Brawa 46723, 46725, 46726, 46724: ÖBB-Donnerbüchsen

Die deutschen Eisenbahngesellschaften waren im Zuge der Verstaatlichung sehr bestrebt, möglichst viele Bauteile als genormte Teile entstehen zu lassen. Damit eng verbunden ist auch die Entwicklung des Fuhrparks der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft zu sehen. Die DRG hatte sich anno dazumal zum Ziel gesetzt, Waggonbauteile firmenübergreifend nach den gleichen Vorgaben und Bedingungen fertigen zu lassen, um damit den Aufwand für die Beschaffung, der Instandhaltung und in der Bevorratung von Teilen in den eigenen Werken drastisch zu reduzieren. Ein wesentlich Vorteil dieser Normteile war aber die freie Tauschbarkeit dieser Teile bei verschiedenen Wagenserien und auch die geringere Ersatzteilbevorratung und dadurch verbunden der geringe finanzielle Aufwand.

Die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft hat unter diesen Gesichtspunkten die Gesellschaft Deutscher Waggonfabriken (D. W. V.) mit der Entwicklung und Lieferung der gewünschten Einheits-Durchgangswagen beauftragt. Durch die Vorgabe des Austauschbaus waren nun nicht mehr ca. 1.400 Zeichnungen für jede einzelne Wagengattung erforderlich. Der Vorteil dieses Gesichtspunktes war die Reduzierung des Aufwandes auf eine Grundtype, auf welcher die modifizierten Bauarten mit ca. 150 eigenen Zeichnungen abgeleitet wurden.

Mit dieser Vorgangsweise hat die Reichsbahn ab dem Jahr 1928 um die 5.500 derartige Wagen in verschiedenen Gattungen beschafft, die als BCi-28, Ci-28, CDi-29, Pwi-28, Ci29, BCi-29, Pwi-29, Bi-29 und Ci-30 bezeichnet wurden und im Personenverkehr zum Einsatz kamen, wobei die Anwendung der Normung sehr rasch die Vorstellungen und Erwartungen der Reichsbahn erfüllte. Mit der Anschaffung dieser großen Fahrzeugflotte konnten sehr viele ältere Länderbahnwagen und auch Splittergattungen außer Dienst gestellt werden.

Was sich für die Beschaffung und die Wartung als positiv erwies, hat sich schließlich beim Fahrkomfort der neuen Personenwagen negativ bemerkbar gemacht. Die unbefriedigenden Laufeigenschaften heimsten den Gattungen rasch den Beinamen „Donnerbüchsen“ ein.

Die Wagen wurden im gesamten Reich eingesetzt und verteilten sich im Zuge der Kriegswirren auch auf andere Staatsterritorien. Ein beachtlicher Teil der Wagen ist in Deutschland bei der DB bzw. der DR verblieben, zahlreiche Wagen gelangten nach Kriegsende auch in die Bestände vieler europäischen Bahngesellschaften wie der PKP, der CSD, der ÖBB, der SNCF, der CFL und der SNCB. Die Nachfolgebahngesellschaften konnte auf diese Wagen nicht verzichten, weshalb die Außerdienststellung erst gegen Ende der 1960er Jahre oder gar in den 1970er Jahren erfolgten. Viele dieser Wagen gelangten nach ihrem Ausscheiden aus dem Betriebsbestand der Bahngesellschaften zu verschiedenen Museumsbahnen im In- und Ausland.

Die ÖBB haben eine ganze Flotte dieser Donnerbüchsen übernommen. Um 1950 herum wurde das Sammelsurium der übernommenen Reichsbahnwagen neu sortiert und in einem neuen Nummernschema zusammengefaßt:

Die ehemaligen Bi-29 (geschlossene Plattform) wurden zu BCiph 27400 – 27412, wobei ein Teil der Wagen aus Cip 37300ff umgebaut wurden. Diese wurden 1956 zu ABip 27400ff. Im Zweiklassenschema kamen noch durch Umzeichnungen die Wagen 27413ff aus ehemalige Aip 16402 … 16413 (ex Biph(o) 26400ff) hinzukamen.

Mit offenen Plattformen wurde nach 1950 eine Reichsbahngattung BCi-28 als BCih 27450 – 27464 in den Bestand genommen, die 1956 zu ABih 27450ff umgezeichnet wurden. Der erste Wagen erhielt die Nummer sogleich, die 14 anderen wurden zwischen 1952 und 1954 aus der Serie Ci 37401 – 37413 umgebaut.

Die Wagen Ci(ho) 37400 – 37459 gehören verschiedenen Bauarten an und verteilen sich auf BCi-28, Cid-27, Ci-28, Cid-26, CCid-28, Ci-29 und Ci 30. Die BCi-28 dieser Nummerngruppe wurden zu BCih 27450ff umgebaut, die nicht umgebauten Wagen wurden 1956 zu Bi(ho) bei gleicher Wagennummer umgezeichnet.

Die Gepäckwagen gehörten den Bauarten Pwi-29, Pwi-30 und Pwi-31 an, welche bei den ÖBB die neuen Nummern Pwi(h) 65111 – 65122 erhielten. In der ersten Hälfte der 1960er Jahre änderte sich die Gattungsbezeichnung auf Dü.


Modellvorstellung

Brawa hat vor zwei Jahren diese Donnerbüchsen als Neukonstruktion ins Leben gerufen und dabei eine ganze Flut an unterschiedlichen Modellen angekündigt. Es scheint sich auch hier der Vorteil von genormten Teilen bei der Modellumsetzung durchgeschlagen zu haben, so wie beim Vorbild. Das Neuheitenprogramm listet Modellausführungen der DRG, der DB, (Epoche III), der DR (Epoche III), der SNCF (Epoche III), der CFL (Epoche III), der ÖBB (Epoche III) und der CSD (Epoche III) auf, wobei Sitzwagen und Gepäckwagen gleichermaßen Berücksichtigung fanden. Für Österreich wurden folgende ÖBB-Modelle angekündigt:

46723: Personenwagen AB4iph 27407, geschlossene Plattform
46724: Personenwagen ABih 27453, offene Plattform
46725: Personenwagen Bih 37439, offene Plattform
46726: Gepäckwagen Pwih 65112

Erst später hat der Hersteller auch Modelle mit serienmäßiger Innenbeleuchtung angekündigt, die die Artikelnummern 46765 bis 46768 tragen. Der UVP der Modelle ist jenseits von gut und böse! Die Modelle ohne Innenbeleuchtung sind mit dem UVP von € 77,90 fixiert, die Modelle mit der Innenbeleuchtung kosten sogar UVP € 96,90.

Brawa liefert seine neuen Personenwagen in der üblichen Verpackung aus. Das jeweilige Modell ist von einer Blistereinlage und dazwischenliegender Folie umgeben. Im unteren Teil der Blistereinlage sind zwei Zurüstbeutel eingeschoben. Im ersten Zurüstbeutel befinden sich die Bügelkupplungen und Anbauteile, die verschlossenen Wagenübergangsgittern entsprechen. Der zweite Zurüstbeutel weist schon mehrere Teile auf, betreffen aber die Zurüstteile für die jeweilige Pufferbrust mit Zughaken, Bremsschläuche und Heizkabel. Die mehrseitige Betriebsanleitung samt Ersatzteilblatt ist unter dem Blistereinsatz abgelegt. In der Betriebsanleitung wird neben dem Tausch der Übergänge auch der Einbau einer Innenbeleuchtung oder die Integrierung einer Digital-Schnittstelle beschrieben.

Der Wagenkasten dieser Personenwagen ist gänzlich aus Kunststoff gefertigt und ist übersäht mit verschiedenen Detaillierungen und Gravuren. Am Wagenkasten sind einerseits Abdeckleisten und andererseits Nietreihen nachgebildet. Auch der Übergang zum Fahrzeugrahmen wirkt durch die nach außen stehenden Versteifungen gut umgesetzt. Die Modelle sind mit Fall- bzw. Ganzfenster ausgestattet, deren Fensterstege aus Alu zierlich ausgefallen sind. An der Oberkante befinden sich an der Innenseite Gravuren für den Fenstergriff.

Bei den Modellen mit der offenen Plattform ist die Stirnfront nach innen versetzt und ebenso mit entsprechenden Details bereichert. Neben den angravierten Profilen und Nietreihen finden sich dort auch extra angesetzte Griffstangen und natürlich auf die Geländer am Rahmenende inkl. der Übergangsgitter und auch die Verschlußgitter bei den Aufstiegen. Über der Plattform am Dach ist noch eine Deckenlampe berücksichtigt worden. Am Dachende wurde eigens ausgeführte Signalhaltungen montiert.

Je nach gewählten Vorbild verfügen die neuen Brawa-Modelle eine geschlossene oder eine offene Plattform. Bei der geschlossenen Ausführung endet der Wagenkasten beim Rahmenende und ist beidseitig mit Drehtüren ausgestattet. Bei dieser Variante wurden die Scharniere und Türklinken – farblich abgesetzt – entsprechend angedeutet, jedoch hat man beim Seitenfenster den Eindruck, als wären die Fenstereinsätze zu klein dimensioniert. Die stirnseitigen Fenster kommen ohne Alu-Stege aus, aber auch bei dieser Wagenseite sind mehrere Nietreihen, Winkelprofile und sogar extra eingesetzte Leitern vorhanden. Die extra eingesteckten Übergangsgitter zeigen die Stellung als Wagen im Zugverband.

Beim Dach hat Brawa auf die DB-Variante zurückgegriffen, da diese die bekannten Dachlüfter aufweisen. Die ÖBB haben diese Dachlüfter relativ früh entfernen lassen. Nur wenige Donnerbüchsen hatten diese noch in der Nachkriegszeit.

Der Wagenboden ist wiederum vollständig nachgebildet. Neben den extra montierten Aggregatkästen ist dort eine Bremsanlage sowie eine Riemenlichtmaschine zu sehen. Obwohl Brawa das Tankvolumen von Gasbehältern am Rahmen aufdruckt, sind die Modelle ohne dem ausgeführt. Wenn man sich den Unterbau des Wagenbodens ansieht, findet man auch dort Nietreihen. In den Wagenboden ist eine NEM-Kurzkupplungskulisse eingelassen.

Die Lackierung richtet sich nach der Ausführung der konstruierten Bauteile, weshalb der Wagenkasten, das Dach, der Wagenboden und die Fahrwerke mit dem entsprechend eingefärbten Granulat gespritzt wurden. Die Anschriften sind sauber ausgeführt und fast lupenrein lesbar. Alle weiteren Angaben zu den Anschriften sind bei den jeweiligen Artikelnummern angeführt worden.

Wenn die „Liebe zum Detail“ abflaut …

Der Hersteller hat sich vor Jahren auf die eigenen Fahnen geheftet, sehr originalgetreue Modelle umzusetzen. Wenn man sich allerdings die letzten Neukonstruktion aus dem Hause Brawa ansieht – siehe die Staubsilowagen Kds 54/56 oder die groben Montagefehler der Baureihe 01 -, scheint sich dies nur mehr zum Wunschdenken zu entwickeln. Die vorliegenden Modelle sind im Grunde genommen nur „austrofizierte“ Farb- und Beschriftungsvarianten der deutschen Modelle, ohne die entsprechenden Detailänderungen umzusetzen.

  1. Dachlüfter: Es dürfte dem Hersteller entgangen sein, daß die ÖBB-Wagen relativ früh die Dachlüfter verloren haben und ohne dieser eingesetzt wurden.
  2. Die Vorbildfotos im Neuheitenprospekt zeigten noch Fahrzeuge ohne Klassenschilder. Diese Klassen-Kennziffern wurden in der noch frühen Epoche III, wenn nicht sogar im Dreiklassenschema verwendet.
  3. Beibelassung der Hängegitter anstatt Nachbildung anderer Aufstiegsgriffstangen und aufklappbarer Vorlegestangen (Bauart N28).
  4. Manche Modelle wurden im verzogenen oder beschädigten Zustand ausgeliefert und lassen Erinnerungen an den verzogenen Rahmen der BR 01 wach werden.
  5. Spätere Modifikation auf Faltenbälge nicht berücksichtigt.
  6. Einbau falscher Fensterbände, die bei den ÖBB-Donnerbüchsen keinen eingepaßten Metallrahmen aufweisen.
  7. Die Modelle, die den Bi-29 zum Vorbild haben, weisen eine falsche sichtbare Nachbildung des kompletten Rahmens auf, welcher scheinbar in der Modellumsetzung frei erfunden wurde.
  8. Bei einem derartigen Preis von € 70,– und mehr pro Fahrzeug darf man sich vom Hersteller schon erwarten, daß eine bessere Vorbildrecherche erfolgt. Die offenkundigen Mängel dieser Modellserie dürften wohl der Grund dafür sein, wieso verschiedene Redaktionen (mich eingeschlossen) keine Besprechungsmuster vom Hersteller erhalten haben.

Bilder 46723

Das Modell mit der geschlossenen Bauform ist mit den Wagenanschriften AB4iph 27407 bedruckt, der den Heimatbahnhof Attnang-Puchheim aufweist. Die letzte Untersuchungsdaten werden mit REV Fk 12.05.59 angegeben. Interessanterweise wird am Langträger auch der Tankinhalt eines Gaskessels mit 35.200 l angegeben, obwohl dieser keinen hat.


Bilder 46725

Der Personenwagen 2. Klasse mit den offenen Plattformen ist als Bih 37439 angeschrieben. Auch dieses Modell ist mit Heimatbahnhof Attnang-Puchheim angeschrieben. Im Revisionsraster stehen die Angaben REV Fk 10.09.59.


Bilder 46726

Der Gepäckwagen verfügt über die Fahrzeuganschriften Pwih 65112, als Heimatbahnhof ist Linz Hbf. angeführt und im Revisionsraster stehen die Daten REV Sm 23.06.59. Obwohl das Modell keinen Gaskessel mehr besitzt, wird das Volumen mit 35.200 angegeben.


Bilder 46724

Mit etwas Verspätung wird noch die vierte Modellvariante der ÖBB-Donnerbüchsen vorgestellt. Es handelt sich um den zweiklassigen Personenwagen der Reichsbahnbauart BCi-28, welcher in einer stattlichen Stückzahl nach 1945 in Österreich verblieben ist. Das Modell trägt die Gattungsbezeichnung ABih und die Wagennummer 27453. Attnang-Puchheim sollte als Heimatbahnhof aufgedruckt, allerdings fehlt bei Attnang das letzte n in der Bedruckung. Dies dürfte bei einem Modell mit astronomischen UVP gar nicht passieren! Das letzte Untersuchungsereignis ist im Revisionsraster mit den Angaben REV Fk 10.03.58 festgehalten.