolgt über Radschleiferpaare auf der Rückseite der Treibräder. Die Steuerung, bestehend aus Kuppelstangen, Kreuzkopf, Gleitbahn und die Kolbenstange, ist aus Metall gefertigt.

Die Fahrzeugplatine ist ebenfalls im Lokgehäuse untergebracht, und zwar über dem Glockenankermotor auf dem Fahrzeugrahmen. Diese ist mit einer NEM-Schnittstelle nach NEM 660, also eine 21polige Schnittstelle 21MTC, ausgestattet. ESU liefert seine Dampflok mit einem eigenen Decoder mit der Werksbezeichnung LokSound V4.0 M4-Deoder aus. Für den sicheren und dauerhaften Digitalbetrieb wurden zusätzliche Pufferkondensatoren (sog. „PowerPack“) eingebaut. Abschließend sei noch erwähnt, daß an beiden Fahrzeugenden Digitalkupplungen verbaut sind, wobei ESU diese nach dem Prinzip eines kulissengeführten Normschachtes realisierte.

Fahrverhalten

Das Modell bringt ein Eigengewicht von 232 Gramm auf die Waage. Die Neukonstruktion fährt taumellos und bewegt sich bereits bei kleinsten Spannungen sehr feinfühlig und ruhig über die Anlage. Die Lok beginnt bei der kleinsten Geschwindigkeit von ca. 4,5 km/h langsam zu rollen. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei einer umgerechneten Modellgeschwindigkeit von knapp 70 km/h erreicht. Somit bewegt sich das Modell im Vorbildbereich, die eine Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h aufweist.

Diese Werte basieren auf einen Testeinsatz unter digitalen Fahrbedingungen. Das Modell läßt sich somit im DCC-Format gleichermaßen einsetzen wie auch beim Märklin-Digitalsystem. Der LokSound-Decoder versteht sowohl das weit verbreitete Motorola-Protokoll, mit dem die Märlin-Zentrale 6021 arbeitet, als auch das genormte NMRA-DCC-Protokoll, auf dem u. a. die Systeme von ESU, Lenz, Uhlenbrock und Zimo basieren. Den höchsten Spielwert erreicht die 694 im Digitaleinsatz mit DCC-Systemen, das bis zu 29 verschiedene Funktionen zuläßt. Die Funktionen reichen über die Ansteuerung einzelner technischer Highlights im Betrieb der Lokomotive bis hin zu verschiedenen Lichtfunktionen, dem Funktionen der Digitalkupplung oder auch des Rauchgenerators. Darüber hinaus wird eine Vielzahl an Soundfunktionen geboten.

ESU behauptet in der Betriebsanleitung auch, daß die 694 im Analogbetrieb einsetzbar ist. Ein Testversuch auf der eigenen Modellbahnanlage mit Breit-Impulssteuerung versagte letztendlich ebenso wie auf einer herkömmlichen Analoganlage mit konventionellen Trafo. Nach einem lauten Aufheulen des Loksounds war anschließend Funkstille angesagt. Dafür phänomenal ist die Zugkraft des Modells. Die Lok schafft in der Ebene mühelos den Transport von 50 Gramm Zugkraft, in der Steigung von 30 %o sind es immerhin noch mind. 40 Gramm.

Optik

Das ESU-Modell hinterläßt nicht nur auf den ersten Blick einen hochwertigen Eindruck. Die reichhaltige Detaillierung des Modells wertet die Konstruktion des aus Kunststoff- und Metallkomponenten gefertigen Fahrzeug auf. Die Griffstangen, die Umlaufstangen, diverse Leitungen am Kessel oder auch aufgesetzen Lampen fallen optisch besonders positiv auf. Als weitere Highlights sind vorab die fein geriffelten Trittflächen zu nennen.

Das Lokgehäuse weist alle Spezifika der ÖBB-Lok auf. Ein Vergleich zu bereits verfügbaren Schwestermaschinen der DB zeigt optische wie bauliche Unterschiede am Modell auf. Diese manifestieren sich primär im geänderten Aufbau des Kohlekastens, der verschiedenen Domaufbauten und auch in der Ausstattung einzelner Aggregate (Luftpumpe, Lichtmaschine, Speisepumpe) am Langkessel.

Das Lokgehäuse, aus Kunststoff gefertigt und mit einzelnen Metallteilen optisch verfeinert, weist verschiedene und saubere Gravuren auf. Am Kohle- und Wasserkasten sind verschiedenste Nietreihen darstellt sowie bauliche Details umgesetzt.

Für preußische Dampflokomotiven sehr typisch ist die dichte Verrohrung auf der Heizerseite. Am Langkessels drängen sich die Leitungen von Vorwärmer, Speisepumpe, Speisedom und Dampfdom sowie nicht zuletzt zu den beiden Sandkästen, wobei einzelne Leitungen an der Außenhaut angraviert sind, weitere Leitungen sind freistehend und an der Außenhaut des Kessels eingesetzt. Auf der Lokführerseite dominieren dicke Abdampfleitungen zum Vorwärmer, die auch vorbildgerecht alle Kurvenwindungen aufweist, und die Luftpumpe, deren Zu- und Ableitung exakt nachzuverfolgen sind. Das ÖBB-Modell besteht daher korrekt mit vier Dome versehen. Die Dampflokpfeife ist unmittelbar vor dem Führerhaus platziert, neben dem Schornstein befindet sich eine Lichtmaschine.

Das Fahrwerk stellt die nächste Augenweide dar. Zierliche Metallspeichen der Metallräder machen das Modell nicht nur zum absoluten Hingucker, sondern sind auch aus dem praktischen Eisenbahnbetrieb gegriffen. Hierzu zählen vor allem die abgefahrenen Radreifen. Die Spurkränze erreichen dabei RP25-Niveau. Dargestellt wird auch die Halterung für den Bosch-Öler, das Abschlämmventil zwischen dritter und vierter Kuppelachse bzw. auch die Sandstreurohre zu den Achsen. Somit liefert ESU ein komplett stimmiges Modell aus.

 Farbgebung und Beschriftung

Die Farbgebung einer Dampflokomotive richtet sich vielfach nach den Bauteilen, weshalb allein dadurch schon verschiedene Farbtrennkanten wegfallen. Die Lokaufbauten (Lokgehäuse) sind komplett schwarz lackiert, während sich Teile des Lokrahmens und des Fahrwerkes in roter Lackierung zeigen.

Die ESU-Dampflok ist auch korrekt bedruckt. Alle Anschriften sind in weißer Farbe gehalten und sind trennscharf aufgetragen. Daher ist nicht nur die Betriebsnummer 694.1266 gut lesbar, sondern auch alle anderen Fahrzeuganschriften. Die 694.1266 ist bei der Zfl. Wiener Neustadt beheimatet. Am Kohlekasten ist auch das letzte Untersuchungsdatum, das mit 17.2.48 angeschrieben ist, wiedergegeben.

Beleuchtung

Für die Beleuchtung werden warmweiße LED verwendet. Da das Modell noch vor der StVO-Novelle 1957 verkehrte, sind am Modell jeweils nur zwei Lampen vorhanden. Die Beleuchtung des Modells erfolgt richtungsabhängig.


Bilder