Tillig 76723 / 76792 / 77016 / 77015 / 77019 / 77017 /76795: DB- / DR- / BDZ- / DRG- / SNCB-Kesselwagen

Für den Transport von Benzol und später auch für Öle dienten zunächst Kesselwagen der Verbandsbauart mit einem Ladevolumen zwischen 17 und 18 m³ Fassungsvermögen. Diese Kesselwagen wurden auf Fahrgestellen der Offenen Güterwagen der Bauart O Halle mit Bremserhaus errichtet, wobei auf das Fahrgastell eines O Halle mit Bremserhaus der genietete Kessel mit seitlicher Aufstiegsleiter und Plattform montiert wurde. Der Achsstand betrug 4000 mm, die Fahrzeuglänge 7.500 mm und die Länge über Puffer 8.800 mm. Die Fahrzeuge wurden zwischen 1910 und 1925 in mehreren 100 Stück von mehreren Herstellern gebaut. Diese Kesselwagen erhielten gegenüber den Länderbauarten später eine Druckluftbremse eingebaut. Die Fahrzeuge waren von mehreren Mineralölfirmen eingestellt. Hierzu zählen u. a. Schliemanns Ölwerke, Thörl und R. Ossag während der Reichsbahnzeit, aber auch Hobum, DEA und Shell bei der DB.

Bis in die Mitte der 1950er Jahre war die Kohle dominierend in der Energieversorgung. Zahlreiche Zechen, vor allem im Ruhrgebiet, versorgten das gesamte Land mit dem unentbehrlichen Brennstoff. Die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik Deutschland und eine Ölschwemme auf den Weltmärkten bildeten die Grundlage für eine ab 1953 erfolgende rasante Umgestaltung des deutschen Energiesektors. Betrug der Mineralölverbrauch in Westdeutschland 1950 rund vier Millionen Tonnen, so hatte dieser sich bis 1955 auf 9,7 Mio. t mehr als verdoppelt und bis 1960 noch einmal verdreifacht auf über 28 Mio. t. 1973 war dann die Spitze bei 147 Mio. t erreicht. Von da an nahm der Verbrauch mit konjunkturellen Schwankungen langsam wieder ab auf aktuell ca. 110 Mio. t im letzten Jahrzehnt.

Diese beeindruckenden Zahlen bedeuteten auch für die Logistiker der Mineralölfirmen eine Herausforderung. Die Raffinerien – bislang entweder auf den deutschen Ölfeldern oder an den Küsten angesiedelt – wurden in die Verbrauchsräume verlegt. Die Rohölzufuhr erfolgte ab den Seehäfen über ein System von Pipelines. Die bisherige Gepflogenheit, den Groß- und Einzelhandel direkt ab Raffinerie zu beliefern, konnte auf Dauer nicht beibehalten werden. Bis in die 1970er Jahre entstand ein flächendeckendes Netz von Großtanklagern, das direkt mit dem Binnenschiff oder mit Ganzzügen der Eisenbahn beliefert wurde. Die Feinverteilung in der Fläche übernahmen dann Straßentankwagen. Die Eisenbahn konnte über die Jahre, auch Dank der Gewährung von Ausnahmetarifen, einen Anteil von ca. 25 bis 35 Prozent der Fertigprodukttransporte für sich verbuchen.

Im Gegensatz zu den festen Brennstoffen, bei der die Bahn auch meist die Wagen stellt, erfolgt der Abtransport von Mineralölen in Privatkesselwagen. Bis Mitte der 1930er Jahre beschafften die Mineralölfirmen diese Wagen überwiegend auf eigene Rechnung. Im Zuge der Aufrüstung wurden sehr viele Wagen von staatlichen Stellen beschafft und von diesen der freien Wirtschaft mietweise überlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Arbeitsteilung im Wesentlichen beibehalten, nur das an Stelle des Staates jetzt private Vermietgesellschaften die Beschaffung übernahmen. Bis Ende der 1960er Jahre hatten die Ölgesellschaften ihren eigenen Wagenpark fast komplett durch Mietwagen ersetzt.

Bereits die ersten bekannten Kesselwagen für Mineralölprodukte wiesen die charakteristischen Merkmale auf, die sich bis heute erhalten haben: ein liegender, zylindrischer Transportbehälter mit oben liegenden Domen zum Befüllen und in der Sohle befindlichen beidseitigen Endleereinrichtungen. Auch wenn bereits während des Ersten Weltkrieges die ersten geschweißten Behälter ausgeliefert wurden, war der genietete Kessel bis in die Mitte der 1930er Jahre die Regel. Der Behälter ruhte in zwei Sattelböcken, die über den Hauptquerträgern auf dem Untergestell auflagen. Das Untergestell basierte in der Regel auf den Zeichnungen der zweiachsigen offenen Güterwagen der einstellenden Bahnverwaltung.

Auch wenn die Kesselwagen alle recht ähnlich aussahen, waren die Hauptabmessungen der Behälter sehr unterschiedlich. Auch die Ausrüstung, vor allem die Endleereinrichtung, war oft Hausmarke und stand somit dem freizügigen Einsatz im Wege. Ende der 1920er Jahre setzten Bestrebungen ein, die Kette der Mineralöllogistik zu rationalisieren, d. h. die Tanklager und die Eisenbahn- sowie Straßentankwagen zu standardisieren.

Im Bereich der Kesselwagen entstand ein Typenprogramm basierend auf sieben Kesseldurchmessern und zwei Kessellängen. Fünf Varianten fanden für Mineralölkesselwagen Verwendung. Diese deckten die Hauptladegruppen Benzin, Heizöl und Diesel sowie Bitumen ab. Vereinheitlicht wurden auch Entleereinrichtungen, Dome und Heizstutzen. Diese Normwagen wurden in großen Stückzahlen bis Anfang der 1950er Jahre gebaut. Die ab Mitte der 1950er Jahre gebauten Wagen übernahmen aus dieser Norm lediglich die Anbauteile. Durch die Vergrößerung der Achsfahrmasse konnten die Behältervolumen vergrößert werden. Deren Abmessungen waren in den Normen allerdings nicht festgelegt, da sie für den Einsatz der Wagen von untergeordneter Bedeutung waren. Ab Mitte der 1960er Jahre wurden die Normen überarbeitet. Für den Mineralölbereich wurden ausschließlich Drehgestellwagen vorgesehen. Drei Typen mit festgelegten Kessel- und Untergestellmaßen wurden entwickelt. Seitherige Fortschreibungen der Normen betreffen nur noch die Ausrüstung der Wagen.

Bis Ende der 1930er Jahre kamen fast nur zweiachsige Wagen zum Einsatz. Anfang der 1940er Jahre entstand ein Typenprogramm für Mineralölkesselwagen, bei dem auch zwei Drehgestellvarianten für leichte Produkte wie Benzin und Benzol sowie für mittlere und schwere Destillate wie Heizöl und Bitumen entwickelt wurden. Mitte der 1960er Jahre lief die Beschaffung zweiachsiger Mineralölkesselwagen aus. Der große Überhang
an zweiachsigen Kesselwagen veranlasste die Vermietgesellschaften VTG und EVA in den Jahren 1967 bis 1975, einige hundert dieser Wagen in Drehgestellwagen umzubauen. Seit Anfang der 1970er Jahre ist der Transport von Mineralölen eine Domäne der Drehgestellwagen. Zweiachser konnten sich lediglich in einigen Bereichen mit kleinem Transportvolumen – u. a. Schmier- und Altöle sowie zur Militärversorgung – noch bis zur Jahrtausendwende eine Nische bewahren.


Modellvorstellung

Dieser zweiachsige Kesselwagen wurde bereits 1992 vom Hersteller Sachsenmodelle in das Sortiment aufgenommen, von dem neben einem VTG-Einzelwagen auch weitere Wagenmodelle der K. Sächs. Sts. E. in einem Set produziert wurden. Da die Fa. Sachsenmodelle bei Tillig aufgegangen ist, werden nunmehr bei diesem Unternehmen weitere Modellausführungen aufgelegt.

Die aktuelle Modellausführung eines solchen Kesselwagens betrifft einen Ölwagen der „Ölwerke Julius Schindler GmbH, Hamburg“. Tillig hat das Modell als Herbstneuheit 2017 unter der Artikelnummer 76723 angekündigt, das im Fachhandel zum UVP von € 32,50 erhältlich ist. Die Auslieferung des zweiachsigen Kesselwagens erfolgt in der üblichen Tillig-Aufmachung. Der Kesselwagen liegt in einer Plastikschale, die in der Kartonumverpackung aufgenommen wird.

Nachdem das Modell auf der alten Konstruktion des O Halle von Sachsenmodelle umgesetzt wurde, wirkt dieses zu breit und zerstört die Proportionen des Fahrzeuges. Optisch unschön sind die Formtrennkanten am oberen Kesselscheitel, der uneben aufliegt. Die Bedruckung des Fahrzeuges ist tadellos ausgeführt. Die Anschriften des Fahrzeuges sind trennscharf lesbar. Kurios erscheint jedoch die Angabe des Kesselvolumens von 190 hl, was aber dem Vorbild des 19,2 m³-Kesselwagen – ebenfalls in Verbandbauart – entsprechen würde. Ungeachtet dessen trägt das Modell die Wagennummer 580 115 P der DB. Es ist im Bahnhof Hamburg-Wilhelmsburg beheimatet und dient dem Transport von Schmieröl. Im Revisionsraster wird als letztes Untersuchungsdatum REV 108 14.08.62 ausgewiesen.


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Modellvorstellung 76792 – DR

Die Modellserie mit den zweiachsigen Kesselwagen findet seine diesjährige Fortsetzung mit einem Wagen der DR, welche an die VEB Chemische Werke Buna vermietet ist. Das Modell ist im Erscheinungsbild der Epoche IV gehalten und ist mit der Gattungsbezeichnung Z und der Wagennummer 21 50 070 0 965-1P beschriftet, wobei im Revisionsraster die Untersuchungsdaten REV J 13.06.68 stehen. Der Kesselwagen ist zum UVP von € 35,50 erhältlich.


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Modellvorstellung 77016 – BDZ

Die Modellvielfalt in der Epoche II ist ziemlich überschaubar. Umso erfreulicher ist es, daß sich Tillig dieser Zielgruppe annimmt und aus seinem Formenschatz des zweiachsigen Kesselwagens auch Modellvarianten anbietet, die abseits des gängigen Mainstreams sind. Beim vorliegenden Modell des bulgarischen Kesselwagens handelt es sich um ein Epoche II-Fahrzeug, das mit den Fahrzeugdaten Rmf 91026 beschriftet ist. Am Fahrzeugrahmen ist das Untersuchungsdatum abgedruckt, die Angaben lauten auf REV PEB 09.08.38. Gegenüber anderen Modellen ist bei diesem auffallend, daß trotz Anschriftentafel die relevanten Betriebsdaten nich auf dieser, sondern an verschiedenen Stellen des Kesselwagens angebracht sind. Tillig offeriert das Modell zum UVP von € 37,40.


Modellvorstellung 77015 – DRG

Der von der F. Thörl’s Vereinigte Harburger Ölfabriken A. G. eingestellte Privatwagen mit der Wagennummer Altona 525 242 P mit angeschriebenen Heimatbahnhof Harburg U. E. ist im Erscheinungsbild der Epoche II gehalten und trägt dabei die Untersuchungsdaten Unt. 29.04.27. Das Modell wird zum UVP von € 35,30 angeboten.


Modellvorstellung 77019 – DRG

Nach den bereits verfügbaren Kesselwagen für die Epoche II wartet der Hersteller mit einem weiteren, interessanten Kesselwagen auf. In Modell umgesetzt wurde ein Säurekesselwagen der Unterharzer Berg- und Hüttenwerke GmbH, Zinkhütte Harlingerode als eingestellter Privatwagen bei der Deutschen Reichsbahn. Das Modell trägt mit der Wagennummer Hannover 588 392P, als Heimatbahnhof ist Oker angeschrieben. Der Kesselwagen fällt nicht nur durch den kleinen Kessel mit einem Volumen von 100 hl auf, sondern verfügt über ein umlaufendes Nietenband. Als letztes Untersuchungsdatum ist der 03.02.1938 am Fahrzeugrahmen ausgewiesen. Das Modell kostet im Handel UVP € 35,30.


Modellvorstellung 77017 – SBB

Tillig hat mit diesem eingestellten Kesselwagen bei der SBB ein weiteres Modell für die Epoche II-Modellbahner produziert. Der Privatwagen gehört der Lumina A. G. in Zürich bzw. Genf, wobei der Heimatbahnhof Basel Kleinhüningerhafen ist. Der Kesselwagen dient zum Transport von Benzin, Petroleum und Mineralölen und ist mit der Wagennummer 530 012P versehen. Am rechten Auslauf des Langträgers ist das Revisionraster zu sehen, dort ist die Angabe REV Yv 22.06.37 zu entnehmen. Der Kesselwagen mit Bremserhaus wird zum UVP von € 37,40 angeboten.


Modellvorstellung 76795 – SNCB

Es ist zwar nur ein Kesselwagen, aber anhand der erst kürzlichen Auslieferung im Sommer 2023 läßt die teilweisen Probleme bei der Termineinhaltung der Hersteller erkennen. Tillig hat das Modell in den Herbstneuheiten 2021 angekündigt und berücksichtigte diesmal für die Epoche II-Modellbahner diesen Kesselwagen mit dem Logo des Mineralölkonzerns BP, der mit der Wagennummer 105175P bei der Belgischen Staatsbahnen als Privatwagen eingestellt ist. Des weiteren ist die Aufschrift „L’Alliance Soc an Anvers“ zu lesen. Das sauber bedruckte Modell verfügt über ein Bremserhaus und weist unvollständige Untersuchungsdaten mit den Angaben 4/2 26 auf. Das Modell ist bei Auslieferung zum UVP von € 39,90 erhältlich.