Fleischmann 732100 / 732136 / 732135 / 7560014: NS-Reihe 1600 / SNCF BB 22200 & BB 7200

Die Niederländischen Staatsbahnen beschafften auf Basis der französischen Elektrolokomotive  BB 7200 58 gleichartige, vierachsige Elektrolokomotiven als Reihe/Reeks 1600. Sie waren damals bei der Indienststellung im Jahre 1981 die stärksten Lokomotiven im Fuhrpark der NS. Die Maschinen wurden für das niederländische Gleichstromnetz mit 1500 V Gleichstrom ausgelegt und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h, für den kommerziellen Betrieb war die zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf 140 km/h beschränkt. Sie weisen eine Leistung von 4. 540 kW auf. Alle Lokomotiven wurden mit Wappen von niederländischen Städten geschmückt. Als modernisierte Variante der Reihe 1600 wurden von in den Jahren von 1991 bis 1994 81 Maschinen als Reihe/Reeks 1700 beschafft. Sie unterscheiden sich leistungsfähigere Komponenten im elektrischen Teil und im Einbau neuere Zugsicherungssysteme sowie einem geänderten Bremssystem.

Die Fusion der niederländischen Güterverkehrssparte der NS mit der DB AG ließ den Fuhrpark in der deutschen Railion Gruppe übergehen. Die DB AG verfügte fortan über einen Teil der niederländischen Elektrolokomotiven, auch der Reihe 1600. Die Lokomotiven haben dabei ihre bisherige Betriebsnummer behalten, währenddessen die bei der NS verbliebenen Maschinen unter Beibehaltung der Ordnungsnummer zur Reihe 1800 mutierten.

Die NS-Lok 1607 gilt als echter Weltrekordhalter: Die Lokomotive bespannte im Jahre 1989 einen aus rund 60 Reisezugwagen gebildeten Zug und beförderte damit den längsten Reisezug der Welt. Heute befinden sich einige Lokomotiven bei privaten Bahngesellschaften im Einsatz. Die  Lokomotive 1632 wird von der HSL in einem auffälligen Schachbrett-Design eingesetzt. Auch die Firma Locon betreibt mit der 9908 eine Lokomotive aus dem ehemaligen NS Fuhrpark. Beide Loks werden überwiegend im Güterverkehr sowie vor Sonderzügen eingesetzt.

Da die NS-Reihe 1600 das Pendant zur BB 22200 der SNCF ist, sind hierzu weitere Informationen veröffentlicht.

Das Eisenbahnnetz von Frankreich ist historisch gewachsen und entwickelte sich aus mehreren Bahngesellschaften. Historisch gewachsen ist auch die Elektrifizierung der Bahnstrecken, wiewohl bei der Streckenausrüstung und der Wahl des Stromsystems vielfach militärische Überlegungen eine Rolle spielten.

Die SNCF hat seit Beginn der 1960er Jahre damit begonnen, sich mit der Entwicklung von Mehrsystemlokomotiven auseinanderzusetzen. Das französische Eisenbahnnetz umfaßte damals ca. 36.000 Streckenkilometer und war anno dazumal nur zu einem Viertel bereits elektrifiziert. Die Entwicklung führte dazu, daß die SNCF unter zwei verschiedenen Stromsystemen mit 1500 Volt Gleichstrom und das jüngere Wechselstromsystem mit 25 kV/50 Hz betrieben werden. So sind Zweisystemlokomotiven – man nennt diese in Frankreich „Bicourant“ – wünschenswert, damit der Lokomotivwechsel an Systemtrennstellen entfallen kann. Dies spart auch Ressourcen in den Infrastrukturanlagen.

Ende der 1970er Jahre wurde die neue Lokomotivtype BB 22200 geschaffen, welche in großen Stückzahlen von den SNCF beschafft wurde. Sie bietet eine gute technische Lösung für das Problem des gleichen Leistungsvermögens in beiden Stromsystembereichen an. Hier hat man sich der Technik der Thyristorstromgleichrichter bedient und steuert mit Hilfe dieser elektronischen Stellglieder die Fahrmotoren der Lokomotive beim Fahren und Bremsen. Eine Gleichstromsteller ist ein schneller elektronischer Schalter, der – bei Fahrt unter dem Gleichspannungsfahrdraht – die anstehende Gleichspannung mehrere hundert mal pro Sekunde ein- und ausschaltet und durch Variation des Ein- und Ausschaltverhältnisses den Mittelwert der an den Motorklemmen anstehenden Gleichspannung quasi kontinuierlich variiert. Diese Technik hat sich in den letzten Jahren bei vielen Gleichstrombahnen durchgesetzt; in Deutschland und in Österreich wurden zuvor entsprechende Fahrzeugtypen wie zum Beispiel die Nahverkehrsbahnen in Wuppertal, Hannover, Graz und Linz.

Wenn die BB 22200 unter Wechselspannungsfahrleitung verkehrt, formen Lokomotivtransformator und Gleichrichter aus der anstehenden 25 kV-Wechselspannung eine Gleichspannung, die in etwa der 1500 V-Fahrleitungsspannung (wie sie auf Gleichspannungsstrecken üblich ist) entspricht. Diese Gleichspannung wird dann durch die Gleichstromsteller weiterverarbeitet und den Fahrmotoren zugeführt.

Die Konzeption sieht recht einfach aus. Sie konnte aber trotzdem erst im Laufe der 1970er Jahre auf breiter Basis realisiert werden, weil erst zum damaligen Zeitpunkt genügend leistungsfähige und entsprechend schnelle Halbleiter (Thyristoren) zur Steuerung der relativ hohen Gleichspannung zur Verfügung stehen. Außerdem waren Lösungen zu finden, welche die Rückwirkungen des schnellen elektronischen Schalters auf die speisenden Fahrleitungsnetze in zulässigen Grenzen halten.

Die SNCF-Reihe BB 22200 sind Maschinen mit 17.500 mm Länge über Puffer. Sie wiegen 89 Tonnen, wovon 52 Tonnen auf den mechanischen Teil entfallen, und weisen demzufolge eine Achslast von 22,25 Tonnen auf. Die Maschinen leisten rund 4.000 kW, das entspricht eine Zugkraft von 15 Mp bei etwa 95 km/h. Dieser Stundenleistung steht eine Dauerleistung von 3,6 MW gegenüber. Die Höchstgeschwindigkeit der BB 22200 ist mit 180 km/h festgelegt. Als elektrische Bremse ist eine fremderregte Gleichstrom-Widerstandsbremse vorgesehen. Sie wird im Normalbetrieb mit Hilfe der Gleichstromsteller geregelt und dabei aus Fahrleitungsspannung erregt; bei Notbetrieb erfolgt die Erregung aus der Bordbatterie.

Entsprechend der in Frankreich damals üblichen Technik hat die Maschine sogenannte Monomotordrehgestelle. In jedem Drehgestell ist nur ein Antriebsmotor vorhanden. Dieser Motor wirkt über Getriebe auf beide Achsen des Drehgestells. Der Achsstand im Drehgestell beträgt 2.800 mm. Die Motoren der ersten Serien waren bisher als selbstbelüftete Fahrmotoren ausgeführt, diese wurde bei späteren Serien auf eine Fremdbelüftung umgestellt. Außerdem wurde bei diesen Maschinen auch eine andere Getriebe-Übersetzung gewählt, womit die Höchstgeschwindigkeit nur mehr 100 km/h betrug.


Modellvorstellung

Im Zuge der Neuheitenoffensive in der Baugröße N hat Fleischmann neben der NS-Reihe 1600 auch die französischen Schwestertypen als Neukonstruktion angekündigt. Der Hersteller wählte dabei die Variante in der Ursprungsausführung ohne Klimaanlage in der Epoche IV aus. Das Modell dieser markanten Fahrzeugtype gibt es für die Baugröße N in der Analogversion unter der Artikelnummer 732100 zum UVP von € 189,90, in der Digitalversion (Artikelnummer 732170) zum UVP von € 274,90.

Verpackung

Fleischmann liefert die gelb/graue NS-Elektrolokomotive in der bekannten Blisterbox aus. Nach Öffnen des Deckels ist die Lok durch Herausziehen der Plastikfolie sofort entnehmbar. Unter dem passgenauen Plastikeinsatz befinden sich das Ersatzteilblatt und die Betriebsanleitung in Form des Karton-Einsatzes der Blisterbox als gut illustrierte Wartungsanleitung. Der beigelegte Zurüstbeutel beinhaltet Kupplungen und Bremsschläuche. (Anmerkung: Wer es schafft, diese anzusetzen, muß ein Meister sein!)

Technik

Die technischen Komponenten sind im Fahrzeuggehäuse untergebracht. Um zum Innenteil des Modells vorzudringen, müssen zuerst die vier Puffer herausgezogen werden und danach genügt ein leichtes Auseinanderspreizen der beiden Seitenwände des Gehäuseoberteiles. Das offengelegte Innenleben zeigt uns ein bewährtes Antriebskonzept: ein im Fahrzeugrahmen eingesetzter Mittelmotor mit einer großen Schwungmasse unterhalb der Platine treibt die Lokomotive an. Das Drehmoment wird über die beiden Kardanwellen samt schräggenuteter Wellen auf das Stirn- und Schneckenzahnradgetriebe übertragen. Es werden alle Achsen angetrieben. Die jeweils  inneren Radsätze der beiden Drehgestelle ist mit je einem Haftreifen bestückt.

Die Fahrzeugplatine ist über dem Mittelmotor platziert und weist eine Digitalschnittstelle Next18 nach NEM 661 auf. Die Drehgestelle weisen im Getriebeboden jeweils Wartungsöffnungen zum Ölen der Lok bzw. des Messinggetriebes auf. Die Lok verfügt über eine Kurzkupplungskinematik nach NEM 355. Fleischmann liefert das Modell serienmäßig mit der N-Standardkupplung aus.

Fahreigenschaften

Die Fahreigenschaften der Neukonstruktion können sich ohne weiteres sehen lassen. Das Modell durfte seine Proberunden auf einem Gleisoval auf dem kleinsten Radius des „piccolo“-Gleissystems von Fleischmann erbringen.

Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 127 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. neun % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 50 % um gerade einmal ca. 59 % zu langsam.

Optik

Das Erscheinungsbild des Vorbildes ist durch zwei Gegensätze gekennzeichnet, einerseits die glatten Seitenwände mit wenigen Details und die aufwendig nachzubildende Silhouette der Fahrzeugfront, wobei nicht nur der vorgezogene Dachbereich zu nennen ist, sondern vor allem der aufwendig umsetzende Vorbau zu nennen ist. Genau dies war die Kunst bei der Konstruktion, beides korrekt wiederzugeben, was auch gelungen ist.

Die Seitenwand ist grundsätzlich glatt und wird durch ein eingesetztes Lüfterband durchbrochen. Die Lüfterlamellen sind sehr dezent ausgeführt und angraviert. Weitere Gravuren finden sich im Führerstandsbereich durch die Andeutung der Türen und der darüber befindlichen Regenrinne, die Türgriffe sind angraviert, währenddessen die Griffstangen eigens fertigte Teile sind und ins Modell angesteckt wurden, wie auch der auf dem Vorbau befindliche Handlauf. Als eigene Teile scheinen auch die am Lokrahmen befindlichen runden Klappdeckel zu sein. Sehr gut gelungen ist der Vorbau, wobei die Lampenfassungen gegenüber dem Vorbildfoto im Neuheitenkatalog silbern ausgeführt sind.

Die Drehgestelle verfügen über eine schöne Tiefenwirkung, etliche Bauteile sind hervorragend umgesetzt und angraviert. Die Führerstandsstufen sind bereits in den Drehgestellrahmen silbern eingesetzt. Selbst einzelne Leitungsstränge wurden dezent nachgebildet. Das Dach wird durch zwei filigran konstruierte Einholmstromabnehmer mit Gleichstromwippen dominiert, wobei nicht nur der Lüfteraufbau sowie die einfache wie zierliche Dachleitung ins Auge fällt. Die Dachroste sind ebenso angedeutet wie auch die verschiedenen Kranösen oder Befestigungspunkte der einzelnen Dachteile.

Bedruckung und Lackierung

Die Lackierung der zweifärbigen Lok ist tadellos umgesetzt. Teilweise liegen die Trennkanten in Baugruppenübergängen, außerdem sind die Farbtrennkanten sauber ausgeführt. Die Bedruckung ist vollständig und gibt keinen Anlaß zur Kritik. Zum Ablesen der Angaben wird allerdings ein Vergrößerungsglas benötigt. Die Lok trägt das Revisionsdatum 19.01.81 und dürfte das Abnahmedatum sein. Als weitere markante Anschriften sind die Firmenlogos der NS, die große Betriebsnummer 1601 und das Königswappen zu nennen.

Beleuchtung

Fleischmann hat bei seiner Neukonstruktion LED-Lichtkörper verwendet. Die Spitzenbeleuchtung besteht aus drei warmweißen LEDs, das Schlusslicht wird mittels zweier roter LEDs dargestellt, welche richtungsabhängig leuchten. Im Digitalbetrieb können diese sogar einzeln geschalten werden.


Bilder


Modellvorstellung 732136 – SNCF BB 22347

Nach der ausgelieferten NS-Variante folgt als weitere Farb- bzw. Formvariante zur diesjährigen Neukonstruktion die Ausführung der BB 22347 der SNCF. Das Modell ist im silber-grauen Multiservice-Design und dem modernisierten Firmenlogo gehalten. Die technischen wie optischen Ausführung wurde bereits oben erörtert, sehenswert sind bei diesem Modell wiederum die sehr filigran ausgeführten Stromabnehmer. Das Modell ist sehr sauber lackiert, alle Farbtrennkarten weisen keinerlei Unschärfen auf. Auch die Bedruckung ist sehr gut umgesetzt worden. Fleischmann bietet das Epoche V-Modell zum UVP von € 195,90 an. Darüber hinaus ist noch eine Ausführung mit Loksound unter der Artikelnummer 732206 zum erhöhten UVP von € 295,90 erhältlich.


Bilder


Modellvorstellung 732135 – SNCF BB 7301

Als weitere Farb- und Beschriftungsvariante dieser E-Lok-Bauart gelangte die BB 7200 der SNCF in der Ursprungslackierung zur Auslieferung. Der hellgrau lackierte Lokkasten wird durch eine orange-farbenen Zierstreifen in einer Doppel-Z-Linie durchbrochen. Die Führerstandsfenster besteht aus einer dunkelgrauen Umrandung. Roco hat sein Erstmodell mit der Loknummer BB 7301 versehen. Gegenüber dem Katalogbild sind die Schilder der Eigentumskennung sowie die Loknummer nicht erhaben dargestellt, sondern am Modell aufgedruckt. Des weiteren sind noch mehrfarbige Fabriksschilder zu erkennen. Betriebsanschriften sind in gelber Farbe aufgedruckt und sind leider nur schlecht lesbar. Dazu zählt auch das Heimat-Depot, das mit Villeneuve angeschrieben ist. Die neukonstruierte BB 7301 ist als Gleichstrom-Fahrzeug unter der Artikelnummer 732135 zum UVP von € 195,90 verfügbar. Dasselbe Modell mit Loksound, verfügbar unter der Artikelnummer 732205, wird zum UVP von € 295,90 angeboten.


Modellvorstellung 7560014 – SNCF BB 22241

Fleischmann liefert schon die ersten Neuheiten für 2023 aus. Das neue Modell der BB 22241 ist im klassischen Erscheinungsbild der Lokomotiven in den 1980er Jahren gehalten. Die Loknummer und auch das Eigentumsschild ist am Lokkasten nur aufgedruckt. Einige Fahrzeuganschriften sind in gelber Farbgebung ausgeführt und deshalb nur schwer lesbar. Darunter fällt die Angabe der Heimatdienststelle Villeneuve, aber auch die Bremsanschriften. Im Fachhandel ist diese Modellausführung zum UVP von € 216,90 in der analogen Modellausführung bzw. zum UVP von € 341,90 als Soundlok (Artikelnummer 7570014) erhältlich.