Vierachsige Schwenkdachwagen Tads-y 958 – Roco 67273

Die Deutsche Reichsbahn der DDR hatte Mitte der 1970er Jahre Bedarf an vierachsigen Schüttgutwagen mit Schwenkdach. Die Kunden fragten nach Fahrzeugen, die einen größeren Laderaum aufwiesen als entsprechende zweiachsige Wagen. Mit den Tds [5730] (Tds 935) und Tdgs [5740] (Tdgs 937) hatte die DR seit 1971 zweiachsige Schüttgutwagen mit Schwenkdach in ihrem Fahrzeugpark, die von den Kunden gern in Anspruch genommen wurden.

Die Reichsbahn bestellte die vierachsigen Wagen beim franzöischen Waggonbauer Arbel Industrie in Douai. Die Fahrzeuge haben einen lebensmittelechten Innenanstrich und wurden in zwei Serien geliefert, die sich leicht bei der Ausführung der Stützbleche und den Lastgrenzen unterscheiden. 1976 bis 1977 entstand die 620 Fahrzeuge umfassende Serie, die von der DR mit der Dokumentationsnummer (Dok.-Nr.) 4579 bzw. Gattungsschlüsselnummer (GSNR) 5843 für Wagen ohne Feststellbremse sowie Dok.-Nr. 4580; GSNR 5843 für Wagen mit Feststellbremse als Tadgs in Dienst gestellt wurde.

Die zweite, 700 Fahrzeuge umfassende Bauserie folgte 1978 und 1979. Diese Wagen wurden unter der Dok.-Nr. 4582; GSNR 5844 (ohne Feststellbremse) und Dok.-Nr. 4583; GSNR 5844 (mit Feststellbremse) als Tadgs eingereiht. Dazu kamen 167 Wagen mit einem normalen Innenanstrich, die als Tads allen oben genannten Dok.-Nr. und der GSNR 5834 zugeordnet wurden.

Für das Laufwerk wählte der Hersteller zweiachsige Drehgestelle der Bauart 839. Sie gehören zur Gruppe der Y 25 Cs-Drehgestelle an. Für die geschweißte H-Rahmenkonstruktion dieser Drehgestelle wurde hochwertiger Baustahl verwendet. Die Rahmen sind 3.250 mm lang und werden an beiden Stirnseiten durch Kopfstücke verstärkt. Der Wagenkasten liegt über vollständige Drehpfannen auf den Drehgestellen auf.

Zweistufige Schraubenfendern nach den Vorgaben des UIC-Merkblatts 517 nehmen Gleisunebenheiten auf und dämpfen die Bewergungen des Kastens. Die Federn sind neben den Lagergehäusen montiert und verbinden diese mit dem Drehgestellrahmen. Es wurden Radsätze mit Zylinderrollenlagern und Vollscheiben eingebaut. Die abschaltbare zweistuftige Druckluftbremse der Bauart Knorr KE-GP hat eine mechanische, manuell zu bedienende Umstellvorrichtung. Ein Bremszylinder wirkt über einen Gestängesteller und das Bremsgestänge auf die einfachen Bremsklötze, die in den Laufflächen der Radsätze liegen. Es wurden Bremszylinder mit zwei unterschiedlichen Durchmessern in die Wagen eingebaut. 20 Prozent der Fahrzeuge wurden mit einer Feststellbremse geliefert. Sie läßt sich über eine Kurbel am Geländer einer Entladebühne bedienen.

Die Wagen haben eine geteilte Zugvorrichtung mit Elastomerfedern. Sie ist mit normalen Schraubenkupplungen und Zughaken ausgestattet. Diese können jedoch wegen der vorhandenen Federbeinabstützung gegen eine automatische Mittelpufferkupplung ausgetauscht werden. Hochleistungspuffer der Bauart Ringfeder mit runden Puffertellern dienen zur Übertragung der auftretenden Stoßkräfte.

Das geschweißte Untergestell besteht aus unterschiedlichen Blechen und Profilen. Lang-, Quer- und Pufferträger bilden einen tragenden Rahmen, auf dem sich der Wagenkasten befindet. An den Enden des Untergestells sind die beiden Entladebühnen aufgebaut. Sie haben einen Blechboden sowie feste Geländer und Auftrittsstufen sowie feste Geländer und Auftrittsstufen aus Stahl.

Der geschweißte Wagenkasten besteht aus korrosionsträgem Stahl. Die Seitenwände sind bis zu 48° gegen die Horizontale geneigt. Der Laderaum wird durch Querwände in vier Ladekammern unterteilt und ist über senkrechte Stützbleche mit dem Untergestell verbunden. Wagen mit dem Nebengattungs-Kennbuchstaben „y“ haben eine Innenbeschichtung aus Epoxydharz, die das Auslaufen des Ladeguts verbessert.

Die Laderäume laufen nach unten trichterförmig zusammen und können durch zwei gegenüberliegende, seitlich angeordnete Öffnungen entleert werden. Die Öffnungen sind durch Wölbschieber der UIC-Standardbauart verschlossen. Die Schieber lassen sich einzeln über Hebel und Wellen bedienen. Sie ermöglichen eine dosierte Entladung in Tiefbunker oder auf Förderbänder, die jederzeit unterbrochen werden kann. So können die Wagen auf beiden Längsseiten gleichzeitig oder nach einer beliebigen Seite entleert werden.

Die Schieber lassen sich manuell über Gestängehebel von den beiden Endbühnen aus öffnen und schließen, wobei jeweils die beiden ersten Schieber jeder Seite – von der Bühne aus gesehen – bewegt werden können. Die Schieber lassen sich dabei in Abstufungen von 25 mm arretieren. So kann der Durchfluß des Ladeguts geregelt werden.

Ein rieseldichter Abschluß der Schieber verhindert den Verlust von feinkörnigem Ladegut während des Transports. Aufstiegsleitern ermöglichen die Kontrolle der Be- und Entladevorgänge durch einen Blick in den Laderaum. Unter den Wölbschiebern befinden sich feste und bewegliche Auslaufrutschen. Sind die beweglichen Rutschenverlängerungen eingeklappt, enden die festen Rutschen 700 mm über der Schienenoberkante und 600 mm neben der Gleismitte. Sind die Verländerungen ausgeklappt, verringert sich die Entladehöhe auf 412 mm über SOK. Sie liegt nun aber 805 mm neben der Gleismitte.

Die Beladeöffnung der Wagen läßt sich mit einem einschaligen Hub-Schwenkdach verschließen. So können auch witterungsempfindliche Schuttgüter mit den Tads-Wagen befördert werden. Das Dach hat eine Sicherung gegen unbeabschichtges Öffnen. Es läßt sich über ein Handrad und einen kettenantrieb von einer Stirnbühne aus öffnen und schließen.

Durch einen Gewichtsausgleich zwischen dem Tragarm des Dachs und den Stirnseiten der Wagenkästen über Federn kann das Dach ohne großen Kraftaufwand bewegt werden. Beim Öffnen hebt sich das Dach zunächst um 40 mm an und schwenkt dann auf einer Seite über den oberen Teil des Oberkastens in seine Endlage. Es gibt die gesamte Beladeöffnung auf einmal frei. Das abgeschwenkte Dach überschreitet die Wagenbegrenzungslinie I. Um Schäden zu vermeiden, dürfen die Wagen deshalb nicht mit offenem Dach bewegt werden.

Fließt das Ladegut nicht einwandfrei aus, kann das Personal durch lange Stangen manuell von oben versuchen, es zu lösen. Zusätzlich kann auch von außen mit speziellen Rüttlern gearbeitet werden. Diese Geräte können in Anschlagschienen über den Entladeöffnungen eingehängt werden. Die üblichen Kleinteile wie Signalhalter, Zettelkästen und Seilhaken vervollständigen die Ausstattung der Wagen.

1987 änderten sich die Vorschriften für die Nummernkreise der Wagen mit öffnungsfähigem Dach in Sonderbauart (Gattung „T“), und auch die Reichsbahn mußte ihre Fahrzeuge umnummern. Diese erste Stelle der Wagennummer, die „5“, wurde in „0“ geändert. Somit änderten sich die Gattungsschlüsselnummern von 58xx in 08xx.

Nun hatten die Wagen der Deutschen Reichsbahn die gleichen Nummern wie die Tadgs 959 der Deutschen Bundesbahn. Im Hinblick auf die Wiedervereinigung beider deutscher Staatsbahnen zur DB AG mußten die hier vorgestellten Fahrzeuge noch einmal umgezeichnet werden. Wagen mit lebensmittelechtem Innenanstrich bekamen nun die GSNR 0825 und 0826, solche ohne lebensmittelechten Innenanstrich die GSNR 0819 und 0822.

Die Deutsche Bahn AG (DB AG) reihte alle hier beschriebenen Wagen ab 1994 als Tads(-y) 958 in ihren Bestand ein. Die Tads 958 wurden inzwischen in Tads 961 umgezeichnet. Im Rahmen von Revisionen wurden einige Tad(g)s 958 aufgewertet. So bekamen 75 Tads-y und 71 Tadgs-y einen neuen Innenanstrich, Schieber mit Edelstahlblechen und Schieber-Dichtungen aus Edelstahl.


Modellvorstellung

Roco wählte für die Modellumsetzung zwei DR-Wagen mit der Gattungsbezeichnung Tads-y 958 in der Beschriftung der DB AG, also Epoche V mit entsprechenden DB AG-Logo aus. Die Modelle tragen zusätzlich noch unterschiedliche Gattungsschlüsselnummern. Die vorliegenden Modell stellen komplette Neukonstruktionen dar, welche gemeinsam mit einer anderen Wagenbauart ohne Schwenkdach der Gattung Faccs realisiert werden.

Das Modell ist überwiegend aus Kunststoff gefertigt. Beim Abtasten des Langträgers hat man das Gefühl, daß dieser aus Metall gefertigt ist. Auf diesem sind die Seitenwände für den aufgesetzten Trichter angesetzt. Beim Betrachten der einzelnen Fertigungsteile fällt auf, dass das Oberteil bündig zum Unterteil anschließt und kein störender Spalt zu stehen ist. Die Dachklappe ist fix angesetzt und kann nicht zur Seite verschoben werden. An den Rahmenenden ist jeweils eine fein geriffelte Plattform für das Verschub- und Endladepersonal montiert. Als absoluter Rückschritt sind die angespritzten „Hülsen“ für das Geländer zu bezeichnen, die es beim Vorbild nicht gibt. Roco hat dabei bei früheren Konstruktionen schon wesentlich bessere Lösungen vorgezeigt, indem einfache Löcher die Geländerteile (Zurüstteile) genauso gut aufnehmen können und optisch eine bessere Lösung darstellen.

Die Drehgestelle entsprechen dem Typ Y 25 Cs bzw. der Bauart 839 der DB AG. Die vier Radsätze sind aus Metall und isoliert. Die Drehgestelle weisen saubere Gravuren auf. Die Federpakete sind im Halbrelief dargestellt, die Bremsbaken reichen bis zur Hälfte auf die Radlauffläche hinein. Beide Drehgestelle bestehen ebenfalls aus Kunststoff und sind in gewohnter Weise am Hauptrahmen eingeklippst. Die Modelle sind serienmäßig mit einer KK-Kulisse ausgestattet. Die Bremsanlage ist am Wagenboden nachgebildet, dürfte allerdings nicht die richtige sein, wiewohl die richtige Ausführung der Hersteller bereits im Programm hätte.

Ebenfalls sauber graviert sind die zarten Abstufungen und Schweißnähe bei dem Aussparungen der Seitenwände. Die Öffnungen sind mittels Wölbschieber verschlossen. Die Auslaufrutschen sind gut getroffen und sind am Modell in der „Transportstellung“ fixiert. Auf den Plattformen sind die jeweils zwei mal zwei Hebel montiert, von denen aus die entsprechenden Wellen oberhalb des Wagenrahmens montiert sind.

Das Modell ist sauber lackiert, wiewohl dies bei dieser monotonen Farbgebung kaum eine großartige Kunst darstellt. Trotzdem gibt es farbliche Abweichungen, und zwar die gelb-schwarzen Warnstreifen am Dachende, die gelben Seilhaken und die farblich abgesetzten Bremstafeln.

Jedem Waggon liegt ein dicker Zurüstbeutel bei, in welchem sich unzählige Zurüstteile befinden. Diese betreffen das Geländer an den Plattformen, die Trittstufen zu den Plattformen, den Zettelkasten sowie weitere Anbauteile zur Verfeinerung des Modells. Diese Teile können bedauerlicherweise für die Modellbesprechung und für die Fotos nicht angebracht werden, da Roco/Fleischmann seit der Spielwarenmesse 2015 nur mehr Modelle zurücknimmt, die im „sachgemäßen Zustand“ zu retournieren sind, andernfalls erfolgt die kostenpflichtige Verrechnung. Zur Darstellung der Vielzahl der Zurüstteile wird daher der Zurüstbeutel fotografisch dargestellt. Zudem kann auch nicht überprüft werden, ob genügend Einzelteile verpackt sind, da es bei anderen Sets aus dieser Wagenfamilie laufend Beanstandungen über fehlende Einzelteile gab.