Roco 73197: DB 491 001-4
Die Firmen Fuchs und AEG lieferten für Ausflugsfahrten die beiden elektrischen Triebwagen 1998 und 1999 an die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft. 1933 für die Reichsbahndirektion München in Auftrag gegeben, war der C4elT-35 Nr. 1998 (der spätere ET 91 01) zunächst in unfertigem Zustand bis zum 13. Oktober 1935 auf der Jubiläumausstellung in Nürnberg zu sehen. Seine Abnahmeprobefahrt fand nach der Komplettierung am 27. Februar 1936 von München nach Kufstein statt. Der zweite „Gläserne“ elT 1999, der im Jahr 1943 nach einem Bombenangriff auf München im Krieg zerstört wurde, fuhr dagegen mit eigener Kraft schon am 8. Dezember 1935 als Programmnummer 22 in der Nürnberger Fahrzeugparade.
Nachdem per 26. August 1936 die nationalsozialistische Regierung Deutschlands die seit 1933 gegen Osterreich verhängte „Tausendmark“-Reisesperre gelockert halle, rüstete die Reichsbahn an den C4elT-35 Nr. 1998 und 1999 einen HISE-Stromabnehmer auf das damals noch schmälere BBÖ-Wippenmass um. In diesem Zusammenhang taucht erstmals jene Wippenbreite von 1950 mm als Kompromissmass zwischen 2100 mm bei DRB und 1746 mm bei BBÖ auf, wie sie, dann nach dem Anschluss Österreichs als „Reichseinheitswippe“ normiert wurde.
Einer der beiden in München stationierten elektrischen DRB-Aussichtswagen kam laut Zeitzeugen am 2. Januar 1937 erstmals auf der landschaftlich reizvollen Karwendelbahn bis nach Innsbruck. Ende 1937 vermeldete ein Reichsbahn-Bericht, dass die „Karwendelrundlahrt“ via Mittenwald – Innsbruck – Kufstein und die „AIpenrundfahrt“ via Salzburg – Zell am See – Wörgl bereits zu den beliebtesten Routen im Fahrtenprogramm der beiden „Gläsernen Züge“ geworden war. Ihr Einsatzgebiet war zuvor ziemlich limitiert gewesen, denn der elektrische Betrieb der DRB reichte damals ab München nur bis Berchtesgaden, Kochel, Mittenwald , Stuttgart, Nürnberg und Regensburg. Seit der Reaktivierung im Juli 1949 war der ET 91 01 (ab 1968: ET 491,001) wieder häufiger Stammgast auf dem ÖBB-Netz. Von der Gesamtlaufleistung von mehr als vier Millionen Kilometern dürfte der „Gläserne“ schätzungsweise mehr als eine Million auf österreichischen Strecken zurückgelegt haben. Der ET 91 02 war dagegen 1943 bei einem Bombenangriff zerstört worden, woraufhin der verbliebene ET 91 01 bis Kriegsende außerhalb Münchens in einem Lokalbahnlokomotivschuppen verwahrt wurde.
Der „Gläserne“ war von Anbeginn an ausschließlich als Einzelfahrzeug für Gesellschafts-Sonderreisen konzipiert; zum Abschleppen verbirgt sich ein ausklappbarer Hilfszughaken hinter einer Stirnwandklappe. Erst seit einem nachträglichen Umbau 1951 besitzt der ET 491 001 eine Bremskuppelmöglichkeit für Schleppfahrten, doch besteht keine Möglichkeit der Energiefremdeinspeisung für Heizung/Lüftung und Beleuchtung. Dennoch wurde der ET 491 – insbesondere bei Studienfahrten der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahn-Geschichte (DGEG) fallweise über beträchtliche Fahrstrecken (zum Beispiel GySEV, Schweiz und andere Länder) geschleppt.
Der Wagenkasten ist aus Profilen und Blechen geschweißt. Innenliegende Trittstufen und WC-Tiefanordnung im Einstiegsraum bedingen in Untergestellmitte eine besondere Tragkonstruktion. Das Laufdrehgestell entspricht der Bauart Görlitz 111 leicht, in das verlängerte Triebdrehgestell ragt der Unterflurtransformator hinein. Die druckluftbetätigten Trommel-Backenbremsen sind eher für Autobusse denn für ein Eisenbahnfahrzeug typisch und bereiteten auf der 38-Promille Talfahrt über die Karwendelbahnrampe bis zur Nachrüstung mit elektrischer Bremse auch erhebliche Probleme.
Die 72 Sitzplätze in Reihenanordnung weisen umschlagbare Rückenlehnen ähnlich jenen der späteren Uerdinger Schienenbusse auf. Ein Stauraum für größere Gepäckstücke fehlt, was sich späterhin bei Mehrtagesfahrten als gravierender Nachteil erweisen sollte. Die Baubeschreibung von 1935 nennt eine blaue Sonderlackierung mit aluminiumfarbiger Brüstungsleiste und dunkelgrauer Schürze. 1949 bis 1953 war der ET 91 01 in Graublau (RAL 5008) lackiert, Schürze, Fensterstiele und Absetzstreifen waren in Hellgrau (RAL 7030) gehalten. 1954 wählte die OB für den „Gläsernen“ interessanterweise das alte Reichsbahn-Triebwagenfarbschema mit Purpurrot (RAL 3004), Beige (RAL 1001) und schwarzer Schürze. 1972 – 1985 zeigte sich der ET 491 in hellem „Olympiablau“ (kein RAL-Ton) mit cremeweißen Absetzstreifen (RAL 9001), Fensterstiele und Dach weißaluminium (RAL 9006). Seit einer Revision 1986 war das letzte Erscheinungsbild von Enzianblau (RAL 5010) und Cremeweiß (RAL 9001) bestimmt.
Die stark vereinfachte elektrische Ausrüstung (zum Beispiel Hochspannungssicherungen statt Hauptschalter, Abschaltung durch Senken des Stromabnehmers im Transformator-Leerlauf bei geöffneten Richtungsschützen) ähnelt jener der zeitgenössischen „Roten Pfeile“ der SBB. Als wesentliche Kenndaten des „Gläsernen Zuges“ sind anzuführen:
• Achsfolge Bo’2′,
• Höchstgeschwindigkeit 110 km/h,
• Stundenleistung 390 kW bei 72 km/h,
• Anfahrbeschleunigung 0,58 m/s²,
• Stufentransformator mit 256 kVA Traktionsdauerleistung unterflur in das Triebdrehgestell eintauchend,
• neunstufiges Nockenschaltwerk,
• maximale Motorklemmenspannung 383 V,
• zwei Tatzlagermotoren EKB 400,
• Übersetzung 17:66,
• elektrische Widerstandsbremse mit Wechselstrom-Fremderregung,
• elektrische Luftheizung.
Seit 1976 trägt der ET 491 auf Seite 1 anstelle der Vollschere DBS 54 einen Einholmstromabnehmer SBS 65, der einen einfachen Palettentausch für Einsätze in die Schweiz (SBB-Wippenbreite damals 1320 mm, heute 1450 mm) erlaubt.
Am 12. Dezember 1995 kollidierte der ET 491 001 in Garmisch-Partenkirchen mit der 1044.235 aufgrund einer Fehlausfahrt des RE 3612 (ÖBB-Zugnummer 5412). Der Garmischer Lokomotivführer hatte sich nach Einfahrt eines planmäßigen Kreuzungszuges von der unzulässigen Abfertigung durch den Zugführer bei Halt zeigendem Ausfahrsignal irritieren lassen. Das Wrack des ET 491 steht seit Januar 1996 unberührt im AW Neuaubing, offenbar mit dem letztlichen Zweck, dass eine voreilige Wiederaufbau-Ankündigung seitens des damaligen DB-Chefs Dürr in Vergessenheit gerate. Neben den mechanischen Deformationen von Rahmen und Kasten waren die Schäden am Triebdrehgestell und dem in dieses einragenden Unterflurtransformator bestimmend für die dem Vernehmen nach auf acht Millionen DM (ca. 600.000 Euro) veranschlagten (oder besser gesagt hochgerechneten?) Wiederaufbaukosten.
Die Aufarbeitung ist seither trotz aller Beteuerungen unterbleiben, inzwischen figuriert der ET 491 in einer Auflistung nicht fahrfähiger künftiger Museumsobjekte. Vergleichsweise hat das Reisebüro Mittelthurgau mit dem „Churchill-Pfeil“ (ehemals SBB RAe 4/8 301) aufgezeigt, wie ein historisches Einzelstück trotz Transformatorschadens mit vertretbarem Aufwand reaktiviert werden kann: Man griff auf die Erfahrung der BLS zurück, die 1982 bei der Stangenverschublokomotive Ee 3/3 401 die Schützensteuerung durch einen Stromrichter ersetzte, der nur einen einfachen Transformator mit festem Übersetzungsverhältnis ohne Stufenanzapfungen benötigt.
Beim derzeitigen Status der DB AG, in der fachfremde Quereinsteiger primär nach Kriterien des „Shareholder-Values“ diktieren und in der „Fläche“ frustrierte Mitarbeiter ihre früheren Ambitionen begraben haben, war eine ähnliche Initiative auch gar nicht zu erwarten. Schon in der Vergangenheit stand anlässlich von Revisionsfälligkeiten die Wiederkehr des „Gläsernen“ mehrmals auf des Messers Schneide.
Modellvorstellung
Roco hat den bekannten Aussichtstriebwagen „Gläserner Zug“ zu den großen Feierlichkeiten „150 Jahre Eisenbahn in Deutschland“ als Neukonstruktion angekündigt. Dabei wurden die Farbvarianten als Olympia-Triebwagen und die zuletzt gültige Lackierung in blau/weiß aufgelegt. Produziert wurden aber auch die Ausführungen der Reichsbahn und die anschließende DB-Lackierung in rot/elfenbein. Eine solche Lackierungsvariante wählte Roco für das aktuelle Modell des ET 491.001-4, währenddessen die frühere Auflage noch in der Epoche III-Beschriftung versehen war. Der rot/beige lackierte Triebwagen wird bei Roco für die Gleichstromversion unter der Artikelnummer 73197 zum aktuellen UVP von € 204,90 angeboten. Die Wechselstrom-Ausführung wird unter der Artikelnummer 79197 zum UVP € 249,90 von geführt.
Verpackung
Die Auslieferung erfolgt in der zweifachen Kartonverpackung mit Schaumstoffeinsatz. Das Modell ist mit Plastikgleis und Schutzhaube in den Schaumstoff eingelegt. In der Schutzhaube sind zwei weitere Schaumstoffstreifen bei den Stromabnehmern abgelegt. In einer Schaumstoffausnehmung ist ein Zurüstbeutel abgelegt, der Kupplungsteile beinhaltet. Die dazu gehörigen Betriebsanleitung liegt oben auf bei.
Technik
Die beengten Platzverhältnisse erforderten von den Konstrukteuren des Hersteller die Abkehr bisheriger Fahrzeugkonzeptionen. Schon vor 35 Jahren machten sich die gestiegenen Anforderungen an die Modelle bemerkbar, indem die freie Durchsicht im Fahrgastraum ein unabdingbares Erfordernis war. Deshalb wurde die Antriebskonstruktion in den verdeckten Fahrzeugteil beim Mitteleinstieg verbannt. Die Zugang erfolgt daher von der Unterseite des Fahrzeuges. Die Bodenplatte ist mit vier großen Schrauben und einer kleinen Schaube befestigt. Der Mittelmotor weist auf der antriebslosen Seite eine große Schwungmasse auf, auf der anderen Seite erfolgt die Kraftübertragung mittels Kardanwelle und Zahnradgetriebe auf die beiden Achsen des Triebdrehgestelles. Die Außenachse des Führerstandes A (Seite des Triebdrehgestells) ist beidseitig mit Haftreifen versehen. Die Fahrzeugplatine befindet sich auf der Unterseite der Bodenplatte und liegt zwischen Mittelmotor und dieser. Die Platine ist nach wie vor mit einer Schnittstelle nach NEM 652 versehen. Außerdem ist an den Fahrzeugende eine Vorrichtung für einen NEM-Kurzkupplungsschacht vorgesehen, der im Ablieferungszustand des Modells durch die verbauten Fahrzeugschürzen verdeckt ist.
Fahrverhalten
Das Eigengewicht beträgt 228 Gramm. Die Vorbildgeschwindigkeit beträgt 110 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 57 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 48 % zu niedrig, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist sie sogar um ca. 78 % zu niedrig.
Optik
Obwohl die Konstruktion mehr als 35 Jahre alt ist und Roco nach wie vor Varianten des bekannten Triebzuges ausführt, kann den Konstrukteuren von dazumal großes Lob ausgesprochen werden. Allein die hervorragende Umsetzung sorgte im Erscheinungsjahr 1985 für eine große Freude bei den Modellbahnern! Jedenfalls wurde das Modell trotz mancher Probleme exzellent umgesetzt und ließ daraus ein absolutes Spitzenmodell entstehen.
Der Blick auf das Modell zeigt wirklich ein vorragend modelliertes Fahrzeug, welche eine Fülle von Details aufweist. Allein der Blick auf den Fahrzeugaufbau bei den großen Panoramafenstern, die Frontpartie, aber auch die teilverglaste Dachpartie sind mehr als überzeugend ausgeführt. Das wesentliche Non-Plus-Ultra war aber der freie Blick in den und durch den Fahrgastraum, in welchem sogar eine Führerstandsfigur sitzt. Während die ersten Modellausführungen noch mit Preiser-Figuren bestückt wurden, wurde auf dieses Extra bedauerlicherweise nun verzichtet. Auch der Einstiegsbereich ist sehr schön umgesetzt und zeichnet sich durch sauber ausgeführte Gravuren aus. Am Dach sind zwei Scherenstromabnehmer der Bauart DBS 54 montiert, außerdem ist der Dachgarten nicht nur filigranst umgesetzt, sondern auch vollständig umgesetzt. Die beiden Drehgestelle sind zwar großteils hinter die Fahrzeugschürzen versteckt, doch auch ihr Anblick offenbart zwei hervorragend umgesetzte Bauteile.
Farbgebung und Beschriftung
Die Farbaufteilung ist teilweise konstruktiv bedingt vorgegeben und ermöglicht von daher schon saubere Farbtrennkanten. Das Fahrzeug ist überhaupt sehr sauber lackiert, weshalb auch keine Ausfransungen bei den Zierlinien konstatiert werden konnten, selbst die aufwendigen Rundungen sind tadellos ausgeführt. Der Fahrzeugrahmen ist schwarz lackiert, das Dach in einem Grauton. Da Roco den ET 491 in der rot/beigen Farbgebung erstmals mit Computernummer auslieferte, ist neben dem bekannten DB-Keks auch die Fahrzeugnummer 491 001-4 angeschrieben. Die Heimatdienststelle ist mit Bw München angegeben, das zuständige Ausbesserungswerk ist das AW Stuttgart-Bad Cannstadt. Im Revisionsraster stehen die Angaben REV 2 Ct 15.12.67. Alle Anschriften sind lupenrein ausgeführt. Am erhaben ausgeführten Zuglaufschild ist der Zuglauf einer Stammtour aufgedruckt, und zwar die Fahrt von München via Garmisch-Partenkirchen nach Innsbruck und retour via Kufstein nach München als „Große Alpenrundfahrt“.
Beleuchtung
Das Modell ist noch mit dem alten Beleuchtungskonzept ausgestattet. Weiße und rote Glühlampen übernehmen die Funktion des Spitzen- und Schlußlichtes. Der Lichtwechsel erfolgt fahrrichtungsabhängig weiß/rot. Allerdings ist die Leuchtkraft gar nicht bis wenig gegeben.
Bilder