Piko 51860 / 51862: DB 118 020-7 / DR 218 019-8

Bereits im Jahr 1933 hatte die AEG von der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft den Auftrag zur Entwicklung einer leistungsfähigen Lokomotive für den schweren Schnellzugdienst erhalten. Für leichte und mittelschwere Züge standen die Baureihen E 04 und E 17 zur Verfügung, mit denen recht gute Erfahrungen gesammelt worden waren.

Es lag deshalb nahe, auch bei der Neuentwicklung auf bewährte Bauteile zurückzugreifen. So wählte die AEG für die Baureihe E 18 wiederum den bewährten Kleinow-Federtopfantrieb. Die Fahrmotoren mit einer Leistung von je 760 kW entsprechen genau jenen der Reihe E 04, von der auch die elektrische Ausrüstung weitgehend übernommen wurde. Die beiden Laufachsen sind mit den benachbarten Treibachsen in einem Krauss-Helmholtz-Lenkgestell der Bauart AEG gelagert. Durch einen Druckluft-Zylinder konnte die Rückstellkraft in Abhängigkeit der Fahrtrichtung verstärkt werden. Im Hinblick auf die geforderte Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h wurde der Lokomotivkasten der E 18 mit einer windschnittigen Kopfform ausgeführt, die man heute als nahezu zeitlos und zweckmäßig bezeichnen darf.

Aus der ersten Lieferserie gingen im Jahr 1935 die Lokomotiven E 18 01 bis 09 an das BW München Hbf. und die Maschinen E 18 10 bis 17 an das BW Hirschberg in Schlesien. Ausgedehnte Meßfahrten im Juni 1935 und im März 1936, die zwischen Stuttgart und München durchgeführt worden waren, lieferten die Beweise für die guten Laufeigenschaften und die Leistungsfähigkeit der Baureihe E 18. Bei diesen Meßfahrten, die im Jahr 1936 auch auf die Strecke München – Nürnberg ausgedehnt wurden, konnte ohne Schwierigkeiten eine Höchstgeschwindigkeit von 165 km/h erreicht werden.

Aufgrund dieser sehr guten Leistungen wurde die Baureihe E 18 auf der Weltausstellung in Paris im Jahre 1937 mit einem „Grand Prix” ausgezeichnet und mit zwei Ehrenurkunden gewürdigt. Bis zum Jahr 1940 waren die Aufträge für insgesamt 92 Lokomotiven der Reihe E 18 erteilt worden. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges führte zur Stornierung geplanter Lieferserien. Es blieb bei insgesamt 53 Lokomotiven, die im Jahr 1941 in den Bahnbetriebswerken München, Augsburg, Nürnberg, Regensburg, Stuttgart, Saalfeld, Leipzig und Hirschberg beheimatet waren. Hinzu kamen noch die Lokomotiven mit den Betriebsnummern E 18 201 bis 208 (spätere ÖBB-Reihe 1018), die im Jahr 1940 an das BW Salzburg abgeliefert worden waren. Bei diesen acht Lokomotiven handelt es sich um eine eigenständige Konstruktion der BBÖ in Anlehnung an die deutschen Schwestermaschinen der Baureihe E 18. Diese Maschinen verblieben aber nach 1945 in Österreich, außerdem die Lokomotiven E 18 42 (ÖBB 1118.01) und E 18 046 (spätere ÖBB 1018.101). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, da0 bei den Lokomotiven ab der Betriebsnummer E 18 045 eine „0“ vor die Ordnungsnummer gesetzt worden war. da man damals noch beabsichtigt hatte, mehr als 100 Maschinen in Dienst zu stellen.

Aus vorhandenen Teilen baute die Firma Krupp nach 1945 noch die beiden Maschinen E 18 054 und 055 im Auftrag der Deutschen Bundesbahn. Während des Krieges waren insgesamt sechs Lokomotiven verlorengegangen oder so stark beschädigt worden, daß eine Reparatur unmöglich war. Weitere sechs Fahrzeuge verblieben der Deutschen Reichsbahn in der DDR. Der Deutschen Bundesbahn standen, zusammen mit den beiden Neubauten. Insgesamt 41 Maschinen der Baureihe E 18 zur Verfügung, die im Jahr 1953 auf die Betriebswerke München, Nürnberg, Regensburg und Stuttgart verteilt waren.

Im Merkbuch für Fahrzeuge der Deutschen Reichsbahn wird der Anschaffungspreis für eine E 18 der Lieferserie 1935 mit 397.390 RM angegeben. Für eine Maschine der Serie El8 201 bis 208 wird dagegen bereits ein Preis von 536.440 RM genannt.

Die Fahrzeuge sind ursprünglich mit Frontschürzen geliefert worden. Bei der E 18 01 war die Schürze auf den Bereich unterhalb der Pufferbohle beschränkt, bei anderen Maschinen reichte sie seitlich bis vor die Laufachse. Später entfernte man die Schürzen bei der DR teilweise und bei der DB vollständig. Eine Bildfolge soll die einzelnen Ausführungen veranschaulichen. Drei der in der DDR eingesetzten Lokomotiven sind im Jahr 1969 von der DR für eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h umgebaut worden. Mit diesen Maschinen, es handelt sich um die E 18 19, 31 und 40 aus dem BW Halle P, werden moderne Reisezugwagen im Geschwindigkeitsbereich von 160 km/h erprobt.

Bei der Deutschen Bundesbahn standen am 31.12.1975 noch alle 41 Lokomotiven im Einsatz. Als Reihe 118 zählten sie zum Bestand des Betriebswerkes Würzburg. Mit der 118 028 erhielt das erste Exemplar im Sommer des Jahres 1975 den Anstrich im neuen Farbschema Ozeanblau/Beige. Bei dieser Lokomotive und auch bei einigen weiteren Maschinen findet man weit vorgezogene Lampenverkleidungen. Bei anderen Fahrzeugen sind die Frontlampen dagegen voll in die Stirnfront eingelassen.

Die E 18 bei der DR in der DDR

Sechs Lokomotiven der Baureihe E 18 sind nach dem Kriege bei der DR verblieben. Drei davon wurden an die DB im Tausch gegen dringend benötigte Ersatzteile abgegeben, verblieben sind die E 18 19, E 18 31 und E 18 40.

Die Forderung der Schienenfahrzeugindustrie in der DDR nach Triebfahrzeugen, mit denen die für den Export bestimmten Reisezugwagen im Geschwindigkeitsbereich 160 bis 200 km/h getestet werden konnten, veranlaßte die DR zum Umbau der E 18 als Schnellfahrlokomotiven. Zwar standen mit den Dampflokomotiven 18 201 (aus 61 002 umgebaut) und 18 314 (umgebaute bad. IV h1-3) zwei Maschinen mit 175 km/h bzw. 150 km/h Höchstgeschwindigkeit zur Verfügung, doch war deren Zugkraft im oberen Geschwindigkeitsbereich sehr gering. Die 18 314 z. B. brauchte einen Weg von 8,5 km und eine Zeit von 5,5 min. um einen Zug von 160 Tonnen Last auf 130 km/h zu beschleunigen. Die als Schnellfahrlokomotive umgebaute E 18 schaffte das schon nach 3,1 km und 2,0 Minuten. Größere Anhängelasten konnten von den Dampfloks in diesem Geschwindigkeitsbereich nicht mehr bewältigt werden. Und 160 Tonnen waren immerhin nur vier, manchmal sogar nur drei Schnellzugwagen. Es gab auch ein Projekt, einige Maschinen der Baureihe E 11 als Schnellfahrlokomotiven auszurüsten (Vmax = 200 km/h), doch dieses Vorhaben wurde nicht ausgeführt bzw. weiterverfolgt. So entschloß man sich zum Umbau der E 18, die bereits in den Jahren 1935 und 1936 bei Versuchsfahrten Höchstgeschwindigkeiten von 165 km/h (mit 392 Tonnen Last) erreicht bzw. Höchstlasten von Tonnen Mp bei einer mittleren Geschwindigkeit von 96 km/h gezogen hatte.

Im Juni 1967 waren die konstruktiven Unterlagen für den Umbau erarbeitet und wurden dem dem RAW „Otto Grotewohl” Dessau (dem Unterhaltungs-RAW aller Elektrolokomotiven der DR) zur Ausführung übergeben. Im Jahre 1969 wurden die E 18 19 und die E 18 40,im Jahre 1970 die E 18 31 für Vmax = 180 km/h vom RAW Dessau abgeliefert. Die Maschinen kamen zum BW Halle P und gehörten der VES-M Halle (S). Leider war der E 18 40 kein langes Leben beschieden. Kaum umgebaut, erlitt sie einen Unfall und mußte als Schadlok abgestellt und später ausgemustert werden. Der Unfall geschah 1969 im Bf. Großkorbetha bei Weißenfels. Die E 18 40, Vorspann zu einer E 11, wurde versehentlich auf ein besetztes Gleis geleitet.

Der Lokführer konnte noch eine Schnellbremsung einleiten und sich mit seinem Beimann im Maschinenraum auf den Boden legen. Das Personal der E 11, das keine Streckensicht hatte, ahnte nicht die bevorstehende Katastrophe und wurde leider tödlich verletzt. Geblieben sind also nur noch die zwei E 18, die weiterhin ihren Dienst beim VES-M Halle (S) zur Verfügung standen und. wenn sie nicht im Versuchsdienst eingesetzt wurden. Planleistungen für das BW Halle P fuhren.


Modellvorstellung

Es war die Überraschung schlechthin, als aus Sonneberg die Schnellzuglok der Baureihe E 18 samt Nachfolgemodelle als Neukonstruktion angekündigt wurde, womit dieses Modell erneut in direkte Konkurrenz zu bisher existierenden Mitbewerbermodellen tritt. Ausführungen der DB und der DR mit Computernummer werden die ersten Modellausführungen sein, Sound-Loks wurden dabei noch keine angekündigt. Ausgeliefert wurde als Novizin die DB-Variante in blauer Farbgebung in der Ausführung der Epoche IV, verfügbar als Gleichstrommodell mit der Artikelnummer 51860 zum UVP von € 169,99 bzw. als Wechselstrommodell mit der Artikelnummer 51861 zum UVP von €209,99, wobei Piko betont, daß dieser Digitaldecoder auch mfx-fähig ist.

Verpackung

Piko liefert alle seine Expert-Modelle nur mehr mit der neuen Verpackung aus, wie diese erstmals beim Heuwender angewandt wurde. In die Kartonverpackung mit Kartonschuber ist das Modell in der rutschsicheren Blisterummantelung eingelegt. Sämtliche Papiere zum Modell sind an der Unterseite in einem eigenen Schuber in die Kartonverpackung eingeschoben. Das Modell steht dabei erstmals auf einem eigens gefertigten Plastikgleis. Der Zurüstbeutel ist am Scharnier der Blisterbox eingeklebt.

An dieser Stelle sei einmal ein kritisches Wort hinsichtlich der Lesbarkeit der Betriebsanleitung erwähnt. Die Explorationszeichnen sind für den Modellbahner sehr nützlich. Ergänzende Hinweise werden noch in Schriftform niedergelegt. Allerdings wäre es sehr sinnvoll, die bisher gewählte Schriftgröße zu überdenken. Der Hersteller möge bedenken, daß die Sehkraft gerade älterer Personen schwächer wird und die Angaben nur mehr unter der Zuhilfenahme einer Lupe erkennbar sind.

Technik

An Antriebskonzept ist wie bei jeder Lokomotive unterhalb des Lokgehäuse untergebracht. Das Öffnen der Lok gestaltet sich diesmal etwas komplizierter, indem dazu die bei mitgelieferten „Schlüssel“ zu verwenden sind. Die Schlüssel werden in Fahrzeugmitte von der Unterseite des Gehäuses eingeschoben – siehe Ausnehmungen – und dann auseinandergezogen. Damit läßt sich dann das Gehäuse nach oben abnehmen. Da Bilder oft mehr sagen, als 1.000 Worte, ist bei Piko eine bebilderte Anleitung downloadbar:
https://www.piko-shop.de/is.php?id=20173

Im Chassis der Lok ist ein fünfpoliger Mittelmotor mit zwei Schwungmassen verbaut. Der Antrieb erfolgt via Kardanwellen und dem Zahnradgetriebe auf alle vier Treibräder. Je ein Haftreifen ist einseitig an den äußersten Treibachsen aufgezogen. Die Treibachsen sind innerhalb der Fahrwerksverkleidung als zwei Drehgestelle ausgeführt. Die Achsen sind starr eingelagert. An deren Enden sind die Vorlaufdrehgestelle über einen zentralen Drehpunkt befestigt. An den Stirnenden befindet sich eine Kurzkupplungskulisse. Die Stromabnahme erfolgt über alle Achsen, sogar von den Vorlaufachsen.

Die Zentralplatine ist über den Antriebskomponenten mit Schrauben befestigt. Auf der Platine befinden sich einerseits die Digital-Schnittstelle sowie ein Jumper, mit dem Beleuchtungsvarianten eingestellt werden können. Bei der Digital-Schnittstelle wurde eine PluX22 berücksichtigt. Das Modell ist natürlich für einen späteren Einbau der Sound-Ausrüstung vorbereitet.

Fahrverhalten

Das Modell bringt ein Gewicht von 544 Gramm auf die Waage und fühlt sich interessanterweise leichter als die E 52 von Piko an, obwohl diese noch schwerer ist. Das Modell fällt durch ein solides Fahrverhalten und durch die geringe Geräuschentwicklung auf. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 153 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. zwei % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist die Modellgeschwindigkeit um ca. 28 % zu niedrig. Entgegen anderslautenden Aussagen rollte mein Modell nach dem Wegschalten des Fahrstromes mind. eine Loklänge aus.

Optik

Man kann vorab ruhig behaupten, die 118 ist eine Augenweide geworden. Piko legt mit seiner Neukonstruktion ein wunderschön umgesetztes Modell vor, das nur vor Detailreichtum übersät ist. Die extrem dunkle Farbgebung läßt die feinen Nietreihen farblich absorbieren. Je nach unterschiedlichen Lichteinwürfen werden diese sichtbar. Die Lüftergitter weisen tiefe Gravuren auf. Die länglichen Verkleidungsstreifen sind dezent angedeutet. Die Türrillen und Fensterübergänge sind ebenfalls mit feinen Gravuren ausgestattet. Die Haltegriffstangen der Türen, der Frontumlauf, die frontseitige Signalhalterung und die Scheibenwischer sind als eigene Ansetzteile ausgeführt. Gleiches trifft auch auf die weißen UIC-Dosen zu. Die Fensterscheiben sind paßgenau eingesetzt und weisen dezente Alufensterrahmen auf. Die Stirnlampen sind als Stilaugen ausgeführt und weisen graue Lampenumfassungen auf.

Am Dach sind die Nietreihen wesentlich besser zu erkennen als auf den Seitenwänden. Die rot lackierte Dachleitung wird von zierlichen, braun lackierten Isolatoren getragen. Große Beachtung finden jedoch die eigens für die E 18/118 produzierten Stromabnehmer, deren Oberscheren aus feinem Metalldraht bestehen. Die feinen Schleifstücke wirken dagegen etwas schmal. Der Abstand der beiden Schleifstücke beträgt 3 mm oder umgerechnet ca. 40 cm in Natura.

Der letzte Blick fällt auf das Fahrwerk selbst, daß durch die Rahmenkonstruktion und die Achsantriebe gekennzeichnet ist. Auch hier ist die saubere Arbeit des Konstrukteurs erkennbar, indem etliche Gravuren und auch Nietreihen sowie weitere Ausnahmen zu erblicken sind. Sämtliche Ausgleichshebel und Überwurfbügel sind gleichermaßen ausgeführt wie die Sandfallrohre. Nachgebildet sind auch die Antriebselemente auf den Treibrädern.

Bedruckung und Beschriftung

Das Modell ist durch die monotone Farbgebung beim Vorbild leicht zu lackieren. Die wenigen Farbtrennkanten sind sauber ausgeführt. Die Bedruckung ist tadellos. Sämtliche Anschriften sind gut lesbar und voll deckend aufgetragen. Piko vergab seinem Erstmodell die Betriebsnummer 118 020-7. Die Lok ist beim Bw Würzburg der BD Nürnberg stationiert. Das letzte Untersuchungsdatum weist die Daten Unt MF 25.10.76 auf.

Beleuchtung

Das Beleuchtungskonzept erfolgt über warmweise LED. Diese leuchten fahrrichtungsabhängig dreimal weiß als Spitzenlicht und zweimal rot als Schlußlicht.


Bilder


Bilder – aufgehellte Version


Modellvorstellung 51862 – DR 218

Zeitgleich zur DB 118 wurde die Reichsbahn-Ausführung mit Computernummer angekündigt. Die Modelle der DR-Baureihe 218 sind unter den Artikelnummern 51862 (Gleichstrom-Fahrzeug, UVP € 169,99) und 51863 (Wechselstrom-Fahrzeug, UVP € 209,99) erhältlich. Ausgeliefert wurde das Modell Ende August 2018. Piko hat seinem Modell die Betriebsnummer 218 019-8 verpaßt, das im klassischen Farbschema für DR-Loks mit dem hellgrauen Dach, dunkelgrüner Lokkasten und rotem Fahrwerk lackiert ist. Die als Epoche-IV beschriftete Modell ist in der Rbd Halle beheimatet, als Heimat-Bw ist Halle P angeschrieben. Die Lok weist zwei Untersuchungsdaten auf, und zwar als letzte Bremsuntersuchung den 17. 3. 75 bzw. das Austrittsdatum der E6-Untersuchung des RAW Dessau am 3.5.74.


Bilder