SBB Re 620 (Xrail alliance)/Re 6/6 – Roco 72592, 72602, 71409/2, 71414/2
Die in den 1950er-Jahren beschaffte Gotthardlok Ae 6/6 besorgte von 1955 bis 1975 de facto den gesamten Zugsverkehr über den östlichen Alpenpass, wobei hohe Zuglasten mit 75 km/h problemlos befördert wurden. Allerdings war der Betrieb nicht ganz unproblematisch, auch wenn die Ae 6/6 als Vorbild für die ÖBB-Reihen 1010/1110 diente. Die dreiachsigen Drehgestelle dieser drei Fahrzeugtypen neigten zu Adhäsions- und Wartungsproblemen. Die Lösung wurde in der Beschaffung einer leistungsstarken Lok mit hoher Kurvengeschwindigkeit und besseren Grenzhaftreibwerten gesehen. Die Industrie lieferte vorab vier verschiedene Prototypen, wobei die ersten beiden Loks einen geteilten Kasten hatten und als sog. Gelenkloks ausgeliefert wurden. Die beiden anderen Prototypen hatten einen steifen Rahmen, dafür aber auslenkbare Drehgestelle. Neuartig war auch die Achsfolge mit drei zweiachsigen Drehgestellen. Die erfolgreiche Erprobung führte zur Ablieferung von 85 Serienloks mit steifen Rahmen, wobei diese Loks fortan als die stärksten SBB-Loks in Betrieb gingen. Der Lokkasten besteht aus den Seitenwänden, dem Dach und den Führerständen und ist vollständig aus Stahlblechen verschweißt, wobei die Re 6/6 hinsichtlich der Fahrzeuglänge an Triebfahrzeuge aus heutiger Produktion heranreicht. Dieser stützt sich mittels Schraubenfedern auf die Pendelwiegen der Drehgestelle ab. Der elektrische Teil besteht aus der üblichen Dachausrüstung. Wesentliches Element stellt dabei der neu entwickelte Fahrmotor mit 195 kN Zugkraft bei 140 km/h dar. Die Führerstände wurden von den Vorgängerbaureihen Re 4/4 II und III bzw. RBe 540 übernommen und sind klimatisiert. Als Bremssystem kam neben der pneumatischen auch eine energiesparende Nutzbremse mit Rekuperation zum Einbau. Die Ablieferung der Loks erfolgte in grüner Lackierung. An den Fahrzeugfronten befindet sich je ein Schweizer Wappen, auf den Seitenwänden wurden Ortswappen angebracht. Die Re 6/6 werden sowohl im EC-Verkehr über den Gotthard, aber auch im schweren Güterverkehr gemeinsam mit Re 4/4 III als Re 10/10 eingesetzt. Gelegentlich können die Loks auch im Tandemeinsatz vor schweren Ölzügen in der Westschweiz gesichtet werden. Einige Loks erhielten das neue Nummernschema als Re 620 sowie eine Neulackierung in den aktuellen Unternehmensfarben für SBB Cargo.
Roco hat sich vor mehr als 15 Jahren entschlossen hat, das schweizer Powerpaket Re 6/6 im Neuheitenblatt 2000 als Formneuheit anzukündigen. Die ersten Modelle sahen Varianten in grüner und roter Lackierung sowohl in der Ursprungsausführung als auch in der modernisierten Version (zB eckige Scheinwerfer, Version mit Klimaanlage) sowie weitere Farbvarianten vor, diesen war die Nummerngruppe 63730ff zugedacht. Die Modelle waren damals schon mit einer NEM-Schnittstelle nach NEM 652 ausgeführt.
Im Neuheitenprospekt von 2015 findet sich als Modellvariante eine Ausführung der Re 620 088-5 im Sonderdesign (Xrail alliance) mit eckigen Scheinwerfern und Klimaanlage. Das aktuelle Modell ist unter den Artikelnummern 72592 (analoges Gleichstrommodell, UVP € 229,–) bzw. in der Digitalvariante unter den Artikelnummern 72593 (Gleichstrom) bzw. 78593 (Wechselstrom, UVP jeweils € 309,–) angekündigt. Die Modelle waren bei der Ankündigung zu weit höheren Preisen avisiert.
Verpackung
Die Auslieferung erfolgt in der mit einer Schaumstoffeinlage versehenen Kartonverpackung. Die auf das Gehäuse gesetzte Plastikhaube schützt das Modell vor allfälligen Transportschäden der werkseitig montierten Anbauteile. Ein einfacher Papierstreifen zwischen den aus Metall gefertigten Scheibenwischern und der Stirnscheiben aus Kunststoff dient als weiterer Transportschutz, um zu vermeiden, daß die Fenster infolge von Scheuerungen erblinden. Mitgeliefert werden eine Betriebsanleitung, das Ersatzteilblatt und ein Zurüstbeutel. Darin befinden sich Frontschürzen ohne Kulissenausschnitt, ganze Bremsschläuche und ausgeklappte Rückspiegel und eine Lokführerfigur.
Technik
Da sich die Technik unter dem vollständig aus Kunststoff gefertigten Chassis versteckt, erweist sich das Abnehmen des Gehäuses als Tortur. Es sitzt nämlich so paßgenau auf dem Lokkasten, daß es schon sehr viel Geduld bedarf, zum Innenleben vorzustoßen.
Im Metallrahmen ist ein Mittelmotor mit zwei großen Schwungmassen untergebracht, der über die Kardanwellen und Stirnrad-/Schneckengetriebe die vier Achsen der äußeren Drehgestelle antreiben. Diese vier Achsen dienen gleichzeitig zur Stromversorgung. Das seitenverschiebbare Mitteldrehgestell ist antriebslos und dient beim Wechselstrommodell als Halterung für den Mittelschleifer. Nur eine Achse ist mit zwei Haftreifen bestückt, es ist äußerste unter dem Führerstand II.
Die Zentralplatine über dem Mittelmotor, die auf dem Lokrahmen aufsitzt, ist mit einer PluX22-Schnittstelle versehen (die Erstserie hatte noch eine 8polige), indem ein Brückenstecker eingesteckt ist. Beim gegenwärtigen Modell wurde auf die Option eines aktiven Oberleitungsbetrieb verzichtet.
Fahreigenschaften
Die 11662 zeichnet sich durch ein ruhiges Fahrverhalten aus. Das Modell hat ein Gewicht von 495 Gramm. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergeben einen umgerechneten Wert von ca. 149 km/h. Dieser ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 6 % zu hoch, gegenüber dem NEM-Wert (+ 30 %) um ca. 24 % zu niedrig.
Optik
Roco ist bereits mit der Umsetzung des ersten Modelles der Re 6/6 ein optisch hervorragendes Modell gelungen, welches seinesgleichen sucht. Das Modell ist sauber graviert und gibt alle typischen Merkmale dieser bemerkenswerten Schweizer Lokkonstruktion wieder.
Am Modell finden sich etliche Zurüstteile. Die Haltegriffe der Führerstandstüren bestehen aus gebogenen Draht und sind werkseitig eingesetzt, ebenfalls ab Werk zurgerüstet sind die neuen, feinen Scheibenwischer aus Metall sowie die schräg angeordneten Haltegriffstangen an der Fahrzeugfront oder auch die dazu gehörenden Verschiebertritte. Sämtliche Anschriften wie Eigentumskennungen (SBB, CFF, FFS), Loknummer, Reihenbezeichnung und (Schweizer) Wappen sind erhaben am Lokgehäuse dargestellt.
Die Filigranität setzt sich am Fahrzeugdach fort. Die Hochspannungsausrüstung samt Dachaufbauten ist vorbildgerecht wiedergegeben, sogar die Dachleitungen des Ohm’schen Wendepol-Shunt bzw. des Bremswiderstandes sind nachgebildet, wenn man von den seitlich davon verlaufenden Leitungen absieht. Sämtliche Lüftergitter der Dachaufsätze bzw. der Dachsteg stellen feine Ätzteile dar, die paßgenau in den Lokkasten eingesetzt sind, was auch für die in der Dachschräge platzierten, abgerundeten Lüfterjalousien gilt. Bei den filigranen Stromabnehmern handelt es sich Einholm-Stromabnehmer der Bauart BBC Esa 06-2500 mit doppelten Schleifstücken.
Der letzte Blick ist noch den Drehgestellen geschuldet. Auch diese zeichnen sich durch eine gute Durchbildung mit entsprechender Tiefenwirkung aus und sind dreidimensional nachgebildet.
Bedruckung und Lackierung
Die Re 620 088-5 LINTHAL ist tadelos lackiert und bedruckt, wenngleich bei der Sonderlackierung verlaufende Farbübergänge zu sehen sind. Die Anschriften sind vollständig und gut deckend aufgetragen sowie unter der Lupe gut lesbar. Das Revisionsdatum der Lok lautet auf den 28.08.09.
Beleuchtung
Gegenüber der Erstausführung wurde auch diese Lokfamilie technisch überarbeitet und mit einem LED-Beleuchtungssystem ausgestattet. Der Lichtwechsel erfolgt nach Schweizer Vorbild (3 x vorne, 1 x hinten), hierfür dienen warmweiße LED.
Verwandte Modellvorstellungen
Roco 72588 – Re 6/6 11662 REUCHENETTE-PÈRY
Bilder
Modellvorstellungen 72602 – SBB Re 620 018-2
Das Neuheitenblatt 2020 sieht auch eine Modellausführung einer Re 6/6 im aktuellen Erscheinungsbild mit zwölfstelliger UIC-Nummer vor. Roco hat dabei die 11618 bzw. die 91 85 4620 018-2 mit der Halterkennung CH-SBBC ausgewählt. An der Seitenwand ist zusätzlich noch die alte fünfstellige Loknummer 11618 in erhabenen Lettern angebracht, zudem ziert die Lok das Wappen von Dubendorf. Die Lok ist im Erscheinungsbild der Epoche VI gehalten und weist neben der hinter dem Führerhaus ersichtlichen Klimaanlage eine weitere Besonderheit auf, indem die frontseitige Betriebsnummer nicht mehr erhaben dargestellt ist. Stattdessen traten große Klebeziffern, die die Kurzform der neuen Loknummer anzeigen. Einzelne Zurüstteile (Griffstangen) sind bei diesem Modell schon montiert, die Scheibenwischer und die UIC-Dosen muß sich der Modellbahner selbst einsetzen. Die Scheibenwischer sowie auch die Lüftungsgitter sind als filigrane Ätzteile ausgeführt. Roco liefert die Lok als analoges Modell ohne Loksound zum UVP von € 249,90 aus. Die Ausführungen mit Loksound – also die Gleichstrom- (72603) und Wechselstromversion (78603) – kosten € 334,90.
Modellvorstellungen 71409/2 – SBB Re 6/6 11672
Roco hat im letzten Jahr ein Re 10/10-Lokpaar als Neuheit 2021 angekündigt und dabei bei Lokomotiven mit noch runden Scheinwerfern der ausklingenden Epoche IV und in verkehrsroter Lackierung angekündigt. Das Set besteht aus der Re 4/4 III 11361 und der hier vorgestellten Re 6/6 11672 mit dem Wappen von „Balerna“. Das Set wird in der analogen Gleichstrom-Ausführung zum UVP von € 516,90 angeboten. Die Soundversionen werden unter den Artikelnummern 71410 für das Zweileiter-Gleichstrom-System und 79410 für das Dreileiter-Wechselstrom-System angeboten. Der UVP ist dafür mit jeweils € 716,90 aufgerufen.
Die ausgelieferte Re 6/6 mit der Loknummer 11672 gehört noch der ursprünglichen Bauform mit runden Stirnlampen an, weist aber keine frontseitigen Griffstangen mehr auf. Entgegen dem Ablieferungszustand ist die Kastenfarbe der ausgelieferten Lokomotive im Farbton RAL 3020 Verkehrsrot gehalten, wiewohl die ersten roten SBB-Loks noch im Farbton RAL 3000 Feuerrot umlackiert wurden. Ungeachtet dieser Feinheit ist das Modell sauber lackiert und mit gut deckend aufgetragenen Anschriften versehen. Einzelne Fahrzeuganschriften sind erhaben dargestellt, andere aufgedruckt. Als Heimatdienststelle ist das Depot Bellinzona angegeben, die letzten Untersuchungsdaten lauten auf R2 Be 06.11.87.
Modellvorstellungen 71414/2 – SBB Re 6/6 11626
Die SBB lassen keine Gelegenheit aus, um ihr funktionierendes Eisenbahnsystem, aber auch Ihre Leistungsfähigkeit europa- und weltweit unter Beweis zu stellen. Deshalb wurden gerade in der Vergangenheit laufend entsprechende Werbeeffekte zur Vermarktung durchgeführt, wie auch im Jahr 1982, als an das runde Jubiläum 100 Jahre Gotthardbahn erinnert wurde. Der Schienenweg über den Gotthard zählt wie der frühere Brenner-Übergang bzw. die späteren Alpenverbindungen über die österreichische Tauern oder der Lötschbergbahn zu den heute wichtigsten Magistralen im europäischen Güterverkehr. Als die Gotthardbahn ihren 100. Geburtstag feierte, waren die heute existieren Tunnelbauten vielleicht ansatzweise in den Köpfen der Verkehrspolitik vorhanden. Ungeachtet dessen trachteten die SBB aufgrund des großen Verkehrsaufkommens stets nach der Leistungsfähigkeit und vor allem flüssigen Verkehrsabwicklung des enormen Güterverkehrs. Um die bis 1.400 Tonnen schweren Züge rasch über den Berg zu bringen, wurden im Vorfeld spezielle Fahrzeugtypen entwickelt, die im Tandemgespann Re 10/10 ihre Vollendung am Gotthard fanden. Es gab zwar noch die Krönung Re 12/12, doch diese Tandemgespanne kamen dort wegen der Zughakenbelastung nicht zum Einsatz, sondern waren schweren Ölzüge in der Westschweiz vorbehalten.
Die SBB haben also zum Jubiläum „100 Jahre Gotthardbahn“ im Jahr 1982 zwei Lokomotiven mit entsprechenden Jubiläumdekors ausstatten lassen. Roco erinnert zum 175jährigen Jubiläum der Eisenbahn in der Schweiz daran. Diese beiden Lokomotiven betrafen die Re 4/4″ 11323 und die Re 6/6 11626, welche über verschiedene Dekor-Streifen an der Fahrzeugfront als Schnurbart und entlang der Seitenwände erhielt. Die Seitenfenster des Maschinenraums wurden mit Landesflaggen und Landeswappen beklebt.
Roco hat beide Loks als Set aufgelegt. Das Set ist wie üblich in drei technischen Ausführungen erhältlich. Die analoge Gleichstrom-Ausführung wird unter der Artikelnummer 71414 geführt und ist mit dem UVP von € 569,90 versehen. Das Set ist auch mit Loksound lieferbar, und zwar unter der Artikelnummer 71415 für das Zweileiter-Gleichstrom-System und unter der Artikelnummer 79415 für das Dreileiter-Wechselstrom-System zum jeweiligen UVP von € 799,90. Die im Set befindliche Re 6/6 11626 ist dem Depot Bellinzona zugewiesen und weist die Untersuchungsdaten R2 Be 24.03.82 auf. Das Modell ist beidseitig mit den Flaggen von Deutschland und der Schweiz und den Kantonswappen Uri und Ticino versehen.