Fleischmann 435201 / Roco 70062: DB E 52

Schon in der Zelt vor dem Ersten Weltkrieg hatten die Länderbahnverwaltungen von Bayern und Preußen die ersten Elektrolokomotiven für den Einsatz auf einem noch bescheidenen Netz elektrifizierter Strecken beschafft. Der Krieg und seine Folgen vereitelten dann aber zunächst alle weiteren Bauvorhaben. Erst zu Beginn der zwanziger Jahre, nach der Gründung der früheren Deutschen Reichsbahn, ging man wieder daran, alte Pläne zu verwirklichen und weitere neue Projekte auszuarbeiten.

Nachdem inzwischen das Verkehrsaufkommen kräftig angewachsen war und auch die Zuglasten eine beachtliche Steigerung erfahren hatten, entstand ein Bedarf an großen und leistungsfähigen Elektrolokomotiven. Im Jahr 1921 kam es deshalb zu einer von der Gruppenverwaltung Bayern veranlassten Ausschreibung zur Entwicklung neuer Elektrolokomotiven für den Einsatz im Personenverkehr. Die Fahrzeuge sollten in der Lage sein, schwere Reisezüge auf den bayerischen Gebirgsstrecken mit einer Geschwindigkeit von 90 km/ befördern zu können.

Nach einer eingehenden Prüfung aller eingereichten Entwürfe entschied man sich schließlich für die von Maffei zusammen mit den Elektrofirmen AEG und SSW konzipierte Bauart einer schweren Personenzuglokomotive mit der Achsfolge 1′ B B 1′ und Schrägstangenantrieb. Um die Achslasten in den zulässigen Grenzen zu halten und einen möglichst ruhigen Lauf der Maschinen zu erreichen, entschloss man sich zum Einbau von zweiachsigen Drehgestellen anstatt der zunächst vorgesehenen Einzellaufachsen.

Aus einer begründeten Abneigung gegen die bislang meist verwendeten großen Elektromotoren, die bei den damit ausgerüsteten Maschinen bis unter das Dach reichten, wählte man vier kleinere Motoren. Je zwei Motoren wurden zu einer Antriebseinheit mit Stirnrädern und mit einer Vorgelegewelle zusammengefasst. Über Schrägstangen erfolgte dann die Kraftübertragung auf eine Blindwelle und von dort über Kuppelstangen auf die beiden Radsätze einer Triebwerksgruppe. Zwischen den beiden Motorgruppen war der große Öltransformator mit einer Leistung von 1.720 kVA in der Fahrzeugmitte eingebaut.

Die elektrische Ausrüstung, die von der Wasseg – einer Arbeitsgemeinschaft von AEG und SSW – geliefert wurde, verlangte eine große Fahrzeuglänge. Mit einer Länge über Puffer von 17.210 mm waren die Fahrzeuge die bislang längsten Elektrolokomotiven mit durchgehendem Rahmen. Recht beachtlich war auch die Dienstlast von 140 t, die eine größte Achslast von 19,6 t ergab. Der Größe entsprechend war auch der Preis einer Lokomotive, der mit 310.250,– Mark zu Buche stand. Um auch engere Gleisbogen durchfahren zu können, war nur die letzte Kuppelachse fest im Rahmen gelagert. Alle anderen Achsen hatten ein Seitenspiel von 5 bis 80 mm nach jeder Seite. Der Durchmesser der Laufräder betrug 850 mm. Die festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h verlangte einen Kuppelrad-Durchmesser von 1400 mm. Als höchste Stundenleistung waren 2.200 kW bei einer Geschwindigkeit von 625 km/h gemessen worden. In der Zeit von Dezember 1924 bis März 1926 wurden insgesamt 35 Lokomotiven in Dienst gestellt. Alle Maschinen fuhren zunächst noch mit der Gattungsbezeichnung EP 5 und mit den Betriebsnummern 21 501 bis 21 535. Erst im Jahre 1927 erfolgte die Umnummerierung in E 52 01 bis 35. Die Mehrzahl der Maschinen kam nach der Abnahme zum BW München Hbf, die anderen zum BW Garmisch. Mit der Ausweitung des vom Fahrdraht überspannten Streckennetzes gelangten die E 52 dann auch zu anderen bayerischen Bahnbetriebswerken. Insgesamt neun Lokomotiven wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wegen erlittener Fliegerschäden abgestellt. Die Fahrzeuge E 52 18, 23 und 30 konnten bis 1948 wieder instandgesetzt werden. Ausgemustert wurden dagegen die Maschinen E 52 01, 02, 29, 31, 32 und 35. Die noch vorhandenen 29 Lokomotiven befanden sich nach 1945 alle im bayerischen Raum. Bis 1960 hatte dann die BD München alle Fahrzeuge abgegeben, acht davon kamen zum BW Stuttgart, sechs nach Pressig-Rothenkirchen und sieben nach Regensburg. In Stuttgart waren die Maschinen E 52 04, 05, 07, 09, 10, 18, 22 und 24 vor allem im Nahverkehr eingesetzt. Einige Fahrzeuge versahen im Wechsel mit der E 91 den Schubdienst auf der langgezogenen Rampe von Bad Cannstatt nach Fellbach. Am Ende der sechziger Jahre war dann das BW Kaiserslautern zur letzten Station der zwölf Exemplare geworden, die Ende 1969 noch zum Einsatzbestand zählten und bereits als Baureihe 152 geführt wurden. Als letzte ihrer Bauart wurde dort die 152 014 am 10. August 1972 ausgemustert. Diese Maschine und einige weitere Lokomotiven waren dann noch mehrere Jahre als Heizlokomotiven verwendet worden. Eine der Maschinen, die 152 034, traf im Sommer 1978 im AW Freimann ein und wurde dort bis März 1979 als Museumslokomotive hergerichtet. Die Lokomotive erhielt ihre frühere Länderbahnlackierung und die alte Bezeichnung als EP 5.


Modellvorstellung

Kommt sie oder kommt sie nicht, mußte man sich fragen, als unklar war, ob Fleischmann die vor einigen Jahren angekündigte EP 5 der K. Bay. Sts. B. bzw. die E 52 der DRG/DB und 152 (DB) angekündigt hatte. Nachdem dezente Hinweise des Mitbewerbs über das Erscheinen dieser Loktype aufgetaucht sind, mußte der Heilsbronner Hersteller dann doch Farbe bekennen, weshalb mit dem 130jährigen Firmenjubiläum dann noch eine eigens kreierte Zugpackung mit der EP 5 und vier bay. Lokalbahnwagen als Krönung des Firmenjubiläums angekündigt wurde. Das Neuheitenprogramm enthielt zum Epoche II-Zug als Einzelfahrzeug eine Lokomotive der DB, die als E 52 in der Epoche III-Beschriftung erschien. Angekündigt wurden daher als Neuheit die Gleichstrom-Version unter der Artikelnummer 435201 zum UVP von € 279,– (ohne Loksound) sowie mit Loksound als Artikelnummer 435271 zum UVP von € 359,– sowie die Wechselstrom-Variante mit Lok-Sound zum selben UVP.

Verpackung

Fleischmann liefert die DB E 52 in der roten, robust und zweiteilig ausgeführten Kartonverpackung aus. Ein paßgenauer Schaumstoffeinsatz nimmt das auf Kunststoffgleis stehende und mittels Plastikhaube geschützte Modell auf. Im beiliegenden Zurüstbeutel liegen die Bremsschläuche sowie die Zughaken für die Selbstmontage bei, zusätzlich liegt noch eine Leiter bei. Beigepackt sind noch eine ausführliche Betriebsanleitung sowie das Ersatzteilblatt.

Technik

Das Kunststoffgehäuse sitzt auf dem Zinkdruckgußrahmen und ist über zwei Schrauben befestigt. Die Schrauben sind diagonal versetzt an der Modellunterseite zwischen den Vorlaufdrehgestellen platziert. Nach dem Entfernen ist das Abziehen des Kunststoffgehäuses nach oben probemlos möglich.

Das Innenleben bringt eine über dem Lokrahmen befindliche Platine hervor. An der Oberseite – ungefähr in Lokmitte – befindet sich die 22polige Digitalschnittstelle (PluX22). Daneben sind zwei Stützkondensatoren als Pufferspeicher sowie ein Dip-Schalter untergebracht. Mit dem Dip-Schalter lassen sich im Analog-Betrieb verschiedene Stellungen des Schlußlichtes darstellen. Da die Neukonstruktion nicht mehr für einen funktionsfähigen Oberleitungsbetrieb ausgelegt ist, findet man vergebens auch einen diesbezüglichen Umschalter.

Ein fünfpoliger Motor mit einer großen Schwungmasse ist mittig in den Fahrzeugrahmen eingelassen. Zwei Fahrzeugwellen greifen direkt in den Getriebeblock der beiden Triebwerksgruppen. Eine Achse wird direkt über das Getriebe angetrieben, die zweite Treibachse und die Blindwelle wird über das Gestänge mitgenommen. Pro Triebwerksgruppe sind zwei Haftreifen auf jenem Radsatz berücksichtigt, der mittels Zahnkranz angetrieben wird. Diese Achse liegt sogleich starr im Fahrwerksrahmen, die über die Kuppelstangen mitgenommene Antriebsachse ist gefedert und Seitenspiel in beide Richtungen ausgeführt. Die Kurzkupplungskulisse ist direkt am Rahmen untergebracht und trägt den NEM-Normschacht, wo die Profikupplung bereits eingesteckt ist. Die beiden Vorlaufdrehgestelle weisen einen zentralen Drehpunkt auf und sind zusätzlich noch seitenverschiebbar.

Fahrverhalten

Das Modell bringt ein Gewicht von 499 Gramm auf die Waage.  Das Modell fällt durch ein solides Fahrverhalten und durch die geringe Geräuschentwicklung auf. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 125 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 39 % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist die Modellgeschwindigkeit um ca. neun % zu niedrig.

Optik

Die Fleischmann E 52 spielt konstruktiv in der selben Liga wie die zuvor ausgelieferte E 60 mit. Das Modell zeichnet sich durch verschiedene Details aus. Schon beim Anblick des Lokkastens fallen die dezent ausgeführten Deckleisten an den Seitenwänden auf. Die Lüftergitter wirken etwas flach ausgeführt. Sämtliche Nietreihen soweit dezent ausgeführt, daß sie erst unter der Lupe richtig sichtbar werden. Die Gummidichtungen aller Fenster sind hauchdünn umgesetzt. Einzelne Details sind am Lokkasten angespritzt, es sind dies Scharniere bzw. die elektrischen Steckverbindungen an der Fahrzeugfront. Als seperat angesetzte Teile sind die Griffstangen bei den Türen und die Scheibenwischer ausgeführt.

Am Dach sind einerseits angespritzte Leitungen sowie auch viele Nietreihen erkennbar. Die beiden Stromabnehmer mit dem Einfachschleifstück sind filigran ausgeführt. Die elektrische Dachausrüstung ist komplett umgesetzt. Das Fahrwerk ist dank der feinen Speichenräder aus Metall eine Augenweide. Die funktionsfähige Nachbildung der Blindwelle sowie auch die erhabene Darstellung der Gegengewichte werten das Modell optisch ungemein auf. Die Treib- und Kuppelstangen bestehen aus feinen Metallteilen. Weitere Details sind auch im Fahrwerksbereich zu entdecken, indem die Sandfallrohre direkt zu den Radlaufflächen reichen, ebenso befinden sich die Bremsklötze auf exakter Höhe der Radlaufebene. Sehr schön anzusehen sind dann noch die am Rahmen aufgehängten Kurbelantriebe sowie weitere Apparaturen.

Farbgebung und Bedruckung

Das einfache Farbkonzept spiegelt sich bei der Lackierung des Modells problemlos wieder, indem dieser Teil der Beurteilung keinen Grund zur Beanstandung liefert. Die Bedruckung ist vollständig und unter der Lupe trennscharf lesbar. Fleischmann hat seiner E 52 die Betriebsnummer E 52 07 verpaßt. Die Lokomotive ist beim Bw Stuttgart bzw. der BD Stuttgart beheimatet. Als letztes Datum der Bremsuntersuchung ist Fahrzeugrahmen der 14.07.1960 des AW Freimann zu lesen. Manche Anschriften weisen einen schwarzen Hintergrund auf, womit entsprechende Lokschilder imitiert werden.

Beleuchtung

Das Beleuchtungskonzept besteht aus wartungsarme LED. Das weiße Spitzenlicht leuchtet dreimal, das rote Schlußlicht nur einmal. Der Wechsel erfolgt fahrrichtungsabhängig. Über die Dip-Schalter an der Platine lassen sich weitere Schaltungen für das Schlußlicht einstellen. Im Digitalbetrieb läßt sich der Führerstand bzw. der Maschinenraum beleuchten.


Bilder


Roco 70062

Es liegen mindestens fünf Jahre dazwischen, als die Salzburger Herstellergruppe erstmals ein Modell des Heuwenders aufgelegt hat. Als die Entscheidung für die Neukonstruktion fiel, wurde unter dem Markennamen „Fleischmann“ das H0-Sortiment noch gepflegt, zudem paßte die Modellkonstruktion dort auch sehr gut ins Sortiment, weil das Unternehmen noch vor der Übernahme durch die Modelleisenbahn GmbH zahlreiche Altbauloks realisierte. Kurz nach der Auslieferung der Fleischmann-Lok fand ein Sinneswandel bei der Unternehmensgruppe statt, indem unter dem Markennamen von Fleischmann nur mehr Modell in der Baugröße N erscheinen werden. Das H0-Sortiment wandert daher zunehmend zum Schwesterunternehmen Roco.

Das zweite Modell des Heuwenders findet sich im Neuheitenkatalog 2023. Roco hat dabei das Modell der E 52 03 in flaschengrüner Farbgebung angekündigt. Die Lok ist beim Bw Regensburg der gleichnamigen Bundesbahndirektion stationiert. Die am Fahrzeugrahmen angeschriebenen Untersuchungsdaten weisen die Angaben Letzte Br.-Unt. MF 12.07.62 auf. Gegenüber dem oben dargestellten Modell sind einzelne, optische Unterschiede erkennbar. Erfreulich ist, daß der Hersteller trotz all seiner bisherigen Lieferprobleme das Modell schon im ersten Quartal 2023 wie angekündigt in den Fachhandel abliefern konnte. Roco liefert auch dieses Modell in drei verschiedenen Ausführungen aus. Die Gleichstrom-Ausführung ohne Loksound (analoge Ausführung) wird unter der Artikelnummer 70062 zum UVP von € 299,90 angeboten. Die Modelle mit Loksound stehen als Zweileiter-Gleichstrom-Ausführung (Artikelnummer 70063) bzw. als Dreileiter-Wechselstrom-Ausführung (Artikelnummer 78063) zur Verfügung und sind mit einem UVP von € 424,90 versehen.

Bilder