Brawa 40796 / 70000 / 70004: BBÖ 178.802 (ex SchBB/EWA) / KkStB 178 / ÖBB 92.2220

Karl Gölsdorf entwickelte für die Schneebergbahn einen kleinen Vierkuppler mit Verbundtriebwerk, der in zwei Exemplaren gebaut wurde. Die Beiden Lokomotiven wurden mit den Namen WILLENDORF und KLAUS in Dienst gestellt. Die Schneebergbahn wurde 1899 von der Aspangbahn (EWA) übernommen, die weitere acht Lokomotiven nachbestellte. Die KkStB nahmen sich das Fahrzeug zum Vorbild und ließen in leicht veränderter Ausführung bis 1924 insgesamt 211 Maschinen bauen. Alle Lokomotiven erhielten natürlich den Kobelschornstein. Die Vorräte und damit das Dienstgewicht differierten je nach Ausführung.

Hersteller dieser Lokomotiven waren die Lokschmieden Krauss in Linz, die Wiener Neustädter Lokomotivfabrik, die Lokomotivfabrik Floridsdorf und die Böhmisch-Mährische Maschinenfabrik. Weitere 15 Lokomotiven wurden in der Zeit nach 1924 durch die BBÖ oder für einige andere Privatbahnen beschafft, insgesamt brachte es diese Type auf 268 gebaute Exemplare.

Zahlreiche Maschinen sind nach dem Ersten Weltkrieg bei den Nachfolgestaaten verblieben. Lediglich 50 Maschinen schafften es zur BBÖ – Nummerngruppe 178.01 bis 178.213 -, die übrigen waren als Reparationsleistung abzuschreiben und verblieben u. a. bei der CSD (105 Lok, neue Reihe 422.0). Die BBÖ reihte die Nachbauten als 178.214 bis 178.232 ein, die acht beschafften Loks der NÖLB wurden 1922 als 178.295 bis 178.302 geführt. Die ursprünglichen Lokomotiven, also jene der Schneebergbahn, kamen erst 1937 zur BBÖ und wurden dort als 178.801 bis 178.807 bezeichnet. Die Deutsche Reichsbahn zeichnete die Loks 1938 um und reihte sie als Baureihe 92.22 in das DR-Nummernschema ein. Dieses Nummernschema behielten die Loks bis zu ihrer Kassierung bei den ÖBB. Immerhin haben 50 Loks den Zweiten Weltkrieg überstanden, zwischen 1958 und 1968 sind die kleinen Lokomotiven aus dem Planbestand geschieden.

Die Konstruktion der Lokomotiven der Reihe 178 wich in einigen Punkten von der althergebrachten Bauweise beträchtlich ab. Zwischen den Schneebergbahnlokomotiven (später BBO 178.800) und den 178ern der KkStB bestanden nur geringe Unterschiede, die teilweise darauf zurückzuführen waren, daß der zulässige Achsdruck der Schneebergbahn nur elf Tonnen betrug und daher jeder Einzelteil unter Bedachtnahme auf möglichst große Gewichtsersparnis konstruiert werden mußte. Die Schneebergbahnlokomotiven hatten 44 t Gesamtgewicht. während die meisten KkStB 178er (unter anderem wegen der größeren Vorräte) um mehr als fünf Tonnen schwerer waren.

Eine wesentliche Neuerung betraf das Fahrgestell. Die zweite und die vierte Achse hatte ein Seitenspiel von beiderseits 23 mm, sodaß sämtliche Spurkränze zum Anliegen kamen. Diese „Helmholtz-Gölsdorfsche Achsanordnung“ ermöglichte große Radstände bei scharfen Kurven und äußerst geringer Abnützung der Spurkränze und Schienen. Die Federn der drei vorderen Achsen lagen oberhalb, jene der letzten Kuppelachse unterhalb der Achslager. Während bei den älteren Lokomotivtypen meist jede Achse einzeln abgefedert war, wurden bei dieser Lok die erste und die zweite, sowie die dritte und die vierte Achse durch verstärkte Ausgleichhebel verbunden.

Aus Gründen der Gewichtsersparnis erhielten die Schneebergbahnlokomotiven Radsterne, aus Stahlguß mit Speichen, während die KkStB ihre 178er wegen der geringeren Kosten mit Gußeisenradscheiben ausstattete. Diese hatten entsprechend große ovale, wulstförmig verstärkte Fenster, um die Schmierdeckel der Achslager erreichen zu können.

Die Feuerbüchse lag über dem Rahmen, der an dieser Stelle (über der vierten Achse) etwas niedriger gehalten (um eine ausreichende Krebstiefe am Kesselbauch zu erzielen) und mit Doppelblech verstärkt wurde. Die Feuerbüchse war außen so breit wie es das Seitenspiel der vierten Kuppelachse zuließ.

Der Langkessel bestand aus drei Schüssen. Er enthielt 172 Siederohre mit einem Durchmesser von 41/46 mm und einer lichten Länge von 3750 mm. Der mittlere Schuß trug den Dampfdom von 790 mm Durchmesser, an dem rechts der Regler ansetzte. Dieser Regler der Bauart Gölsdorf konnte außerhalb des Domes fertig montiert und sodann komplett eingeschoben werden.

Die Schneebergbahnmaschinen erhielten gewöhnliche Sicherheitsventile mit Federwaagen und die KkStB 178er Popventile mit zweieinhalb Zoll Durchmesser. Beide Dampfzylinder lagen waagrecht. Der Niederdruckzylinder mit einem Durchmesser von 650 mm reichte bei abgenützten Radreifen aber schon an die Profilstufe heran. Die Zylinderdurchmesser waren gleich den Reihen 129 und 229. (Man konnte daher für diese Maschinen die gleichen Modelle der Zylinder- und Schieberkastendeckel, Schieber und so weiter verwenden.) Der rechte Hochdruckzylinder war mit dem linken Niederdruckzylinder durch ein gerades, weites Oberstromrohr aus Gußeisen verbunden. Diese Lokomotiven hatten überdies die bewährte Anfahrvorrichtung von Gölsdorf erhalten.

Während die Schneebergbahnlokomotiven (ebenso wie die meisten von anderen Privatbahnen gekauften Maschinen dieser Bauart) eine Heusinger-Steuerung besaßen, erhielten die 178er der KkStB die Gölsdorfsche Winkelhebelsteuerung. Diese Steuerung wurde erstmals bei der Reihe 99 und bei der C2′-Schmalspurlokomotive der Rehe Yv verwendet. Der Vorteil dieser Steuerung lag darin, daß die in Herstellung und Instandhaltung kostspielige Kulisse durch Winkelhebel ersetzt werden konnte.

Die Maschinen der Schneebergbahn hatten eine einfache Luftsaugbremse System Hardy und eine Luftgegendruckbremse (wie Zahnradlokomotiven). Die 178er der KkStB erhielten eine selbsttätige Luftsaugbremse, deren Bremszylinder unter dem Führerstand lagen. Sie wirkten auf einen 1.040 mm langen Winkelhebel mit zehnfacher Obersetzung und durch ein Ausgleichsgestänge auf die Bremsklötze der drei hinteren Achsen. Überdies erhielten beide Typen eine Handspindelbremse. Die Lokomotiven der Schneebergbahn hatten glatte Prüßmann-Rauchfänge, die der KkStB Kobelrauchfänge. Der Funkenteller im Kobel konnte jedoch bei schwerer Kohle entfernt und gegen ein glattes Einsetzrohr ausgetauscht werden, sodaß diese Maschinen dann praktisch auch mit Prüßmann-Rauchfang fuhren. Dies war vor allem bei den auf der Wiener Stadtbahn eingesetzten 178ern der Fall.

Die Kesselspeisung erfolgte durch zwei saugende Injektoren Klasse H Nr. 7, mit Handrad von Alexander Friedmann. Die Wasserkasten lagen beiderseits des Kessels und faßten bei den Lokomotiven der Schneebergbahn und den älteren KkStB-Lokomotiven der Reihe 178 (178.01 bis 44 sowie 178.49 und 50) 5,2 m³. Die Lokomotiven 178.45 bis 48 und alle ab der 178.51 erhielten Wasserkasten mit 7,5 m³ Inhalt, die bis zur Rauchkammerstirnwand reichten.

Der Kohlenkasten befand sich hinter dem Führerhaus und faßte 1,9 m³. Einige Lokomotiven (178.90 bis 95) erhielten einen größeren Kohlenkasten mit 2.5 m³ Fassungsvermögen. Jede Lokomotive hatte zwei Sandkasten, und zwar je einen für Vor- und Rückwärtsfahrt.

Wie gut diese Konstruktion gelungen war, läßt sich wohl daran erkennen, daß diese ursprünglich für eine kleine Privatbahn vorgesehenen Lokomotiven von den KkStB und später von den BBÖ sowie von zahlreichen Privatbahnen in insgesamt weit mehr als 200 Stück beschafft wurden. Auch gab es im Lauf e der Zeit keine wesentlichen technischen Änderungen. Lediglich die Kobelrauchfänge der KkStB-Maschinen wurden durch glatte Rauchfänge ersetzt. Keine einzige ÖBB-Maschine dieser Bauart erhielt einen Giesl-Ejektor. Nur die Lok Nr. 2 der Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerke (eine Zwillings-178er) wurde im Jahre 1959 mit einem Giesl-Ejektor ausgestattet, der auch bei dieser Lok zu einer bedeutenden Leistungssteigerung führte.


Modellvorstellung

Brawa führt diese Lokalbahn-Dampflokmotive seit dem Jahr 2011 im Sortiment und hat seither verschiedene Ausführungen der KkStB, der BBÖ, der DR, der FS, der PKP, der CSD usw. herausgebracht, wobei die aktuellen Versionen mit einem neuen Brawa-Sound ausgeliefert werden.

Diesmal zur Modellvorstellung kommt eine erst jetzt ausgelieferte Neuheit aus dem Vorjahr, und zwar eine Lokomotive der BBÖ als Epoche II-Modell. Brawa legt diese Variante nur als Gleichstrom-Modell auf, und zwar in der Version Analog Basic+ unter der Artikelnummer 40796 zum UVP von € 329,90 und in der Digital-Extra-Version unter der Artikelnummer 40798 zum UVP von € 489,90.

Verpackung

Brawa liefert die BBÖ-Dampflok in der bekannten Verpackung mit Kartonschuber und Kartonverpackung aus. Das Modell selbst ist in einer Blisterbox fixiert und in die Kartonverpackung eingeschoben. Die großformatige Betriebsanleitung ist darin eingelegt und weist einzelne Illustrationen auf. Ein Zurüstbeutel mit Zughaken, Bremsschläuchen, Kupplungen liegt in der Aussparung der Blisterbox bei.

Technik

Die zierliche Tenderlokomotive erforderte eine kompakte Unterbringung der technischen Komponenten und des Antriebes. Um an diesen heranzukommen, ist an der Unterseite der Dampflok beim Führerhaus eine Zentralschraube herauszudrehen, welche sich hinter der Kurzkupplungsdeichsel versteckt. Danach ist das Gehäuse nach oben abziehbar. Der Mittelmotor liegt am Fahrzeugrahmen auf und hat eine Schwungmasse bzw. einen Wellenstummel für den Antrieb der Lok auf die letzte Achse. Die übrigen Räder werden dann durch die Kuppelstange mitgenommen.

Die Fahrzeugplatine umschließt den Mittelmotor und weist trotz der beengten Platzverhältnisse eine Digitalschnittstelle PluX22 auf. Bei der nachträglichen Bestückung der Lok mit einem solchen Baustein ist es ratsam, das zur Verfügung stehenden Volumen zu eruieren. Bei der Digital-Variante liefert Brawa das Modell mit einem Decoder DH22 von Doehler & Haass aus, der 20 verschiedene Funktionen verfügt.

Für die Aufnahme der Kupplungen besitzt das Modell Normschächte und eine Kurzkupplungskinematik an beiden Seiten auf, zusätzlich wurden Federpuffer montiert. Alle Achsen weisen ein leichtes Seitenspiel auf und sind alle star eingelegt.

Fahrverhalten

Die österreichische Tenderlokomotive wiegt xxx Gramm. Das vorliegende Modell macht bei den Testrunden auf der Anlage eine hervorragende Figur. Das Modell ist leise und hat einen taumelfreien Lauf. Erfreulich ist vor allem die Geschwindigkeit des Modells. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 53 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. sechs % höher, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 30 % um 24 % zu niedrig. Auslauf: ca. drei Fahrzeuglängen.

Optik

Wesentliche Fahrzeugteile sind aus Metall gefertigt und mindern dabei keinesfalls die optische Ausführung. Der Kessel, die Wasserkästen, das Chassis und die Räder sind aus Zinkdruckguss gefertigt. Die Räder sind schwarz lackiert und sind mit feinen Speichen sowie entsprechenden Gegengewichte versehen.

Das Führerhaus erlaubt einen freien Durchblick, wobei die Fenstereinsätze paßgenau eingelegt sind. Das Lokgehäuse verfügt über zahlreiche Gravuren und Nietreihen. In das Gehäuse sind zahlreiche einzeln angesetzte Griffstangen bzw. Fahrzeugleitungen aus Metall oder aus robustem Kunststoff eingesetzt. Sämtliche Fahrzeugteile und auch die Dampfdome sind vorbildgerecht nachgebildet, so auch der Prüßmann-Schlot. Dieser ist – so ganz nebenbei erwähnt – für einen nachträglichen Rauchgenerator vorbereitet. Das Fahrwerk ist äußerst filigran nachgebildet und besteht aus dezent nachgebildeten Heusinger-Steuerung. Die Lampenaufsätze entsprechen der damaligen Ausführung beim Vorbild.

Farbgebung und Beschriftung

Die Lokomotive ist einheitlich schwarz lackiert. Die Bedruckung erfolgte in unterschiedlichen Farben und ist tadellos umgesetzt. Brawa hat das Modell mit der Betriebsnummer 178.802 umgesetzt, gebaut von Krauss in Linz mit der Fabriknummer 3867. Weitere Anschriften zur Beheimatung der Lok und Untersuchungsdaten sind nicht vorhanden.

Beleuchtung

Die Dampflok ist beidseitig mit LEDs bestückt, wobei die Ansteuerung der Lampen epochengerecht erfolgt und somit auch fahrrichtungsmäßig leuchten.


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Modellvorstellung Brawa 70000 – KkStB 17810

Das Unternehmen Brawa hat im letzten Jahre gleich mehrere Modelle mit österreichischen Bezug angekündigt, dazu zählen auch zwei Modellausführungen dieser zierlichen Tenderlokomotive. Die Neukonstruktion liegt schon ein paar Jahre zurück, aber dennoch sind solche kleinen Dampfloks auf Anlagen (mit beengten Platzverhältnissen) gefragt. Die erste Modellauflage betrifft die 17810 der KkStB, die als Zuglok zu einem gleichfalls angekündigten Personenwagenset der KkStB-Stadtbahnwagen angeboten wird. Das vierteilige Set wird unter der kuriosen Artikelnummer B2011 geführt und beinhaltet vier Modelle wie den Bu 4223, den Cu 9015 und 9044 sowie den CDu 12091. Dieses Set ist bereits lieferbar. Das Dampflokmodell folgte Ende März 2021 in den Fachhandel. Brawa bietet drei verschiedene Modellausführungen an. Zur Vorstellung gelangt das Analogmodell mit der Artikelnummer 70000, welches zum UVP von € 359,90 erhältlich ist. Die beiden anderen Ausführungen werden als digitale Modelle mit Loksound geführt. Die Gleichstromvariante trägt die Artikelnummer 70002. Der UVP ist mit € 524,90 festgelegt. Brawa kündigte unter der Artikelnummer 70003 noch eine Wechselstromvariante an, diese wurde aber nicht realisiert.

Das Modell weist alle optischen Änderungen zum ÖBB-Fahrzeug auf. Auffallend sind vor allem die silbrig ausgeführten Umläufe, Leitungen und Kolbenschutzrohre, aber auch der Kobelschornstein. Die Bedruckung ist hervorragend und lupenrein ablesbar. Die Lok wurde für die Welser Lokalbahn unter der Fabriknummer 4623/01 bei Krauss in Linz beschafft und trug zunächst die Betriebsnummer 17810, ab 1905 war sie als 178.10 beschriftet.


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Modellvorstellung Brawa 70004 – ÖBB 92.2220

Das zweite Modell betrifft eine ÖBB-Ausführung. Brawa wählte dabei die 92.2220 als Vorbild. Auch dieses Modell wird entgegen der letztjährigen Ankündigung nur als Gleichstrom-Modell produziert. Unter der Artikelnummer 70004 ist die Analogversion verfügbar, unter 70006 die Digitalversion. Der UVP beträgt auch hier € 359,90 bzw. € 524,90. Die Produktion des Wechselstrommodell (Artikelnummer 70007) wurde wohl mangels Vorbestellungen storniert. Das Modell entspricht in der Ausführung dem ÖBB-Vorbild und ist gänzlich schwarz lackiert. Die Betriebsnummer wurde noch angegeben, stationiert ist die Maschine in der Zfl. Hieflau. (Hinweis: Die 92.2220 war dort vom 27. Februar 1956 bis zum 30. Juni 1966 beheimatet; davor und danach war es die Zfl. Wien-Ost. Heute ist das Vorbild in Puchberg als Denkmallok aufgesockelt. Sie wurde als Lok der Schneebergbahn mit der Betriebsnummer 22, später EWA 22 bzw. 72, in Dienst gestellt.) Am Tendergehäuse sind noch die letzten Unterschungsdaten aufgedruckt, angeschrieben ist die letzte Bremsuntersuchung Ff 04.02.61 sowie auch die nächste Hauptuntersuchung mit Datum 04.08.64.


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