Piko 51702 – DR 243 576-6

Was die Einheitsloks der DB sind, war die BR 243 der DR in den alten Bundesländern, ein Mädchen für alles, das in nur sechs Jahren in mehreren hundert Stück bei LEW in Hennigsdorf gebaut wurde. Heute erfreut sich dieser Loktyp nicht nur im ehemaligen Netz der DR, sondern trat bald in den westdeutschen Ballungszentren seinen Siegeszug an und war auch in der Schweiz kurzzeitig vertreten.

1976 startete bei der Deutschen Reichsbahn das zweite und zugleich umfangreichste Elektrifizierungsprogramm. Als Betriebsmittel standen neben den Neubauten (211, 242 und 250) einige Altbauloks (244, 254) aus dem Zweiten Weltkrieg zur Verfügung. Was der DR jedoch fehlte, war eine Universallok mit der Achsfolge Bo‘ Bo‘. Hierbei standen zwei Ausführungen zur Auswahl: eine Schnellzuglok mit 140 km/h Höchstgeschwindigkeit sowie eine Universallok mit 120 km/h.

Für die Bauausführung zeigte sich wiederum die LEW in Hennigsdorf verantwortlich, die auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1982 die Baumusterlok 212 001 vorstelle. Sie fiel durch ihr ungewöhnliches Design sofort auf und bekam rasch den Beinamen „Weiße Lady“ und wurde anschließend der intensiven Erprobung unterzogen.

Nach der Probezerlegung im Oktober 1983 im RAW Dessau erhielt die Maschine neue Drehgestellen und Radsätze mit einer Getriebeübersetzung für 120 km/h Höchstgeschwindigkeit. Mit der Unnummerierung in 243 001 wurde sozusagen die Geburtsstunde der später meistgebauten DR-Universallok eingeläutet. Es folgten die Lokomotiven 243 002 – 226 und 277 bis 370 in mehreren Baulosen. Ab der 243 300 gelangte eine neue, strömungsoptimierte Kopfform zur Ausführung (maßgeblich für die BR 212).

Die geplanten Maschinen ab 243 371 sind mit einer modifizierten Fahrsteuerung für die Mehrfachtraktion (Vielfachsteuerung) ausgestattet und wurden als neue Subtype 243.8 (243 801 bis 968) in Dienst gestellt. Als neuntes Baulos folgten zwischen 1989 und 1991 die Lokomotiven 243 551 bis 659, welche ohne Vielfachsteuerung und Querkupplung abgeliefert wurden. Die 243 660 – 662 und 243 969 – 973 entstanden nachträglich durch Umbauten der Hauptserie 243 001 bis 370 aus Unfallschäden.

Diese hohe Beschaffungsqoute bedeutete den Siegeszug dieser DR-Neubaulok, schließlich waren sie in der DDR omnipräsent und trugen die Hauptlast der E-Traktion. Die Wende bedeutete nicht nur die Umzeichnung zum 1. Jänner 1992 zur BR 143 in des Bundesbahnschema, sondern auch die Stationierung in westdeuschen Bahnbetriebswerken wie Dortmund, Düsseldorf, Mannheim und Nürnberg. Dort kamen die Universalloks im S-Bahnverkehr zum Einsatz, wofür diese Maschinen eine entsprechende S-Bahn-Lackierung erhielten oder verkehrsrot lackiert wurden. Seit 2008 werden überzählige Maschinen ausgemustert.


Modellvorstellung

Im Neuheitenblatt 2016 von Piko findet sich als Formneuheit die Modellumsetzung der ostdeutschen Universallok der DR-Baureihe 112/143. Nachdem die DR 112 schon ausgeliefert wurde, folgte ein Quartal später dann die Universallokomotive der BR 243, die als Analogmodell unter der Artikelnummer 51702 zum UVP von € 164,99 in den Fachhandel gelangt. Das Wechselstrom-Pendant kostet um € 20,– mehr und wird unter der Artikelnummer 51703 erhältlich sein. Mit dieser Neuheitenankündigung sind weitere Ausführungen mit und ohne Sound geplant.

Verpackung

Piko liefert seine Fahrzeuge in einer Kartonschachtel an den Fachhandel aus. Das Modell ist mit einer fixen, passgenauen Plastikform ummantelt, nach dem seitlichen Entriegeln ist das Modell aus der klappbaren Form entnehmbar. Dem Modell liegt eine ausführliche Betriebsanleitung samt Ersatzteilblatt sowie weiteres Prospektmaterial bei.

Technik

Das Herzstück der Neukonstruktion ist natürlich unter dem Chassis versteckt. Die Abnahme wird durch einfaches Auseinanderspreitzen des Kunststoffgehäuses möglich. Es offenbart sich der Blick auf das Innenleben des Modells. Der schwere Metallrahmen besteht aus Zinkdruckguss und nimmt obig die Fahrzeugplatine auf. Für den Digitalbetrieb hat Piko eine Schnittstelle nach NEM 658 (PluX22) berücksichtigt, wobei es dem interessierten Digitalbahner frei steht, das Modell nachträglich mit einem Sounddecoder auszurüsten. Der für den Digitalbetrieb verbaute Sounddecoder soll bereits mehrere Datenformate wie CDD mit RailComPlus, Motorola, Selctrix und M4 beherrschen.

Das Modell wird durch einen – unter der Platine gelegenen – fünfpoligen Mittelmotor angetrieben. Für den „zusätzlichen Schwung“ des Modells sorgen zwei Schwungmassen beidseits des Motors. Die Kraftübertragung erfolgt sodann über Kardanwellen und Stirnradgetriebe auf alle vier Achsen. Die Stromabnahme erfolgt über alle vier Achsen. Für Wartungszwecke hat Piko am Getriebeunterboden entsprechende Öffnungen für die Zahnräder vorgesehen. Das Modell verfügt über zwei diagonal aufgezogene Haftreifen, die jeweils am innersten Radsatz des Drehgestelles aufgezogen sind.

Fahrverhalten

Die Lok bringt ein Gewicht von 354 Gramm auf die Waage. Schon die ersten Runden dokumentieren das ruhige und leise Fahrverhalten der Neukonstruktion. Das Vorbild ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h zugelassen. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 131 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 9 % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist sie um ca. 21 % zu langsam.

Optik

Piko hat sich durch die letzten Neukonstruktionen eine sehr hohe Latte selbst auferlegt. Dieses Level wurde mit dem gegenständlichen Modell abermals erreicht, gelangt doch ein äußerst maßstäbliches Modell in den Fachhandel. Die Seitenwände mit den dezenten Sicken zeichnet sich durch fein ausgeführte Gravuren auf, welche sich im Lokkasten durch weitere Aussparungen im Bereich des Lokkastens fortsetzt. Die Sicken sind dezent angedeutet und wirken sehr realitätsnah. Sauber umgesetzt sind auch die Seiten- und Frontfenster. Eine besondere Augenweide stellt natürlich das Lokdach dar. Das Modell ist mit zwei Einholmstromabnehmern ausgestattet, die durch ihre Filigranität auffallen und nicht für den Oberleitungsbetrieb gedacht sind. Beide Stromabnehmer sind übrigens funktionslos. Die Dachfelder sind mit feinen Ätzteilen versehen, sehenswert ist jedenfalls das eingesetzte Dachgitter oder auch die Laufstege. Die filigran gestaltete und grau lackierte Dachleitung wird von einfärbigen Dachisolatoren getragen. Absolut sehenswert sind auch die Ansteckteile wie die Griffstangen der Lokeinstiege oder auch die Griffstangen an der Lokfront inkl. der UIC-Dosen. Die Scheibenwischer sind dagegen in den Fenstereinsatz angespritzt, allerdings fanden für die großen Spitzen- und Schlußlampen Modifikationen im Formenbau statt. Die Regenrinnen existieren als sehr dezente Erhebung.

Bedruckung und Beschriftung

Das Modell ist sauber lackiert und bedruckt. Sämtliche Anschriften sind gut lesbar und volldeckend aufgetragen. Gleiches kann auch von den silbernen Lampenringe und der Fensterfassungen berichtet werden. Die vollständige Loknummer lautet 243 576-6. Das Revisionsdatum lautet auf den 27.02.90. Die Lok ist beim Bw Leipzig Hbf West der Rbd Halle stationiert.

Beleuchtung

Piko hat bei der Neukonstruktion auf die SMD-Technologie gesetzt und dabei flimmerfreie, warmweiße LED verwendet. Die Spitzenbeleuchtung besteht aus drei weiße bzw. zwei rote LED, die je nach Fahrrichtung leuchten.


Bilder