Wien Hauptbahnhof – Die Veränderung eines Stadtteils. 2009-2014

Die Entstehung des österreichischen Eisenbahnwesens ist auf unterschiedliche Entwicklungen und der Gründung mehrerer Eisenbahngesellschaften zurückzuführen. Dies hatte gerade in der Reichs- und Residenzhauptstadt Wien zur Folge, dass jede Eisenbahngesellschaft damals einen eigenen Kopfbahnhof ausbildete. Spätere Verbindungsbahnen führten die unterschiedlichen Netze zusammen, was jedoch fehlte, war eine schnelle Durchgangsverbindung quer durch Wien. Seit Jahrzehnten existieren Bestrebungen, dieses Manko mit einem Durchgangsbahnhof zu lösen, doch mit der Ausbildung des Hochgeschwindigkeitsnetzes entlang der Westbahn und dem Bau des Lainzer Tunnels wurden die Chancen für einen „Zentralbahnhof“ wieder größer.

Im neuen Jahrtausend wurde sodann der Beschluss gefasst, auf dem weitläufigen Gelände des Wiener Südbahnhofes und des Wiener Ostbahnhofes einen neuen Wiener Hauptbahnhof auszubilden. Die Bauarbeiten wurden 2008 begonnen, indem zunächst das südliche Areal des Frachtenbahnhofes geräumt wurde. Auf dieser Querverbindung wurden folglich zwischen 2009 und 2014 die neuen Bahnanlagen errichtet.

Das vorliegende Buch ist eine teilweise vom Eigentümer der Areale (ÖBB) und der beteiligten Baufirmen und Ingenieursbüros finanziertes Bilderbuch. Dieses Buch dokumentiert während der Bauperiode die städtebauliche Veränderung dieses Geländes, indem nicht nur Gegenüberstellung von Einst und Jetzt zu sehen sind. Das Buch dokumentiert auch die Entstehung der neuen Eisenbahnanlage, indem einzelne Baufortschritte bildlich dargestellt werden. Die Entstehung der Aufnahmen folgt jedoch nicht nach einem einheitlichen Muster. Der Fotograf wählte vielfach auch neue Perspektiven, die es möglich machten, einen Gesamtblick zu erlangen. Irgendwann tritt jedoch beim Blättern und Betrachten der Aufnahmen ein gewisser Sättigungseffekt ein, weil einzelne Motive sich laufend wiederholen.

So schön das Buch als Erinnerung für dieses Gewerk sein mag, lässt sich mit dem Bau des Wiener Hauptbahnhofes nicht verhehlen, dass dieser Bahnhof im Grunde genommen nur eine bessere Haltestelle mit angeschlossener Shopping Mall ist, die die ÖBB gemeinsam mit der Stadt Wien am 10. Oktober 2014 als „Volksfestival“ eröffnete. So umstritten das Projekt auch immer war, spätestens bei den Einleitungstexten wird klar, dass bei diesem Projekt vielfach finanzielle Aspekte durch das Verwerten frei werdender Grundstücke im Vordergrund standen. Kritisch zu hinterfragen ist auch der Versuch des CEO Kern, mehr als 175 Jahre verwendete Streckenbezeichnungen neu taufen zu müssen!

Die Eröffnungsfeierlichkeit stand beim ÖBB-Konzern natürlich als wesentlicher medialer Meilenstein auf dem Programm, wurden doch mehr als eine Milliarde an Steuermittel für die Projektumsetzung aufgewendet. Es galt daher, positive Stimmung einer ausgewählten Schar an Medienschaffenden zu inszenieren! Abschließend ist aber dennoch kritisch zu hinterfragen, ob die Pressestelle des ÖBB-Konzerns berechtigt ist, Medienvertreter nach eigenem Gutdünken in verschiedene Klassen einzuteilen, um mit dieser Vorgangsweise eine vielfältige Berichterstattung vorsätzlich zu verhindern und diese dabei noch gegeneinander auszuspielen?


Allgemeine Infos:
Verlag: Birkhäuser, Basel
Autor: Roman Bönsch
Buchhülle: Hardcover
Umfang: 292 Seiten / 30,5 x 22,5 cm
Fotos: 479
Skizzen: 8
ISBN: 978-3-99043-661-5
Verkaufspreis: € 39,95 [D]/€ 41,10 [A]