ÖBB-Reihe 5045 „Blauer Blitz“ – Jägerndorfer 75010 / 75020 / 75030 / 75040:

Die BBÖ schuf in den Dreißiger Jahren ein beachtenswertes Netz an Triebwagenschnellverbindungen, das mit Triebwagen der Reihen 5041, 5042 und 5044 betrieben wurde und nach dem Ausbruch des Krieges zusammenbrach. Erst danach, als wieder zivilisierte Verhältnisse herrschten, beschäftigen sich die ÖBB mit einem Projekt eines Doppelstocktriebwagens. Die hohen Achslasten von mehr als 17 t untersagten schließlich einen Einsatz auf Nebenbahnen, sodaß die betraute Lieferfirma SGP auf Wunsch der ÖBB ein zweiteiliges Fahrzeug konzipierte. Die nun modifizierte Variante bestand aus einem VT 5045 und einem Steuerwagen VS 6545, wobei der höhergezogene Kühlturm beibehalten wurde. 12 Einheiten wurden davon in den Jahren 1952/54 geliefert. Eine nachträgliche Profilangleichung der 5045.01-12 an die später gelieferten 5145.01-04 erfolgte erst zwischen 1961 und 1970. Diese ersten vier VT 5145 stammten aus einem geplatzten Exportauftrag nach Jugoslawien und entsprachen dem internationalen Profil. Für internationale Einsätze nach Venedig oder nach Berlin beschafften die ÖBB 1958/59 sechs Zwischenwagen 1./2. Klasse und drei Halbspeisewagen. Höhepunkte ihrer ganzen Einsatzgeschichte waren Verbindungen nach Berlin, Budapest, Venedig, Triest und München. Mit der Elektrifizierung der Hauptbahnen wurden die Triebwagen in den Nahverkehr verdrängt, wo die Fahrzeuge bis zu Ihrer Kassierung eingesetzt wurden.


Modellvorstellung

Nachdem der sechsteilige ET 4010 der ÖBB erfolgreich am N-Markt eingeführt worden ist, entschloß sich Klaus Jägerndorfer zu einer weiteren interessanten Neuheit für die Baugröße N. Es handelt sich um den bekannten Dieseltriebwagen „Blauer Blitz“ der ÖBB, der aufgrund seines früheren Aktionsradius auch für Modellbahner außerhalb Österreichs von Interesse sein kann. Generell ist zu sagen, daß der Hersteller speziell in dieser Baugröße verstärkt um Neukonstruktion bemüht und damit dieses Marktsegment aus dem Dornröschenschlaf holt.

Jägerndorfer Collection hat daher im Neuheitenprogramm 2020 vier verschiedene Modellausführungen angekündigt, wobei die dreiteilige Version sich lediglich durch eine geänderte Betriebsnummer unterscheidet. Es handelt sich hierbei um die Artikelnummern 75010 (5045.02) und 75020 (5045.06), die Soundversionen sind unter den Artikelnummern 75012 und 75022 erhältlich. Der UVP beträgt € 329,90 bzw. € 449,99.

Die zweiteiligen Triebwageneinheiten stellen eine Formvariante dar, indem nicht nur die Umbau-Version mit drei Stirnfenster verwirklicht wurde, sondern auch Übersetzfenster verbaut wurden. Dazu wurden Ausführungen in den Farbtönen Ultramarinblau/elfenbein (Artikelnummer 75030/75032) und im Valousek-Design als „Papagei“ (Artikelnummern 75040/75042) aufgelegt. Diese Modelle weisen einen UVP von € 269,90 bzw. 374,90.

Verpackung

Jägerndorfer liefert seine Neukonstruktion in einer robusten Kartonverpackung aus. Die drei bzw. zwei Fahrzeuge sind einzeln im Schaumstoff der unterschiedlich dimensionierten Verpackung eingelegt. Darauf liegt ein Plastikeinsatz, der von oben her die Modelle zusätzlich schützt und fixiert. Unter der unteren Schaumstofflage befindet sich die mehrseitige Betriebsanleitung. Bedauerlicherweise sind einzelne Angaben nicht schlüssig dargestellt. Dies betrifft gerade jene Seiten, wo es um die Darstellung der Ersatzteile geht.

Jedes Modell ist zusätzlich in einer feinen Folie gewickelt. Im Schaumstoff sind noch zwei Ausnehmungen enthalten, in denen sich die Zurüstbeutel befinden.. Diese beinhalten Kupplungen, Bremsschläuche und andere Anbauteile.

Die Modelle sind wie auf der Abbildung der Verpackung eingelegt, und zwar ein Triebkopf, der Mittelwagen und der Steuerwagen. Die genauen Betriebsnummern werden bei den Modellen genannt.

Technik

Die Konstrukteure des Triebwagens orientierten sich bei der technischen Ausgestaltung wie beim großen Vorbild. Der Steuerwagen und der Mittelwagen sind als reine „Reisezugwagen“ ohne technische Einrichtung ausgeführt, lediglich der Triebkopf beinhaltet alle technischen Komponenten.

Die Antriebskomponenten befinden sich unter dem Lokgehäuse des VT 5145. Das Gehäuse ist am Chassis aufgesetzt. Um es Abziehen zu können, müssen die Seitenwände bei den mittleren Achsen der Drehgestelle nach außen gespreitzt werden, erst dann ist das Abziehen nach oben möglich. Der anschließende Blick auf das Innenleben des Triebkopfes zeigt uns eine in Dachhöhe montierte Zentralplatine und darunter im Bereich des Triebkopfes beim Gepäck-/Einstiegsbereich die entsprechenden Antriebskomponenten.

Ein in Längsrichtung eingesetzter Mittelmotor mit großer Schwungmassen überträgt das Drehmoment via eine kurze Kardankupplung und dem Stirnrad-/Schneckengetriebe auf die Achsen des Antriebsdrehgestelles. Das hintere Drehgestell ist als Laufdrehgestell ausgebildet. Beide Achsen sind mit jeweils einem Haftreifen versehen.

Die Zentralplatine ist, wie schon erwähnt, in Dachhöhe montiert und weist an der Oberseite die Schnittstelle nach NEM 662 (Next18) für den Digitalbetrieb auf, in welchem ein Brückenstecker eingesetzt ist. Die Modelle mit dem Loksound sind mit einem Decoder aus dem Hause ZIMO bestückt.

Eine weitere Decoder-Schnittstelle befindet sich im Steuerwagen. Das Gehäuse des Steuerwagens läßt sich wie jenes des Triebkopfes abnehmen, indem die Seitenwände nach außen gespreitzt werden und ein Abzug des Gehäuses nach oben möglich wird. Die sechspolige Decoder-Schnittstelle nach NEM 651 des Steuerwagens befindet sich gut kaschiert oberhalb des Führerstandes. (Hinweis: Den Steuerwagen, aber auch die Mittelwagen sollte man nur unbedingt öffnen, wenn es notwendig ist. Die Feder der Kurzkupplungskinematik neigt sehr leicht aus der Führung zu springen. Ein Einfädeln der Feder ist eine sehr zeitaufwendige Prozedur.)

Der Triebwagen ist serienmäßig für die Solo-Fahrt vorbereitet, wobei die Pufferbrüste des Triebkopfes und des Steuerwagens komplett zugerüstet sind. Auf der anderen Fahrzeugseite befindet sich eine Kurzkupplungskulisse mit Normschacht. Der Mittelwagen ist mit einer Kurzkupplungskulisse versehen. Das Kuppeln erfolgt mit der N-Standardkupplung. Somit sind die Fahrzeuge untereinander nicht elektrisch gekuppelt, was durchaus als Vorteil anzusehen ist. Nachteilig erweist sich jedoch der Fahrzeugabstand von ca. 2 bis 3 Millimeter. Beim Steuerwagen ist wiederum die Fahrgastseite mit einer Kurzkupplungskulisse versehen, die Führerstandsseite ist mit einer Schürze verkleidet.

Eine Kurzkupplungskulisse ist aber auch an den beiden Führerstandsseiten vorgesehen, die durch die werkseitig montierten Schürzen unbeweglich sind. Nach dem Abziehen der jeweilige Schürze lassen sich die mitgelieferten Kupplungen in die Kulissenführung einsetzen und somit ist der Triebwagen mit anderen Fahrzeugen kuppelbar.

Fahrverhalten

Das Gesamtgewicht des dreiteiligen VT 5145 beträgt 136 Gramm, der zweiteilige 107 Gramm. Das Fahrverhalten des Modells ist hervorragend, wiewohl der Motor etwas leiser sein könnte. Die Höchstgeschwindigkeit des Vorbildes beträgt 115 km/h. Die umgerechnete Modellgeschwindigkeit beträgt ca. 125 km/h. Die Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. neun Prozent zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 50 % um ca. 41 % zu langsam.

Optik

Die Neukonstruktion macht einen soliden Eindruck, was die optische Umsetzung des Triebwagens betrifft, dies gilt für die Ausführung mit dem „Kopftumor“ genauso wie für die flache Dachform. Insgesamt liegt auf den ersten Blick ein optisch stimmiges Modell vor. Die charakteristische Kopfform mit der abgerundeten Stirnfront samt der vier Frontfenster und der hohen Dachwölbung bzw. der drei Stirnfenster mit dem niedrigen Dach samt zusätzlicher Stirn- und Schlußlampen ist korrekt wiedergegeben. Das Modell verfügt insgesamt über sehr feine bis tiefe Gravuren, verschiedene Fahrzeugteile wie Türgriffe, Griffstangen, Dosen bzw. Kupplungen und die Scheibenwischer sind erhaben dargestellt und farblich behandelt. Die Fenster sind in die Seitenwand bündig eingesetzt, im Falle der Übersetzfenster sind die Fensterstege zierlich ausgebildet. Positiv ist, daß JC hierbei eine Formänderung bei den Seitenwänden vornahm, was an den Fenstern durch die abgerundeten Ecken ersichtlich wird. Allerdings dürften die Fenster bei beiden Serien zu nieder sein, denn die Oberkante orientiert sich an der Oberkante der Gepäckstüre.

Die Steuerwagen unterscheiden sich vom Triebkopf und stellen gänzlich eine eigene Entwicklung dar. Auch hier wurde die markante Silhouette der Fahrzeugfront sehr gut getroffen. Die Steuerwagen laufen auf zwei Laufdrehgestellen. Die Drehgestelle sind mit entsprechender Tiefenwirkung modelliert, teilweise sind diese mit einer Lichtmaschine versehen. Der Mittelwagen beim Dreierset unterscheidet sich nicht wesentlich von der Modellumsetzung wie Triebkopf und Steuerwagen.

Die Fahrzeugübergänge sind genauso korrekt umgesetzt, wobei auch die Übergangstüren fein graviert sind. Die Gummiwülste sind in der Gehäuseform angesetzt, sind aber im Fahrbetrieb durch die Verwendung der mitgelieferten Kupplung nicht bündig. Zwischen den Fahrzeugen ergibt sich ein Spalt von bis zu drei Millimeter.

Farbgebung und Beschriftung

Die Qualität der Lackierung fällt sehr unterschiedlich aus. Die Bandbreite streut sich von sauberen Trennkanten bis zu nicht unerheblichen Farbverläufen, die den Gesamteindruck dieser Neukonstruktion massiv trüben. Besser ausgeführt ist stattdessen die Bedruckung und die verschiedenartigen Anschriften. Leider ist bei der dreiteiligen Version ein Beschriftungsfehler unterlaufen. Diese sollten die Ursprungsversion darstellen. Bei den Gattungsbezeichnungen fand eine Verwechslung der Anschriften von Epoche IIIa (C4VT) beim Triebkopf und der Epoche IIIb (B4VS) beim Steuerwagen statt. (Anmerkung: Die Klassenreform fand 1956 statt, ab 1959 standen erst die Mittelwagen zur Verfügung.)

Beleuchtung

Das Modell verfügt über eine wartungsarme LED-Beleuchtung zur Darstellung des Spitzen- und Schlußsignal, lediglich am Triebkopf. Das Spitzenlicht besteht aus drei weißen Frontlichtern, die Schlußbeleuchtung aus zwei roten Lichtern. Die Umschaltung erfolgt fahrrichtungsabhängig. Der Triebwagen wird serienmäßig ohne Innenbeleuchtung ausgeliefert und ist auch nicht dafür vorbereitet.


Bilder 75010/1

ÖBB-Triebwagen C4VT 5045.02 + AB4Tl 7645.02 + B4VS 6545.02; gedachte Ausführung im Ursprungszustand mit erhaben dargestellten Staatswappen, Revisionsraster leer.


Bilder 75010/2


Bilder 75010/3


Bilder 75020/1

ÖBB-Triebwagen C4VT 5045.06 + AB4Tl 7645.06 + B4VS 6545.06; Nummernvariante zu 75010.


Bilder 75020/2


Bilder 75020/3


Bilder 75030/1

ÖBB-Triebwagen im Erscheinungsbild nach 1986, beschriftet als B4VT 5145 009-6 und B4VS 6545 009-0, Heimatdienststelle unleserlich, Revisionsanschriften angedeutet.


Bilder 75030/2


Bilder 75040/1

ÖBB-Triebwagen im neuzeitlichen Erscheinungsbild nach Konzeption von DI Valousek; beschriftet als B4VT 5145 005-4 und B4VS 6545 005-8, Heimatdienststelle unleserlich, Revisionsanschriften angedeutet. Bedauerlicherweise erhielt dieser Steuerwagen beim Vorbild nie die Papagei-Lackierung, sondern der 6545 003 als einziger.


Bilder 75040/2