B-Models/Van Biervliet VB-81020: KVG-Kesselwagen
Die Chemische Industrie sowie die Erdölverarbeitende Industrie bedienen sich beim Transport unterschiedlicher Kesselwagentypen, die heutzutage überwiegend bei Waggonvermietern geparkt sind. Das Vermietungsgeschäft von Güterwagen teilen sich mehrere Gesellschaften in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Frankreich auf. Die verschiedenen Namen der Waggonvermietungsgesellschaften sind uns heute allgegenwärtig bekannt, wobei auch in diesem Bereich Fusionen und Namensänderungen möglich sind, indem aus der Kesselwagen Vermietungsgesellschaft (KVG) das neue Unternehmen GATX wurde. GATX führt diesen Kesselwagen unter der Kennnummer 1693. Hierbei handelt es sich um einen Mineralölwagen mit einem Ladevolumen von 93 m³ und 24 Tonnen Eigengewicht. Als Gesamtgewicht sind 90 Tonnen möglich. Der Kesselwagen hat eine LüP von 16.480 mm. Als Tankcode ist L4BH angeschrieben, die Wagen sind nicht beheizt. Gebaut wurden diese Kesselwagen bei Astra in Rumänien.
Bis in die Mitte der 1950er Jahre war aber weiterhin die Kohle dominierend in der Energieversorgung. Zahlreiche Zechen, vor allem im Ruhrgebiet, versorgten das gesamte Land mit dem unentbehrlichen Brennstoff. Die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik Deutschland und eine Ölschwemme auf den Weltmärkten bildeten die Grundlage für eine ab 1953 erfolgende rasante Umgestaltung des deutschen Energiesektors. Betrug der Mineralölverbrauch in Westdeutschland 1950 rund vier Millionen Tonnen, so hatte dieser sich bis 1955 auf 9,7 Mio. t mehr als verdoppelt und bis 1960 noch einmal verdreifacht auf über 28 Mio. t. 1973 war dann die Spitze bei 147 Mio. t erreicht. Von da an nahm der Verbrauch mit konjunkturellen Schwankungen langsam wieder ab auf aktuell ca. 110 Mio. t im letzten Jahrzehnt.
Diese beeindruckenden Zahlen bedeuteten auch für die Logistiker der Mineralölfirmen eine Herausforderung. Die Raffinerien – bislang entweder auf den deutschen Ölfeldern oder an den Küsten angesiedelt – wurden in die Verbrauchsräume verlegt. Die Rohölzufuhr erfolgte ab den Seehäfen über ein System von Pipelines. Die bisherige Gepflogenheit, den Groß- und Einzelhandel direkt ab Raffinerie zu beliefern, konnte auf Dauer nicht beibehalten werden. Bis in die 1970er Jahre entstand ein flächendeckendes Netz von Großtanklagern, das direkt mit dem Binnenschiff oder mit Ganzzügen der Eisenbahn beliefert wurde. Die Feinverteilung in der Fläche übernahmen dann Straßentankwagen. Die Eisenbahn konnte über die Jahre, auch Dank der Gewährung von Ausnahmetarifen, einen Anteil von ca. 25 bis 35 Prozent der Fertigprodukttransporte für sich verbuchen.
Im Gegensatz zu den festen Brennstoffen, bei der die Bahn auch meist die Wagen stellt, erfolgt der Abtransport von Mineralölen in Privatkesselwagen. Bis Mitte der 1930er Jahre beschafften die Mineralölfirmen diese Wagen überwiegend auf eigene Rechnung. Im Zuge der Aufrüstung wurden sehr viele Wagen von staatlichen Stellen beschafft und von diesen der freien Wirtschaft mietweise überlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Arbeitsteilung im Wesentlichen beibehalten, nur das an Stelle des Staates jetzt private Vermietgesellschaften die Beschaffung übernahmen. Bis Ende der 1960er Jahre hatten die Ölgesellschaften ihren eigenen Wagenpark fast komplett durch Mietwagen ersetzt.
Bereits die ersten bekannten Kesselwagen für Mineralölprodukte wiesen die charakteristischen Merkmale auf, die sich bis heute erhalten haben: ein liegender, zylindrischer Transportbehälter mit oben liegenden Domen zum Befüllen und in der Sohle befindlichen beidseitigen Endleereinrichtungen. Auch wenn bereits während des Ersten Weltkrieges die ersten geschweißten Behälter ausgeliefert wurden, war der genietete Kessel bis in die Mitte der 1930er Jahre die Regel. Der Behälter ruhte in zwei Sattelböcken, die über den Hauptquerträgern auf dem Untergestell auflagen. Das Untergestell basierte in der Regel auf den Zeichnungen der zweiachsigen offenen Güterwagen der einstellenden Bahnverwaltung.
Auch wenn die Kesselwagen alle recht ähnlich aussahen, waren die Hauptabmessungen der Behälter sehr unterschiedlich. Auch die Ausrüstung, vor allem die Endleereinrichtung, war oft Hausmarke und stand somit dem freizügigen Einsatz im Wege. Ende der 1920er Jahre setzten Bestrebungen ein, die Kette der Mineralöllogistik zu rationalisieren, d. h. die Tanklager und die Eisenbahn- sowie Straßentankwagen zu standardisieren.
Im Bereich der Kesselwagen entstand ein Typenprogramm basierend auf sieben Kesseldurchmessern und zwei Kessellängen. Fünf Varianten fanden für Mineralölkesselwagen Verwendung. Diese deckten die Hauptladegruppen Benzin, Heizöl und Diesel sowie Bitumen ab. Vereinheitlicht wurden auch Entleereinrichtungen, Dome und Heizstutzen. Diese Normwagen wurden in großen Stückzahlen bis Anfang der 1950er Jahre gebaut. Die ab Mitte der 1950er Jahre gebauten Wagen übernahmen aus dieser Norm lediglich die Anbauteile. Durch die Vergrößerung der Achsfahrmasse konnten die Behältervolumen vergrößert werden. Deren Abmessungen waren in den Normen allerdings nicht festgelegt, da sie für den Einsatz der Wagen von untergeordneter Bedeutung waren. Ab Mitte der 1960er Jahre wurden die Normen überarbeitet. Für den Mineralölbereich wurden ausschließlich Drehgestellwagen vorgesehen. Drei Typen mit festgelegten Kessel- und Untergestellmaßen wurden entwickelt. Seitherige Fortschreibungen der Normen betreffen nur noch die Ausrüstung der Wagen.
Bis Ende der 1930er Jahre kamen fast nur zweiachsige Wagen zum Einsatz. Anfang der 1940er Jahre entstand ein Typenprogramm für Mineralölkesselwagen, bei dem auch zwei Drehgestellvarianten für leichte Produkte wie Benzin und Benzol sowie für mittlere und schwere Destillate wie Heizöl und Bitumen entwickelt wurden. Mitte der 1960er Jahre lief die Beschaffung zweiachsiger Mineralölkesselwagen aus. Der große Überhang an zweiachsigen Kesselwagen veranlasste die Vermietgesellschaften VTG und EVA in den Jahren 1967 bis 1975, einige hundert dieser Wagen in Drehgestellwagen umzubauen. Seit Anfang der 1970er Jahre ist der Transport von Mineralölen eine Domäne der Drehgestellwagen. Zweiachser konnten sich lediglich in einigen Bereichen mit kleinem Transportvolumen – u. a. Schmier- und Altöle sowie zur Militärversorgung – noch bis zur Jahrtausendwende eine Nische bewahren.
Firmenchronik KVG
Die Firma KVG wurde 1991 mit den Standorten in Wien und Hamburg gegründet und entstand aus der Akquise von mehr als 17.000 Kesselwagen ehemaliger osteuropäischer Bahnverwaltungen. Kerngeschäft des Unternehmens war der Transport von flüssigen Mitteln in Kesselwagen. Im Jahr 1997 stieg die amerikanische GATX im Zuge von Umstrukturierungen bei der KVG mit 40 % Anteil ein. Damit setzte das Unternehmen seinen ersten Fuß über den großen Teich. 2003 folgten die restlichen 60 % der Firmenanteile, wobei gleichzeitig die Wagenflotte von DEC in jene der KVG integriert wurde. Der Firmenname verschwand spätestens mit der Gründung der GATX Rail Europe im Jahr 2006.
Firmenchronik GATX
Die Gründung des Unternehmens fand im Jahr 1898 durch das Leasinggeschäft von Güterwagen statt. Die Ausweitung der Geschäftstätigkeit in Europa erfolgte mit dem Einstieg mit 40 % beim Waggonvermieter KVG im Jahr 1997. 2003 war GATX Alleineigentümer des Unternehmens. Die polnische DEC wurde ein Jahr zuvor gekauft. 2006 wurde die GATX Rail Europe gegründet, in welcher die KVG Wien, die KVG Hamburg und die DEC in dieser aufging. Dieser Prozeß war bis spätestens 2010 abgeschlossen. 2014 wurde die GATX Rail France mit einem Büro in Paris gegründet. Ab 2017 erfolgte die Expansion der Güterwagenflotte. 2020 wurde ein Büro in den Niederlanden gegründet, zwei Jahre später auch eines in der Schweiz.
Modellvorstellung
Die Vielfalt der auf den Schienen befindlichen Bauformen der Kesselwagen ist unermüdlich, sodaß diese Güterwagen auf jeder Modellbahnanlage gerade deswegen kunterbunt einsetzbar sind.
B-Models hat diesen Kesselwagentyp vor ca. fünf Jahren erstmals angekündigt und seine Modelle bisher stets in einem Zweierset angeboten. Seither sind schon verschiedene Modellausführungen aller möglichen Einsteller erschienen, zuletzt wurden vermehrt Modelle in der Beschriftung der Epoche VI aufgelegt. Stellvertretend für diese Ansammlung der bisher erschienen Ausführungen wird hierbei ein Modell der Epoche V vorgestellt, daß der Hersteller unter der Artikelnummer VB-81020 vor drei/vier Jahren als Neuheit angekündigt hat. Die beiden Modelle gehören zur Waggonvermietungsgesellschaft KVG in Hamburg. Ein Doppelset mit den beiden Kesselwagen wird gegenwärtig zum UVP von ca. € 65,– im Fachhandel angeboten.
B-Models/Van Biervliet liefert die Wagen in einer robusten Kartonverpackung aus. Ein Schaumstoffeinsatz nimmt die beiden Kesselwagen auf, die in einer Folie umwickelt sind und anhand derer das Herausziehen erleichtert wird. In einer eigenen Ausnehmung liegt pro Kesselwagen ein Beutel mit Ersatzpuffer und einer Verschieberplattform bei.
Die Kesselwagen sind gänzlich aus Kunststoff gefertigt und solide ausgeführt, wobei der Kessel als Ballastgewicht dient. Sämtliche Anbauteile sind ebenfalls aus Kunststoff gefertigt, weisen jedoch nicht jene Filigranität auf, wie dies neuerdings von Ätzteilen der Fall ist. Diese Teile samt ihrer Handgriffe und Rundläufe sind dafür zur Herstellung der Robustheit etwas stärker dimensioniert und entsprechend elastisch ausgeführt. Alle Ventile und Tankdeckel sind mit feinen Gravuren versehen, ebenso die Bremssteller, die sich farblich unterschiedlich behandelt sind. Die Bremsanlage ist vollständig am Wagenboden bzw. am Fahrzeugrahmen nachgebildet. Eine Kurzkupplungskulisse wurde bei dieser Wagenkonstruktion ebenfalls berücksichtigt.
Da es zur monoton ausgeführten Farbgebung nichts zu sagen gibt, ist noch ein Blick auf die Bedruckung zu werfen. Diese ist sauber am Modell aufgetragen und trennscharf unter der Lupe lesbar. Beide Wagen sind als Privatwagen bei der KVG mit Heimatbahnhof Altenburg eingestellt. Der erste Wagen trägt die Wagennummer 33 80 784 3 177-6P und die Revisionsanschriften 6 REV ASTRA 27.09.10. Dieses Revisionsdatum steht im Widerspruch zum Prüfdatum 03.08 am Kessel. Dieselben Revisionsanschriften befinden sich auch am zweiten Modell, der die Wagennummer 33 80 784 3 179-2P aufweist.
Bilder VB-81020/1
Bilder VB-81020/2