Containertragwagen Lgjss 571 – Liliput 235220/235221

Der Kombinierte Ladungsverkehr (KLV) umfaßt die Beförderung von Ladeeinheiten, die mit den unterschiedlichen Ladegütern beladen sein können, durch Transportmittel auf den Verkehrswegen Straße, Schiene und Wasser, ohne daß die gewählte Ladeeinheit gewechselt werden muß. Hierdurch ist eine ununterbrochene Transportkette vom Verwende zum Empfänger gewährleistet. Die im KLV eingesetzten Ladeeinheiten sind Container unterschiedlicher Bauart (Mittel-, Großcontainer und Wechselbehälter) sowie Sattelauflieger und komplette Lastzüge.

Nach dem letzten Weltkrieg hat der Lastwagenverkehr in einem derart nicht vorauszusehendem Maße zugenommen, daß das Straßennetz der steigenden Belastung kaum Schritt halten konnte. Mit Straßenaus- und –neubau, Umgehungsstraßen und neuen Autobahnen wurde versucht, mit dem von Jahr zu Jahr steigenden LKW-Verkehr mitzuhalten. Die Dominanz des LKW macht sich besonders durch überfüllte Autobahnen und die vom LKW beherrschte recht Fahrspur. Heute sind diese LKW-Schlangen kaum unübersehbar.

Auf der Suche nach Wegen für eine Entlastung der Straße bot sich die Ausnutzung des vorhandenen leistungsfähigen Schienennetzes in Form von Huckepackverkehren an, d. h. über längere Strecken übernimmt die Schiene den Lastkraftwagen, während er auf der Straße nur die Wege zwischen Empfänger bzw. Verwender und Verladebahnhof zurücklegt.

Die Abmessungen der LKW-Ladeeinheiten und ihre maximale Gesamtgewichte werden durch den harten Transportwettbewerb auf der Straße beeinflußt. Hierbei sind der Weiterentwicklung langfristig kaum Grenzen gesetzt. Gilt heute ein Gesamtgewicht von LKW zwischen 40 und 44 Tonnen, wird mit der Zulassung der Gigaliner und dem neuen Gesamtgewicht von 60 Tonnen ein neues Kapitel versucht einzuschlagen. Die aktuelle Breite derartiger Fahrzeuge liegt aktuell zwischen 2,55 und 2,6 Meter. Gegenüber dem Monstrum „Gigaliner“ weisen die heutigen LKW-Gespanne eine Länge von ca. 18 Meter auf.

Neben diesen vom Gesetzgeber festgelegten Bedingungen werden vor allem die Ladeeinheiten Wechselbehälter und Sattelanhänger durch technische Weiterentwicklungen beeinflußt. Durch die Einführung eines extrem kurzen Führerhauses (Nahverkehrs-Führerhaus) und einer neuen Kurzkupplung zwischen Motorfahrzeug und Anhänger läßt sich die Ladelänge eines Lastzuges um ca. 1,4 m vergrößern.

Im Laufe der Jahre haben sich verschiedene Anforderungen und Lösungsansätze ergeben, die nunmehr dargestellt werden.

Huckepackverkehr

Keine Aufgabe hat die Eisenbahningenieure und Waggonbauer derart herausgefordert wie der Huckepackverkehr – Transport von LKW und Sattelanhängern auf der Schiene. Dabei galt es, mehrere Probleme zu lösen: den Umschlag LKW und Sattelanhänger/Waggon, die Entwicklung eines für den Transport von Straßenfahrzeugen geeigneten Tragwagens und die Beförderung dieses Wagens.

Für die Beförderung der Ladeeinheiten auf der Schiene bieten sich mehrere Umschlagtechniken an:
• Horizontaler Umschlag von LKW und nichtkranbaren Sattelaufliegern, die auf eigenen Rädern umgesetzt werden,
• Vertikaler Umschlag mit Portalkran, und
• „Rollende Landstraße, wobei der LKW von der Stirnseite her über den ganzen Zug bis zu seinem Stellplatz fährt, sowie
• als Weiterentwicklung dazu, entsprechend für den Verwendungszweck ausgebildete Flachwagen, die über der Pufferhöhe überfahren werden und im tiefergelegten Mittelteil abgestellt werden.

Für alle diese Arten der Umschlagtechnik mußten eigene Spezial-Tragwagen mit besonders niedriger Ladefläche entwickelt werden. Was den hier vorgestellten TWA800B betrifft, sind für die Entwicklungsgeschichte die Horizontalverladung in Kombination mit den Flachwagen von Relevanz.

Die Entwicklung der Tragwagen für den Huckepackverkehr beginnt in Deutschland mit dem Wippenwagen bzw. den Vorgänger-Prototypen mit absenkbarer Plattform für Horizontalverladung – dabei fährt der LKW mit eigener oder fremder Kraft über eine Rampe seitwärts oder rückwärts auf den Wagen. Die Horizontalverladung macht das Fahrzeug kompliziert und die Anschaffung und die Unterhaltung teuer.

Bei der SNCF wurde für dieses Verladekonzept das Känguruh-System, bei der DB der Niederflurwagen entwickelt, beide mit absenkbaren Plattformen, damit eine mit Rücksicht auf das kleine Lichtraumprofil der Eisenbahn möglichst niedrige Aufstandshöhe für die Kraftfahrzeuge erreicht wird.

Bei dem Känguruh-System mußte auf dem Tragwagen wegen des besonders kleinen Lichtraumprofils der SNCF eine besondere Zentriereinrichtung in Form einer Spurführungsschiene eingebaut werden, die ein entsprechendes Spurrad an den Straßenfahrzeugen erforderte, d. h. für dieses System mußten Sattelanhänger besonders gerichtet sein. Die DB hat ein System entwickelt, das sich für alle vorkommenden Sattelanhänger ohne besondere konstruktive Maßnahmen eignet.

Die niedrige Bodenfreiheit der Sattelanhänger läßt keine tiefe Tasche für die Unterbringung der Achsaggregate zu, sodaß die Fußbodenoberkante der Niederflurwippenwagen niedrig gehalten werden muß. Um die Wagen mit der Lok oder anderen Wagen kuppeln zu können, müssen die Pufferbohlen höhenverstellbar sein.

Grundsätzlich kann die Horizontalverladung sowohl über die Längsseite des Tragwagens als auch über Kopf erfolgen. Die Kopfbeladung hat sich durchgesetzt und wird ausschließlich angewandt. Zum Überfahren der Kopfstücke der Tragwagen werden die Pufferbohlen – Normalstellung 1.020 mm Pufferhöhe über Schienenoberkante – auf 625 mm über Schienenoberkante abgesenkt.

Zum Be- und Entladen über Kopf wird eine mit Elektromotor angetriebene, über Deichsel von Hand gesteuerte Rampe an das abgesenkte Kopfstück des Wagens herangefahren. Die Rampe ist 11 Meter lang und hat ein Gewicht von rund fünf Tonnen. Die Schraubenkupplung des Wagens wird in einen Zughaken der Rampe eingehängt, dann wird mit elektrisch angetriebener Hydraulikanlage die Rampe so weit abgesenkt, daß sie nicht mehr auf ihren Rädern, sondern auf Stützfüßen aufliegt.

Der Sattelanhänger wird mit der Zugmaschine rückwärts über die Kopframpe und ggf. mehreren Wagen bis zu seinem Standplatz gefahren – da die Wagen über den Drehgestellen eine höhere Fahrbahn als in den Mittelteilen haben, kann die Überfahrt nur mit maximal 5 km/h geschehen. Jeder Wagen hat eine „Wippe“, auf der das Achsaggregat des Sattelanhängers auf 410 mm über Schienenoberkante abgesenkt werden kann. Der Sattelzapfen des Sattelanhängers wird auf Stützböcken abgesetzt.

Sattelanhänger und Stützböcke werden mit insgesamt sechs Ketten (zwei für den Stützbock, vier für den Sattelanhänger) an den Außenlangträgern des Tragwagens gesichert. Am Sattelanhänger müssen im Bereich des Sattelzapfens und das Achsaggregates an jeder Längsseite Ösen zum Einhängen der Zurrketten vorhanden sein. Die Zurrketten mit Spannschlössern gehören zusammen mit den Radvorlegekeilen zu den losen Bestandteilen des Wagens. Der Umschlagvorgang dauert in etwa um die 20 Minuten.

Die DB hat die Horizontalverladung völlig aufgegeben, die Wippenwagen wurden ausgemustert oder sind verkauft worden. Lediglich für den innerdienstlichen Verkehr (Baufahrzeuge udgl.) standen noch einige Wippenwagen zur Verfügung.

In den Anfangsjahren des Huckepackverkehrs kam es nicht selten vor, daß auf Eisenbahnwagen verladene Sattelanhänger in der Kurve herunterstürzten und beträchtlichen Sachschaden verursachten. Aufgrund der Ursache, die zu diesen Unfällen geführt hatte, wurde klar, daß der Eisenbahningenieur durch den Huckepackverkehr mit einer völlig neuartigen Problematik der besonderen Fahrdynamik und der Betriebsführung konfrontiert war, für deren Lösung nicht auf die jahrelange Erfahrung und Praxis beim Bau von herkömmlichen Eisenbahnfahrzeugen zurückgegriffen werden konnte.

Mit dem Wirksamwerden des in den 1960er Jahren veröffentlichten verkehrspolitischen Programms mußte der Huckepackverkehr in kürzester zeit auf die Beine gestellt werden. Es blieb keine ausreichende Zeit, sich eingehend mit den Problemen zu befassen und behutsam an diese Neuerung heranzugehen. Dazu kam, daß viele Beteiligte diese Art des Verkehrs gar nicht als eine gravierende Neuerung ansahen, man glaubte, den Huckepackverkehr mit der herkömmlichen Praxis des Eisenbahnverkehrs bewältigen zu können.

Im Huckepackverkehr treffen zwei Verkehrsmittel verschiedener Art zusammen. Diese Transportart kann nur sicher funktionieren, wenn die Betriebsanforderungen dieser Verschiedenen Verkehrsmittel und Konstruktionsmöglichkeiten aufeinander abgestimmt sind.

Die Betriebsanforderungen sind für den Eisenbahnverkehr in der Eisenbahn-Bau– und Betriebsordnung (EBO) und für den Straßenverkehr in der Straßenverkehrszulassungsverordnung und der Straßenverkehrsordnung festgelegt. Diese Verordnungen sind vom Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Eigenarten beider Verkehrsmittel unabhängig voneinander aufgestellt worden und haben von Natur aus nichts gemein.

Höhe und Festigkeit der Straßenfahrzeuge z. B. sind nicht so ausgelegt, daß sie auf normalen Eisenbahnfahrzeugen unter den üblichen Betriebsbedingungen (u. a. 15 km/h Auflaufstoß) unbeschadet befördert werden können.

Bei der Abfassung der neuen EBO 1966 wurde mit Rücksicht auf die Anhebung der Reisezuggeschwindigkeit die zulässige Querbeschleunigung in den Bögen von 0,65 auf 0,85 m/sec² angehoben. Für die Reisenden und den Oberbau war das zumutbar, nicht jedoch für die Beförderung von LKW. Probleme bereiten der hohe Schwerpunkt der verladenen Fahrzeuge sowie die mehrfach überlagerten und daher weichen Federsysteme: Achsfederung und Reifenfederung des Kraftfahrzeuges und Achsfederung des Waggons. Diese relativ weiche Federung begünstigt die Schwankbewegungen des Fahrzeugs und das Verrutschen der Ladung, was ohne zusätzliche Sicherung zum Absturz des aufgeladenen Fahrzeuges führen kann. Eines wurde rasch klar: Das Ablaufen und Abstoßen von mit Straßenfahrzeugen beladenen Güterwagen im Verschubbetrieb ist nicht möglich, weil die dafür notwendige Festigkeit bei den Straßenfahrzeugen nicht zu erreichen ist. Auch die Anwendung von Stoßverzehreinrichtungen (damit werden bei Ct-Verkehren die maximalen Verzögerungen auf 2 g begrenzt) bringt für Straßenfahrzeuge nicht den notwendigen Ladungsschutz, da sie nur für eine Verzögerung von 0,6 bis 0,8 g konstruiert sind.
Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Typen von Huckepackwagen ergeben, wobei diese entweder mit dem Hauptgattungskennzeichen L (Flachwagen in Sonderbauart mit unabhängigen Achsen) oder S (Drehgestellflachwagen in Sonderbauart) entwickelt haben.

Diese zweiachsigen Tragwagen wurden speziell für die Beförderung von LKW-Wechselbehältern und Containern eingesetzt. Zum Schutz der Ladung waren die Wagen mit hydraulischen Langhub-Stoßdämpfen ausgestattet. Stoßdämpfer und Rückstellfedern lagen in einem Gleitträger, der von den Mittellangträgern umschlossen war und durch die ganze Länge des Untergestelles geführt wurde. An seinen Enden trug der Gleitträger die Kopfstücke mit den Zug- und Stoßvorrichtungen. Das Untergestellt war in besonderer Leichtbauweise ausgeführt und hatte neben den Mittellangträgern auch noch Außenlangträger erhalten. Das Ladegut wurde durch vertikal verschiebbare Riegel festgelegt. Das maximale Ladegewicht war auf 30,0 t begrenzt.

Der Prototyp wurde 1968 von Talbot gebaut. Die 590 Serienwagen wurden von Talbot und O & K gebaut und zwischen 1970 und 1975 in Dienst gestellt und erhielten dabei die Wagennummern 440 4 511 bis 440 4 953 (Lgjs(s) 571.0) bzw. 440 6 841 bis 440 6 990 (Lgjs(s) 571.1). Die erste Wagengattung lautete auf Lss-y 571, welche 1970/71 dann auf Lgjss 571 abgeändert wurde. Zwischen 1972 und 1974 erfolgte die Umbenennung in Lgjs 571. Die Wagen 443 4 000 bis 443 4 099 (Lgjs(s) 571.2) wurden erst 1980 gefertigt und verfügten über ein Parabelfederwerk. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 100 km/h, das Eigengewicht ca. 12,2 t. Sie hatten eine Länge über Puffer von 17.100 mm, der Achsstand betrug 10.000 mm. Der letzte Wagen schied 1999 aus dem Bestand der DB AG.


Modellvorstellung

Die zweiachsigen Containertragwagen finden sich erstmals im Jahr 2015 als Neukonstruktion im Neuheitenprospekt. Da Liliput aus verschiedenen Gründen mit Produktionsverzögerungen zu kämpfen hat(te), konnten die beiden Modelle dieser Neukonstruktion erst gegen Ende September 2016 endlich ausgeliefert werden. Als Erstmodelle waren zwei Ausführungen unter den Artikelnummern 235220 und 235221 angekündigt, die zum UVP von € 68,– erhältlich sind.

Liliput liefert diese Modelle in der bekannten Kartonschachtel aus. Die Wagen sind in einer zweiteiligen Blisterbox verstaut. Nach dem Abheben des Oberteiles können die einzelnen Fahrzeugteile aus der unteren Plastikschale entnommen werden, wobei diese Fahrzeuge ohne Zurüstteile auskommen und sofort auf der Anlage einsetzbar sind. Die beiden Container liegen eigens in der Schachtel und können wahlweise in die vorgesehenen Öffnungen am Fahrzeugrahmen aufgesetzt werden.

Das neue Modell des zweiachsigen Containertragwagens ist komplett aus Kunststoff gefertigt und macht einen robusten Eindruck. Beim Drucktest bogen sich allerdings die Längsträger durch. Die beiden Auflieger sind paßgenau platziert und finden ihre Aufnahme in die vorgesehenen Lochbohrungen und zwischen den bereits fix am Fahrzeugrahmen montierten Haltegriffstangen. Es sind verschiedene Verladungskombinationen mit unterschiedlich langen Aufliegertypen möglich.

Die Kunststoffausfertigung manifestiert sich in der höheren Detailierung des Modelles. Bei der Draufsicht werden verschiedene Gravuren und Fahrzeugdetails evident, währenddessen der Wagenboden nur vereinfacht dargestellt wurde. Eine vollständige Bremsanlage war jedenfalls nicht vorzufinden. Die seitlichen Längsträger sind als Sprengwerk ausgeführt und tragen die Anschriftentafel samt der verschiedenenfarbigen Hebel der Bremsanlage. Die Fahrzeuglängsträger weisen zarte Nietverbindungen auf, die Laufwerkspartie ist tadellos umgesetzt, die Bremsklötze sind auf Radlaufebene situiert.

Die Wagen verfügen über eine Kurzkupplungskulisse und werden mit der Liliput-Kurzkuplung ausgeliefert. Das Eigengewicht des Modells beträgt ohne Beladung 21 Gramm, mit beiden Container erhöht sich das Gewicht auf 102 Gramm. Die einzelnen Auflieger sind ebenfalls aus Kunststoff gefertigt und robust ausgeführt. Die Zapfenverbindungen weisen einen idealen Querschnitt auf und nehmen die Auflieger umschlingend auf. Die Container weisen ebenfalls feine Noppen als Planenbefestigung an den Bordwänden auf, die Planenoberteile sind realistisch nachgebildet.


Bilder – Liliput 235220


Bilder – Liliput 235221