Roco 70190 – DB-Baureihe 10

Die Baureihe 10 zählt bei der Deutschen Bundesbahn als eine der zuletzt gebauten Typen. Umso mehr verwundert es, daß gerade beim Abgesang der Dampftraktion, die schon zum Auslaufmodell zählte, noch eine Schnellzuglokomotive in Auftrag gegeben wurde. Die Firma Krupp in Essen wurde im Jahr 1953 damit beauftragt, eine neue Pacific-Schnellzuglokomotive zu entwickeln. Vier Jahre später wurden unter der Baureihenbezeichnung 10 zwei elegante, 26,5 Meter lange und teilverkleidete Schnellzuglokomotiven mit der Achsfolge 2′ C 1′ h3 mit einem Treibraddurchmesser von 2.000 mm abgeliefert, welche sich durch unterschiedliche Feuerungsarten deutlich unterschieden. Beide Loks waren obgleich ihres Design ein echter Hingucker und schlossen damit an die Tradition von Stromlinienloks der früheren Reichsbahnzeit an. Bei der DB erhielten sie den edlen Beinamen „Der schwarze Schwan“.

Während die 10 001 zunächst nur mit einer Ölzusatzfeuerung ausgerüstet war, besaß die 10 002 bei Ablieferung schon eine Ölhauptfeuerung. Erstere wurde später umgebaut. Die beiden durch silberfarbene Zierlinien verschönerten, mit kegelförmigen Rauchkammertüren versehen Lokomotiven erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h bei einer induzierten Leistung von 1.839 kW. Die hohe Achslast ließ beide Loks aber nur den Einsatz auf bestimmten Hauptstrecken zu. Sie waren bis 1962 beim Bw Bebra beheimatet, danach waren sie im Bw Kassel stationiert, von wo aus sie im schweren Schnellzugdienst auf der Nord-Süd-Strecke und der Main-Weser-Bahn im Einsatz standen.

Der allgemeine Strukturwandel mit der einhergehenden Elektrifizierung des Streckennetzes auf allen Hauptstrecken waren die Ursache dafür, warum die Baureihe 10 nicht mehr in Serie produziert wurde. Im Jänner 1967 erlitt die 10 002 einen Bruch an der Schieberstange und wurde ausgemustert. Sie wurde erst 1972 im Bw Offenburg verschrottet. Im Juni 1968 quittierte auch die Schwesterlok 10 001 den aktiven Betriebsdienst bei der Deutschen Bundesbahn. Dieses Exemplar ist der Nachwelt erhalten geblieben. Die 109 t schweren Dampflok steht heute im Deutschen Dampflok-Museum in Neuenmarkt-Wirsberg.


Modellvorstellung

Roco hat die Baureihe 10 als eine der letzten deutschen Dampflokkonstruktionen ins Neuheitenprogramm 2011 aufgenommen und dabei die Neuheit mit einer besonderen Neuerung angekündigt. Die Entwicklungen auf dem Digitalsektor gestatteten erstmals eine Modellkonstruktion bzw. die Vorsehung eines dynamischen Dampfausstoßes aus den Zylindern und dem Schornstein der Lokomotive. Mit dieser Ankündigung fand quasi vor zehn Jahren das technische Ausreizen von digitalen Eigenschaften bei Modellbahnen statt, indem die Hersteller mit diesen Extras den Versuch unternommen haben, die „im Sterben liegende“ Branche mit neuen Highlights zu bereichern. Ob dies so gelungen ist und ob damit nicht nur die Preisentwicklung nach oben getrieben wurde, läßt sich so nicht beantworten. Allerdings können gerade solche Modelle auf Schauanlagen mit diesen zusätzlichen Attributen die Besucher ins Staunen versetzen, womit die Modellbahn dem Vorbild noch ein weiteres Stück näher kommt.

Zum Zeitpunkt der Ankündigung wurden die Modelle zum UVP von € 349,– bzw. € 599,– (Digitalversionen) gehandelt. Elf Jahre später, als eine neue Modellvariante angekündigt wurde, belaufen sich die Hersteller-Richtpreise auf € 472,90 bzw. € 632,90. In Anbetracht der technischen Weiterentwicklung ist es nicht ganz uninteressant, auch diesen Vergleich anzustellen, wurde doch die Neukonstruktion von anno dazumal schon sehr hochwertig entwickelt. Jedenfalls hat Roco für 2022 ein Modell der DB 10 002 mit erhabenen Chromzierlinien angekündigt, und offeriert wiederum drei verschiedene Modellausführungen. Unter der Artikelnummer 70190 steht die analoge Gleichstrom-Version zum UVP von € 472,90 zur Verfügung. Die Modelle mit dem dynamischen und nach dem Zylinderschlag getakteten Dampfausstoß sind für das Zweileiter-Gleichstrom-System unter der Artikelnummer 70191 zur Verfügung, für das Dreileiter-Wechselstrom-System unter der Artikelnummer 78191. Der UVP beträgt hierbei jeweils € 632,90.

Verpackung

Das Modell ist im hochwertigen Segment des Herstellers angesiedelt, geführt als Roco Edition. Dies wird schon anhand der Verpackung ersichtlich. Das Modell befindet sich in einer sehr robusten Verpackung, außerdem ist das Lokmodell in einer durchsichtigen Glasvitrine auf einer Kunststoffschiene zweifach montiert (siehe auch Beitrag zur Baureihe 85). In diesem Zustand kann das Lokmodell auch staubgeschützt irgendwo aufgestellt werden. In der Verpackung finden sich noch die umfangreiche Betriebsanleitung und ein Zurüstbeutel sowie ein lackierter Ätzschildersatz. Als Zurüstteile liegen die üblichen Bauteile für die Pufferbrüste und einzelner Ansteckteile für die Verkleidungen bzw. Glaseinsätze bzw. weitere adaptierte Verkleidungsteile bei. Die 84 Seiten starke Betriebsanleitung beinhaltet das Ersatzteilblatt.

 Technik

Die Dampflok besteht aus einem antriebslosen Lokteil und den angetriebenen Tender. Die Antriebskomponenten sind im Tendergehäuse untergebracht. Für Arbeiten am Tender ist es notwendig, diesen von der Lok abzutrennen, indem beide Teile getrennt werden. Die Verbindung zwischen Lok und Tender nimmt eine Kurzkupplung wahr. Der Oberkasten des Tenders ist auf dem Tendergehäuse aufgesteckt und läßt sich von hinten her abnehmen, somit auch die Decoder-Schnittstelle zugänglich wird. Roco hat bei dieser Modellkonstruktion schon von Beginn an auf eine PluX22-Schnittstelle gesetzt.

Das Tendergehäuse ist am Chassis aus Zinkdruckguß mit zwei Schrauben befestigt. Nach dem Lösen der Schrauben läßt sich das aus Metall gefertigte Bauteil hochziehen. Im Chassis bzw. unterhalb der Fahrzeugplatine ist der Mittelmotor mit einer kleinen Schwungmasse untergebracht. Dieser gibt sein Drehmoment über beidseitige Wellenstummel an die äußeren Tenderachsen ab. Von den zwei Antriebsachsen ist lediglich die letzte Tenderachse mit Haftreifen bestückt. Die mittleren Tenderachsen sind gefedert und mit einem Seitenspiel versehen. Eine NEM-Kurzkupplungskulisse ist nur an der Tenderrückwand integriert.

Das Fahrwerk besteht weitgehendst aus Metall. Die Kuppelachsen sind alle aus Metall gefertigt und weisen feine Speichen auf. Keine der Kuppelachsen ist mit einer Federung ausgestattet, lediglich die mittlere Treibachse seit ein entsprechendes Seitenspiel für die problemlose Kurvenfahrt auf. Die beiden Drehgestelle sind in alle Richtungen beweglich ausgeführt. Allerdings rät der Hersteller, die Lok erst am dem Kurvenradius R3 (= 434 mm) einzusetzen!

Fahreigenschaften

Das Modell erfordert im Anlageneinsatz sauber verlegte Gleise, andernfalls sorgen die verbauten Spurkränze für laufenden Ärger. Entgleisungen sind die Folge. Bei optimal verlegter Anlageninfrastruktur fährt die Lokomotive perfekt. Das Eigengewicht beträgt 702 Gramm. Das Vorbild ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h beidseitig zugelassen. Das Modell erreicht bei 12 V Gleichstrom eine Modellgeschwindigkeit von umgerechnet ca. 155 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. zehn % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 30 % um 20 % zu langsam.

Optik

Die Baureihe 10 zeichnet sich vom Design durch verschiedene Rundungen aus, welche sowohl bei der Rauchkammertüre als auch bei den Frontschürzen, aber auch am Tenderaufbau mehrfach zur Geltung belangen.  Jedenfalls hat Roco die charakteristische Form der DB-Neubauloks tadellos wiedergegeben, zumal die glatte Oberfläche dem Modell wie dem Vorbild zusätzlich Eleganz verleitet. Diese Eigenheit wurde lediglich von notwendigen Anbauteilen (Leitungen, Stell- und Griffstangen, Speiseventile, Dampfpfeife und der Stromgenerator) durchbrochen. Die Verkleidung umschließt sowohl die Lokfront als auch das Führerhaus und selbst den Rahmen.

Im geschlossenen Führerhaus sind paßgenau eingesetzte Fenstereinsätze zu konstatieren, welche über feine, silberne Stege verfügen. Sogar die beiden Dachfenster sind nachgebildet. Die Griffstangen sind nicht nur hervorragend angraviert, sondern auch silbern eingefärbt. Farblich abgesetzt wurden auch die Trittstufen des Führerhausaufstieges. Die feinen sowie tiefen Gravuren sowie Details sind nicht nur am Lokgehäuse bzw. am Tender ersichtlich, selbst der Anblick des Laufwerkes offenbart sich als reine Augenweide. Die großen Metallräder weisen feine Metallspeichen auf, alle Bauteile der Steuerung sind farblich korrekt umgesetzt und ebenfalls äußerst filigran umgesetzt. Darüber hinaus wurden die Teile des Gestänges und der Steuerung korrekterweise in silbergrauer Farbe dargestellt.

Farbgebung und Beschriftung

Roco konnte hinsichtlich der Lackierung auch bei dieser Modellkonstruktion wenig falsch machen, da die Aufteilung der Farbflächen sich aufgrund der jeweiligen Bauteile ergibt. Sämtliche Lokaufbauten wie Landkessel, Verkleidungen, Rahmen, Führerhaus und Tendergehäuse sind schwarz ausgeführt und seidenmatt lackiert. Allerdings weist die Konstruktion am Tender und auch an dem Umlaufschürzen erhabene Chromzierlinien auf, welche eigens gefertigte Teile extra eingesetzt wurden. Die Bauteile des Fahrwerkes bzw. der Laufwerkes ist in roter Farbgebung gehalten. Sämtliche Anschriften sind lupenrein aufgetragen, teilweise sogar verschiedenfarbig ausgeführt. Roco hat seinem aktuellen Modell die Betriebsnummer 10 002 verpaßt. Die Lok ist beim Bw Kassel der BD Kassel beheimatet, wo die beiden Loks über Jahre schwere Schnellzüge bespannt haben. Roco hat hierfür vor einigen Jahren ein dazu passendes Zugset aufgelegt, und zwar den „D/Ex 489 Beograd-Express“ mit den Artikelnummern 64055, 64056, 64274 und 64275. Die Untersuchungsdaten stehen am Tender und weisen die Angaben „Letzte Br 3 Bwg. 04.07.65“ auf.

Beleuchtung

Die Beleuchtung besteht aus wartungsarme, weißwarme LED, die richtungsabhängig leuchten. Allerdings ist die Lichtstärke für eine Dampflok zu hell eingestellt.


Bilder