Fleischmann 415473: DB 055 455-0

Aufgrund der steigenden Zuggewichte sah sich die KPEV gezwungen, immer leistungsfähigere Lokomotiven anzuschaffen. Von 1902 bis 1913 lieferten verschiedene Lokbaufirmen insgesamt 1.045 Maschinen der Serie G 8. Die G 8 war jedoch, da die Zuglasten immer größer wurden, an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt. Bei der KPEV begann man daher, auf der Basis der G 8 eine neue Lokomotive zu entwickeln: Der Kessel wurde vergrößert; den Kesseldruck hob man von 12 auf 14 kp/cm² an, und ein Speisewasser-Vorwärmer wurde eingebaut. Am Fahrwerk vergrößerte man den Achsstand und verstärkte den Rahmen. Durch diese baulichen Änderungen wurde die Lokreibungslast von 58,5 t auf 69,9 t angehoben.

Die G 8.1 war geboren. Sie übertraf die G 8 an Leistung. Dazu trug wesentlich die Vorwärmeranlage bei. Mit einer der ersten G 8.1 wurden eingehende Versuchsfahrten auf den Strecken Grunewald – Nedlitz und Güsten – Sangerhausen durchgeführt. Die G 8.1 beförderte einen 1000 t schweren Zug von Sangerhausen nach Blankenheim in Thüringen ohne Benutzung der Kesselreserve in 27 Minuten. Für die G 8 betrug auf dieser Strecke die Regellast von 675 t, wofür ihr der Fahrplan 44 Minuten Fahrtzeit zubilligte. Genauso eindeutig fiel der Versuch auf der Strecke Güsten – Mansfeld zugunsten der G 8.1 aus. Während die G 8 ihren 750-t-Zug in 92 Minuten ins Ziel brachte, benötigte die G 8.1 mit einer Last von 1000 t nur 74 Minuten.

Die KPEV besaß also neben der G 10 (spätere BR 57.10-35) eine weitere zugkräftige Lokomotive. Infolge des erhöhten Lokreibungsgewichts der G 8.1 stieg ihr maximaler Achsdruck auf 17,5 t an, lag also um 500 Kilo über der von der KPEV gesetzten Norm für Hauptstrecken.

Durch die Kriegsanstrengungen des Kaiserreichs waren aber die erforderlichen Oberbauarbeiten schleppender als geplant vorangegangen, sodass das Einsatzgebiet der G 8.1 auf die bereits umgebauten Strecken begrenzt blieb. Die KPEV nahm dieses Nebeneinander in Kauf; die G 10 mit ihrem maximalen Achsdruck von 15,3 t war universeller einsetzbar. Wie die Praxis später noch ergeben sollte, war die G 8.1 auch der G 10 leistungsmäßig überlegen.

Die G 8.1 wurde von der KPEV in den Jahren 1913 bis 1921 mit fast 5000 Exemplaren in Dienst gestellt. Den Höhepunkt der G 8.1-Produktion brachte das Jahr 1917, in dem insgesamt 1.000 Maschinen abgeliefert wurden. Danach sank die jährliche Produktion stetig ab, bis 1921 insgesamt nur noch 36 Loks dieser leistungsstarken Gattung in Dienst gestellt wurden. In der langen Zeit der Produktion sind insgesamt 13 Hersteller aus dem Deutschen Reich aufgetreten, und zwar die Firma Borsig mit 496 Stück, Grafenstaden mit 108 Loks, Hanomag mit 961, die Firma Henschel mit 688 Exemplaren, Hohenzollern mit 92, Humboldt mit 340, Jung fertigte 398 Loks, von Linke-Hofmann stammen 298 Maschinen, gefolgt von Orenstein & Koppel mit 309, Schwartzkopff mit 194, Schichau mit 490, Vulcan mit 448 und Wolff mit 112 Fahrzeugen. Wenn man es nach die Lieferjahre betrachtet, so sind in den Jahren 1913 (402), 1914 (536), 1915 (906), 1916 (912), 1917 (1.000), 1918 (760), 1919 (272), 1920 (110) und 1921 (36) Loks gefertigt worden.

Die G 8.1 übertraf in der Beschaffungszahl die berühmte P 8 (spätere Baureihe 38.10-40) um nahezu 50 Prozent und nahm diesbezüglich eine Spitzenstellung im gesamten deutschen Dampflokomotivbau ein. Nicht nur in deutschen Regionen war die G 8.1 zu Hause. So wurden 1921/22 50 Lokomotiven an die Polnische Staatsbahn (PKP) geliefert. 1924 baute Linke-Hofmann zehn Loks dieser Gattung für die Bagdadbahn (CFOA), die schließlich 1937 in die Türkischen Staatsbahnen (TCDD) eingereiht wurden. Bereits 1914 hatte sich Rumänien die Dienste von sechs Loks der Gattung G 8.1 gesichert; die Schwedischen Staatsbahnen legten sich 1918 zwanzig G 8.1 zu. Die letzten Loks dieser Gattung erstanden 1933 die Litauischen Staatsbahnen (LD).

Mit Gründung der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft (DRG) wurden noch 3.122 Exemplare der G 8.1 übernommen und in den Jahren 1925/27 als BR 55.25-56 eingereiht. Mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von nur 55 km/h behinderte die G 8.1 zu Beginn der dreißiger Jahre den Betrieb auf Hauptstrecken erheblich. Wegen der Weltwirtschaftskrise und dem daraus resultierenden Loküberschuß infolge fehlender Transportleistungen fiel der Reichsbahnverwaltung der Entschluss nicht schwer, mehr als tausend Loks zur Ausmusterung freizugeben. Bei wie der steigenden Transportzahlen entschloss sich die Reichsbahn dann 1933, durch Einbau einer Vorlaufachse die Geschwindigkeit der recht leistungsfähigen Maschinen anzuheben. Zwar verringerte sich die Lokreibungslast infolge der Gewichtsveränderung auf 64,1 t, die so reduzierte Zugkraft wurde aber durch die erhöhte Endgeschwindigkeit ausgeglichen. Diese betrug nun 70 km/h, womit die Lokomotiven auch im Reisezugverkehr einsetzbar waren. Insgesamt wurden 688 Maschinen damit nachgerüstet.

Die umgebauten Loks erhielten das Gattungszeichen G 45.16 und wurden als BR 56.2-8 im Bestand der Reichsbahn geführt. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges konnte man schließlich die G 8.1 in halb Europa antreffen. Nach Kriegsende verkehrten in beiden Teilen Deutschlands weit mehr als 1.000 Loks der BR 55.25-56. Die DB übernahm 358 Lokomotiven, die bis 1967 im Einsatz standen und nicht ins neue Nummernschema übernommen wurden. Die letzten Maschinen der Baureihe 55.25-56 wurden 1973 bei der DR ausgemustert.

Als der Dampflokbestand rapide abnahm, wurden die G 8.1 im westdeutschen Raum zusammengezogen. Vor Beginn des großen Traktionswandels waren diese leistungsstarken Loks über das ganze Bundesgebiet verstreut. Ziemlich genau 60 Jahre stand die G 8.1 im Dienst. Zum Schluss übernahm sie überwiegend Verschubarbeiten, wofür einige Maschinen mit Rangierfunk ausgerüstet wurden. Das letzte Einsatzjahr bei der DB war 1973.


Modellvorstellung

Fleischmann hat die Baureihe 55 bzw. die preuß. G 8.1 erstmals 1992 als Supermodell angekündigt und seither in verschiedensten Modellausführungen gefertigt. In der Tradition folgend wurde für das Jahr 2017 eine Modellausführung der Epoche IV ausgewählt, das neben einer Digital-Kupplung auch zusätzliche Highlights wie eine flackernde Feuerbüchse oder eine Rangierfunkantenne aufweist. Das gegenständliche Modell gelangt in der Analogversion unter der Artikelnummer 415403 (UVP € 209,–) sowie in der Digitalversion (Zweileiter-Gleichstrom, # 415473, UVP € 289,–) zur Auslieferung.

Verpackung

Fleischmann liefert seine aktuelle Version in der von Roco her bekannten stabilen Kartonverpackung aus. Die Lok ist selbst in einer vorgefertigten Blisterverpackung fix eingepaßt und ummantelt. Die Plastikform wird durch eine seitliche Manschette arretiert. Dem Modell liegen wiederum eine Betriebseinleitung sowie ein Ersatzteilblatt bei. Ein Verbesserungsbedarf wird am beiliegenden Ersatzteilblatt gesehen, da dort viele Baugruppen angeführt werden, die man optisch nicht zu Gesicht bekommt. Für einen Laien ist dieser Umstand hinderlich in der genauen Zuordnung der benötigten Bauteile. Der Digitalversion liegt zusätzlich schon ein Informationsblatt für die Digitalkupplung bei. Zwei Kupplungshaken liegen als Zurüstteile in einer kleinen Mulde der Blisterverpackung und können selbst an den Öffnungen eingesetzt werden.

Technik

Man merkt schon beim Studium der Dokumentation, daß das vorliegende Modell auf Basis der im Jahr 1992 überarbeiteten Ausführung entspricht. Die Antriebsanlage ist unter dem Tendergehäuse versteckt, welches sich nach oben abziehen läßt.

Die Lokomotive verfügt über einen Tenderantrieb, deren Motor samt Schwungmasse und dem Anker (stehender, dreipoliger Rundmotor) über beide Zahnradgruppen (mehrstufiges Stirnradgetriebe) auf die erste und dritte Tenderachsen wirkt. auf diesen Radsätzen sind diagonal versetzt einseitig Haftreifen aufgezogen. Die Schwungmasse ist im kollektorfreien Raum untergebracht und sorgt für einen gleichmäßigen, dynamischen Betrieb des Modells.

Die Fahrzeugplatine ist an der Rückseite des Motors stehend untergebracht und verfügt über eine sechspolige Schnittstelle nach NEM 651. Serienmäßig ist ein lastgeregelter DCC-Decoder eingesetzt.

Das feinst hergestellte Laufwerk der 55 ist antriebslos, sie werden über den Antrieb des Tenders als reine Laufachsen mit funktionsfähigem Gestänge mitgeführt. Das vorliegende Modell verfügt über eine Digital-Kupplung.

Lok und Tender sind mit einer festen Kurzkupplung verbunden. die Einheit von Maschine und Tender wird dadurch sehr gut gewahrt. Die Verbindung dient zugleich als Kabelhalter für die Stromübertragung zwischen Lok und Tender. Die Kurzkupplung läßt sich nicht trennen, dazu bedarf es der Demontage beider Gehäuseteile. Der Langkessel ist übrigens mittels zwei Zentralschrauben am Rahmen befestigt. An der Tenderrückseite ist eine Kurzkupplungsmechanik berücksichtigt.

Fahrverhalten

Die preußische Güterzuglok hat ein Eigengewicht von 362 Gramm. Die Baureihe 55.25-56 weist eine Höchstgeschwindigkeit von 55 km/h auf. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 82 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 49 % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist sie um ca. 19 % zu hoch.

Optik

Die überarbeitete Version von damals wurde als Comeback der alten Fleischmann 55 gefeiert, wobei diese Modellversion einiges draufsetzte. Das Modell trumpft gegenüber der früheren Konstruktion mit einer ganzen Reihe filigraner Verbesserungen auf: Sei es der Kessel mit all seinen Armaturen und Leistungen, das Fahrwerk mit den feinen Metallguß-Rädern, die superfein detaillierte Steuerung oder auch die lupenreine Bedruckung des Modells. Im Grunde genommen stimmt an der Maschine alles, sodaß sich jeder Modellbahner über diese äußert gelungene Konstruktion erfreuen kann. Der Rangierfunk wurde auf der Dachrundung platziert.

Farbgebung und Beschriftung

Bauteile wie der Langkessel, Führerhaus und das Tenderoberteil sind schwarz lackiert. Die Laufwerksteile sind alle rot gehalten. Das Modell ist sauber bedruckt. Die Loknummer 055 455-0 deutet auf ein Modell der Epoche IV hin. Die Maschine ist beim Bw Gremberg der BD Köln stationiert. Die letzte Revision fand am 1. 3. 1966 statt.

Beleuchtung

Die Beleuchtung der 055 455-0 wechselt mit der Fahrrichtung. Das Spitzenlicht ist weiß dargestellt, die Schlußlichter rot. Dafür dienen warmweiße LED.


Bilder