Roco 71350 / 71353: DB-/DRB-Baureihe 194 / E94
Mit der Indienststellung der Baureihe E 93 war im Jahre 1933 ein neuer Zeitabschnitt im Bau großer Elektrolokomotiven mit Einzelachsantrieb für den schweren Güterzugdienst eingeleitet worden. Die Beschaffung der insgesamt 18 Fahrzeuge erstreckte sich bis 1937. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ein weiterer Bedarf an leistungsfähigen Güterzuglokomotiven vor allem für die Rampenabschnitte verschiedener Hauptbahnen ab. Die Transportlasten waren beträchtlich gestiegen, die Zugfolge mußte verdichtet und die Fahrgeschwindigkeit gesteigert werden.
Unter Berücksichtigung der mit der E 93 gewonnenen Erfahrungen entwickelte die AEG in Hennigsdorf bei Berlin eine ähnliche Lokomotivbauart mit größerer Leistung und mit höherer Geschwindigkeit. Im Jahre 1940 konnte eine erste Serie von sechs Lokomotiven der neuen Baureihe E 94 an die Deutsche Reichsbahn abgeliefert werden. Im selben Jahr folgten noch fünf Maschinen von Krauss-Maffei und SSW sowie 17 weitere Fahrzeuge, die wiederum bei der AEG gefertigt wurden. Insgesamt sollten 285 Lokomotiven beschafft werden. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden jedoch nur 145 Maschinen mit den Betriebsnummern E 94 001 bis 136 und E 94 151 bis 159 von der AEG und von Krauss-Maffei/SSW fertiggestellt und ausgeliefert.
Die Fahrzeuge mit den Loknummern E 94 137 bis 142 waren im Jahre 1944 bei Krauss-Maffei/SSW zwar in Arbeit, konnten aber erst in den Jahren 1946 bis 1952 in Dienst gestellt und in den Bestand der Deutschen Bundesbahn eingegliedert werden. Aus einem Baulos der Wiener Firmen Lokomotivfabrik Floridsdorf und Elin wurden die E 94 143 und 144 während des Baus durch Kriegseinwirkung zerstört. Die halbfertige E 94 145 wurde erst 1950 von Krauss-Maffei und der AEG fertiggestellt und von der Deutschen Bundesbahn übernommen. Aus den Teilen für die E 94 146 bis 150 entstanden in Wien noch drei Lokomotiven (E 94 146 bis 148), die im Jahre 1953 als 1020.45 bis 47 direkt an die Österreichischen Bundesbahnen abgeliefert wurden.
Die Lokomotiven der Baureihe E 94 hatten sich nicht nur Im schweren Güterzugdienst stets außerordentlich bewahrt, sie konnten auch im Schnellzugverkehr auf Steilrampen mit gutem Erfolg eingesetzt werden. Die Deutsche Bundesbahn entschloß sich deshalb zu einer weiteren Beschaffung dieser Maschinen. Als erste Neubauten lieferte die AEG in den Jahren 1950 und 1951 die Fahrzeuge mit den Betriebsnummern E 94 160 und 161, die von der DB am 17. Juli 1950 bestellt worden waren. Die nachfolgenden Loknummern blieben unbesetzt. Obwohl bei der DB seit 1952 an einem neuen Typenprogramm gearbeitet wurde, ergingen im Oktober desselben Jahres weitere Aufträge zum Bau bewährter Lokomotivbaureihen an die Industrie. Hierzu zählten auch 27 Maschinen der Baureihe E 94 mit den Betriebsnummern E 94 178 bis 188 und E 94 261 bis 277. Diese Fahrzeuge entstanden bei den Lokomotivfabriken Krauss-Maffei, Krupp und Henschel unter Beteiligung der Elektrokonzerne AEG, SSW und BBC. Die Maschinen konnten bis zum Beginn des Jahres 1955 in Dienst gestellt werden. Eien letzte Bestellung von 16 Lokomotiven der Baureihe E 94 tätigte die Deutsche Bundesbahn am 20. Oktober 1954. Bei Krauss-Maffei in München entstanden die Maschinen E 94 189 bis 196 und E 94 278 bis 285. Die elektrische Ausrüstung für die erste Gruppe lieferte die AEG. Am Bau der zweiten Serie war die Firma SSW beteiligt. Mit diesen Nachbestellungen sind bis zum Jahre 1956 insgesamt 200 Lokomotiven von der Baureihe E 94 fertiggestellt und in Betrieb genommen worden.
Die Baureihe E 94 unterscheidet sich in der Triebwerksanordnung und in der Konzeption des Aufbaus nur unwesentlich von der Reihe E 93. Ein vollkommen geschweißter Brückenrahmen trägt den mit ihm verschweißten Aufbau mit dem Maschinenraum und den beiden Führerstanden, die durch einen Seitengang miteinander verbunden sind. Ein großer Dachaufbau beherbergt die Bremswiderstande. Das große Mittelteil stützt sich über die Drehzapfenlagerungen, über zwei federnde Gleitstühle und über federnde Hilfsabstützungen auf den beiden Triebgestellen ab. Diese dreiachsigen Drehgestelle tragen die abnehmbaren Vorbauten, die mit Klappen und Türen ausgestattet sind. Die Rahmen der Drehgestelle wurden aus 24 mm dicken Blechen geschweißt und erhielten aufgesetzte Pufferträger.
Die Abfederung der in Isothermoslagern laufenden, festgelagerten Achsen erfolgt über Blattfedern. Am Triebgestell unter dem Führerstand 2 sind alle drei Radsätze über Tragfeder-Ausgleichshebel miteinander verbunden. Das andere Drehgestell verfügt nur zwischen der zweiten und der dritten Achse über Ausgleichshebel. Die beiden Triebgestelle sind durch Kuppeleisen und durch zusätzliche Gelenkkupplungen miteinander verbunden. Um die Abnutzung der Räder beim Durchfahren enger Radien in vertretbaren Grenzen zu halten, wurden die Spurkränze der mittleren Radsätze um 10 mm geschwächt. Die Treibräder haben einen Durchmesser von 1.250 mm. Die sechs Fahrmotoren in Tatzlagerausführung mit Schrägverzahnung sind fremdbelüftet. Es sind zehnpolige Wechselstrom-Reihenschlußmotoren mit Erreger-, Kompensations- und Wendepolwicklung mit einer Nennleistung von je 650 kW. Nach 1945 stand dann ein stärkerer und serienreifer Motor WBM 487 mit einer Stundenleistung von 830 kW zur Verfugung, der von der SSW entwickelt und zunächst in den Lokomotiven E 94 141 und 142 eingebaut worden war. Diese beiden Fahrzeuge erhielten eine BBC-Hochspannungssteuerung.
Die stärkeren Motoren wurden auch in die Maschinen E 94 262 bis 285 eingebaut, von denen die E 94 270 und 271 mit einer SSW-Hochspannungssteuerung ausgerüstet sind. Die vier mit einer Hochspannungssteuerung versehenen Fahrzeuge blieben ohne elektrische Widerstandsbremse, die bei der Baureihe E 94 für den Einsatz im Steilstreckenbetrieb gefordert war. Der im Maschinenraum eingebaute Haupttransformator ist bei der Serienausführung als ölgekühlter Manteltransformator ausgeführt und hat 18 Anzapfungen für die Fahrmotoren, eine Anzapfung für einen Zusatztransformator und zwei weitere für die Zugheizung. Außer der einlösigen Druckluftbremse der Bauart Knorr mit Zusatzbremse, verfügen die Lokomotiven der Baureihe E 94 auch noch über eine zehnstufige fremderregte Wechselstrom-Widerstandsbremse und über je eine Handspindelbremse in jedem Führerstand.
Die Maschinen der Baureihe E 94 wurden für eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h zugelassen. Für die Fahrzeuge mit den stärkeren Motoren wurde die größte zulässige Geschwindigkeit in den Jahren 1970/71 auf 100 km/h festgesetzt. Im neuen, seit dem 1. Jänner 1968 gültigen Nummernplan der DB erhielten die Lokomotiven nun die Betriebsnummern 194 541, 194 542 und 194 562 bis 194 585.
Die Betriebsgeschichte des legendären „Deutschen Krokodils“ begann am 24. Mai 1940, als mit der E 94 001 die erste Probefahrt von Innsbruck zum Brenner erfolgte, wo die ersten Loks auch stationiert wurden. Weitere E 94 gelangten sowohl zu österreichischen Dienststellen (zB Salzburg, Spittal-Millstättersee, Schwarzach-St. Veit und Bludenz) als auch zu den wichtigen innerdeutschen Gebirgsstrecken der Frankenwaldbahn oder nach Schlauroth. Insgesamt wurden während des Krieges mehr als 150 Loks dieser Type gebaut, von denen nach dem Zweiten Weltkrieg 44 Loks bei den ÖBB mit der neuen Reihenbezeichnung 1020 bzw. 30 Loks bei der Deutschen Reichsbahn als BR 254 verblieben. Den Rest übernahm die Deutsche Bundesbahn, die in den Jahren 1954 bis 1956 weitere E 94 in modifizierter Ausführung in Betrieb nahm. Die BR 194 war im süddeutschen Raum stationiert und trug bis Mai 1988 die Hauptlast im schweren Güterverkehr. Planmäßig kamen die Loks bis nach Österreich, Italien und in die Schweiz zum Einsatz. Die Lokomotiven der Österreichischen Bundesbahnen standen rd. sieben Jahre länger im Planeinsatz und waren dort lange Zeit vor schweren Güterzügen auf den Alpenbahnen anzutreffen. Heute sind noch mehrere Lokomotiven vorhanden, die entweder als betriebsfähige Museumslokomotiven oder bei privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen im Planverkehr anzutreffen sind.
Modellvorstellung
Roco hat vor einigen Jahren seine Konstruktion der Baureihe E 94 der DRB, der Baureihe 194 der DB bzw. 254 der DR und die Reihe 1020 konstruktiv und technisch überarbeitet. Seither sind immer wieder verschiedene Vorbilder ins Modell umgesetzt worden. Bei dieser 194 erfolgt die Fertigung in der Edition Freilassing. In Freilassing war einmal ein Bahnbetriebswerk, welches verschiedene Altbautriebfahrzeuge beheimatete. Daher werden unter diesem Motto entsprechende Modelle aufgelegt. Das erste Modell war eine Rangierlok der Baureihe 160, das zweites Modell betrifft die 194 118-6. Roco legt das Modell in Gleichstrom ohne Loksound zum UVP von € 221,90 auf. Zum UVP von jeweils € 321,90 sind die H0-Modelle mit Loksound für das Zweileiter-Gleichstrom-System (Artikelnummer 71351) und Dreileiter-Wechselstrom-System (Artikelnummer 79351) erhältlich.
Verpackung
Die Auslieferung der 194 118-6 erfolgt in einer Kartonverpackung. Das Modell ist in einer Ausnehmung des Schaumstoffeinsatzes eingelegt, mit einer Folien umwickelt und auf dem Dach ist eine Dachhaube aufgesetzt. Beigepackt sind zwei Zurüstbeutel und die Betriebsanleitungen sowie das Ersatzteilblatt.
Technik
Das ausgelieferte Modell basiert auf den technischen Überarbeitungen aus dem Jahr 2015. Die technischen Änderungen machen sich beim Betrachten des Innenlebens bemerkbar. Während das Gehäusemittelteil der 1020 im nicht zugerüsteten Zustand problemlos vom Modell abziehbar ist, müssen im zugerüsteten Zustand die Haltegriffe der Türen entfernt werden.
Herzstück ist die neue Platine für den Digitalbetrieb samt 22poliger PluX-Schnittstelle nach NEM 658. Der Antrieb der Neukonstruktion erfolgt mittels eines unter der Platine befindlichen Mittelmotors samt Schwungmasse anhand des bewährten Antriebskonzeptes über Kardanwellen und Stirn-/Schneckengetriebe auf alle Achsen. Die jeweils äußere Achse des Modells ist mit jeweils zwei Haftreifen bestückt.
Fahrverhalten
Die überarbeite Maschine ist ca. 410 g schwer. Im Testbetrieb konnte das Modell durch ihre Zugkraft punkten und zog dabei anstandslos einen aus 22 Kesselwagen bestehenden Ölzug über ein Gleiswendel mit ca. 70 cm Höhenunterschied.
Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 130 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 45 % höher, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 30 % um gerade einmal 15 % zu hoch.
Optik
Wer die früheren Ausführungen dieses Loktyps sein Eigen nennt, weiß, wie hervorragend die zwischenzeitlich mehr als 30 Jahre alten Modelle ausgeführt sind. Selbst für Roco war es schwer, die bestehende Konstruktion (noch) zu toppen. Allerdings konnten die Bergheimer dennoch einige Kleinigkeiten nachbessern, auch bei der verbesserten Ausführung. Dies wird sofort beim Blick in die Maschinenraumfenster klar, indem bei diesem Modell erstmals die Maschinenraumfenster mit entsprechenden Maschinenraumimitationen nachgebildet sind.
Der zweite Blick fällt auf das Dach, welches uns mehrere geätzte Dachstege offenbart. Als weitere Verbesserung sind die aus Metall gefertigten Griffstangen für die Führerstandstüren bzw. die beiden Metallumläufe auf den Vorbauten zu nennen. Ob die neuen Metallumläufe auf den Vorbauten im Vergleich zu den bisherigen, etwas dickeren Kunststoffteil eine essentielle Verbesserung ist, muß der Käufer für sich selbst entscheiden. Dafür wurden die Gravuren bei den Vorbauabdeckungen besonders gut getroffen. Die Drehgestellblenden sind dreidimensional durchgestaltet und nehmen nunmehr eine Kurzkupplungskulisse auf.
Farbgebung und Beschriftung
Die freilassinger 194 118-6 ist sauber lackiert und bedruckt. Optisch auffallend ist der untere, weiße Absatzstreifen zur Lokbrücke. Die Bedruckung ist gut leserlich aufgetragen. Die 194 118-6 ist beim Bw Freilassing der BD München stationiert, als letztes Untersuchungsdatum wird die Angabe Unt. MF 05.08.82 angegeben.
Beleuchtung
Die aktuelle Modellausführung ist abermals mit einem zeitgemäßen Beleuchtungssystem ausgestattet, und zwar mit warmweißen LED. Die Stirnbeleuchtung besteht aus drei weißen Lichtern, das Schlußlicht aus ebenfalls drei roten Lichtern.
Bilder
(Hinweis zum Modell: Das Modell weist einen Montagefehler in der Hinsicht auf, indem zwei gleiche Vorbauten montiert wurden. Da sich die beiden Vorbauten auch konstruktiv unterscheiden, läßt sich der fehlerhafte Vorbau nicht korrekt in das Drehgestellteil einsetzen. Roco wurde darauf aufmerksam gemacht und teilte mit, daß dies ein Einzelstück sei. Die Nachlieferung des korrekten Bauteils sei infolge nicht verfügbarem Ersatzteil nicht möglich.)
Modellvorstellung 71353 – DRB E 94 003
Als weiteres Modell für 2022 hat Roco ein Modell in der Ursprungsausführung der E 94 angekündigt und seinem Modell die neue Betriebsnummer E 94 003 zugedacht. Das Roco-Modell basiert auf dem aktuellen technischen Gegebenheiten und weist sämtliche konstruktive Änderungen gegenüber der oben gezeigten 194 auf. Die E 94 003 ist im Reichsbahn-Grau lackiert und verfügt über weiße Radreifen, Stromabnehmer mit Einfachschleifstücken. Zur optischen Verbesserung liegen dem Modell lackierte Ätzschilderschätze bei. Erhältlich ist die Güterzuglokomotive, die beim Bw Freilassing bzw. der Rbd München stationiert ist, als Gleichstrom-Modell ohne Loksound unter der Artikelnummer 71353 zum UVP von € 221,90 und als Modell mit Loksound für das Zweileiter-Gleichstromsystem unter der Artikelnummer 71354 bzw. Dreileiter-Wechselstromsystem unter der Artikelnummer 79354 zum UVP von jeweils € 321,90. (Hinweis: Die Artikelnummer der Wechselstromlok ist im Neuheitenblatt falsch angegeben!)