Dekas 871026: Kesselwagen

Die Firma Uerdingen war eine von zwei Herstellern, die den Auftrag zum Bau von Leichtbaukesselwagen erhielt. Während bei der Bauart Deutz die Kopfstücke am Kesselende befestigt sind, haben die Uerdinger Wagen einen durchgehenden Fahrzeugrahmen, auf dem die Kessel aufliegen. Zuerst wurde die 30 m³-Version in Auftrag gegeben. Die Herstellern Uerdingen, MAN, Busch, SEAG u. a. haben im Zeitraum von 1941 bis 1943 ca. ca. 3.700 Kesselwagen gebaut, die nach dem Zweiten Weltkrieg großteils bei der DB und DR sowie anderen benachbarten Bahnverwaltungen verblieben sind.

Bereits 1941 war die Lage in der Rüstungsindustrie sehr angespannt, und durch personelle Veränderungen wurde auch die organisatorische Nachschubversorgung geändert. Im Sonderausschuß Eisenbahn wurde im Frühjahr 1942 eine Produktionsvereinfachung und die Einschränkung der Typenvielfalt beschlossen. Ein neues Typenprogramm des SAE brachte einen Wagen zum Transport von Heizöl mit 24 m³ und einen Benzinwagen mit 30 m³ Volumen hervor. Der als neue Standardbauart angepriesene Kesselwagen fiel durch das auf gesamter Wagenlänge gezogene Sattelblech auf. Beim Bau der ca. 4.200 Wagen waren die Hersteller Stauding, SGP Graz, Uerdingen, Lüttgens und andere beteiligt. Auch diese Wagen verblieben großteils in Westdeutschland, ebenso in der DDR und den benachbarten Ländern. Zahlreiche Wagen wurden auch von Mineralölfirmen als Privatwagen eingestellt. Der Einsatz endete um die Jahrtausendwende.

Bis in die Mitte der 1950er Jahre war die Kohle dominierend in der Energieversorgung. Zahlreiche Zechen, vor allem im Ruhrgebiet, versorgten das gesamte Land mit dem unentbehrlichen Brennstoff. Die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik Deutschland und eine Ölschwemme auf den Weltmärkten bildeten die Grundlage für eine ab 1953 erfolgende rasante Umgestaltung des deutschen Energiesektors. Betrug der Mineralölverbrauch in Westdeutschland 1950 rund vier Millionen Tonnen, so hatte dieser sich bis 1955 auf 9,7 Mio. t mehr als verdoppelt und bis 1960 noch einmal verdreifacht auf über 28 Mio. t. 1973 war dann die Spitze bei 147 Mio. t erreicht. Von da an nahm der Verbrauch mit konjunkturellen Schwankungen langsam wieder ab auf aktuell ca. 110 Mio. t im letzten Jahrzehnt.

Diese beeindruckenden Zahlen bedeuteten auch für die Logistiker der Mineralölfirmen eine Herausforderung. Die Raffinerien – bislang entweder auf den deutschen Ölfeldern oder an den Küsten angesiedelt – wurden in die Verbrauchsräume verlegt. Die Rohölzufuhr erfolgte ab den Seehäfen über ein System von Pipelines. Die bisherige Gepflogenheit, den Groß- und Einzelhandel direkt ab Raffinerie zu beliefern, konnte auf Dauer nicht beibehalten werden. Bis in die 1970er Jahre entstand ein flächendeckendes Netz von Großtanklagern, das direkt mit dem Binnenschiff oder mit Ganzzügen der Eisenbahn beliefert wurde. Die Feinverteilung in der Fläche übernahmen dann Straßentankwagen. Die Eisenbahn konnte über die Jahre, auch Dank der Gewährung von Ausnahmetarifen, einen Anteil von ca. 25 bis 35 Prozent der Fertigprodukttransporte für sich verbuchen.

Im Gegensatz zu den festen Brennstoffen, bei der die Bahn auch meist die Wagen stellt, erfolgt der Abtransport von Mineralölen in Privatkesselwagen. Bis Mitte der 1930er Jahre beschafften die Mineralölfirmen diese Wagen überwiegend auf eigene Rechnung. Im Zuge der Aufrüstung wurden sehr viele Wagen von staatlichen Stellen beschafft und von diesen der freien Wirtschaft mietweise überlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Arbeitsteilung im Wesentlichen beibehalten, nur das an Stelle des Staates jetzt private Vermietgesellschaften die Beschaffung übernahmen. Bis Ende der 1960er Jahre hatten die Ölgesellschaften ihren eigenen Wagenpark fast komplett durch Mietwagen ersetzt.

Bereits die ersten bekannten Kesselwagen für Mineralölprodukte wiesen die charakteristischen Merkmale auf, die sich bis heute erhalten haben: ein liegender, zylindrischer Transportbehälter mit oben liegenden Domen zum Befüllen und in der Sohle befindlichen beidseitigen Endleereinrichtungen. Auch wenn bereits während des Ersten Weltkrieges die ersten geschweißten Behälter ausgeliefert wurden, war der genietete Kessel bis in die Mitte der 1930er Jahre die Regel. Der Behälter ruhte in zwei Sattelböcken, die über den Hauptquerträgern auf dem Untergestell auflagen. Das Untergestell basierte in der Regel auf den Zeichnungen der zweiachsigen offenen Güterwagen der einstellenden Bahnverwaltung.

Auch wenn die Kesselwagen alle recht ähnlich aussahen, waren die Hauptabmessungen der Behälter sehr unterschiedlich. Auch die Ausrüstung, vor allem die Endleereinrichtung, war oft Hausmarke und stand somit dem freizügigen Einsatz im Wege. Ende der 1920er Jahre setzten Bestrebungen ein, die Kette der Mineralöllogistik zu rationalisieren, d. h. die Tanklager und die Eisenbahn- sowie Straßentankwagen zu standardisieren.

Im Bereich der Kesselwagen entstand ein Typenprogramm basierend auf sieben Kesseldurchmessern und zwei Kessellängen. Fünf Varianten fanden für Mineralölkesselwagen Verwendung. Diese deckten die Hauptladegruppen Benzin, Heizöl und Diesel sowie Bitumen ab. Vereinheitlicht wurden auch Entleereinrichtungen, Dome und Heizstutzen. Diese Normwagen wurden in großen Stückzahlen bis Anfang der 1950er Jahre gebaut. Die ab Mitte der 1950er Jahre gebauten Wagen übernahmen aus dieser Norm lediglich die Anbauteile. Durch die Vergrößerung der Achsfahrmasse konnten die Behältervolumen vergrößert werden. Deren Abmessungen waren in den Normen allerdings nicht festgelegt, da sie für den Einsatz der Wagen von untergeordneter Bedeutung waren. Ab Mitte der 1960er Jahre wurden die Normen überarbeitet. Für den Mineralölbereich wurden ausschließlich Drehgestellwagen vorgesehen. Drei Typen mit festgelegten Kessel- und Untergestellmaßen wurden entwickelt. Seitherige Fortschreibungen der Normen betreffen nur noch die Ausrüstung der Wagen.

Bis Ende der 1930er Jahre kamen fast nur zweiachsige Wagen zum Einsatz. Anfang der 1940er Jahre entstand ein Typenprogramm für Mineralölkesselwagen, bei dem auch zwei Drehgestellvarianten für leichte Produkte wie Benzin und Benzol sowie für mittlere und schwere Destillate wie Heizöl und Bitumen entwickelt wurden. Mitte der 1960er Jahre lief die Beschaffung zweiachsiger Mineralölkesselwagen aus. Der große Überhang
an zweiachsigen Kesselwagen veranlasste die Vermietgesellschaften VTG und EVA in den Jahren 1967 bis 1975, einige hundert dieser Wagen in Drehgestellwagen umzubauen. Seit Anfang der 1970er Jahre ist der Transport von Mineralölen eine Domäne der Drehgestellwagen. Zweiachser konnten sich lediglich in einigen Bereichen mit kleinem Transportvolumen – u. a. Schmier- und Altöle sowie zur Militärversorgung – noch bis zur Jahrtausendwende eine Nische bewahren.


Modellvorstellung

Die Kesselwagenkonstruktion von Dekas ist in Kooperation mit der Firma Exakt-Train entstanden. Exact-Train hat die Leichtbau-Kesselwagen der Bauart Uerdingen im Herbst 2018 als Neuheit vorgestellt. Dabei waren die ersten Muster schon zu sehen, die Serienmodelle wurden dann im Herbst 2019 ausgeliefert. Exakt-Train hat bisher eine Vielzahl dieser Kesselwagenbauart produziert und fertigt auch Modelle ausländischer Vorbilder auf Wunsch von Kooperationspartnern.

Das vorliegende Modell ist ein als Privatwagen ausgeführter Kesselwagen der Firma Dansk Sojalagefabrik AS in Kobenhagen und gehört der Epoche IV an. Der Kesselwagen ist aus Kunststoff gefertigt und bringt ein Eigengewicht von 38 Gramm auf die Waage. Das Modell ist hervorragend detailliert. Dies macht sich an den leicht erhabenen Kesselnähte, den detailgetreuen Tankdomen und den freistehenden Zapfventile und Absperreinrichtungen bemerkbar. Die Bremserbühne ist einerseits aus Kunststoff gefertigt, alle anderen Geländerteile sind aus Ätzteilen gefertigt, wie auch die durchbrochenen Trittflächen. Das Modell ist mit Federpuffer versehen, im Wagenboden ist eine Kurzkupplungskulisse integriert, und die Bremsanlage ist vorbildgerecht umgesetzt worden. Ein derart filigranes Modell erfordert auch eine transportsichere Verpackung. Das Modell wird in einer robusten Kartonverpackung mit Schaumstoffeinlage aufgeliefert und ist dabei in eine dünne Folie gewickelt. Im beiliegenden Zurüstbeutel sind die Standardkupplungen abgelegt.

Das vorliegende Privatwagen erhielt die Wagennummer 23 86 724 1 528-4P und ist mit den Untersuchungsdaten 4 REV N 10.06.83 bedruckt. Der UVP des Kesselwagens beträgt € 49,–.


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