Piko 51007 / 51008: DB Baureihe E 04 /DR Baureihe 204

Die von der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft (DRG) in den Jahren 1927 bis 1929 beschafften 38 Lokomotiven der Achsfolge 1′ Do 1′ der Baureihe E 17 hatten sich gut bewährt, waren jedoch infolge ihrer vier Treibachsen in Leistung und Zugkraft auf den Flachlandstrecken im mitteldeutschen Netz nicht voll ausgenutzt. Als daher mit der Elektrifizierung der steigungsreichen Strecke München-Stuttgart neuer Bedarf an schweren Schnellzuglokomotiven entstand, beschloss die DRG im Jahre 1932, aus Sparsamkeitsgründen eine leichtere Lokomotive mit nur drei Treibachsen zu beschaffen, die vorzugsweise im mitteldeutschen Netz eingesetzt werden sollte und die Verlagerung der schweren E 17 nach Süddeutschland ermöglichte.

Die von der AEG elektrisch und mechanisch entwickelte neue Lokomotive erhielt die Achsanordnung 1′ Co 1′. Sie besteht aus einem versteiften Hauptrahmen aus Blech mit nicht tragenden Aufbauten, in dem die drei Treibachsen aus lauftechnischen Gründen mit ungleichem Radstand gelagert sind. Die beiden vorn und hinten befindlichen Laufachsen sind in einem Deichselgestell (Bauart Krauss-Helmholtz-Gestell) gelagert, bei dem die benachbarte Treibachse über ein Gestänge von der Laufradachse seitenverschieblich gesteuert wird.

Die Aufbauten der Lok entsprechen dem damaligen Stil (ähnlich der E 17) und weisen einen Maschinenraum mit zwei zurückgezogenen Endführerständen und davor angeordneten halbhohen Vorbauten auf. Als Achsantrieb fand der bereits in den Lok E 21 und E 17 hervorragend bewährte Hohlwellen-„Federtopf“-Antrieb, Bauart AEG-Kleinow, Verwendung. Die Bauart der Fahrmotoren wurde jedoch grundlegend geändert: Hatte die E 17 je Achse noch zwei Halbspannungsmotoren aufzuweisen, so erhielt die E 04 nur noch einen großen 12-poligen Fahrmotor vom Typ EKB 860 von rund 700 kW Dauerleistung für jede Achse, welch er mit geringen Verbesserungen auch in die spätere E 18 eingebaut wurde und sich bis heute als eine der erfolgreichsten Motorkonstruktionen bewährt hat.

Im Gegensatz zur E 17, die einen luftgekühlten Transformator und Schützensteuerung aufwies, erhielt die E 04 einen Öltransformator mit handbetätigtem Niederspannungs-Schaltwerk und Feinsteller, eine sog. „Feinreglersteuerung“, welche ab 1930 bis 1952 zur Einheitsausstattung aller deutschen Serien-Elektrolokomotiven gehörte und weitgehend feinstufige Anfahrt bei guter Haftwertausnutzung ermöglichte. Die letzte Lok der Reihe E 04, die 1935 gelieferte E 04 23, erhielt zusätzlich einen elektromotorischen Antrieb für das Schaltwerk, so dass der Lokführer in der Bedienung wesentlich entlastet und auch Wendezugeinsatz möglich war.

Die mit Lok E 04 09 im Sommer 1933 zwischen München und Stuttgart durch geführten Versuchsfahrten, bei denen mit einer Anhängelast von 309 t eine Höchstgeschwindigkeit von 151,5 km/h erzielt wurde, zeigten so gute Laufeigenschaften, dass die ursprüngliche Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h für Lok E 04 09 und 10 sowie für die ab 1934 beschafften Lok E 04 10 … 23 durch eine Änderung des Getriebes auf 130 km/h festgesetzt werden konnte. Demzufolge weisen diese Lok bei gleicher Leistung etwas verringerte Zugkräfte auf.

Die 23 Lokomotiven der Reihe E 04 wurden bis Kriegsende sowohl in Mitteldeutschland als auch im leichteren Schnellzugdienst in Süddeutschland eingesetzt. Im Tausch gegen Lokomotiven der Reihe E 18 gingen jedoch die meisten süddeutschen E 04 an die mitteldeutschen Bahnbetriebswerke Leipzig Hbf West und Halle P, so dass bei Kriegsende folgende Maschinen an die spätere DB bzw. DR fielen:

E 04 17 bis 22 – DB (104 017 bis 022) 6 Stück
E 04 01 … 16; E 04 23 – DR (204 001 … 016, 204 023) 17 Stück,
davon 14 Stück nach 1955 aufgearbeitet.

Die DB setzte die E 04 17 bis 22 zunächst weiter im Schnell- und Eilzugdienst von München Hbf aus ein; verlegte sie jedoch 1968 zum Bw Osnabrück Hbf., damit die Loks infolge ihrer Leistung auf den dortigen Flachlandstrecken zweckmäßig besser eingesetzt werden konnten. Die Maschinen standen noch bis 1982 im Einsatz.

Mit ihrer baldigen Ausmusterung als „Splittergattung“ ist zu rechnen. Die in Mitteldeutschland verbliebenen 17 Lok erlitten ein wechselvolles Schicksal. Zwischen 1946 und 1953 befanden sich 15 Maschinen als Reparationsleistung in der Sowjetunion. Nach ihrer Rückgabe und entsprechender Aufarbeitung nahm die DR zwischen 1955 und 1961 insgesamt 14 Lok wieder in Betrieb, die bald einen wesentlichen Teil des Nah- und Schnellverkehrs im Bereich Leipzig – Halle – Magdeburg übernahmen. Die Lokomotiven der Baureihe 204 der DR waren bis 1976 im Dienst und wurden dann ausgemustert, nachdem genügend Lokomotiven der Neubaureihen 211 (E 11) und 242 (E 42) zur Verfügung standen.


Modellvorstellung

Piko hat die Baureihe E 04/104 erstmals 2001 angekündigt und seither verschiedene Modelle gefertigt. Im Rahmen der neuen Produktlinie „Piko classic nostalgie“ wurde eine weitere Variante dieser Altbau-Elektrolokomotive ins aktuelle Lieferprogramm aufgenommen. Im Neuheitenblatt 2017 findet sich eine DB-Ausführung der Epoche III, die unter den Artikelnummern 51007 (Gleichstrom-Ausführung, UVP € 199,99) bzw. 51207 (Wechselstrom-Ausführung, UVP € 219,99) zur Auslieferung gelangt.

Verpackung

Piko liefert die aktuelle Modellerscheinung weiterhin in der damals üblichen Verpackungsvariante mit zweifacher Kartonschachtel und Styroporeinsatz aus. Das Modell liegt in einer paßgenauen Ausnehmung im Styroporeinsatz. Mitgeliefert wird ein Zurüstbeutel mit verschiedenen Zurüstteilen zur Selbstmontage sowie eine recht ausführliche Betriebsanleitung, in welcher die Schritte für das Zurüsten der Teile beschrieben ist.

Technik

Die technischen Komponenten sind im Kunststoffgehäuse des Modells untergebracht. Die Abnahme des Gehäuses erfordert zunächst das Herausziehen der Griffstangen der vier Führerstände – besser wäre die Abnahme dieser Teile -, danach läßt sich das Gehäuse durch leichtes Auseinanderspreizen nach oben abziehen.

Die Antriebsanlage ist im Fahrzeugrahmen integriert. Der Mittelmotor mit einer großen Schwungmasse ist zwischen Lokrahmen und einem eigenen Ballastgewicht eingelagert. Direkt am Motor sind zwei Wellenstummel angeflanscht, die auf Zahnräder der Antriebsachsen greifen und somit die drei Treibräder antreiben. Die zweite und dritte Treibachse besitzt je einen Haftring. Die äußeren Treibachsen lagern ohne Seitenspiel im Rahmen. Der mittlere Radsatz hat ein entsprechendes Seitenspiel, jedoch kein Höhenspiel (vertikale Federung).

Die Fahrzeugplatine ist über dem Ballastgewicht platziert, wobei diese Modellausführung noch mit einer achtpoligen Digital-Schnittstelle nach NEM 652 auskommen muss. Auf der Platine befindet sich der Umschalter für den Oberleitungsbetrieb.

Fahrverhalten

Das Modell bringt ein Eigengewicht von 382 Gramm auf die Waage. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 110 bzw. 130 km/h (ab E 04 09). Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte im Analogbetrieb von ca. 131 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 1 % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist die Modellgeschwindigkeit um ca. 29 % zu langsam.

Optik

Um es vorweg zu nehmen, der Modellbahner wird mit dem Modell der E 04 bzw. der 104 nicht enttäuscht sein, denn Piko hat sein Modell bereits vor mehr als 15 Jahren sehr detailliert umgesetzt.

Die Seiten- und Stirnwände brillieren durch saubere und in allen Details stimmige Gravuren und in der korrekten Nachbildung der Nieten inkl. der Deckleisten. Die Vorbauten sind als eigene Teile ausgeführt und extra aufgesetzt, womit eine korrekte Nachbildung der Oberseiten möglich wurde. Alle Fenster sitzen paßgenau im Lokkasten, bei denen sogar die Heizschlangen an den Frontscheiben zu sehen sind. Sämtliche Griffstangen stellen extra angesetzte Einzelteile dar. Piko liefert das aktuelle Modell bereits werkseitig zugerüstet aus.

Das Dach zeigt sich ebenfalls sehr detailreich. Die Dachleitung ist vorbildgerecht umgesetzt und farblich korrekt dargestellt. Die Dachfelder weisen wiederum feinst detaillierte Nieten auf. Die beiden Stromabnehmer entsprechen der Bauart SBS 39 mit eingezogener Oberschere und Doppelschleifstück. Sämtliche Isolatoren sind optisch stimmig nachgebildet.

Das Laufwerk bzw. der Fahrzeugrahmen ist ebenfalls aus Kunststoff gefertigt und stimmig in allen Details. Auch hier wurden zur optischen Aufwertung der Konstruktion einzelne Fahrwerksteile als extra ansteckbare bzw. freistehende Teile gefertigt. Sauber nachgebildet sind die Lenkbügel, die Sandkästen, die Sandabfallrohre, das Sifa-Gerät und der Schlammabscheider linkerhand.

Piko hat die Führerstande mit den wesentlichen Bedienelementen wie Fahrschalter oder Messinstrumente nachgebildet. Im Führerstand 1 wurde ein Lokführer eingesetzt.

Farbgebung und Beschriftung

Die farbliche Gestaltung der Lok ist verhältnismäßig einfach. Der Lokkasten ist grün lackiert, der Rahmen bzw. das Laufwerk schwarz und die Radsterne rot. Das Dach ist ein Weißaluminium lackiert. Die Beschriftung ist vorbildgerecht, vollständig und lesbar ausgeführt. Piko gab seiner aktuellen Modellausführung die Betriebsnummer E 04 19. Die Lok ist beim Bw München 1 bzw. der BD München stationiert. Die Daten am Revisionsraster lauten auf MF 14.03.63.

Beleuchtung

Piko hat dem Modell bereits bei der Neukonstruktion mit Leuchtdioden versehen, die je nach der Fahrrichtung wechselnd die Stirn- und Schlussbeleuchtung darstellen.


Bilder


Modellvorstellung 51008 – DR 204

Als Piko Classic nostalgie war für 2018 die Ausführung der E 04 als Epoche-IV-Modell der Deutschen Reichsbahn mit Computernummer angesagt. Unter der Artikelnummer 51008 gelangt die Modellausführung für das Zweileiter-Gleichstrom-System zum UVP von € 199,99 zur Auslieferung, die Wechselstrom-Ausführung (Artikelnummer 51208) ist zum UVP von € 229,99 erhältlich. Das Modell ist im bekannten grünen Farbton der DR lackiert und als 204 007-9 beschriftet. Die Vorbildlokomotive ist in der Rbd Halle bzw. beim Bw Leipzig-West beheimatet. Zuletzt untersucht wurde die Lok am 7.5.76 in Leipzig.


Bilder