Brawa 47600ff: Kühlwagen

Der Transport von gefrorenen Fischen stellte besondere Ansprüche an die dafür verwendeten Kühlwagen dar. In normalen Kühlwagen waren die Kühlkammern mit dem Eis vom Ladegut getrennt, damit nässeempfindliche Waren wie Obst und Gemüse einerseits nicht damit in Berührung kamen und andererseits nicht verdarben . Fische hingegen brauchten aber den direkten Kontakt zum Eis, damit sie nicht austrockneten. Sie mussten also in zerstoßenem Eis (Maschineneis) auf dem Boden der Wagen transportiert werden oder in Kisten und Körben, die in das Eis eingebettet waren. Deshalb weisen die Fischkühlwagen keine Eiseinwurfluken und Luftumwälzer auf. Mit der Entwicklung und dem Bau spezieller Fischkühlwagen begannen schon die Königlich Preußischen Staatsbahnen (K. P. E. V.) Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung und dem Bau spezieller Fischkühlwagen. 1922 stand mit dem Tko 02 die erste Reichsbahn-Bauart von Fischkühlwagen auf Schienen. Mit der Zeichnungsnummer Cq 240 wurden ca. 120 Fahrzeuge gebaut, die ab 1936 durch die Bauart Gkhs Berlin (DB-Gattung Tnf 32 bzw. nach UIC-Bezeichnung Ibdlps 382) ergänzt wurden. Nach der Ablieferung der zweiachsigen Gkhs Berlin standen der Deutschen Reichsbahn mehr als 1.300 Fischkühlwagen zur Verfügung. Dieser Bestand reichte aber nicht aus, weshalb ab 1942 weitere Seefisch-Kühlwagen in Dienst gestellt wurden. Eine Neukonstruktion schied infolge des Krieges aus, stattdessen griff man auf bekannte Typen zurück. Für die hier vorgestellten Wagen benutzte man deshalb Teile der gedeckten Wagen Glmhs Dresden in geschweißter Bauart und kombinierte sie mit den Kühlwagen der Bauart Gkhs Berlin (Tnf 32). Auf diese Weise entstanden ca. 500 Wagen, die zunächst ebenfalls als Gkhs Berlin eingereiht wurden. Bei der Deutschen Bundesbahn bekamen sie die Gattungsbezeichnung Tnf(reh)s 38 und ab 1966 hießen sie UIC-gerecht lbdlq(r)s(-v) 383.

Die Laufwerke der Wagen haben Vollradsätze mit Gleitlagern. Siebenlagige Blatttragfedern mit einer Blattlänge von 1.400 mm verbanden über einfache Schaken die Radsätze mit den am Untergestell befestigten Federböcken. Sie erlauben das Durchfahren von Bogenhalbmessern bis 35 m. Ein Teil der Wagen konnte mit Radsätzen für die russische Breitspur bestückt werden. Sie waren bei der Reichsbahn an weißen Pufferhülsen und dem Nebengattungszeichen „r“ zu erkennen, die Deutsche Bundesbahn verwendete nur das „r“. Die Druckluftbremse der Bauart Hildebrand-Knorr Hik-GP arbeitete mit einer zweistufigen und von Hand umzustellenden Lastabbremsung. Der in der Mitte des Untergestells aufgehängte Bremszylinder hatte einen Durchmesser von 10 Zoll. Er wirkte über den Bremsgestängesteller (Bauart DA 2-450) und das Gestänge auf die einfachen, über den Laufflächen der Radsätze befestigten Bremsklötze. Ein Teil der Wagen konnte über die Kurbel der Handspindelbremse arretiert werden. Die Zugvorrichtung war mit normalen Schraubenkupplungen und Zughaken ausgestattet. Eine automatische Mittelpufferkupplung konnte nicht eingebaut werden. Vier mit dem Untergestell verschraubte Hülsenpuffer der Bauart Ringfeder mit runden Puffertellern übertrugen die Stoßkräfte auf die Nachbarwagen. Das Untergestell aus unterschiedlichen Walzprofilen bildete mit seinen Lang-, Quer- und Kopfträgern einen stabilen Rahmen, auf dem der Wagenkasten ruhte. Ein kleines Sprengwerk zwischen den Radsätzen verlieh der Konstruktion zusätzlich Stabilität. Bei den Wagen mit Feststellbremse war das Untergestell auf einer Seite um eine stählerne Bühne mit festem Geländer und festen Trittstufen verlängert. Unter den Ladetüren erleichtern lange Trittstufen aus Holz dem Personal das Einsteigen in den Laderaum.

Der Wagenkasten bestand aus unterschiedlichen Seiten-, Eck- und Türrungen. Sie wurden in den an die Ladetüren angrenzenden Segmenten durch lange und kurze Diagonalstreben verstärkt. Die tonnenförmige Dachkonstruktion aus Holz wurde von den Glmhs Dresden übernommen und durch eine Innenisolierung an die Aufgaben der Kühlwagen angepasst. Bei Wagen mit einer Feststellbremse stand zum Schutz der Bremskurbel ein hölzernes Bremserhaus auf der Stirnbühne. Der Zugang zu diesem Haus erfolgte durch seitliche Drehtüren. Ein kleiner Schieber in der Frontseite ließ Licht ins Innere des Hauses. Die Verkleidung aus senkrechten Holzlatten war von innen am Gerippe befestigt, um Wärmebrücken zu vermeiden. Innen waren Wände, Fußboden und Dachbereich mit einer dicken Isolierung versehen. Der komplette Innenraum war bis zu einer Höhe von 1.500 mm mit Zinkblech verkleidet. Schmelzwasser konnte über zwei Ablaufeinrichtungen durch den Wagenboden ins Freie abfließen. Deckbleche verhinderten, dass die Abläufe verstopften, Schwimmer verhinderten das Eindringen von Außenluft. Zur Be- und Entladung hatten die Wagen auf beiden Längsseiten manuell zu bedienende, zweiflügelige Ladetüren. Zusätzlich zum Eis auf dem Wagenboden konnten in der Dachwölbung Trockeneisblöcke zur Kühlung an entsprechenden Haken aufgehängt werden. Ein Teil der Wagen war mit einer Dampfheizleitung und/oder mit einer elektrischen Heizleitung ausgestattet, womit diese Kühlwagen auch in beheizten Reisezügen eingesetzt bzw. in deren Zugverbänden mitgeführt werden konnten.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verblieben rund 400 Gkhs Berlin im Westen Deutschlands und kamen 1949 zur Deutschen Bundesbahn. Anfang der 1950er Jahre begann die Deutsche Bundesbahn, die verschlissenen Gleitachslager gegen Rollenlager auszutauschen. Ende der 1950er Jahre stattete die Deutschen Bundesbahn viele Wagen mit einer neuen Kastenverkleidung aus. Dabei wurden die Holzbretter nicht mehr von innen am Gerippe befestigt, sondern von außen. Außerdem wurden sie waagerecht und nicht mehr senkrecht angebracht. Weil das Kastengerippe nun in der Isolierung lag, vergrößerte sich der Laderaum etwas. Statt der Holzbretter wurden später auch beschichtete Sperrholzplatten verwendet. Damit die Wagen weiterhin sinnvoll eingesetzt werden konnten, entschloss sich die Deutsche Bundesbahn Ende der 1950er Jahre zur Verstärkung der Tragfedern an den Laufwerken und zur Verbesserung der Bremsanlagen. Damit konnten die Lastgrenzen der Wagen erhöht werden. Die Wagen bekamen rollengelagerte Radsätze und neunlagige Blatttragfedern. Sie wurden als Tnfm(h)s 64, aber mit alter Nummer in den Bestand eingereiht. 1966 bekamen sie die neue UIC-Bezeichnung Ibdlps 386 zugewiesen und wurden in den Nummernkreis 302 4 950ff eingereiht. Zur gleichen Zeit wurden die nicht umgebauten Kühlwagen als Ibdlp(r)s(-v) 383 bezeichnet und bekamen Nummern in den Nummernkreisen 802 4 … und 802 5 …. Anfang der 1980er Jahre waren beide Bauarten komplett aus dem Bestand der Deutschen Bundesbahn verschwunden.


Modellvorstellung

Brawa hat diesen Kühlwagentyp im Rahmen des Neuheitenprogramms 2019 als Neukonstruktion angekündigt und dabei sogleich verschiedene Ausführungen nach unterschiedlichen Vorbildern angekündigt. Zur Modellausführung gelangten Fahrzeuge der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft, der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Bundesbahn, aber auch verschiedene Privatwagen der Brauereien Holsten (Holsten Edel);
Tucher, Siechen; Fürstenberg Pilsener sowie eine Interfrigo-Variante und eine Variante als Bananen-Transportwagen. Die ersten Modelle gelangten im Juni 2020 in den Fachhandel, die Auslieferung der noch fehlenden Fahrzeuge sind bis zum Jahresende geplant. Brawa nennt für die Neukonstruktion einen UVP von € 42,90 pro Wagen.

Die Kühlwagen werden in der üblichen Brawa-Verpackung ausgeliefert. Dabei liegt der Kühlwagen paßgenau in der Blistereinlage mit obigen Schutzdeckel. Zum Herausziehen dient eine dünne Folie, einfacher ist es, das Fahrzeug an den Puffern zu entnehmen. Keinesfalls sollte man auf die Trittstufen zu den Wagentüren greifen, weil diese derart filigran ausgeführt sind und die feinen Haltern zum Abbrechen neigen. Ein Zurüstbeutel mit Zurüstteilen wie Zughaken und Bremsschläuche sowie der Bügelkupplungen ist im Seitenfach abgelegt.

Die Kühlwagen sind gänzlich aus Kunststoff gefertigt und mit verschiedenen Anbauteilen versehen, wie zum Beispiel die Griffstangen am Fahrzeugkasten oder die Dachlüfter. Beim genauen Betrachten der Modelle fällt auf, daß Brawa bei der Konstruktion gleich verschiedene Kastenausführungen berücksichtigt hat und dafür die entsprechenden Schiebesätze fertigte. So weisen die Privatwagen einen anderen Kastenaufbau auf als der Interfrigo-Wagen, welcher an den Stirnwänden zusätzliche Aufstiege für die Eisluken aufweist. Die Neukonstruktion ist mit feinen Gravuren versehen, sehr schön ausgeführt sind auch die Nietreihen oder die Türscharniere bzw. die entsprechenden Türverschlüsse. Der Wagenboden weist eine komplett umgesetzte Bremsanlage auf. Die Kurzkupplungskulisse zählt mittlerweile zum Standard.

die Modelle sind sauber lackiert und bedruckt. Letztere sind alle trennscharf dargestellt und auch unter Zuhilfenahme einer Lupe gut lesbar. Die weiteren Fahrzeugangaben werden zu den jeweiligen Modellen gemacht.


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Der Privatwagen der Holsten-Brauerei ist mit der Betriebsnummer 23 80 805 0 001-6P angeschrieben und gehört somit zur Epoche IV an. Die Modellausführung erfolgt mit Plattenwände und Nietverbindungen an den Stehern. Als Heimatbahnhof ist Hamburg-Altona angeschrieben. Die Untersuchungsdaten weisen die Angaben REV Odg 29.05.86 auf.


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Der bei der DB eingestellte Interfrigo-Kühlwagen trägt die Betriebsnummer 11 80 805 0 193-5 und gehört zur Epoche Ibs 394. Das Modell ist mit Plattenwänden versehen und verfügt über stirnseitige Eisluken mit eigenen Aufstiegen und Flettnerlüftern am Dach. Das am Langträger angeschriebene Revisionsraster offenbart die Untersuchungsdaten REV Odg 16.09.79.


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Die Deutsche Reichsbahn hielt für den Fischtransport von der Ostsee eigene Kühlwagen bereit. Das Modell ist mit senkrechter Verbretterung am Wagenkasten und Diagonalstreben versehen. Der DR-Wagen ist mit den Fahrzeuganschriften Tnfhs als Gattungsbezeichnung und 18-31-66 als Wagennummer bedruckt. Als Heimatbahnhof ist Saßnitz angeschrieben. Im Revisionsraster stehen die Untersuchungsdaten REV Bln Wrs 04.04.62.


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Zu den Erstausführungen dieser Neukonstruktion gehört auch dieser DB-Kühlwagen mit der Bauartbeschriftung Tnfhs 38  und der Wagennummer 304 689. Als Heimatbahnhof ist Bf. Cuxhaven-Fisch angegeben, im Revisionsraster stehen die Untersuchungsdaten REV Odg 10.03.59. Der Wagen dient dem Transport von Seefischen, ein entsprechender Hinweis ist auf dem Wagenkasten aufgedruckt.