Fleischmann 712304 / 712305: Baureihe 23 / 023 DB

Das erste Typenprogramm der Einheitslokomotiven für die Deutsche Reichsbahn enthielt nur eine einzige Lokgattung für den Personenzugdienst. Von dieser Baureihe 24 sind in der Zeit von 1926 bis 1938 insgesamt nur 95 Maschinen in Dienst gestellt worden.

Im Vergleich zu den mehr als 3.000 Exemplaren der von der Deutschen Reichsbahn übernommenen Lokomotiven der preußischen P 8 war dies eine geradezu unbedeutende Stückzahl. Jene schon legendären und nahezu unverwüstlichen P 8 dominierten im Personenzugverkehr dann auch noch weit über das Ende des Zweiten Weltkrieges hinaus in beiden deutschen Teilstaaten.

Die ersten Bestrebungen, einen Ersatz für die zum Teil schon recht betagten Maschinen der Baureihe 38.10 – 40 zu schaffen, datieren aus der Zeit von 1936 bis 1937. Zunächst legten Borsig und Schwartzkopff im Jahr 1936 je einen Entwurf für eine 2’ C h2-Lokomotive vor. Ein Jahr später empfahlen dieselben Firmen den Bau neuer 1’ C 1’ h2-Maschinen. Bei der Konstruktion und Herstellung der Fahrzeuge sollten die bislang im Lokbau gewonnenen Erkenntnisse berücksichtigt werden.

Zur Verwirklichung der Projektstudien kam es jedoch nicht. Erst 1941 griff man den Gedanken erneut auf, der schließlich zum Bau von zwei Probelokomotiven mit den Betriebsnummern 23 001 und 23 002 führte, die bei Schichau in Elbing unter den Fabrik-Nr. 3443 und 3444 entstanden. Bei der Konzeption dieser Lokomotiven bleib man jedoch beim Bewährten. So erhielten die Maschinen den Kessel der Baureihe 50 und auch deren Tender. Die Kriegsereignisse unterbanden den Weiterbau und auch das Wirken des „Fachausschusses für Dampflokomotiven“.

Erst im Jahr 1949 konnte dieses Gremium seine Arbeit für die britische und amerikanische Besatzungszone wieder aufnehmen. Zuvor schon waren die Konstruktionsbüros von vier Lokomotivfabriken wieder aktiv geworden. Bereits im Oktober 1949 konnte der Ausschuß die Konstruktionspläne für die Baureihe 82 einsehen und den Bau der Baureihe 65 und der Baureihe 23 erörtern. Entwürfe für Letztere lagen bereits von den Firmen Henschel, Jung, Krauss-Maffei und Krupp vor. Alle vier sehen den Bau einer l’ C l’h2-Lokomotive mit nahezu denselben Hauptabmessungen vor.

Den Auftrag zur Erstellung der Bauzeichnungen hatte Henschel in Kassel bereits am 10. September 1949 erhalten. Abweichend von den früheren Baugrundsätzen für Einheitslokomotiven erhielt die neue Baureihe 23 der Deutschen Bundesbahn einen vollkommen geschweißten Kessel mit Verbrennungskammer, dessen Verdampfungsleistung mit mehr als 70 kg/m²/h den bislang üblichen Wert von 57 kg/m²/h wesentlich übertraf. Neu waren auch die gewindelosen, mit Spiel eingeschweißten Stehbolzen und die Kreuzgelenkstehbolzen.

Durch die Schweißung des gesamten Kessels war es trotz der Materialeinsparung zu einer nicht unerheblichen Verbesserung der Sicherheit gekommen. Die Anwendung zeitgemäßer Schweißtechnik brachte auch bei der Herstellung des Rahmens bemerkenswerte Vorteile. Hunderte von Verbindungen durch aufwendige Paßschrauben konnten entfallen, da sämtliche Querverbindungen und die Konsolen für die Steuerungsträger mit den Rahmenwangen verschweißt wurden. An Stellen, an denen Schweißungen nicht ohne Schwierigkeiten auszuführen waren, wie z.B. an den Achslagerführungen, wurden Formstücke aus Stahlguß oder vorgeschmiedete Teile eingesetzt.

Eine vollständige, selbsttragende Schweißkonstruktion war auch der neue Tender der Bauart 2’ 2’ T 31, mit den tief nach unten gezogenen Seitenwänden und dem nach oben gewölbten Boden des Wasserbehälters. Der Tender hatte ein Fassungsvermögen von 31 m³ Wasser und von 8 t Kohle. Das allseitig geschlossene Führerhaus und die ebenfalls ganz geschlossene Frontwand des Tenders erlaubten die relativ hohe Geschwindigkeit von 85 km/h bei Rückwärtsfahrt.

Die Serienfertigung der insgesamt 105 Lokomotiven der Baureihe 23 begann im Jahr 1950 bei Henschel und endete mit der Lok 23 105 von Jung im Jahr 1959. Diese Maschine, die am 2. Dezember 1959 ausgeliefert wurde, war zugleich die letzte Dampflokomotive für die Deutsche Bundesbahn. Am Bau der Maschinen beteiligten sich während der Lieferzeit von 1950 bis 1959 vier Lokomotivfabriken mit unterschiedlichen Stückzahlen. Von Henschel stammten die Lokomotiven 23 001 bis 015 und 23 030 bis 043. Jung fertige die Maschinen 23 016 bis 029, 065 bis 076 und 081 bis 105. Von Krupp stammten die Lokomotiven 23 044 bis 064, von Esslingen die 23 077 bis 080.

Im Laufe des noch recht langen Beschaffungszeitraums kam es zu mehreren Veränderungen der ursprünglichen Konzeption. Auch verschiedene Mängel, die erst während des Einsatzes im Plandienst auftraten, führten zu Umbauten in den bahneigenen Werkstätten. Die beiden ersten Lieferserien von Henschel und Jung waren mit Gleitlagern, mit Oberflächenvorwärmern der Bauart Knorr und mit einem Lüftungsaufsatz auf dem Dach ausgerüstet. Die beiden nachfolgenden Maschinen 23 024 und 025 erhielten dann Rollenlager in den Achslagerungen und im Treib- und Kupplungsgestänge.

Weitere Besonderheiten waren die Henschel-Mischvorwärmer mit Speicher, die nahezu den gesamten Raum unter der Rauchkammer ausfüllten. Eine zunächst in der 23 024 eingebaute Saugzuganlage der Bauart Kylchap vermochte sich nicht zu behaupten und wurde später wieder entfernt.

Bei den Lokomotiven 23 026 bis 052 blieb man bei den Knorr-Oberflächenvorwärmern und bei Gleitlagern. Alle Maschinen ab der Betriebsnummer 23 053 erhielten dann Rollenlager und bis einschließlich der Lok 23 092 neue Mischvorwärmer der Bauart Heim. In die Lokomotiven der letzten Lieferserien von Jung wurden als weitere Variante die Mischvorwärmer der Bauart 1957 eingebaut. Änderungen gab es aber auch bei der Ausführung der Tender bzw. bei der Gestaltung des Kohlenkastens. So hatten die ersten 25 Lokomotiven noch Tender, deren obere Kante des Kohlenkastens verstärkt und dessen Seitenwände mit Blechrippen versehen waren. Bei allen Tendern ab der Betriebsnummer 23 026 entfielen diese Blechverstärkungen, und die obere Kante des Kohlenkasten war leicht schräg nach innen gezogen.

In der Kessel- und Zughakenleistung waren die Lokomotiven der Baureihe 23 jenen der Reihe 38.10 – 40 eindeutig überlegen. Die Laufeigenschaften wurden von den Personalen recht unterschiedlich beurteilt. Manche Lok der Hochburgen der Baureihe 23 beklagten den unruhigen Lauf und zogen sogar die gute alte P 8 den Neubaulokomotiven vor.

Nach Crailsheim kamen die Maschinen der Baureihe 23 erst spät, gegen Ende der sechziger Jahre. Eine Statistik der DB vom 1. Juli 1966 weist aus, daß die 105 Lokomotiven auf sieben Direktionsbezirke verteilt waren:

BD Frankfurt: 16 Stück
BD Mainz: 19 Stück
BD Saarbrücken: 13 Stück
BD Hannover: 17 Stück
BD Köln: 17 Stück
BD Münster: 11 Stück

Bereits am 24. Februar 1967 wurde mit der 23 013 die erste Lok dieser Baureihe ausgemustert. Bis zum März des Jahres 1969 folgten die Maschinen mit den Betriebsnummern 23 043, 057, 003 und 056. Am 29. Jänner 1970 war der Einsatzbestand schon auf 93 Lokomotiven geschrumpft, und zum Ende des Jahres belief er sich auf nur noch 64 Maschinen; davon zählten 34 Stück zur BD Saarbrücken und 30 Stück zur BD Stuttgart. Betriebsfähig waren aber nur insgesamt 48 Lokomotiven.

Zwei Jahre später wies die Bestandsliste zum 31. Dezember 1974 noch 35 Lokomotiven aus, die bei drei Bahnbetriebswerken im Einsatz standen:

Bw Crailsheim: 17 Stück
Bw Kaiserslautern: 4 Stück
Bw Saarbrücken: 14 Stück

Das Jahr 1975 brachte dann das Ende für die Baureihe 23. Übrig geblieben sind die 23 019 im Deutschen Dampflokmuseum in Neuenmarkt-Wirsberg, und die 23 105. die sich in der Obhut der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte im Museum in Neustadt an der Weinstraße befindet. Eine weitere Maschine sollte in einem Industrieunternehmen in Wasseralfingen instandgesetzt werden, und die Maschinen 23 071 und 23 078 werden regelmäßig von der niederländischen in Apeldoorn eingesetzt.

Die Lokomotiven der Baureihe 23 waren für Einsatz im Personenzugdienst und für die Beförderung leichter Schnellzüge gebaut worden. Dies waren auch stets die Haupteinsatzgebiete. Gegen Ende Ihrer Dienstzeit sah man sie jedoch auch vor leichten Güterzügen und als Vorspann vor Maschinen der Baureihen 44 und 50, vor allem auf den steigungsreichen Strecken von Crailsheim aus.


Modellvorstellung

Die Konstruktion der Baureihe 23 geht noch auf die Zeit der Nürnberger Produktion zurück, erstmals angekündigt im Jahr 1989. Seither sind verschiedene Modellausführungen entstanden, und zwar mit und ohne Kesselringe und in den Epochen III bzw. IV. Das vorliegende Modell als Jahresneuheit 2018 gelangt unter der Artikelnummer 712304 in den Fachhandel und kostet € 209,90 UVP.

Verpackung

Fleischmann liefert die DB-Dampflok in der bekannten Blisterbox aus. Nach Öffnen des Deckels ist die Lok durch Herausziehen der Plastikfolie sofort entnehmbar. Unter dem passgenauen Plastikeinsatz befinden sich das Ersatzteilblatt und die Betriebsanleitung sowie als Karton-Einsatz der Blisterbox die gut illustrierte Wartungsanleitung.

Technik

Die Antriebstechnik ist bei den Schlepptender-Dampflokomotiven von Fleischmann im Tender untergebracht. Das Tenderoberteil ist am Rahmen festgeschraubt. Das Gehäuseoberteil ist am Fahrzeugrahmen aufgesteckt. Durch einfaches Spreitzen der Seitenwände ist ein Abzug nach oben möglich. Der Mittelmotor mit einer großen Schwungmasse ist im Fahrzeugrahmen aus Metalldruckguß eingesetzt und treibt über einen Wellenstummel und das Zahnradgetriebe die zweite und vierte Tenderachse an. Auf jeder dieser Antriebsachsen ist ein Haftreifen aufgezogen. Die Auslieferung des Modells erfolgt ohne digitale Schnittstelle!

Fahrverhalten

Die 023 104-3 hat ein Eigengewicht von 108 Gramm. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h vorwärts bzw. 85 km/h rückwärts. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte der Vorbildgeschwindigkeit von ca. 156 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 41 % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert (+ 50 %) ist die Modellgeschwindigkeit um ca. neun % zu niedrig, gemessen für die Vorwärtsfahrt. Der Auslauf nimmt zwei Loklängen in Anspruch.

Optik

Das Modell der Baureihe 23/023 kann keinesfalls in der Filigranität und dem Detailreichtum eines H0-Modells mithalten, aber dennoch hat Fleischmann bei dieser Modellnachbildung ein Modell vorgelegt, welches dem Vorbild sehr nahe kommt. Dies wird am besten beim Langkessel sichtbar, indem die normalerweise freistehenden Leitungen an der Außenhaut des Kessels angespritzt bzw. vereinfachend nachgebildet sind. Gleiches gilt auch für die Umsetzung des typischen Kohletenders. Das Laufwerk ist filigran nachgebildet und zeichnet sich durch eine bewegliche Heusinger-Steuerung und Achsen mit feinen Speichenrädern aus. Der freie Durchblick durch das Laufwerk ist nur bedingt möglich.

Farbgebung und Beschriftung

Die Schlepptenderlokomotive ist vorbildgerecht lackiert. Die Anschriften weisen eine Lok der Epoche IV aus und sind daher in weißer Farbe ausgeführt. Die weiteren Anschriften der 023 104-3 sind unter der Lupe teilweise besser lesbarer als andere Modelle. Die Lokomotive ist beim Bw bzw. der BD Saarbrücken beheimatet. Als letztes Untersuchungsdatum ist der 6.12.65 des AW Trier angeschrieben.

Beleuchtung

Das Spitzenlicht besteht aus drei weiße Stirnleuchten. Das Schlußlicht ist ebenfalls dreifach belegt. Für die Beleuchtung dienen Glühlampen.


Bilder


Modellvorstellung 712305 – DB 23 077

Fleischmann nützt im Rahmen dieser Neuauflage der DB-Schnellzuglok der Baureihe 23 die Chance, das Modell einem „Update“ zu unterziehen. Dieses Update wirkt sich aber im technischen Bereich aus, indem die Modellkonstruktion erstmals mit einer Next18-Schnittstelle versehen wurde und damit ebenfalls erstmals Modelle mit Loksound möglich werden. Für die Modellvorstellung liegt aber das geräuschlose Modell mit der Artikelnummer 712305 zur Verfügung, es ist zum UVP von € 224,90 im Fachhandel erhältlich. Das Modell mit Loksound wird unter der Artikelnummer 712375 zum UVP von € 309,90 angeboten. Die aktuelle Neuauflage dieser Baureihe ist mit der Loknummer 23 077 beschriftet. Die Maschine ist beim Bw Emden beheimatet, das zur BD Münster gehört. Angaben zum letzten Untersuchungsdatum werden am Modell keine gemacht, ansonsten entspricht die Modellausführung den oben gemachten Angaben.


Bilder