Tillig 74921 / 74923 / 74941 / 74960 / 74962 / 74961 / 74982: DR-/CSD-/DB-/MAV-/CD-/HZ-Bahnpostwagen
Der Modellbahnhersteller aus Sebnitz hat in seinen Herbstneuheiten 2018 völlig überraschend die Auslieferung des Bahnpostwagen DT 66 in der Spurweite H0 angekündigt, nach dem dieser schon in der kleineren Baugröße TT bereits in den Jahresneuheiten 2018 als Ausblick für die Zukunft avisiert worden ist. Bei der Ankündigung hat Tillig bekannt gegeben, die Neukonstruktion bereits im ersten Quartal 2019 in den Fachhandel auszusenden. Richtig angekündigt ist das Fahrzeug dann als Formneuheit in den H0-Neuheiten 2019. Unter der Artikelnummer 74921 verbirgt der als Post me-bll/24,2 bezeichnete Postwagen der Deutschen Post. Der UVP des Modells ist mit € 55,90 festgelegt.
Tillig liefert das Modell in der bekannten Kartonverpackung mit Schuber aus. Das Modell liegt wie gewohnt in einer zweifachen Plastik-Blistereinlage. Dem Modell liegt eine Betriebsanleitung sowie ein Zurüstbeutel bei. Darin befinden sich Radschleifer aus Messing für den nachträglichen Einbau einer Innenbeleuchtung. Die Vorgangsweise dafür ist in der Betriebsanleitung beschrieben.
Das Modell ist maßstäblich umgesetzt und besteht vollständig aus Kunststoff. Das Modell zeichnet sich optisch durch das hohe und unrund zulaufende Dach auf. Am Wagenkasten sind zahlreiche und feine Gravuren angebraucht. Die Türen der Ladeluken sind nach innen versetzt, weitere Ausnehmungen sind auch an den Stirnwänden zu erkennen. Die Seitenfenster sind paßgenau eingesetzt und weisen teilweise die Nachbildung von innenliegenden Schutzstangen gegen Beschädigungen dieser auf.
Das Modell kommt ohne erhabene Teile aus. Verschiebegriffstangen oder auch die Haltegriffe zum Besteigen der Seitentüren sind am Fahrzeugkasten angespritzt und farblich eigens behandelt. Der Postwagen ist mit einem seidenmatten Lack versehen. Die Bedruckung ist gut deckend aufgetragen und alle Angaben sind unter der Lupe trennscharf lesbar. Der Postwagen trägt die Gattungsbezeichnung Post m und die Wagennummer 51 50 00-42 905-7. Der behört zur BPA Leipzig mit Beheimatung Leipzig Hbf Pbf – Bww Leipzig. Im Revisionsraster scheint das Abnahmedatum REV ZG 12.03.68 genannt zu sein.
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Modellvorstellung 74923
Die Herbstneuheiten 2019 listen u. a. als Formvariante diesen Postwagen der CSD im frühen Erscheinungsbild der Epoche IV. Der grün lackierte CSD-Wagen trägt die Gattungsbezeichnung DFsa und die Wagennummer 51 54 91-40 046-8. Am Wagen ist der Heimatbahnhof Praha Stred angeschrieben, außerdem stehen im Revisionsraster die letzten Untersuchungsdaten REV Cv 21.6.82. Das Modell ist wie das DR-Pendant mit vielen Details versehen, Lackierung und Bedruckung sind einwandfrei aufgetragen. Das Modell ist zum UVP von € 55,90 lieferbar.
Tillig hat aus seiner Konstruktion vereinfacht eine CSD-Variante gemacht. Nach Abgleich mit entsprechenden Vorbildfotos ergeben sich teils markante Unterschiede in der Fensteranordnung, der zweigeteilten Ladetüren und der fehlenden Zugführerkanzel.
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Modellvorstellung 74941
Das Neuheitenprospekt 2020 führt diesen Bahnpostwagen der Deuschen Bundespost als Jahresneuheit auf, der zum UVP von € 55,90 angeboten wird. Die Auslieferung des Modells erfolgte zu Ostern und weist einen Wagen auf, deren Wagengattung auf Post r-a/24 angeschrieben ist. Die Wagennummer lautet auf 51 80 00-42 933-3 und mit seinen Revisionsanschriften REV De 18.10.88 fällt das Modell in die Epoche V. Im Erscheinungsbild entspricht der Wagen mit seinem rehbraunen Dach und hellgrünen Seitenwänden einem DR-Pendant. Als Heimatbahnhof ist Bww Halle bzw. Haale /s. Hbf Pbf angeschrieben.
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Modellvorstellung 74941
Im Neuheitenprogramm von 2021 wurde ein Postwagen der Deutschen Post auf Basis der UIC-Y-Wagen aufgenommen, der in der Epoche IV-Ausführung aufgelegt wird. Das Modell ist mit der Wagennummer 51 50 00-42 935-4 und der Wagengattung Post m beschriftet. Als Heimatdienststelle wird die BPA Berlin angegeben. Im Revisionsraster wird als letzte Untersuchung die Information REV De 22.08.85 ausgewiesen. Das Modell wird zum UVP von € 60,50 angeboten.
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Modellvorstellung 74962 – MAV Da
Tillig hat vor zwei Jahren das Modell eines ungarischen Postwagens auf Basis der UIC-Y-Wagen angekündigt. Das fertige Modell gelangte jedoch erst gegen Ende März 2023 in den Fachhandel. Mit dieser Modellumsetzung wird eine weitere interessante Lücke geschlossen, wurden doch solche Postwagen vor allem im Verkehr zu die Nachbarländer eingesetzt. Das Modell des ungarischen Postwagens der MAV ist dunkelblau lackiert und weißt eine weiße Zierlinie und ein weißes Dach auf. Die Fahrzeuganschriften lauten auf Da 51 55 95-41 050-4. Als Heimatbahnhof findet sich die Angabe Budapest. Bei den Angaben im Revisionsraster REV Dk 17.05.72 handelt es sich eindeutig um ein Modell der Epoche IV. Der UVP für den Postwagen ist mit € 64,61 festgesetzt.
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Modellvorstellung 74961 – CD Postwagen
Mit erheblicher Verspätung wurde der Postwagen der Tschechischen Staatsbahnen CD ausgeliefert. Die Neuheit von 2021 ist als Epoche V-Modell realisiert worden. Der hellblau lackierte Wagenkasten ist mit entsprechenden Postanschriften in gelber Farbe bedruckt. Das Modell gehört ist mit den Wagenanschriften Postw als Gattungsbezeichnung und 51 54 90-40 359-6 als Wagennummer bedruckt. Der Heimatbahnhof wird mit Praha-Mal angegeben. Die letzten Untersuchungsdaten werden mit den Angaben 1 PB 06.12.99 angegeben. Tillig hat für das Modell einen UVP von € 64,61 festgesetzt.
Modellvorstellung 74982 – HZ Postwagen
Die Firma Tillig hat in den Herbstneuheiten 2023 für eine absolute Überraschung gesorgt! Obwohl für die Nachfolgebahngesellschaften am Balkan noch sehr viele Reisezugwagen fehlen, hat der Sebnitzer Hersteller ein Modell eines Postwagens der Kroatischen Bahnen umgesetzt. Derartige Postwagen sind in den 1990er Jahren, vielleicht auch noch in den 2000er Jahren regelmäßig vom Süden nach Villach gefahren. Die Modellumsetzung ist umso erfreulicher, weil damit eine weitere Lücke an Modellen geschlossen wird, zudem lassen sich Balkanzüge noch realistischer nachbilden. Der Postwagen der HZ ist in den Farben hellblau und hellgrau/silber lackiert. Das Modell ist mit der Gattungsbezeichnung Post angeschrieben und trägt die Wagennummer
51 78 00-00 002-1P. Der für 120 km/h zugelassene Postwagen der Hrvatska posta d. d. hat seinen Heimatbahnhof in Zagreb und weist die Untersuchungsdaten REV ZG 17.06.08 NR 17.12.09 auf. Das Modell ist zum UVP von € 64,60 angekündigt worden.
Geschichte deutscher Bahnpostwagen
Der Bahnpostdienst bildete die traditionelle Grundlage für Schnelligkeit und Zuverlässigkeit, auch wenn dieser Dienstzweig niemals so im Blickfeld der Öffentlichkeit stand wie etwa der Annahme- oder Zustelldienst. Sein entscheidendes Arbeitsmittel waren die Bahnpostwagen, die dem postalischen Verwendungszweck und den Anforderungen der Eisenbahnen entsprechend gebaut, umgebaut, modernisiert und immer wieder durch neue Wagen mit höherem technischem Niveau ersetzt wurden.
Die Postverwaltungen sicherten sich früh die postseitige Benutzung der Eisenbahnen, so z. B. in England 1838, in Belgien 1841, in Baden 1843, in Bayern 1836 und in Preußen 1838. Die Postverwaltungen mussten ihr bis dahin alleiniges Recht zur Beförderung von Personen und Sachen („Postregal“) schrittweise an die Eisenbahnen abgeben. In Preußen sicherte sich die Postverwaltungen im Eisenbahngesetz von 1838 die unentgeltliche Beförderung der Postsachen, der dazu notwendigen Wagen und des erforderlichen Personals auf dem Schienenweg, indem daran das Erteilen einer Eisenbahnkonzession gebunden wurde.
Am 1. Mai 1849 richtete die preußische Postverwaltungen in den Eisenbahnzügen auf den wichtigeren Strecken „Speditionsbureaus“ ein, die die Sendungen während der Fahrt zu bearbeiten hatten. Sie waren den am gleichen Tage eingerichteten „Speditionsämtern“ unterstellt. Aus diesen Speditionsämtern gingen später die „Bahnpostämter (BPA, BPÄ)“ hervor. Die Speditionsbureaus nannte man dann „Bahnposten (Bp)“. Somit gilt das Jahr 1849 als das Geburtsjahr des Bahnpostwesens in Deutschland, das in seinen Grundzügen noch bis zum Jahre 1990 bestand.
Nach anfänglichen Versuchen, die Postkutschen auf Eisenbahnuntergestelle zu verladen, wurden dann Bahnpostwagen (Bahnpostwagen) eingesetzt, zum Teil schon mit Begleitung. Da jedoch noch keine Bearbeitung der Postsendungen während der Fahrt stattfand, war die Ausstattung der Wagen sehr einfach. Es folgte jedoch bald der Einsatz von begleiteten Bahnpost mit Unterwegsbearbeitung von Postsendungen.
Bahnpostwagen der Länderpostverwaltungen
Nach der Reichsgründung 1871 wurden die Bahnpostwagen von der Kaiserlich Deutschen Post (KDP) – später Reichspost – als ihr Eigentum beschafft und verwaltet. Eigene Landespostverwaltungen gab es danach nur noch in Bayern und Württemberg. Weil dort jeweils Post und Bahn unter einer gemeinsamen Verwaltung standen, waren deren Bahnpostwagen Bahneigentum.
Der Bahnpostdienst wurde in Bayern 1851 auf zwei Kursen mit 9 Bahnpostwagen eröffnet. 1860 sind es bereits 34 Kurse mit 41 Bahnpostwagen. Eigene Bahnpostwagen hatte auch die Bayerische Ostbahngesellschaft, die 1875 verstaatlicht wurde. Ihre Bahnpostwagen übernahmen die Königlichen Bayerischen Staats-Eisenbahnen. Bis 1883 kamen weitere 206 Bahnpostwagen mit Kastenlängen von 7,0 Meter, 7,2 Meter, 7,4 Meter und 8,5 Meter hinzu. Diese hatten bereits eiserne Langträger und Heberleinbremse. Mit 10 Meter Kastenlänge, Oberlichtdächern und verschiedener Ausstattung, zum Teil auch mit Bremserhäusern, wurden 1883 die ersten Dreiachser eingestellt, ab 1909 dann solche mit 12 Meter Kastenlänge. Außerdem wurden 12 Meter-Wagen auf Drehgestellen (1905/1907) und 15 Meter-Wagen (1891/1915) beschafft. Alle diese Wagen waren mit Brief- und Packräumen (Gattung b) ausgestattet. Zwischen 1909 und 1914 kamen dann zwanzig 17 Meter lange reine Briefpostwagen (Gattung a) dazu. Die Privaten Pfälzischen Eisenbahnen betrieben ab 1853 ebenfalls Bahnpost mit eigenen Bahnpostwagen, die im Jahre 1909 auf den Bayerischen Staat übergingen.
Nachdem in Württemberg die Postverwaltung seit 1852 sog. Fahrende Postämter mit Postpersonal in besonderen Abteilen der Eisenbahn betrieb, kamen erstmals 1861 Bahnpostwagen zum Einsatz, die den Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen (K. W. St. E.9 gehörten. Bis 1865 waren 28 Bahnpostwagen im Einsatz, darunter 14 Vierachser. Schon 1869 kamen 40 zweiachsige Wagen mit 7 Meter Kastenlänge dazu. Von 1871 bis 1878 folgten 28 zweiachsige Bahnpostwagen in drei weitere Lieferungen mit Kastenlängen von 7,8 Meter, 8,0 Meter und 8,5 Meter. 1887 wurden erstmals dreiachsige Bahnpostwagen und zwar mit elf Meter Kastenlänge eingesetzt, denen 1891 solche mit zwölf Meter Kastenlänge folgten. Leitere gehörten zu den wenigen reinen Briefwagen, die die württembergische Post nutzte. Diese Entwicklung ging weiter mit dreiachsigen 12,4 Meter-Wagen (1892/96) und 12,5 Meter-Wagen (1902). Eine Serie 9,7 Meter langer Zweiachser wurde 1898 gebaut, der vierachsige Bahnpostwagen mit Kastenlängen von 12 Metern (1906), 15 Metern 81908/10) und endlich 17 Metern mit Schutzabteilen (1914) folgten.
In Preußen brachte man 1841 zunächst dreiachsige Bahnpostwagen zum Einsatz, ein Jahr später auch zweiachsige mit Kastenlängen von ca. 5 Meter, die sich jedoch wegen starken Schwankens während der Fahrt nicht bewährten. Es wurden vorerst nur noch dreiachsige mit 8,5 Meter Kastenlänge gebaut. So wie das Eisenbahnnetz wuchs, wurden auch die Bahnpostkurse erweitert. Entsprechend den Besonderheiten der zu befahrenden Strecken, der Häufigkeit der Unterwegshalte mit Ladungsaustausch, der Masse der zu befördernden Sendungen, dem Umfang der Unterwegsbearbeitung und den von der Eisenbahn vorgegebenen technischen Bedingungen wurden die Wagen weiterentwickelt und beschafft. Seit 1852 wurden die preußischen Bahnpostwagen durchlaufend nummeriert.
Ab 1859 wurden neue Wagen nach einheitlichen Beschreibungen und Zeichnungen (außer Untergestell) in Auftrag gegeben. Trotzdem entwickelte sich sehr rasch eine kaum noch zu überschauende Typenvielfalt.
Die Postverwaltungen Sachsens waren an den 1841 durchgeführten Versuchsfahrten mit dreiachsigen Eisenbahn-Postwagen auf der Strecke zwischen Berlin und Leipzig beteiligt. Auch die Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Compagnie besaß 1843 bereits vierachsige kombinierte Gepäck- und Postwagen. Die ersten sächsischen Bahnpostwagen waren zweiachsig bei Kastenlängen zwischen 6,2 und 7,5 Metern. Ab 1865 wurden auch Dreiachser mit Kastenlängen von 7,7 Meter bis 9,9 Meter beschafft. Die Wagennummern der in Sachsen verkehrenden Bahnpostwagen befanden sich nach 1871 in Übereinstimmung mit dem Nummernsystem im „Verzeichnis der reichseigenen Eisenbahn-Postwagen“, zu denen sie auch gehörten. Besondere Anforderungen, die die Königlich Sächsischen Staats-Eisenbahnen (K. Sächs. St. E. B.) an Bahnpostwagen stellten, führten dazu, dass diese gesondert verwaltet wurden. Als die 12 Meter langen Bahnpostwagen eingeführt wurden, mussten sie für Sachsen mit drei Achsen geliefert werden, während im übrigen Reichsgebiet schon solche mit Drehgestellen fuhren. Die weitere Beschaffung geschah auf der Grundlage der Normalien, die die Reichspostverwaltung für die Wagenkästen aufgestellt hatte. Eine Besonderheit bei den K. Sächs. St. E. B. war, dass sie seit den 1980er Jahren des 19. Jahrhunderts eine Vielzahl von Strecken in einem 750-mm-Schmalspurnetz betrieben, die weitgehend postseitig benutzt wurden. Neben PAbt kamen dort auch reichseigene zwei- und vierachsige Bahnpostwagen zum Einsatz.
Die allgemeine Entwicklung der Bahnpostwagen und ihrer Ausstattung ging sehr rasch von statten. Brieffachwerke, Tischplatten und alle für den Dienstbetrieb erforderlichen losen Ausstattungsgegenstände fanden sich in ähnlicher Form bei den Bahnpostwagen aller Postverwaltungen wieder. Diese waren auch darauf bedacht, den Begleitern die Arbeit im Bahnpostwagen zu erleichtern. Teilweise wurden Wagen mit Polstersesseln ausgestattet. Großer Wert wurde auf einen ruhigen Lauf der Wagen und gut isolierte weiche Fußböden gelegt. Doppelte Abfederung des Wagenkastens durch Blatt- oder Evolutfedern, Gummi- oder Filzzwischenlagen sollten vor allem vertikale Störbewegungen während der Fahrt dämpfen. Die Ölbeleuchtung der ersten Bahnpostwagen war nicht ausreichend und wurde 1872 in Bayern, 1874 in Preußen und 1890 in Württemberg durch Gasbeleuchtung ersetzt. Elektrische Sammlerbeleuchtung folgte bei den reichseigenen Bahnpostwagen 1893 und Achsgeneratoren ab 1901, in Bayern ab 1904. Belüftet wurden die Wagen durch öffnungsfähige Fenster, Kiemenlüfter über den Fenstern oder Klappen im Oberlichtdach. Koks- und Kohleöfen dienten der Beheizung der Bahnpostwagen. Die ab 1874 bei reichseigenen Wagen verwendete Gasheizung bewährte sich nicht. Nach Versuchen mit einer einfachen Dampfrohrheizung wurde 1878 bei den reichseigenen Bahnpostwagen und 1891 in Bayern und Württemberg die Dampfheizung eingeführt. Bremsen führte man 1852 allgemein ein, Druckluftbremsen ab 1877.
Für Postkurse mit geringerem Sendungsaufkommen ließen die Postverwaltungen Postabteile (PAbt) in Reisezugwagen einrichten. Die Räume der PAbt waren zweckentsprechend kleiner als in Bahnpostwagen, verfügten aber im Prinzip über die gleiche Ausstattung. Auch auf Klein- und Nebenbahnen kamen Bahnpost und damit z.T. auch Bahnpostwagen zum Einsatz, hauptsächlich jedoch PAbt in Personen- und Gepäckwagen oder sogar in Triebwagen.
Am 01.04.1920 wurde die bayerische und württembergische Postverwaltungen mit der Reichspostverwaltung vereinigt. Damit gingen deren Bahnpostwagen in das Eigentum der Deutschen Reichspost über. Die nun in München eingerichtete Abteilung VI des Reichspostministeriums nahm die Zuständigkeiten für den Bau und die Verwaltung der Bahnpostwagen für das Verkehrsgebiet noch bis zum 01.01.1933 wahr.
Bahnpostwagen der Kaiserlichen Post und der Deutschen Reichspost
Die preußische Postverwaltungen hatte bereits im Jahre 1859 verbindliche Zeichnungen und Beschreibungen für neu zu beschaffende Wagen herausgegeben, die weiter vervollkommnet wurden und die ab 1871 für das ganze Reichsgebiet Gültigkeit erlangten. Ab 1881 erließ die Königliche Eisenbahndirektion Berlin zahlreiche Vorschriften, auf deren Grundlage in Verbindung mit den „Normalien für die Eisenbahn-Postwagen der Preußischen Staatsbahnen“ (Gesamtübersichtszeichnungen der verschiedenen Bahnpostwagen-Gattungen) die Bahnpostwagen gebaut wurden. Um den ständigen Platzmangel in den Bahnpostwagen zu überwinden, wurden ab 1881 99 Wagen mit 3,15 Meter Breite beschafft, die an den Längsseiten keine Laufbretter und Griffstangen hatten. Auch sie reichten bald nicht mehr aus. Als die Eisenbahn ihre Einsatzmöglichkeiten einschränkte, wurden dann (ab 1883) 12 Meter lange Bahnpostwagen mit Drehgestellen gebaut.
Nach erfolgreichen Versuchen im Jahre 1883 wurden bis Ende 1884 bereits 400 der 1600 reichseigenen Bahnpostwagen mit elektrischen Beleuchtungseinrichtungen ausgestattet. Nach einer Serie tragischer Unfälle 1905/06 wurden 17 Meter lange Bahnpostwagen mit zwei Schutzabteilen an den Wagenenden gebaut (ab 1908). Gleichzeitig wurde mit dem Bau vierachsiger Bahnpostwagen mit ebenen Seitenwänden, mit Mittel- oder Seitengang und mit Übergangseinrichtungen begonnen. Diese Wagentypen wurden jeweils als reine Brief-Bahnpostwagen und als kombinierte Brief- und Paketwagen beschafft. Ebenfalls 1908 erschienen die ersten Bahnpostpackwagen in zwei Varianten. Sie waren gedeckten Güterwagen ähnlich, hatten flache Dächer, hochgesetzte Bremserhäuser und waren zweiachsig (8,5 Meter lang) oder dreiachsig (10 Meter lang). Ihre Innenausstattung bestand aus Stapelwänden bei den Ladetüren und Packbrettern. Die ersten hatten noch keine Begleiterabteile.
Ende 1914 verfügte die Reichspostverwaltung über insgesamt 2371 Bahnpostwagen und etwa 2500 PAbt in Eisenbahnwagen. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurden 17 Meter lange Versuchswagen mit stählernen Wagenkästen hergestellt. Mindestens einer dieser Wagen besaß einen geschweißten Wagenkasten. Eine große Serie dieser Wagen wurde von 1918 bis 1925 mit genieteten Wagenkästen hergestellt. Das Oberlichtdach bestand noch aus Holz mit Bitumendecke, ebenso bei der nachfolgenden Serie 20 Meter langer Wagen. Wegen der abgeschrägten Wagenenden nannte man sie allgemein „Hechtwagen“. Während die 12-Meter-Wagen mit Drehgestellen der preußischen Regelbauart ausgestattet waren, verwendete man nun Drehgestelle amerikanischer Bauart (Schwanenhalsdrehgestelle). Einige der 20 Meter langen Hechtwagen besaßen Drehgestelle der Bauart Görlitz II schwer. Während die zwei- und dreiachsigen Bahnpostwagen noch die einlösigen Bremsen der Bauarten Knorr und Westinghouse hatten, kamen jetzt mehrlösige Bremsen der Bauart KK und KKs (Kunze-Knorr) zur Anwendung.
Mit der Gründung der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1920 wurden einheitliche Trends auch in der eisenbahntechnischen Entwicklung der Bahnpostwagen möglich. Ab 1922 wurden die Bahnpostwagen der Güterwagenbauart mit Kastenlängen 8,5 und 10 Meter mit Doppellangträgern, verstärktem Wagenkasten, mit Oberlichtdach und Handbremsbühnen gefertigt. Die letzten dreiachsigen Bahnpostwagen wurden zwischen 1924 und 1931 in zwei Serien geliefert, als Gattung 3-b/12,5 in Personenwagenbauart und als 3-c/12,5 in Güterwagenbauart.
Mit der Privatisierung der Eisenbahn und Gründung der Deutschen Reichsbahngesellschaft (DRG) im Jahre 1924 verlor die Post u.a. das Recht der kostenlosen Beistellung von Bahnpostwagen. Von nun an waren die Beförderungsleistungen für Bahnpostwagen und PAbt nach einem jährlich neu festzusetzenden Achskilometervergütungssatz zu bezahlen. Die DRP versuchte durch Umbau von drei- und vierachsigen Bahnpostwagen auf zwei Achsen den Kostenaufwand zu reduzieren. Währenddessen drängte die DRG verstärkt auf den Einsatz vierachsiger Bahnpostwagen auch in Personenzügen. Schließlich musste die DRP 1928 den Umbau der 12 m langen Wagen auf zwei Achsen endgültig. einstellen. Ab 1928 wurden auf der Grundlage der Bedarfsanforderungen der DRP neue Bahnpostwagen durch Vermittlung der DRG beschafft.
In Auswertung einer Anzahl von Raubüberfällen auf Bahnpost verfügte der Reichspostminister 1936 u.a. das Vergittern sämtlicher Fenster in Bahnpostwagen und PAbt sowie das Ändern der Trittbretter und Laufstangen. Aufstiegtritte mit Griffen durften nur noch bei Bremserhäusern, Handbremsbühnen, Ladetüren, im Bereich der Briefkästen und als Rangiererecktritt verbleiben. Von 1937 bis 1944 erweiterte die DRP ihren Bestand an Bahnpostwagen von 3400 auf 4410 Stück. Die Wagen erhielten Kastenlängen von 21,6 m (Gattungen a, bI, bII und c) und 15 m (Gattungen b und c). Sie hatten geschweißte Ganzstahlwagenkästen mit Tonnendach und Dachfenstern über den Briefräumen. Die langen Wagen hatten Übergangseinrichtungen wie schon die 17-m- und 20-m-Wagen und Drehgestelle der Bauart Görlitz III schwer. Die 15-m-Wagen erhielten Drehgestelle der Bauart Görlitz III leicht mit vierfacher Federung. Die 21,6-m-Wagen wurden ab 1941 z.T. auch in windschnittiger Stahlleichtbauweise mit Seitenwandschürzen gefertigt.
1941 ließ die DRP drei Wagen der Gattung Post 4ü-a/21,6 mit Ruheabteilen ausstatten und erproben. Ihre Bedeutung erlangten diese Einrichtungen wohl durch kriegsbedingte Bahnpost-Langläufe und durch die aus Unregelmäßigkeiten entstehenden überlangen Ausbleibezeiten der Bahnpostbegleiter. Mit dem Zugang der neuen Gattungen verfügte die DRP nun über einen großen leistungsstarken Wagenpark. Auf stark belasteten Strecken, auf denen zwei oder mehrere Bahnpostwagen in einem Zuge eingesetzt wurden, bewährten sich die Faltenbalgübergänge zwischen den Wagen. Die großen vierachsigen Bahnpostwagen hatten eine Tragfähigkeit von 20 t. In den letzten Kriegsjahren war Bau und Instandhaltung der Bahnpostwagen durch rigoroses Sparen und Weglassen geprägt. So entfielen etwa die Übergangseinrichtungen und die Windleitbleche, die Dachformen wurden vereinfacht.