Fleischmann 724210: DB-Baureihe 210

Im Rahmen geplanter Angebotsverbesserungen hatte sich die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zum Jahreswechsel 1968/69 unter anderem auch das Ziel gesetzt, den Reisezugverkehr zu beschleunigen und damit attraktiver zu gestalten. Aus den gestellten Forderungen erwuchs dem Bundesbahn-Zentralamt München die Aufgabe, die Entwicklung stärkerer und schnellerer Diesellokomotiven für die noch nicht zur Elektrifizierung vorgesehen Hauptstrecken einzuleiten.

Der Serienbau zweimotoriger Fahrzeuge nach dem Vorbild der Baureihen V 300 und V 320 schied wegen der sechsachsigen Bauweise sowie des hohen Aufwands für Anschaffung und Unterhaltung der beiden vielzylinderigen Maschinenanlagen aus. Antriebsmaschinen für einmotorige Lokomotiven von mehr als 3.000 PS standen noch nicht zur Verfügung. Die zunächst geplante Verwendung eines Sechszehnzylinder-Viertakt-Dieselmotors mit der auf 3.340 PS gesteigerten Leistung wurde wieder verworfen.

Nach Auswertung der vorliegenden Meßergebnisse aus der inzwischen abgeschlossenen Erprobung der ersten Gasturbinenlok V 169 001 bot sich die Beschaffung einer modifizierten Variante an. Um die hohen Entwicklungskosten einer völligen Neukonstruktion zu vermeiden, sollte die neue Standard-Bauausführung der bereits zur Beschaffung vorgesehenen Typenreihe 215 bis 218 als Basis dienen. Gefordert wurden neben der höheren Leistung eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und eine elektrische Zugheizung. Mit dem Einbau einer zusätzlichen Gasturbine konnte der in bestimmten Betriebssituationen erforderliche Leistungsbedarf gedeckt werden. Wie schon bei der V 169 001 praktiziert, ließ sich eine Gasturbine parallel zu einem Heizgenerator einbauen. Der Massenzuwachs lag in einem Bereich, der den Bau einer vierachsigen Lokomotive ermöglichte, ohne die zulässige Achslast von 20 t wesentlich zu überschreiten.

Als zu Beginn des Jahres 1969 eine erste Konzeption mit den wichtigsten Parametern vorlag, begann bei Friedrich Krupp in Essen in enger Zusammenarbeit mit dem BZA München die Entwicklung der neuen Baureihe 210. Noch vor Jahresende 1969 hatte Krupp auch schon den Auftrag zur Lieferung von acht Lokomotiven erhalten. Die beiden ersten Fahrzeuge waren im September und Oktober 1970 von der Deutschen Bundesbahn abgenommen worden und standen zunächst der Abteilung für Brennkrafttechnik der DB-Versuchsanstalt in München für eine eingehende Erprobung zur Verfügung.

Das umfassende Versuchsprogramm schloß auch weitere Untersuchungen in der Kälte- und Klimakammer der Versuchs- und Forschungsanstalt in Wien-Arsenal des Internationalen Eisenbahnverbandes UIC ein. Ende September 1970 wurde hierbei auch das Start- und Betriebsverhalten der Maschinenanlagen bei Temperaturen von bis zu -30° C untersucht.

Während der Versuche zeigte sich, daß auch die Gasturbine bei diesen niedrigen Temperaturen ohne eine Vorwärmung des eingespritzten Kraftstoffs einwandfrei arbeitete. Die Voraussetzungen für einen planmäßigen Betriebseinsatz aller acht inzwischen in Dienst gestellten Maschinen schienen günstig. Bei einer Leistungsmeßfahrt der 210 002 war es dann aber am 8. März 1971 durch eine unkontrollierte Überdrehzahl zu einem schweren Turbinenschaden gekommen. Die daraus resultierende Überarbeitung der Steuer- und Schutzeinrichtungen für die Gasturbinen verzögerten den Einsatz der Lokomotiven im Plandienst.

Verbesserungen der Konstruktion waren auch schon zuvor erforderlich geworden. Dies betraf vor allem die schnelllaufende Hochleistungs-Gelenkwelle zwischen Gasturbine und Strömungsgetriebe. Neue Bauteile wurden im Jänner 1971 zunächst in die Fahrzeuge 210 004 und 005 eingebaut und erprobt. Danach erfolgte von August bis Dezember 1973 auch ein Umbau der anderen Fahrzeuge.

In ihrer Bauausführung und in den Hauptabmessungen entsprachen die Maschinen der Baureihe 210 weitgehend den Fahrzeugen der Baureihen 215 und 218. Die Diesellokomotive der Baureihe 210 ist eine Gemeinschaftsentwicklung der Firma Fried. Krupp in Essen und des Bundesbahn-Zentralamtes München. Durch den Einbau eines Stufengetriebes mit einem Schnell- und einem Langsamgang konnten die Fahrzeuge sowohl im Reisezugverkehr, als auch im Güterzugdienst eingesetzt werden. Die elektrischen Steuerungs- und Überwachungseinrichtungen erlaubten einen einmännigen Betrieb der Lokomotiven, ihren Einsatz im Wendezugbetrieb und vor schweren Zügen auch in Doppeltraktion. Als Zugheizanlage ist ein Generator eingebaut, der über eine Kardanwelle aus dem hydraulischen Getriebe angetrieben wird und im Fahrbetrieb eine Heizleistung von 360 kW hat. Zusätzlich zur durchgehenden mehrlösigen Druckluftbremse der Bauart Knorr und den in beiden Führerräumen vorhandenen Handbremsen, erhielten die Maschinen der Baureihe 210 auch noch eine verschleißarm arbeitende hydrodynamischen Bremse. Diese Ausstattung erlaubte eine Steigerung der Höchstgeschwindigkeit auf 160 km/h. Als weitere Besonderheit gegenüber den übrigen Bauserien der großen V 160-Familie sind bei der Baureihe 210 die neuen von der MaK entwickelten Drehgestelle mit gleitstückloser Kastenabstützung und Gummischichtfedern für die Radsätze zu nennen. Wie alle Streckenlokomotiven der DB, hatten die Fahrzeuge der Baureihe 210 alle Anlagen für die Zugsicherung erhalten. Vorhanden waren auch bereits die Grundausrüstungen für den Zugbahnfunk und für die automatische Kupplung, deren Einführung damals zwar groß propangiert wurde, alle Bestrebungen und Bemühungen jedoch eingeschlafen sind.

Die von der Firma Fried. Krupp in Essen unter den Fabriksnummern 5075 bis 5082 gebauten acht Lokomotiven mit den Betriebsnummern 210 001 bis 008, waren von der Deutschen Bundesbahn in der Zeit zwischen dem 10. September 1970 und dem 15. Jänner 1971 abgenommen worden. Die beiden ersten Exemplare wurden sofort dem AW Nürnberg zugewiesen und dort eingehenden Leistungsuntersuchungen sowie einer umfassenden Erprobung des Laufverhaltens und der Wirkungsweise der Bremssysteme unterzogen. Danach folgten physikalische Untersuchungen in der Bundesbahn-Versuchsanstalt in München. Alle anderen Lokomotiven gingen direkt zum BW Kempten und liefen dort zunächst im Probebetrieb in den normalen Umlaufplänen, vor allem auf der Allgäustrecke zwischen München und Lindau. Für kurze Zelt waren einige Maschinen auch im Versuchsbetrieb zwischen Lichtenfels und Hof eingesetzt, weil man dort zunächst die Ablösung der Baureihe 001 ins Auge gefaßt hatte. Da jedoch nur acht Lokomotiven der Baureihe 210 zur Verfügung standen und weitere Aufträge nicht erteilt wurden, zerschlugen sich diese Pläne. Ende 1971 waren dann alle Maschinen im BW Kempten beheimatet und wurden im Schnellzugdienst von Lindau nach Augsburg und München eingesetzt. Trotz der hohen Gesamtleistung von 3.700 PS je Lokomotive mußten schwere Reisezüge stets in Doppeltraktion gefahren werden.

Abgesehen von kleineren Störungen zu Beginn ihres Einsatzes, die aber rasch behoben werden konnten, erfüllten die Maschinen die in sie gesetzten Erwartungen wertgehend. Einen ersten Totalausfall gab es dann am 24. Marz 1978, als bei der Lokomotive 210 003, die mit dem D 1512 beim Bahnhof Kempten Ost unterwegs war. ein Turbinenlaufrad brach und einen schweren Schaden in der Gasturbine verursachte. Nach diesem Ereignis ordnete die DB eine Stilllegung aller Gasturbinen und eine gründliche Überprüfung der Triebwerke an. Nach dem Austausch einiger Turbinenscheiben, die Ermüdungserscheinungen und Anrisse zeigten, konnten bis zum Oktober 1978 wieder alle Gasturbinen betrieben werden. Einige Zeit später, am 31. Dezember 1978, brach dann kurz vor dem Bahnhof Fürstenfeldbruck ein Verdichterlaufrad in der Turbine der Lok 210 008. Hierbei wurde die Kraftstoffleitung beschädigt und ein Brand im Maschinenraum entfacht, der aber dann im Bahnhof Fürstenfeldbruck gelöscht werden konnte. Die Folge war eine erneute Stillsetzung der Gasturbinen. Am 25. Juli 1979 verfügte die Hauptverwaltung der DB dann den Ausbau der Gasturbinen und den Umbau der Fahrzeuge. Hierbei wurden die Abgashutzen auf dem Dach und die Schalldämpfer entfernt. Außerdem mußte das hydraulische Getriebe geändert und anstelle der Gasturbine ein Gewichtsausgleich eingebaut werden. Eine weitere Maßnahme war die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf 140 km/h mit allen damit verbundenen Änderungen an der elektrischen Schaltung. Nach Abschluß dieser Arbeiten erfolgte die Umzeichnung der Fahrzeuge, die nun die Betriebsnummern 218.901 bis 908 erhielten. Alle acht Lokomotiven blieben auch nach der Umzeichnung zunächst noch in Kempten, kamen aber zum Fahrplanwechsel im Herbst 1983 am 25. September zum BW Braunschweig 1. Der Planeinsatz dieser besonderen Subtype endete dann im Jahr 2004.


Modellvorstellung

Das Salzburger Unternehmen hat für dieses Jahr einen markanten Schwerpunkt bei den Neukonstruktionen in der Baugröße N und unter dem Markennamen Fleischmann gelegt. Das Jahr 2020 ist bei Fleischmann durch viele Neukonstruktionen bei den Loks, den Personen- und Güterwagen geprägt. Im Loksektor ist es die Gasturbinenlok der Baureihe 210 der Deutschen Bundesbahn, die ca. drei Jahre zuvor in H0 bei Roco erschienen ist. Die Baureihe 210 ist bei Fleischmann in einer Ausführung ohne Loksound (Artikelnummer 724210) und mit Decoder und Loksound (Artikelnummer 724290) angekündigt. Der UVP für die beiden Modelle wird mit € 169,90 bzw. € 254,90 angegeben.

Verpackung

Fleischmann liefert seine neukonstruierte Gasturbinenlok in der bekannten Blisterbox aus. Nach Öffnen des Deckels ist die Lok durch Herausziehen der Plastikfolie sofort entnehmbar. Unter dem passgenauen Plastikeinsatz befinden sich das Ersatzteilblatt, die Betriebsanleitung und die Garantieerklärung. Außerdem liegt dem Modell ein etwas dickerer Zurüstbeutel bei. Der Karton-Einsatz der Blisterbox dient wiederum als gut illustrierte Wartungsanleitung.

Technik

Um an Innenleben des Modells zu gelangen, muß das Lokgehäuse abgenommen werden. Dies geschieht zunächst durch Herausziehen der vier Puffer vom Fahrzeugrahmen, danach läßt sich das Gehäuse nach oben abziehen. Es tritt der Metallrahmen mit der durch Klammern festgehaltenen Zentralplatine zu Tage. Beidseits davon befinden sich die Führerstandsimitationen, die zugleich auch als Kabelführungen dienen. Die Zentralplatine nimmt eine Digital-Schnittstelle vom Typ NEXT 18 auf. Darunter ist ein Mittelmotor mit einer Schwungmasse und zwei langen Wellenstummeln untergebracht. Die Kraftübertragung erfolgt dann von den Wellen über ein Stirnrad-/Schneckengetriebe aus Messing auf alle vier Achsen. An den Stirnenden ist eine Kurzkupplungskulisse verbaut.

Fahrverhalten

Das Eigengewicht beträgt 75 Gramm. Die Vorbildgeschwindigkeit beträgt 140 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ließen das Modell exact der Vorbildgeschwindigkeit fahren. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit daher ident, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 50 % – ist sie um ca. 50 % zu langsam.

Optik

Die Neukonstruktion von Fleischmann zeigt ein sehr sauber umgesetztes und optisch sehr angesprechendes Modell. Das Kunststoffgehäuse weist feine Gravuren auf. Beim genaueren Hinsehen sind bei den Lüftereinsätzen sogar Nieten sichtbar. Tiefe Gravuren heben unter anderem die Fahrzeugtüren hervor. Alle Fenster sind mit feinen Alustegen versehen, zudem weisen die Maschinenraumfenster zarte Nachbildungen der Gummidichtungen auf. Daß die Fenstereinsätze paßgenau in die Gehäuseausnehmungen sitzen, versteht sich von selbst. Allfällige Griffstangen oder Haltegriffe sind an der Gehäuseform angespritzt und ggf. farblich behandelt. Selbst die Türschnallen sind erhaben dargestellt und silbern lackiert. Am Dach sind die weiteren Feinheiten der Neukonstruktion ersichtlich, erkennbar an den verschiedenen Aufbauten oder der Nachbildung von Lüftergittern. Unverkennbar ist der längliche Auspuff über der Gasturbine erkennbar. Die Drehgestelle sind dreidimensional durchgebildet.

Bedruckung und Lackierung

Das vorliegende Modell ist sauber lackiert und bedruckt. Die Anschriften sind unter Lupe einwandfrei lesbar. Das Modell erhielt die Betriebsnummer 210 003-0. Als Heimatdienststelle ist das Bw Kempten bzw. die BD München und die Erhaltungswerkstätte AW Nürnberg angeschrieben. Im Revisionsraster steht das Abnahmedatum REV Abn Nür 26.11.70. Diese Angaben sind zum H0-Modell ident.

Beleuchtung

Das Beleuchtungskonzept besteht aus LED-Lichtkörpern. Die Spitzenbeleuchtung besteht aus drei warmweißen LED-Lampen, das Schlusslicht wird mittels zweier roter LEDs dargestellt, welche richtungsabhängig leuchten.


Bilder