Piko 51180: DB 144 001-5
Gegen Ende der 1920er Jahre wurden die Arbeiten an der Elektrifizierung weiterer Strecken der Reichsbahn vorübergehend eingestellt. Auch der Neubau von Lokomotiven unterblieb, weil sich auch die Weltwirtschaftskrise um sich griff. In dieser Phase der Stagnation unternahm die deutsche Lokomotivindustrie auf eigenes Risiko den Versuch, eine Universallokomotive zu schaffen. Die Firmen BEW, MSW und SSW entwickelten je eine Lokomotive. Ausgehend von der Konstruktion der Maschinen E 15 01 und E 16 101, entwarfen die SSW eine laufachslose Drehgestell-Lokomotive mit vier Tatzlagermotoren, die Ende 1930 der Reichsbahn zu Testfahrten übergeben werden konnten. Alle Zug- und Stoßkräfte werden von den zweiachsigen Drehgestellen aufgenommen, die mit einer Mittelkupplung miteinander verbinden sind. Der Lokomotivkasten mit den beiden halbhohen Vorbauten war zum überwiegenden Teil geschweißt worden, und auf dem vollkommen geschweißten Brückenrahmen befestigt. Nach ausgedehnten Versuchsfahrten in Bayern und Sachsen wurde die Maschine im Jahr 1933 von der Reichsbahn als E 44 001 übernommen und im Bw Garmisch-Partenkirchen stationiert. Später wurden das Äußere und die Ausrüstung den draus entwickelten Serienlokomotiven der Baureihe E 44/144 angepaßt. Die positiven Ergebnisse der drei Probemaschinen führte seitens der Reichsbahn zur Bestellung von 20 Serienlokomotiven bei SSW in der Achsfolge Bo‘ Bo‘. Als Basis diente dabei eine überarbeitete Konstruktion der E 44 001. Die neuen Fahrzeuge sind für die 1933 elektrifizierte Strecke Augsburg – Stuttgart beschafft worden. Bis 1945 wurden insgesamt 174 Maschinen in Dienst gestellt. Den mechanischen Teil lieferten Henschel, Krauss-Maffei und bei acht Maschinen die LOFAG in Wien. Sieben Lokomotiven beschaffte die Deutsche Bundesbahn noch nach dem Krieg. Hinzu kamen noch die umgebauten E 244 11 und 22 als E 44 188 und 189. In der Ausführung des mechanischen und elektrischen Teils entsprechen die Maschinen weitgehend der E 44 001, die Pufferträger wurden aber angeschraubt, um ein leichteres Auswechseln nach Unfällen zu ermöglichen. Nach 1945 verblieben 45 Lokomotiven in der DDR. Die Deutsche Bundesbahn rüstete mehrere Maschinen für den Wendezugbetrieb aus. Diese Fahrzeuge erhielten den Zusatz G (E 44 009G). Die mit einer elektrischen Bremse versehenen Lokomotiven trugen bis 1962 den Zusatz W für Widerstandsbremse und wurden danach durch eine der Ordnungsnummer voran gesetzte 1 gekennzeichnet (E 44 152W = E 44 1152). Die Reihe E 44 zählte zu den besten Konstruktionen der Lokomotivgeschichte und wurde bei der Reichsbahn auch als KEL 1 geführt.
Modellvorstellung
Die Modellbahner konnten sehr lange Zeit nur darauf vertrauen, in der Regel Standardausführungen von Vorbildern ins Modell umgesetzt zu bekommen. Diese Einstellung der Hersteller war mit den immensen Investitionskosten für die Werkzeuge erforderlich, wiewohl die neueren Konstruktionsmethoden zwar einiges vereinfachen, auch bei fallenden Stück- bzw. Absatzzahlen. Dadurch ist es aber auch besser möglich, gleich ganze Serien bei kluger Vorbildrecherche zu planen und konstruieren.
Die Baureihe E 44 der DRB bzw. der Baureihe E 44/144 der Deutschen Bundesbahn ist seit vielen Jahren von mehreren Herstellern erhältlich. Über Überraschung vieler hat sich der Sonneberger Hersteller nach der 117 110, ebenfalls ein realisierter Exot unter den deutschen Altbauloks, auch das Garmischer Unikum, die 144 001-5 ins Modell umzusetzen. Die Vorbildlok verkehrte ausschließlich vom Bw Garmisch-Partenkirchen aus und gelangte somit nach Reutte in Tirol, Innsbruck Hbf. und München Hbf.
Jedenfalls ist der E 44-Prototyp aus den 1930er Jahren in drei verschiedenen Modellausführungen aufgelegt. Die analoge Modellausführung für das Zweileiter-Gleichstrom-System ist unter der angeführten Artikelnummer zum UVP von € 249,– erhältlich. Dasselbe Modell ist auch noch als Soundlok für das Zweileiter-Gleichstrom-System mit dem Piko TrainSound onboard zum UVP von € 359,– erhältlich. Angeboten wird auch eine Dreileiter-Wechselstrom-Ausführung unter der Artikelnummer 51183 zum gleichen UVP, auch hierbei ist der Piko TrainSound onboard verbaut.
Es wäre aber nicht Piko, wenn dieser Hersteller auch die Serienausführung angekündigt hätte. Diese erfolgt in Form einer E 44 der Deutschen Reichsbahn in der Epoche III-Ausführung.
Verpackung
Piko liefert sein neues DB-Modell in der bekannten Kartonverpackung mit Blistereinsatz aus. In die Kartonverpackung mit Kartonschuber ist das Modell in der rutschsicheren Blisterummantelung eingelegt. Sämtliche Papiere zum Modell sind an der Unterseite in einem eigenen Schuber in die Kartonverpackung eingeschoben. Das Modell steht wie vergleichbare Konstruktionen wieder auf einem Plastikgleis. Das Modell ist an der Unterseite mit zwei Imbus-Schrauben befestigt. Der erforderliche Imbus-Schlüssel ist beigelegt, sofern nicht schon einer von früheren Modellen existiert. Der Zurüstbeutel ist am Scharnier der Blisterbox eingeklebt. Als Zurüstteile sind bei diesem Modell die Verschiebertritte, das Heizkabel, die Bremsschläuche und die Zughaken beigelegt.
Leider hat der Hersteller aus der bisherigen Kritik hinsichtlich der fehlenden Barrierefreiheit von Betriebsanleitungen nichts gelernt, denn die Lesbarkeit der Betriebsanleitung läßt auch dieses Mal zu wünschen übrig. Die Explorationszeichnungen sind für den Modellbahner sehr nützlich. Ergänzende Hinweise werden noch in Schriftform niedergelegt. Allerdings wäre es sehr sinnvoll, die bisher gewählte Schriftgröße zu überdenken. Der Hersteller möge bedenken, daß die Sehkraft gerade älterer Personen schwächer wird und die Angaben nur mehr unter der Zuhilfenahme einer Lupe erkennbar sind.
Technik
Das Antriebskonzept ist wie bei jeder Lokomotive unterhalb des Lokgehäuse untergebracht. Das Öffnen der Lok gestaltet sich bei der 144 001-5 wie folgt: Das Lokgehäuse ist über vier Schrauben an der Unterseite des Modells befestigt. Diese sind jeweils seitlich vor der jeweils zweiten Treibachse angeordnet. Hierzu muß die Drehgestellblende ausgedreht werden. Nach dem Lösen der beiden Schrauben ist das Gehäuse einfach nach oben abziehbar.
Im Chassis der Lok ist ein fünfpoliger Mittelmotor mit zwei Schwungmassen verbaut. Der Antrieb erfolgt via Kardanwellen und dem Zahnradgetriebe auf alle vier Treibräder. Je ein Haftreifen ist einseitig an der ersten und vierten Treibachsen aufgezogen. Die Achsen sind starr eingelagert. Die Kurzkupplungskulissen sind in die Drehgestellrahmen eingearbeitet.
Die Zentralplatine ist über den Antriebskomponenten mit Schrauben befestigt. Auf der Platine befinden sich die Digital-Schnittstelle. Bei der Digital-Schnittstelle wurde eine PluX22 berücksichtigt. Das Modell ist natürlich für einen späteren Einbau der Sound-Ausrüstung vorbereitet.
Fahrverhalten
Das Modell bringt ein Gewicht von 411 Gramm auf die Waage. Das Modell fällt durch ein solides Fahrverhalten und durch die geringe Geräuschentwicklung auf. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 106 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 17 % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist die Modellgeschwindigkeit um ca. 13 % zu niedrig.
Optik
Schon der erste Blick auf das neue Modell aus Sonneberg offenbart ein sehr wunderschön umgesetztes Modell. Der ersten Vergleich der Modellkonstruktion und mit dem im Neuheitenprospekt gezeigten Vorbildfoto zeigt, daß der Hersteller die offenkundigen Bauartunterschiede berücksichtigt haben. Dies ist primär an der geänderten Stirnfront mit dem nach vorne gezogenen Dach, der Vorbauten sowie der Stirnlampen erkennbar. Aber auch die Anordnung der Seitenfenster und der Lüfterjalousien weisen Unterschiede zu den Serienmaschinen auf. Auf den halbhohen Vorbauten ist eine Kühlschlange montiert, entlang des gesamten Lokkastens finden sich zahlreiche Nietverbindungen und auch angravierte Wartungsklappen. Die Führerstandshandgriffe sind in das Modell eingesetzt, jedoch sollte man diese möglichst vorsichtig berühren, da diese nicht allzu tief in der Kastenform eingesteckt sind. Die Fensterscheiben sind mit Alu-Stege versehen, die Heizdrähte sind an der Innenseite der Fenster farblich angedeutet. Die zerlichen Einschwerfer sind silbern gehalten und schon am Modell als eigenes Bauteil eingesetzt.
Am Dach befinden sich zwei Scherenstromabnehmer. Die Dachausrüstung ist vollständig umgesetzt. Die Dachfelder zeichnen sich ebenfalls durch feine Gravuren aus, unübersehbar sind auch hierbei die zahlreich darauf befindlichen Nietverbindungen, welche hier besser sichtbar sind. Die beidseitigen Dachstege sind in die Kastenform eingesetzt. Während der Lokkasten aus Kunststoff gefertigt ist, wurde der schwarze Fahrzeugrahmen aus Zinkdruckguß umgesetzt.
Besondere Beachtung verdient das Fahrwerk mit den neu modellierten Drehgestellblenden. Diese weisen alle Details auf. Sie sind dreidimensional durchgebildet, zudem sind darauf auch einzelne Anbauteile angesetzt worden. Die Speichenräder sind durch die Drehgestelllängsträger nur bedingt sichtbar.
Bedruckung und Beschriftung
Die Farbaufteilung des Modells erfolgt wie bei vielen Altbauloks anhand der Kastenteile. Der Lokkasten samt der Vorbauten ist in grüner Farbgebung gehalten, währenddessen das Dach Weißaluminium lackiert wurde und der Fahrwerksbereich gewohnt schwarz lackiert ist. Piko hat für die DB-Variante das Einzelstück bzw. den Prototyp der E 44 001 bzw. die Epoche IV-Ausführung als 144 001-5 ausgewählt. Das Modell ist mit verschiedenen Anschriften versehen, die gut deckend aufgetragen sind. Die Lok ist beim Bw Garmisch in der BD München stationiert. Interessanterweise stehen am Modell keine Revisionsdaten. Weitere Fahrzeuganschriften sind zwar am Fahrzeugrahmen vorhanden, jedoch sind die Andrucke sehr dezent in grauer Farbe ausgeführt und nur sehr schlecht lesbar.
Beleuchtung
Das Beleuchtungskonzept erfolgt über warmweise LED. Diese leuchten fahrrichtungsabhängig dreimal weiß als Spitzenlicht und zweimal rot als Schlußlicht.
Bilder