Trix 22876 / 22991: DB 78 516 / 78 054

Die Preußisch-hessischen Staatsbahnen hatten für eine Schnellzug-Tenderlokomotive durchaus Bedarf. Dieser war auf den Strecken Frankfurt am Main – Mainz, Frankfurt am Main – Wiesbaden und Altefähr – Saßnitz auf der Insel Rügen vorhanden, wo man das zeitaufwendige Wenden von Schlepptenderlokomotiven vermeiden wollte oder wo keine Wendemöglichkeit – u. a. eine geeignet lange Drehscheibe – vorhanden war. Die von Robert Garbe entwickelte T 10 war als 2′ C-Konstruktion mit 1.750 mm Kuppelraddurchmesser unbrauchbar für Rückwärtsfahrten. Die KED Stettin, der die Strecke Altefähr – Saßnitz unterstand, hatte den Einsatz der Lokomotive dankend abgelehnt. Weil von einer Tenderlok gleich gute Laufeigenschaften in beiden Fahrtrichtungen gefordert werden, ist ein symmetrischer Achsstand nicht Bedingung, aber sehr empfehlenswert. Die übereinander gezeichneten Skizzen von T 10 von T 18 offenbarte, was der T 10 zu einer für ihren Bestimmungszweck brauchbaren Lokomotive fehlte, nämlich die Nachlaufachsen.

Die Stettiner Vulcan-Werft, die 1912 die ersten Lokomotiven der Gattung T 18 an die Preußisch-Hessischen Staatsbahnen lieferte, hat die Tenderlokomotive mit der Achsfolge 2′ C 2′ nicht erfunden. Maffei in München lieferte bereits ab 1903 an die spanische MZA 21 Zwillingslokomotiven dieser Achsfolge. Henschel hatte ein Jahr später mit der übergewichtigen Vierzylinder-Verbundlok der Gattung T 16 einen Mißerfolg erlebt. Im selben Jahr lieferte die Chemnitzer Lokomotivanstalt von Richard Hartmann sechs Verbundlokomotiven an die italienischen Staatsbahnen (FS). Die französische Ostbahn bezog 1905 von Belfort 40 Verbundlokomotiven dieser Achsfolge. Hinzu kamen noch 61 Maschinen von Grafenstadten 1906 bis 1913 für Elsaß-Lothringen (EL); weitere fünf lieferte Humboldt. Auch nach der T 18 sind von den Niederlanden (1913), Frankreich (Nordbahn) und Belgien im selben Jahr sowie von der PLM ein Jahr später Lokomotiven der Achsfolge 2′ C 2′ beschafft worden.

Die T 18 war eine ganz normale und vernünftige preußische Lokomotive ohne jede Garbeschen Exzentrizitäten, die deshalb auch ein hohes Dienstalter erreichte. Die preuß. P 8 stand beim Kessel Pate, jedoch mußte wegen des hinteren Drehgestells die Rostfläche von 2,63 m² auf 2,44 m² verkleinert werden. Bei Tenderlokomotiven, besonders wenn sie im Streckendienst und gar im Schnellzugdienst Verwendung finden sollen, muß man auf die Unterbringung möglichst großer Vorräte bedacht sein. Etwa 50 % des Wasservorrates waren im Rahmenwasserkasten untergebracht. Die amtliche Beschreibung aus dem Jahre 1915 formuliert: „Der Langrahmen besteht aus zwei durchgehenden 30 mm starken Blechen, die zur Aufnahme eines möglichst großen, zwischen derselben liegenden Wasserkastens über den Achsausschnitten eine große Höhe erhielten, wodurch gleichzeitig die für das Anheben dieser langen und schweren Lokomotive bei Abstützung in zwei Punkten notwendige Festigkeit in senkrechter Richtung erzielt wurde. Der untere Wasserkasten erstreckt sich von der Feuerbüchse bis Vorderkante Rauchkammer und bildet auf dieser Länge eine gute Versteifung des Rahmens in waagrechtem Sinne. Zwischen der ersten Kuppelachse und der Triebachse befindet sich unter dem Boden des Wasserkasten ein großer Sammelbehälter, in den die Saugrohre der Speisevorrichtung münden“.

Die drei gekuppelten Radsätze waren fest im Rahmen gelagert, jedoch hatten die Räder des mittleren Kuppelradsatzes 15 mm Spurkranzschwächung. Die beiden zweiachsigen Drehgestelle waren beidseitig 40 mm seitenverschiebbar. Zylindermitte und Schornsteinlängsachse lagen in einer Ebene, bei Einheitslokomotiven meist eine Selbstverständlichkeit, bei preußischen Bauarten meist eine Ausnahme. Die Zylinder hatten 560 mm Durchmesser und 630 mm Kolbenhub sowie angeschraubte Ausströmkästen. (Damals sagte man noch Auspuffkasten.) Die Kolbenschieber entsprachen der Bauart Schichau mit doppelter Einströmung; die äußere Steuerung entsprach der Bauart Heusinger. Der Sandkasten hatte beidseits nur zwei Fallrohre, aus denen mit Druckluft die Räder des 1. Kuppelradsatzes bei Vorwärtsfahrt, die des 3. Kuppelradsatzes bei Rückwärtsfahrt gesandet wurden. Die ersten Maschinen sind ohne Vorwärmer ausgeliefert worden. Erst ab 1914 rüstete man sie mit dem flachen Vulcan-Vorwärmer, ab 1916/17 mit dem runden der Bauart Knorr aus. Der Vorwärmer lag unterhalb der Rauchkammer quer auf dem Rahmen und war mit einem Trittblech zum Reinigen der Rauchkammer versehen.

Die Preußisch-hessischen Staatsbahnen bauten von dieser Schnellzugs-Tenderlokomotive bis zum Jahr 1923 insgesamt 482 Fahrzeuge. Der Bau der Loks erfolgte zunächst bei den Vulcan-Werken in Stettin, weiters bei Henschel, Hanomag und Franco-Belge. Andere deutsche Bahnverwaltungen bestellten von der Gattung T 18 weitere 74 Fahrzeuge, und einige Maschinen wurden sogleich ins Ausland geliefert. Die Deutsche Reichsbahn übernahm 480 Lokomotiven preußischer Herkunft und die 20 Lokomotiven aus Württemberg, die als 78 146 bis 165 umgezeichnet wurden. Später kamen noch die Lokomotiven der Saarbahnen und der ELE hinzu. Die DB übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg 424 Lokomotiven, bei der DR verblieben 53 Maschinen. In Polen verblieben 29 Maschinen, die nunmehr als OKo 1 bezeichnet wurden und bis 1975 im Einsatz standen. Der Bestand der DB 78er reduzierte sich bis 1968 auf ca. 35 Lokomotiven. Die Reichsbahn-78 erhielten dagegen ab 1965 noch Witte-Windleitbleche und Giesl-Ejektoren eingebaut. Die DB schied ihre letzte T 18 Mitte der 1970er Jahre aus, bei der DR endete der Einsatz auch in diesem Jahrzehnt.


Modellvorstellung

Märklin/Trix hat seine bisher verfügbare T 18 gänzlich überarbeitet und als Neukonstruktion ins Neuheitenprogramm von 2020 eingestellt. Das neue Modelle sollte dabei an die aktuellen, technischen Gegebenheiten gehoben werden und somit für die Zukunft als zeitgemäßes Modell in Metallkonstruktion dienen. Die neue T 18 aus Göppingen ist bei Märklin unter der Artikelnummer 39786 und bei Trix unter der Artikelnummer 22876 erhältlich. Die Neukonstruktion ist zum UVP von € 390,– in Fachhandel zu bekommen.

Verpackung

Die Auslieferung erfolgt in der bekannten Kartonverpackung des Herstellers. Nach dem Abzug des Kartonschubers wird die stabile Plastikverpackung zugänglich, in welchem das Modell mit nochmaligen Plastikschuber sicher für den Transport eingestellt ist. Am Modell selbst sind auf der Oberseite der Lokomotive mehrere Filzstücke dazwischen gelegt. Sie dienen als Scheuerschutz. Dem Modell liegt ein Zurüstbeutel bei. Es befinden sich darin die Bremsschläuche und die Kolbenschutzrohre. Das Einstecken ist aber erst ab einem Mindestradius von 500 mm ratsam. Die mehrsprachige Betriebsanleitung und die sonstigen Dokumente sind in einer Kartonhülle eingeschoben und im vorgesehen, seitlichen Schlitz in der Kartonverpackung eingeschoben.

Technik

Sämtliche Antriebskomponenten der Tenderlokomotive sind im Langkessel untergebracht. Der Langkessel, der Führerhausaufbau und die Wasserkästen mit dem unteren Führerhausaufbau bilden jeweils eigene Fahrzeugteile und sind als Lokgehäuse zusammengesetzt. Das Lokgehäuse ist über vier Schrauben mit dem Fahrwerk verbunden. Die vier Kreuzschrauben befinden sich beim Vorlaufdrehgestell beidseits des Drehpunktes und hinten zwischen letzter Kuppelachse und Nachlaufdrehgestell. Das Gehäuse läßt sich nach oben abziehen, womit das Innenleben der Neukonstruktion offengelegt wird. Ein Mittelmotor mit großer Schwungmasse dient als Antriebsquelle und treibt via dem direkt angesetzten Stirnrad-/Schneckengetriebe die letzte Kuppelachse der Dampflok an. Die vorderen Kuppelachsen werden über das Lokgestänge mitgenommen. Die Antriebsachse ist als einzige mit nur einem Haftreifen bestückt (Heizerseite). Die erste und die dritte Kuppelachse weisen ein geringes Seitenspiel auf. Die mittlere Achse ist mit einem größeren Seitenspiel versehen und ist zudem noch vertikal gefedert. Das Vorlauf- und das Nachlaufdrehgestell ist jeweils kulissengeführt und wird teilweise auch über die integrierte NEM-Kurzkupplungskulisse geführt.

Die Zentralplatine ist hinter dem Antriebsbereich auf dem Fußboden des Führerhauses situiert. Die Digitalschnittstelle ist in diesem Bereich angeordnet. Im Modell ist eine MTC21-Digitalschnittstelle verbaut. Der eingebaute Digitaldecoder ist sowohl unter analogen wie digitalen Bedingungen verwendbar und arbeitet mit DCC- und mfx-Protokollen. Damit lassen sich gerade im Digitalbetrieb verschiebene Betriebsgeräusche nachstellen und verschiedene Betriebszustände abbilden, aber auch Licht- und Signalfunktionen verwenden. Außerdem ist das Modell bereits serienmäßig für die Nachrüstung eines firmeneigenen Raucheinsatzes serienmäßig vorbereitet.

Fahrverhalten

Das Vorbild ist auf dem Schienennetz für eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h beidseitig zugelassen. Das Modell erreicht bei 12 V Gleichstrom eine Modellgeschwindigkeit von umgerechnet ca. 80 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 19 % zu langsam, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 30 % um 49 % zu niedrig. Das Eigengewicht dieser Neukonstruktion beträgt 319 Gramm.

Optik

Märklin/Trix hat die Zeichen detaillierter Modellumsetzung längst erkannt und mit der bad. VIc ein schönes Lokmodell im Maßstab 1:87 geschaffen. Der erste Blick fällt natürlich auf das Lokgehäuse, das der Hersteller aus Metall formte. Die Proportionen des Modells sind gut getroffen, vor allem das markante Aussehen der badischen Konstruktion ist an dem Modell erkennbar. Das Lokgehäuse weist nicht nur feine und zahlreiche Gravuren auf, vor allem finden sich dort freistehende Handläufe sowie Leitungen. Darüber hinaus sind verschiedene Pumpen, Ventile und die Glocke extra angesetzt. Die Metallkonstruktion der 78 516 punktet vor allem in der feinen Fertigungsumsetzung hinsichtlich der äußerst filigranen Nachbildung der Nietreihen am Wasserkasten, am Führerhaus(dach) und am vorderen Kesselschuß. Der Fahrzeugrahmen wirkt bei genauerer Ansicht etwas leicht nach unten durchgebogen, dafür ist die Oberfläche der Umläufe leicht aufgerauht. Gut sichtbar ist auch der durchbrochene Fahrzeugteil zwischen dem vorderen Bereich des Lokkessels und dem Wasserkasten. Frei stehende Rohre reichen vom Sandbehälter zum Laufwerk hinab. Gerade die vielseitige Verrohrung am Langkessel werten die aktuelle Konstruktion ungemein auf.

Das Fahrwerk besteht aus feinen Speichenrädern mit schwarzvernickelter Oberfläche. Das Gestänge ist fein ausgeführten Metallteilen gefertigt. Die Sandfallrohre reichen bis zu den Radlaufflächen der Achsen. Sehr schön nachgebildet sind auch die rückwärtigen Rahmenteile, indem auch die Werkzeugkästen unter dem Kohlekasten schön angraviert wurden.

Farbgebung und Beschriftung

Die Farbgebung ist bei einer Dampflok bereits konstruktiv vorgegeben. Sämtliche Anschriften des Modells sind gut deckend aufgetragen und lupenrein lesbar. Das vorliegende Modell ist mit der DB-Betriebsnummer 78 516 beschriftet. Das Bw Essen Hbf wird als Heimatdienststelle ausgewiesen, die Heimat-BD ist Essen. Das Modell trägt die Untersuchungsanschriften Letzte BR2 Tr. 13.01.64. Das Modell gehört somit der der Epoche III an.

Beleuchtung

Das überarbeitete Dampflokmodell ist mit wartungsarmen, weißwarme LED bestückt, wobei fahrrichtungsabhängig nur die jeweils in Fahrrichtung befindlichen Lampen leuchten. Im Digitalmodus sind keine weiteren Beleuchtungsmöglichkeiten vorgesehen, allerdings sind dafür verschiedene Betriebsgeräusche abspielbar.


Bilder


Trix 22991 – DB 78 054

Auf Basis der obigen Konstruktion wurde im Rahmen der Herbstneuheiten 2022 eine weitere Modellvariante einer DB-Lok angekündigt. Zur Ausführung gelangte die 78 054 mit Zweilicht-Spitzensignal und hohem Kohlekasten und rundem Tonnendach am Führerhaus. Als weitere Details ist der Turbodynamo links, verschiedene angesetzte Bauteile, der geschweißte Wasserkasten und die Rauchkammertüre ohne Zentralverschluß zu nennen. Die DB 78 054 ist im Zustand der 1950er Jahre ausgeführt und im Bw Hannover Hgbf. (BD Hannover) stationiert. Die Untersuchungsdaten sind an der vorderen Pufferbrust mit der Anschrift Unt. Jl 23.05.55 angegeben. Das neue Modell der DB 78 ist zum UVP von € 479,– erhältlich.


Bilder