Wenn Reisen mit dem ÖBB-nightjet zum „Horror“ wird …..

Ich habe schon im Frühjahr über diverse Mißstände berichtet, was den Flüchtlingstransport in den Nachtzügen der ÖBB betrifft. Die darin monierten Mängel wurden leider negiert, sodaß man weiterhin unliebsame Erlebnisse beim Benützen dieses Reiseangebots erfährt.

Letzte Woche mußte ich von Dienstag auf Mittwoch (Staatsfeiertag) nach Wien fahren. Die Nachtfahrt wurde gewählt, um möglichst früh im Messegelände zu sein und dann wieder zeitgerecht am Nachmittag ohne Streß bzw. überfüllter Züge heimzufahren.

In weiser Voraussicht bin ich schon nach Feldkirch vorgefahren, um dort in den NJ 447 einsteigen zu wollen. Dieser Zug führt zwei Sitzwagen mit, die aber schon ab Feldkirch zur Gänze ausreserviert waren. Weitere Reisende hätten im Abschnitt Feldkirch nach Wien gar keine Möglichkeit mehr gehabt, halbwegs bequem mitzufahren, sofern nicht etwas anderes passiert wäre (siehe weiter unten).

In meinem Fall war es diesmal kein Drama, da ich mich entschloß, mich in den etwas später verkehrenden NJ 465 nach Graz zu setzen und somit via Bruck an der Mur nach Wien zu fahren. Leider wurde in dieser Nacht der Zug via Villach umgeleitet (Bauarbeiten) und außerdem riß der Zug infolge Triebfahrzeugprobleme eine Verspätung von ca. 90 Minuten über den Berg Griesen auf.

Infolge der Verspätung war ungefähr abschätzbar, bis wann der umgeleitete Zug in Bruck an der Mur ankommen wird. Glücklicherweise hat Scotty eine Ankunft vor dem RJ 74 ausgewiesen, weshalb beim Newsrest-ZUB entsprechend interveniert wurde, um den Anschluß zu sichern. Dies hat ihn nicht sonderlich interessiert, zumal es ein leichtes gewesen wäre, die VLS zu verständigen. Der ZUB kam dann später zu mir ins Abteil und meinte, ich könnte den 20 Minuten später verkehrenden und verspäteten Nachtzug aus Italien nach Wien benützen. Jedenfalls war der Verkehrsfluß derart günstig, den RJ 74 in Bruck erreicht zu haben. Was mich allerdings bedenklich stimmt, ist die mangelnde Motivation zur Sicherstellung von Anschlüssen bei enormen Verspätungen und die Tatsache, daß es für zweiten Betriebsmitarbeiter opportun ist, die (dreckigen) Schuhe auf den Sitzen zu haben.

Die Rückreise war problemlos und erfolgte ohne Überfüllung meines Zuges.

Nachtzugfahrt Freitag/Samstag (28.10./29.10.2022):

Die Sonderfahrten zum Jubiläum „60 Jahre Wiener S-Bahn“ waren der Grund für eine weitere Reise nach Wien. Auch hierzu wurde als Reisemöglichkeit der NJ 447 ab Feldkirch gewählt, bei dem wieder zwei Sitzwagen eingereiht waren. Beim Besteigen fiel auf, daß es keine ausgeschilderten Reservierungen gab, weshalb man meinte, problemlos reisen zu können. Doch weit gefehlt. Das aufgesuchte Abteil war ohne Ausschilderung ausreserviert, weshalb im Nachbarabteil drei Sitzplätze frei waren. Die anderen drei Sitzplätze wurden von Reisenden aus Deutschland belegt, die die Plätze reserviert haben. Die anderen drei Sitzplätze wurden dann in Landeck (zwei) und dann in Ötztal infolge von Reservierungen in Anspruch genommen.

Die Fahrt von Ötztal nach Innsbruck erfolgte zunächst im Seitengang, nachdem schon im zweiten Sitzwagen mehrere Personen keinen Sitzplatz gefunden hatten. Als in Innsbruck der Fahrgastwechsel erfolgte, konnte im Zuge dessen ein freier Sitzplatz gefunden werden, der, wie sich dann wenig später herausstellte, auch mit einer nicht ausgeschilderten Reservierung schon vergeben war.

Das weitere Problem stellte sich aber mit den weiteren Fahrgästen ein, die in Innsbruck zusteigen wollten und keinen Sitzplatz mehr hatten. Der Zugbegleiter (fernöstlicher Herkunft) hat am Bahnsteig in Innsbruck entschieden, all jene Personen aussteigen zu lassen, die keinen Sitzplatz haben. Als Begründung diente der fehlende Fluchtweg, ein Argument, daß für alles herhalten muß, wiewohl dieses Faktum im Kraftfahrlinienverkehr wohl völlig egal ist! Er gab dabei den Hinweis, daß in 20 Minuten ein weiterer Zug (es waren mind. 40 Minuten) ein weiterer Zug nach Wien fahren würde, der uns für die Weiterfahrt zur Verfügung stünde. Auf die Frage hin, ob gesichert sei, daß alle mit dem Zug auch nach Wien kommen, kam die Antwort, daß ihn das nicht interessiere und er es auch nicht weiß. Ich blieb im Zug stehen und verfolgte das weitere Geschehen, währenddessen am Zugschluß ein leerer Liegewagen angehängt wurde. Der Zug erlitt infolgedessen eine Abgangsverspätung von ca. 15 Minuten.

Nachdem eine Sitzmöglichkeit zumindest nach Salzburg nicht gegeben war, ich auch am Fußboden im Eingangsbereich nicht unbedingt verweilen wollte, folgte meinerseits der Entschluß, sich bis in die Mozartstadt im nächstbesten WC einzusperren. Die Reise war halbwegs bequem, kalt, laut und durch die Beleuchtung äußerst hell.

Irgendwo im Deutschen Eck wurde dann die WC-Türe ohne Anzuklopfen mit dem Vierkant aufgesperrt und der Versuch gestartet, die Türe zu öffnen. Es war nur ein kleiner Spalt möglich, weshalb die Türe dann wieder geschlossen wurde. Mehrere Minuten später kam der Türöffner nochmals und meinte, ich hätte hier nichts zu suchen. Das Sitzen auf dem WC ist verboten, ich soll in den Sitzwagen gehen. Ich habe dem Herrn (Newsrest-Mitarbeiter) gesagt, daß ich hier bleiben werde, nachdem er mich zuerst in „Kufstein“ aus den Zug werfen wollte und dann schlußendlich meinte, er werde die Polizei holen. Mein Kommentar war einfach, er möge sie herbeiholen.

In Salzburg angekommen, war der Ausstieg problemlos möglich, auch eilte niemand vom Zugteam zu mir. Salzburg als Zwischenziel war insofern wichtig, weil ab dort mehrere Nachtzüge nach Wien rollten. Die Wahl fiel auf dem EN 463, dessen Zugteil aus München schon da stand und ebenfalls völlig ausreserviert war. Drei Kurswagen aus Ungarn kommend wurden zum Münchner Zugteil umgesetzt, weshalb dieser gleich von Menschenmassen am Bahnsteig gestürmt wurde. Auch hier zeigte sich, daß der Großteil der Sitzplätze reserviert waren, ohne entsprechend gekennzeichnet worden zu sein! Ich durfte einmal den Platz wechseln.

Da die Sitzwagen nächtens hell ausgeleuchtet werden, erwies sich die defekte Beleuchtung ab Linz als Wohltat. Weniger angenehm war jedoch der Ausfall der Heizung, denn ab Linz wurde es spürbar kalt im Wagen. Ein ZUB war während der dreistündigen Reise übrigens nicht zu sehen! Der Aha-Effekt kam dann aber in Wien-Meidling beim Aussteigen, indem mein Sitzwagen beidseitig bei den Einstiegstüren mit Kinderwagen verstellt waren. Selbst der Wechsel in den Nachbarwagen war ohne Turnübungen nicht möglich.

Jedenfalls zeigen diese Fahrten auf, daß es im System Nachtzugverkehr bei den ÖBB an verschiedenen Stellen krankt. Daß Reisende wegen dem Argument „Fluchtweg und Sicherheit“ der Willkür des ZUB ausgesetzt ist, ist evident.

Wenn man sich schon darauf beruft, hat der Dienstleister auch dafür zu sorgen, daß ausreichend Sitzplätze verfügbar sind. Wenn gleich beide Sitzwagen zu 100 % mit Reservierungen belegt ist, erfordert es eben, einen dritten Wagen anzuhängen. Das hat das Fahrplanbüro der PV vor 15 Jahren und weiter zurück besser verstanden, indem ab einem gewissen Ausreservierungsgrad entsprechende Warnungen ausgegeben wurden, außerdem wurde die Zugbildung bedarfsgerecht adaptiert. Heute redet man sich auf einen Wagenmangel aus, der selbstverschuldet ist. Auch das Railjet-Konzept hat das entsprechende Reagieren bei stark frequentierten Reisetage im Keim erstickt. Früher wurden die notwendigen Wagen tagsüber bei anderen Zügen angehängt und zugeführt bzw. gleich als Verstärkerwagen kommerziell eingesetzt.

Die Fortführung dieser Geschäftsgebarung wird über kurz oder lang im Desaster enden. Immerhin ist die ÖBB mit einer Beförderungspflicht belegt, die gegenüber jedem Kunden anzuwenden ist. Demzufolge sind entsprechende Nachbesserungen für die zahlende Kundschaft umzusetzen oder entsprechende Ersatzmaßnahmen zu schaffen, die nicht zum Nachteil der zahlenden Kundschaft ist.