Piko 51540 / 51544 / 51547: DB 191 098-3 / E 91 101 / DRG E 91 102

Die Deutsche Reichsbahn stellte für den schweren Dienst auf Steilrampen im Jahre 1927 insgesamt zwölf Lokomotiven der Baureihe E 91.9 mit den Betriebsnummern E 91 95 bis 106 in Dienst. Die Maschinen weisen gegenüber der zuvor gelieferten Reihe E 91 verschiedene Änderungen auf. Der Einbau einer elektrischen Widerstandsbremse hatte nicht nur einen größeren Maschinenraum, sondern auch einen größeren Gesamtachsstand verlangt. Änderungen ergaben sich außerdem bei der Anordnung der Lüftungsöffnungen. Das Grundkonzept der Triebwerke und der elektrischen Hilfseinrichtungen blieb gegenüber der Reihe E 91 nahezu unverändert. Die beiden Doppelmotoren konnten dagegen wesentlich leichter ausgeführt werden. Um die durch den Einbau der Widerstandsbremse höhere Achslast in zulässigen Grenzen zu halten, mußten auch einige andere Baugruppen leichter ausgeführt werden. Die AEG lieferte den mechanischen Fahrzeugteil, die WASSEG (Arbeitsgemeinschaft aus AEG und SSW) die elektrische Ausrüstung.

Die Baureihe E 91 war konstruktiv der Baureihe E 77 angelehnt und daher sehr ähnlich ausgestaltet. Die dreiachsigen Triebgestelle der E 91 hatten einen Innenrahmen. Ein Doppelmotor trieb über einen Winterthur-Schrägstangenantrieb die Achsen eines Triebgestells an. Der Aufbau der Lok war dreiteilig. Die Endteile waren mit einem Endführerstand und einem Maschinenraum versehen und waren mit den Triebgestellen fix verbunden. Das Mittelteil war drehbar auf Kugelzapfen der Triebgestelle aufgesetzt und gelagert. Die Übergänge zwischen den einzelnen Gehäuseteilen des Maschinenraums waren durch Faltenbälge gesichert. Die Loks verfügten über keinerlei Zwischenwände. Die bayerischen Lokomotiven ließen sich von den schlesischen Maschinen durch die zusätzliche Fronttür zwischen den beiden Führerstandsfenstern unterscheiden und wurden nach dem Zweiten Weltkrieg infolge von Modernisierungsmaßnahmen ohnehin ausgebaut. Die Lokomotiven sollten auf einer Strecke mit 10 Promille Neigung Güterzüge mit bis zu 1.200 Tonnen Gewicht bei 35 km/h und Personenzüge mit 500 Tonnen mit 45 km/h Höchstgeschwindigkeit befördern können. Da die Lokomotiven in der Fertigung etwas schwerer wurden, wurden deshalb Probefahrten mit bis zu 1.400 Tonnen Last durchgeführt. Die für diese Probefahrten herangezogenene Maschine, die noch als EG 582 angeschrieben war, erfüllte diese Vorgaben auf der Schlesischen Gebirgsbahn zwischen Lauban und Langenöls mit Bravur. Das geforderte Leistungsprogramm wurde dabei um 16 % überboten. Die Maschinen der Baureihe EG bzw. der späteren E 91 haben daher alle Anforderungen für den Dienst im schweren Güterzug- und Steilstreckeneinsatz im eher niedrigeren Geschwindigkeitsbereich gänzlich erfüllen. Zudem waren die Maschinen infolge ihres hohen Reibungsgewichtes für solche Dienste geradezu prädestioniert. Die hervoragende Konstruktion der E 91 fand bei der Verschublokomotive der Baureihe E 60 ihre Fortsetzung, die de facto eine halbe E 91 verkörpert.

Mehrere Loks waren als Kriegsverlust abzuschreiben, dazu gehören die E 91 95, 96 und die E 91 104 (Bombenschaden). Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten sechs Maschinen in den Bestand der Deutschen Bundesbahn, sie wurden Anfang der 1960er Jahre modernisiert und hauptsächlich im Raume Freiburg im Breisgau eingesetzt. Fünf Lokomotiven waren bis 1976 im Bw München-Ost stationiert. Die drei in der DDR verbliebenen Lokomotiven wurden nicht mehr aufgearbeitet. Die DB-Lokomotiven waren bis zur Ausmusterung der 191 099 am 27. November 1975 als letzte Maschine im Einsatz. Zum großen Jubiläum „150 Jahre Eisenbahn in Deutschland“ wurde sie mit Teilen der 191 100 wieder betriebsfähig aufgearbeitet und befindet sich heute im Bahnpark Augsburg.


Modellvorstellung

Wenn ich es richtig im Kopf habe, hat Piko-Chef Dr. Wilfer einmal gemeint, Altbau-E-Loks kommen bei ihm nicht ins Sortiment. Ob diese Meinung nur eine Justament-Standpunkt war, ist unbekannt, dennoch wagt der Sonneberger Hersteller das Feld rund um die früheren Altbau-E-Loks aus den 1920er Jahren stetig abzugrasen. Somit findet sich im Neuheitenblatt 2020 als letzte Neukonstruktion in diesem Fahrzeugsegment die Baureihe E 91.9 der Deutschen Reichsbahn. Das erste Modell betrifft zwar nur eine DB-Ausführung, dennoch lassen sich von diesem Fahrzeugtyp weitere Modellvarianten ableiten. Für das Jahr 2021 ist schon eine Epoche III-Version avisiert.

Piko liefert seine Neukonstruktion wieder in vier verschiedenen Modellausführungen aus. Das gegenständliche Modell kam mit der Artikelnummer 51540 in den Fachhandelt und wird als Gleichstrom-Analogmodell zum UVP von € 249,99 in den Fachhandel. Die Wechselstrom-Version mit mfx-fähigen Decoder ist unter der Artikelnummer 51541 zum UVP von € 289,99 erhältlich. Natürlich gibt es das Modell auch mit Loksound. Die Modellausführungen sind unter den Artikelnummern 51542 (Gleichstrom-Version) zum UVP von € 339,99 bzw. 51543 (Wechselstrom-Version) zum UVP von € 349,99 zu bekommen.

Verpackung

Die Auslieferung der Stangen-E-Lok erfolgt in der aktuellen Kartonverpackung mit leichten Modifikationen. Sie entspricht derselben Verpackungsform wie bei den Baureihen 78.0-5 oder E 18 und E 52. Das Modell steht auf einem stabilen Plastikgleis (Grundplatte) und erfährt durch die beiden Führungspunkte in der Mitte eine fixe Abstellposition. Eine dünne Folie hängt über dem Fahrzeugdach sowie weitere eingeklebte Filzstücke in der Plastikummantelung ergänzen den Transportschutz der Blisterummantelung, die einseitig eine Arretierungslasche aufweist. Ein Zurüstbeutel ist in einer Verpackungsmulde der Blisterverpackung abgelegt. Die Betriebsanleitung, das Ersatzteilblatt und die übrigen Werbeschriften sind im eingeschobenen Kuvert in die Kartonverpackung eingeschoben.

Technik

Piko hat bei dieser dreigliedrigen Gelenklokomotive das bewährte Antriebskonzept mit Mittelmotor angewandt. Alle Antriebskomponenten sind unterhalb der drei Gehäuseteile verstaut. Alle drei Gehäuseteile sind mit dem Chassis verschraubt. Für die Abnahme der Lokgehäuse müssen zuerst die Endgehäuse entfernt werden. Diese sind an der Unterseite über jeweils eine Zentralschraube befestigt. Sie lassen sich nach oben abziehen. Das Mittelgehäuse ist über zwei Zentralschrauben befestigt. Erst danach ist das Gehäuseteil nach oben abziehbar.

Der konstruktive Aufbau des Vorbildes verhindert die Berücksichtigung einer Zentralplatine. Diese befindet sich im Mittelteil der Lok über dem Mittelmotor. Diese nimmt zugleich die PluX22-Schnittstelle auf. Über den Getriebeblöcken der beiden Antriebsdrehstelle sind jeweils weitere Platinen untergebracht, die mittels Kabelbäume verbunden sind. Diese Platinen dienen als Hilfsteil für die LED-Beleuchtung.

Der Mittelmotor verfügt über zwei große Schwungmassen und ist im mittleren Fahrzeugchassis eingelagert. Die Kraftübertragung erfolgt über Kardanwellen auf das Stirnrad-/Schneckengetriebe im Getriebeblock der Antriebsdrehgestelle. Für den Antrieb dienen einerseits die Blindwelle und andererseits die beiden  benachbarten Triebachsen. Die dritte Treibachse wird über die Kuppelstangen mitgenommen. Die Mittelachsen der Drehgestelle sind trotz des hohen Eigengewichtes des Modells einseitig mit Haftreifen bestückt. Die Achsen 1 und 6 sind im Drehgestell starr gelagert, die Achsen 2 und 5 weisen ein größeres Seitenspiel auf und die beiden Innenachsen (3 und 4) sind überhaupt gefedert ausgeführt. Mitberücksichtigt wurde eine Kurzkupplungskulisse nach NEM.

Fahrverhalten

Das Eigengewicht beträgt 552 Gramm. Die Lok zeigt im Testbetrieb ein günstiges Fahrverhalten sowie entsprechende Zugkräfte. Die Höchstgeschwindigkeit beim Vorbild beträgt 55 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 68 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 24 % zu schnell und nach dem NEM-Wert (+ 30 %) um ca. sechs % zu langsam.

Optik

Der erste Blick auf die Neukonstruktion zeigt eine wunderschön umgesetztes Lokmodell. Alle drei Gehäuseteile weisen feine wie tiefe Gravuren auf, besonders die Lufteröffnungen sind mit sehr entsprechenden Vertiefungen versehen. Unübersehbar sind die feinen Nietreihen an der Fahrzeugaußenhaut, aber auch die erhaben dargestellten Klapptritte. Die Griffstangen der Führerstandstüren sind extra angesetzt, ebenso die Leitungen bei den Gehäuseübergängen. An der Fahrzeugfront wurden die außenliegenden Steckdosen angespritzt und farblich behandelt, Leitungen angespritzt und die Signalhalterung bzw. die Scheibenwischer extra eingesetzt. Ebenfalls ab Werk eingesetzt sind die Heizkabel und die über dem Zughaken befindliche Haltestange. Im Türbereich werden weitere feine Gravuren sichtbar. Die Türschnallen sind erhaben dargestellt und farblich abgesetzt. Die Maschinenraumfenster sind als Fallfenster ausgeführt, währenddessen die Frontscheiben gummigefaßt umgesetzt wurden.

Das Dach weist alle baulichen Komponenten auf. Auf den Außengehäuseteilen sind die beiden Stromabnehmer mit Einfachwippe aufgesetzt und beidseitig mit eingesteckten Dachstegen versehen. Die Dachfelder sind ebenfalls mit zahlreichen Nietreichen versehen, schön nachgebildet wurden auch verschiedene Deckleisten. Die Übergänge der Hochspannungsleitung am Dach ist angedeutet. Das Dach des Mittelteils trägt die wesentlichen Teile des Hochspannungsseite. Neben dem hochgezogenen Dachteil für den Trafo ist der Hauptschalter untergebracht. Zu sehen sind auch die Kühlschlangen der Trafokühlung und der der Überspannungsisolator. Auf der anderen Seite wurden zwei Dachluken mit allen Details nachgebildet.

Die Triebdrehgestelle sind ebenfalls detailgetreu umgesetzt. Am Triebwerkskasten sind ebenfalls Nietverbindungen auszumachen. Die eingesetzte Blindwelle zeichnet sich durch korrekte Umsetzung aus, wiewohl auch die Befestigung der Schrägstange und der Triebstangen inkl. dem Gestängeantrieb zur Optik viel beitragen. Die Triebstangen scheinen aus gestanzten Blech zu bestehen, die ausgeschliffenen Teile sind in roter Farbe bedruckt.  Die Achsen weisen feine Speichen auf, dürften aber aus Plastik bestehen. Das Bremsgestänge befindet sich auf Radlaufebene. Die Aggregatgruppen im Mittelteil sind ebenfalls schön nachgebildet und unter der unteren Gehäusekante sind verschiedene Leitungen aufgehängt.

Bedruckung und Beschriftung

Das Modell ist sauber lackiert und bedruckt. Sämtliche Anschriften sind gut lesbar und volldeckend aufgetragen. Piko wählte für sein Premierenmodell die Betriebsnummer 191 098-3. Die Lok ist beim Bw Freiburg der BD Karlsruhe stationiert. Das Revisionsdatum lautet auf Unt MF 04.02.70.

Beleuchtung

Das Beleuchtungskonzept erfolgt über warmweise LED. Diese leuchten fahrrichtungsabhängig dreimal weiß als Spitzenlicht und zweimal rot als Schlußlicht. Im Digitalbetrieb sind weitere Schaltmöglichkeiten gegeben, u. a. die Beleuchtung des Maschinenraums.


Bilder


Modellvorstellung 51544 – DB E 91 101

Piko hat für 2021 eine Formvariante der Baureihe 191 angekündigt, welche fast ein Jahr später die Epoche III-Version ausgeliefert wurde. Piko bietet diese Modellausführung als Gleichstrom-Analogmodell zum UVP von € 259,99 und als Soundmodell für das Gleichstrom-System zum UVP von € 349,99 bzw. für das Wechselstrom-System zum UVP von € 359,99 an. Die Formvariante trägt die Betriebsnummer E 91 101 und ist beim Bw Haltingen in der BD Karlsruhe stationiert. Als letztes Untersuchungsdatum ist die letzte Bremsuntersuchung der Heimatdienststelle mit 24.01.1957 angegeben. Gegenüber dem Epoche IV-Modell ist diese Modellvariante noch mit Sonnenblenden an den Stirnfenstern und aufgesetzter Stirnlampen versehen.


Bilder


Modellvorstellung 51547 – DB E 91 102

Die Fans der Epoche II haben mit voller Freude zur Kenntnis genommen, daß Piko im Neuheitenprogramm für 2022 eine Reichsbahnausführung dieser schweren Güterzuglokomotive in gleich drei verschiedenen Modellausführungen angekündigt hat. Piko fertigt demnach eine Modellvariante in Gleichstrom ohne Loksound zum UVP von € 295,– mit der Artikelnummer 51547. Das Modell mit Loksound ist unter der Artikelnummer 51548 zum UVP von € 410,– in Bälde verfügbar, ebenso die Dreileiter-Wechselstrom-Ausführung bei gleichem UVP unter der Artikelnummer 51549.

Das mehr als zeitgemäße Modell in aktueller optisch perfekter Umsetzung und technischer Ausstattung erhielt die Reichsbahn-Loknummer E 91 102. Das Lokschild weist messingfarbene Lettern auf, währenddessen das Eigentumsschild „Deutsche Reichsbahn“ und die „RBD Breslau“ als Direktionsbezirk silbern ausgeführt sind. Beheimatet ist die Maschine im Bw Waldenburg-Dittersbach. Auf den Lokkästen sind auch die Fabrikschilder aus Messing aufgedruckt, deren Inschriften alle gut lesbar sind. Ein Abnahmedatum ist nicht zu finden, jedoch ein Hinweis auf den Anstrich mit dem Schriftzug „Anstr. Zoellner Werke 7.29“. Allerdings fehlen am Modell die Angaben zur Führerstandseite mit „V“ und „H“.