Piko 54417 / 54613 / 54617: Ged. Güterwagen G 02

Um die Kompatibilität von Wagen verschiedener Länderbahnen zu erhöhen und damit deren Austausch zwischen den einzelnen Bahnen und die Ersatzteilhaltung zu vereinfachen, wurde 1909 der Staatsbahnwagenverband gebildet. Dieser Verband gab Musterblätter für verschiedene Güterwagenbauarten heraus. nach denen die Wagen gebaut werden sollten.

Ein Jahr nach der Gründung des Verbands entstanden 1910 die ersten Exemplare des hier vorgestellten gedeckten Güterwagens der Bauarten G(n) Kassel , München und Karlsruhe

(G 10, Gklm 191). Die Wagen wurden zunächst ohne Bremse gefertigt und entsprachen dem Musterblatt A 2. Wagen mit einer Druckluft- und einer Handbremse erschienen bereits ein Jahr später. Das Musterblatt A 2 lehnte sich sehr stark an das preußische Blatt IIdS an, nach dem noch die Vorgänger der Bauart G Hannover und Stettin (G 02) gefertigt worden waren. Die beiden Bauarten unterscheiden sich besonders durch die verschiedenen Untergestelle. Beim G 10 konnte damit die Tragfähigkeit von 15,75 t (Bauart G Hannover und Stettin) auf 17,5 t erhöht werden.

Die zweiachsigen Wagen hatten Radsätze mit Gleitlagern. Die Achshalter waren an das Untergestell genietet. Elflagige Blattragfederpakete mit einfachen Schaken stellten die Verbindung zwischen den Lagergehäusen und dem Untergestell her. Viele Wagen hatten eine Kunze-Knorr-Güterzugbremse der Bauart Kk-G, bei der ein Bremszylinder seine Kraft über ein Gestänge und die einfachen Bremsklötze auf die Radsätze übertrug.

Einige dieser Wagen hatten zusätzlich eine Handbremse, die vom erhöhten Bremserhaus aus bedient werden konnte, das sich an einer Stirnseite befand. Es gab auch Wagen ohne eigene Bremsanlage. Diese als „Leitungswagen“ bezeichneten Güterwagen verfügten nur über eine Druckluft-Durchgangsleitung.

Die Wagen wurden mit normalen Schraubenkupplungen und Zughaken untereinander und mit der Lokomotive verbunden. Als Stoßvorrichtung wurden zunächst Stangenpuffer eingebaut, die später gegen Hülsenpuffer mit Ringfedern aus getauscht wurden. Beide Bauarten hatten runde Pufferteller.

Das Untergestell bestand aus verschiedenen Profileisen, die zu einem stabilen Rahmen verbunden waren. Bei den Wagen mit Bremserhaus ragte der Pufferträger an einer Stirnseite über das Kastengerippe hinaus. Der Wagenkasten setzte sich aus einem genieteten Gerippe aus verschiedenen Stahlprofile n zusammen. Eingenietete Dreiecksbleche verstärkten die Tür- und Eckrungen oben und unten. Das Gerippe war von innen mit waagerechten Brettern verkleidet. Mit Bitumen getränkte Stoffbahnen waren als Eindeckung über die flache Dachkonstruktion aus Holzprofilen gespannt.

Zum Be- und Entladen hatten die Wagen auf jeder Seite eine einflügelige Schiebetür. Sie bestand aus einem Metallrahmen und war mit Holzverkleidet. Unten war sie auf Rollen gelagert, die auf einer Stahlschiene liefen. Oben war nur eine Halteschiene vorhanden. Unter den Türen waren Trittbretter aus Holz zu finden.

Öffnungsfähige bzw. mit Lamellen verschlossene Lüftungsöffnungen sorgten für den Luftaustausch zwischen Innen- und Außenraum. Bei der Ablieferung hatten die Wagen noch keine diagonalen Verstärkungen um Gerippe. Die Endfeldverstärkungen wurden erst bei der Deutschen Reichsbahn eingebaut, weil sich Zuggewichte und Geschwindigkeiten erhöht hatten und die Wagen deshalb höher beansprucht wurden. Einige Wagen hatten eine erhöhte Zahl von Lüftungsklappen. Sie dienten bevorzugt dem Transport von Obst und Gemüse. Allerdings zeigte sich rasch, dass die Klappen nicht nötig waren, deshalb wurden sie wieder ausgebaut.

 Um den Bedarf an Personenwagen zu befriedigen, wollte die DR 1938 in einige Wagen Sitzbänke einbauen. Die Fahrzeuge wurden entsprechend vorbereitet und beschriftet Die Wagen aus dem Gattungsbezirk Karlsruhe hatten eine Druckluft- und eine Handbremse.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Wagen so abgewirtschaftet, dass sie aufgearbeitet werden mussten. Dabei wurden der Wagenkasten neu verbrettert und das Bremserhaus gekürzt bzw. Handbremse und Haus ganz abgebaut. Zwischen Bremserhaus und Wagendach hatte sich nämlich Feuchtigkeit angesammelt, die die Dächer dort schnell verrotten ließ. Wagen mit abgebautem Bremserhaus hatten aber weiterhin den Überstand des Untergestells auf der Bremserhausseite. In der DDR wurden die Wagen auch zur Beförderung von Expressgut, Post, Gepäck und Tieren herangezogen. Mit losen Schüttgütern durften die Wagen allerdings nicht beladen werden.

Mitte der 1950er Jahre begann bei der Deutschen Bundesbahn ein groß angelegtes Umbauprogramm für die gedeckten Güterwagen. Dabei wurden vor allem die noch ca. 35.000 vorhandenen G 10 eingebunden. So entstanden aus ihnen die Umbauwagen der Bauarten Gms 54 (Gls 205) und Gmms 60 (Gs 216). Mehr als 5.000 Wagen bekamen mit der Bezeichnung Gklm 191 UIC-gerechte Beschriftungen und Fahrzeugnummern. Die DR der DDR bezeichnete ihre Wagen ebenfalls als Gklm. Nachdem die noch vorhandenen G 10 von der DB bis 1976 komplett ausgemustert wurden, blieben viele von ihnen als Dienst- oder Bahnhofswagen erhalten. Dabei wurden sie an die ihnen zugedachten Aufgaben angepasst. So bekamen viele Bauwagen u. a. eine Inneneinrichtung, Fenster, eine elektrische Beleuchtung (oft auch eine Außenbeleuchtung) und eine Heizung. An manchen wurden unter dem Untergestell Behälter zur Aufnahme von Werkzeug und Material aufgehängt. Während die Bahnhofswagen meist ihre ursprüngliche Farbe behielten, wurden die Dienstwagen grün gestrichen. Ähnlich verfuhr die Deutsche Reichsbahn mit ihren G 10. Sie wurden ebenfalls zu Dienstwagen umfunktioniert und dabei grün lackiert.

Einige G 10 wurden von privaten Einsteilern übernommen. So hatte die Brauerei „Kulmbacher Reichelbräu“ mit den Nummern 21 80 080 0 741-9 P und 21 80 080 0 752- 6P zwei Bierwagen in ihrem Bestand, die aus ehemaligen G 10 entstanden waren. Die weiß lackierten Wagen trugen einen großen Schriftzug der Brauerei. Einige G 10 haben bei Museumsbahnen bis in die heutige Zeit überlebt und werden meist als „Versorgungs- und Vorratswagen“ eingesetzt.

Die Güterwagenbauart G 02 gehört zur zweiten Gruppe der Gedeckten Länderbahnwagen, welche die Deutsche Reichsbahn anlässlich ihrer Gründung übernommen hat. Die Wagengruppe wurde ab 1890 gebaut, weisen ein Ladegewicht von 15 Tonnen auf sowie eine Tragfähigkeit von 15,75 Tonnen. Sie hatten einen Achsstand von 4,5 Metern und wurden in den Längen über Puffern von 9,3 Metern in der Ausführung ohne Handbremse und 9,6 Metern in der Handbremsauslieferung gefertigt. In der baulichen und optischen Ausführung entsprach diese Bauart fast der ab 1910 gebauten Verbandsbauart.

Die preußische Staatsbahn baute ihre Wagen nach dem Musterblatt IId8. Nach dieser Musterzeichnung sind zwischen 1898 und 1919 insgesamt 47.533 Wagen gebaut worden. Die Deutsche Reichsbahn stellte noch gut weitere 50.000 solcher Güterwagen in Dienst, außerdem wurden durch den Zusammenschluss zur Deutschen Reichsbahn Gesellschaft noch weitere Exemplare früherer Länderbahnen übernommen. Die dabei übernommen badischen Wagen wurden nach den Zeichnungen der Gruppe 28a und 29a gefertigt, bayerische Wagen entstanden nach der Zeichnung 260 und 276, die sächsischen nach der Zeichnung 29913 und die württembergischen nach den Zeichnungen 20245 und 40499. Insgesamt entstanden somit ca. 120.000 derartige Flachdachgüterwagen.

Die DB übernahm nach dem Krieg rund 4.600 Fahrzeuge, die die neue Gattungsbezeichnung G 02 erhielten und in der Nummerngruppe 100 100 bis 109 999 angesiedelt wurden. Der Großteil der Wagen wurde entweder in den Bereitschaftspark zugewiesen oder für Umbauten herangezogen. Ein nicht unwesentlicher Wagenbestand verblieb auch bei der Deutschen Reichsbahn im Osten von Deutschland, wiewohl auch tausende von Wagen nach Kriegsende im Ausland verblieben.

Modellvorstellung

Piko hat in seiner letzten Neuheiteninformation darauf hingewiesen, dass die Güterwagenbauart G 02 mit Bremserhaus als Neukonstruktion ins Sortiment aufgenommen wurden, ohne dies geeignet im aktuellen Neuheitenprospekt als solche zu kennzeichnen. Als erste Modellvarianten wurden Modelle der DSB und der DR ausgewählt, wobei die DR-Fahrzeuge mit entsprechenden Werbe- bzw. Kunstbedruckungen auf dem weißen oder beigen Wagenkasten versehen sind. Piko liefert die Güterwagen in der üblichen Verpackung mit eingeschobenen Blistereinsatz samt Deckel aus. Mitgeliefert werden auf die Naßschiebebiler für die Bremsecken.

Das Modell ist als robustes Kunststoffmodell ausgeführt und wird bereits vollständig zugerüstet ausgeliefert. Die Griffstangen an den Fahrzeugecken sind bereits in das Modell eingesetzt, währenddessen jene an den Stirnwänden an der Kastenform angespritzt sind. Die Detaillierung ist sehr hoch, wobei die Bretterfugen sehr tief wirken. Zudem wurden auch alle Metallsteher und auch die Nietreihen dargestellt, die je nach Lichteinfall mit freiem Auge sichtbar werden. Sehr schön nachgebildet wurde auch das hochgestellte Bremserhaus. Die Modelle sind mit einer Kurzkupplungskinematik ausgestattet. Die aufgetragenen Bildnisse sind tadellos umgesetzt, wobei die näheren Angaben zum jeweiligen Modell angeführt werden. Der UVP dieser Modelle beträgt jeweils € 24,99.


Bilder 54417

Dieser Güterwagen der Bauart G 02 zeigt ein aufwendig aufgetragenes Stadt- oder Werksmotiv der Firma „Born Senf“ auf. Der Wagen ist bei der DR eingestellt und mit der Wagennummer G 04-23-82 angeschrieben. Im Revisionsraster stehen als Untersuchungsdaten die Angaben REV Gth 21.06.60.


Bilder 54617

Das zweite Modell ist als Werbewagen „Hexenkuss“ ausgeführt. Am Modell ist die Wagennummer G 03-84-47 angeschrieben, und im Revisionsraster stehen die Untersuchungsdaten REV Mei 09.02.66.


Bilder 54613

Auf Basis der oben dargestellten Güterwagenbauart entstand dieser völlig überarbeitete Güterwagen mit Bremserhaus. Das Modell ist als Privatwagen der Brauerei „Mönchshof“ ausgeführt und trägt die Betriebsanschriften Deutsche Reichsbahn Nürnberg 523 433P. Als Heimatbahnhof gilt der Bf. Kulmbach. Die letzten Angaben zur Fahrzeuguntersuchung sind mit Unt Ag 15.03.32 angegeben. Auf den Bildern sind eine Reihe von Löchern im Fahrzeugkasten zu erkennen. Piko hat dem Modell einen umfangreichen Zurüstbeutel beigelegt, in welchem sich die verschiedenen Anbauteile finden. Für einen UVP von € 44,90 hätte dies auch ab Werk geschehen können.