Trix 25958: DB 724 003-9 – Indusimeßwagen
Nach dem Zusammenschluß der früheren Länderbahnen zur Deutschen Reichsbahn im Jahre 1920 zeigte sich sehr bald, daß der Einsatz lokomotivbespannter Züge für die Personenbeförderung auf Nebenbahnen unwirtschaftlich geworden war. Steigende Kosten und sinkende Fahrgastzahlen stellten die Verantwortlichen vor die Alternative, entweder den Zugverkehr einzuschränken oder neue, kostengünstigere Fahrzeuge zu beschaffen.
Wie diese Fahrzeuge auszusehen hatten, darüber war man sich allerdings noch nicht ganz klar. Die frühen Versuche mit den Benzin- und Dampfwagen der Württembergischen Staatseisenbahn bald nach der Jahrhundertwende brachten nicht die erhofften Ergebnisse. Einzelstücke blieben auch die beiden schienengebundenen Omnibusse, die in Sachsen verkehrten. Zu Beginn der 1930er Jahre entstanden dann die ersten omnibusähnlichen Schienenfahrzeuge, die Henschel für verschiedene private Kleinbahnen und für die Deutsche Reichsbahn entwickelt hatte. Es folgten schließlich noch die Wismarer Schienenbusse in unterschiedlichen Ausführungsvarianten.
Im Vordergrund der Bestrebungen stand stets der Wunsch, vorhandene Antriebsaggregate aus der Serienfertigung für Kraftfahrzeuge verwenden zu können. Es blieb jedoch stets bei kleinen Stückzahlen, zumal inzwischen der Bau zweiachsiger Nebenbahntriebwagen bei verschiedenen Herstellern angelaufen war. Nach 1935 erloschen die Bemühungen um die Konstruktion von Schienenbussen fast völlig. Vorrang hatten nun die vierachsigen Triebwagen für den Nebenbahndienst.
Erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges erinnerte man sich in der Phase des Wiederaufbaues an die alte Idee mit den Schienenbussen. Bereits 1949 wurde an der Entwicklung des Uerdinger Schienenbusses gearbeitet, ab März 1950 standen die ersten Prototypen der Baureihe VT 95 zur Verfügung und gingen in die Erprobung. Parallel dazu liefen noch Versuche mit normalen Straßenbussen, die – auf besondere Spurwagen gesetzt – auch auf Schienen verkehren konnten und an den Endpunkten der Strecken wieder auf die Straße überwechselten.
Durchgesetzt haben sich schließlich die Uerdinger Fahrzeuge, die in großer Stückzahl zunächst als VT95 in Dienst gestellt wurden. Dieser Schienenbus wurde ursprünglich von einem Büssing-Unterflurmotor angetrieben, einem 6-Zylinder-Dieselmotor mit einer Nennleistung von 110 PS. Bald folgten jedoch Fahrzeuge, die mit 130 PS und schließlich sogar mit 150 PS starken Motoren desselben Herstellers ausgerüstet waren. Trotz dieser Maßnahme taten sich die einmotorigen Schienenbusse auf steigungsreichen Strecken immer noch recht schwer, besonders bei Fahrten mit Beiwagen und hoher Fahrgastzahl.
Aus einer laufenden Serienfertigung bei der Uerdinger Waggonfabrik wurden im Jahre 1953 deshalb drei Fahrzeuge herausgenommen und mit zwei Motoren mit einer Nennleistung von je 150 PS ausgerüstet. Diese Prototypen waren die ersten Schienenbusse der Baureihe VT98 mit den Betriebsnummern VT 98 901 bis 903. In ihrer sonstigen Bauausführung entsprachen sie denen der 1. Baureihe VT 95, d. h. die Schienenbusse hatten noch die einfache Scharfenbergkupplung und die federnden Stoßbügel. Nach einer eingehenden Erprobung erhielt die Uerdinger Waggonfabrik den Auftrag für eine Serienfertigung von 50 solcher Triebwagen, die ab Juli 1955 zur Auslieferung gelangten.
Diese sowie alle weiteren Fahrzeuge der Baureihe VT 98 waren bereits mit Seitenpuffern der Regelbauart und mit normalen Schraubenkupplungen ausgerüstet. Den Fahrgastraum hatte man mit 56 Sitzplatzen in der Sitzanordnung 2 + 3 und 2 Klappsitzen im Bereich der Führerstände ausgestattet. Als Höchstgeschwindigkeit wurden 90 km/h zugelassen. Bis Ende 1956 waren 150 Schienenbusse mit den Betriebsnummern VT 98 9501 bis 9650 in Dienst gestellt, alle noch mit Stahlfederung der beiden Radsätze. Nach einer fast dreijährigen Pause erfolgte ab Herbst 1959 die nächste Lieferung von weiteren 71 Fahrzeugen. Diese Schienenbusse ab der Betriebsnummer VT 98 9651 verfügten nun schon über eine komfortablere Luftfederung.
Weitere Serien folgten, und am 3. Mai 1962 wurde schließlich der letzte der zweimotorigen Schienenbusse mit der Betriebsnummer VT 98 9829 abgenommen. Außer den drei Prototypen verfügte die DB nun über 329 Fahrzeuge der Baureihe VT98. Davon wurden 171 Stück von der Waggonfabrik Uerdingen geliefert, 85 Schienenbusse entstanden bei der Waggon- und Maschinenbau GmbH Donauwörth (WMD) und 73 Exemplare fertigte die M.A.N. im Werk Nürnberg.
Die Deutsche Bundesbahn bestellte zu den Schienenbussen eine große Anzahl von Bei- und Steuerwagen. Von den 320 Beiwagen baute Uerdingen 100 Stück, die Orion-Werke in Eschwege fertigten 110 Fahrzeuge, WMD lieferte 75 und Rathgeber in München 35 Beiwagen. Der erste Lieferabschnitt in der Zeit von 1955 bis 1956 umfaßte die Nummern VB 98 001 bis 220. Von 1960 – 1962 wurden dann die Beiwagen VB 98 2221 bis 2320 in Dienst gestellt. Ohne große Lieferpausen entstanden von 1955 bis 1961 insgesamt 310 Steuerwagen (Betriebsnummern VS 98 001 bis 321, mit Lücken), davon 120 bei WMD, 101 bei der M.A.N., 74 in Uerdingen und 15 bei der Waggonfabrik Crede in Kassel-Niederzwehren. Hinzu kamen noch weitere Steuerwagen VS 98 046 bis 048, die im Jahr 1958 aus den Beiwagen VB 98 100 bis 102 entstanden. Frei geblieben sind die Nummern 049 und 050. Aus einer bestellten Serie herausgenommen wurden die Steuerwagen VS 98 085 bis 090, aus denen dann die Zahnrad-Steuerwagen VS 97 001 bis 006 gefertigt wurden. Die Zahnrad-Schienenbusse lieferte Uerdingen mit den Betriebsnummern VT 97 901 bis 908 in den Jahren 1961, 1962 und 1965. Äußerlich und in der Innenausstattung entsprachen die Zahnradbusse weitgehend den Fahrzeugen der Baureihe VT 98.
Ende der fünfziger Jahre waren die Schienenbusse der Baureihen VT 95 und VT 98 mit ihren Bei- und Steuerwagen in 80 verschiedenen Bahnbetriebswerken der 16 Bundesbahndirektionen beheimatet und von Husum bis Freilassing auf unzähligen Nebenstrecken eingesetzt. Ohne VT 98 blieben die BD Essen und die BD Köln, dort fuhren nur VT 95. Hochburgen der „Zweimotorigen“ waren die Direktionen München, Nürnberg, Regensburg und Wuppertal. Überall in der Bundesrepublik, vor allem aber im Süden und Südosten, waren die roten „Uerdinger“ zu „Rettern“ der Nebenbahnen geworden. Zugleich brachten sie aber auch das Ende für viele der alten Dampflokomotiven aus der Länderbahnzeit. Vor allem die Baureihen 70.0, 75.0 und 91.3-18 sowie zahlreiche Lokalbahnlokomotiven waren von diesem Traktionswechsel betroffen.
Nach Jahrzehnten erfolgreichen Einsatzes zeichnete sich Anfang der 1980er Jahre auch das Ende der Schienenbus-Ära ab, und mit Beginn des Sommerfahrplanes 1980 waren bereits alle Fahrzeuge der Baureihe VT 95 ausgemustert, die seit 1968 unter der Bezeichnung Baureihe 795 geführt worden waren. Nur der VT 795 445 lief noch zwei Jahre im Personaleinsatz des Bw Köln-Nippes. Die Entwicklung der Baureihe 798/998 verdeutliche die nachfolgende Tabelle. Die in Klammern angegebenen Bestandszahlen geben an, wieviele der Fahrzeuge davon bereits z-gestellt waren.
Bestand 798.5-8 998.0-3 998.6-9
(VT 98) (VB 98) (VS 98)
31.12.1980: 315 (5) 309 (1) 308 (1)
31.12 1981: 303 (1) 298 (4) 303 (1)
31.12 1982: 272 (11) 250 (7) 270 (6)
31.12.1983: 236 (25) 201 (7) 220 (9)
31.12.1984: 177 (4) 163 (1) 184 (7)
31.12.1985: 170 (3) 142 (5) 157 (7)
Anzumerken wäre noch, daß in der amtlichen Bestandsliste Ende 1985 von den ehemaligen
Zahnrad-Schienenbussen nur noch drei (Betriebsnummern 797 502, 503 und 505) sowie die drei Steuerwagen 997 604 bis 606 geführt wurden. Der Steuerwagen 997 606 war zu dieser Zeit bereits z-gestellt. Weitere Streckenstilllegungen und Umstrukturierung des Personennahverkehrs machten einige Jahre später weitere Schienenbusse entbehrlich. Ihr Einsatz endete gegen Ende beim sog. „Ulmer Spatz“ im Jahre 2014.
Mehrere Schienenbusse der DB-Baureihen 795 und 798 wurden im Laufe ihrer Zeit nach dem Ausscheiden aus dem regulären Bedarf in Bahndienstfahrzeuge umgebaut und neuen Einsatzzwecken zugedacht. Die auf diese Weise umgebauten Dieseltriebwagen wurden je nach Verwendungszweck mit den neuen Baureihenbezeichnungen 724, 725, 726, 727 und 728 geführt. Dabei stand jede Baureihe für einen eigenen Verwendungszweck:
Baureihe 724: Indusimeßwagen, die der Signalwerkstatt Wuppertal unterstellt waren.
Baureihe 725: Gleismeßzug
Baureihe 726: Gleismeßzug
Baureihe 727: LZB-Meßwagen
Baureihe 728: Indusimeßzug
Die Indusimeßwagen der Baureihe 724 hatten die Aufgabe, die Magnete, die zur induktiven Zugbeeinflussung notwendig sind, auf die richtige Lage und auf vorgegebene elektrische Werte zu untersuchen. Für diese Meßfahrten standen der Signalwerkstatt Wuppertal die beiden Fahrzeuge 724 001 bis 003 zur Verfügung, welche aus früheren Schienenbus-Serien entstanden sind. Der 724 001 wurde schon 1964 aus einem Vorserien-VT 95 umgestaltet und zwar aus dem VT 95 906. Der VT 95 906 wurde am 21.06.1963 ausgemustert und per 25.02.1964 als Wt 6203 in Dienst gestellt. Am 18. Jänner 1986 erfolgte deren Kassierung, er ist heute als Museumsfahrzeug vorhanden. Die beiden anderen Fahrzeuge entstanden aus dem Umbau von Serien-VT 95. Der Umbau fand im Jahr 1970 statt. Das Spenderfahrzeug für den 724 002 war der 795 471, für den 724 003 wurde der 795 144 herangezogen. Der VT 724 002 wurde am 01. Feber 1969 kassiert und offiziell am 22. Juni 1971 in Dienstgestellt und am 31. Mai 2000 kassiert, das Fahrzeug verblieb bei der EfW-Verkehrsgesellschaft in Frechen. Ähnlich verhält es sich beim 724 003. Der Spenderwagen schied am 21. Juli 1969 aus dem DB-Planbestand und war im Zeitraum vom 21.06.1972 bis 31. Mai 2000 bei der DB (AG) noch aktiv. Er ist heute als Denkmalfahrzeug bei der Firma Knipex in Wuppertal-Cronenberg erhalten.
Modellvorstellung
Märklin/Trix führt den Schienenbus als Standard-Modell im Sortiment, weshalb es aufgrund von Änderungen in der Konstruktion bzw. im Formenbau auch möglich war, seltene Bahndienstausführungen umzusetzen. Die Modellbahnsteuerung orientiert sich nur bedingt am Vorbild, und nur selten werden Indusi-Magnete bei den Signalen auf der Anlage verlegt. Aber dennoch ist ein derartiges Fahrzeug für einen vorbildgerechten Modellbahnbetrieb unerläßlich oder darf als netter Hingucker gesehen werden. Daher wurde ein solches Fahrzeug in die Herbstneuheiten von Märklin/Trix aufgenommen. Bei Märklin wird der Artikel unter der Artikelnummer 39958 geführt. Der UVP beträgt für beide Modelle jeweils € 329,–.
Verpackung
Die Auslieferung erfolgt in der bekannten Kartonverpackung des Herstellers. Nach dem Abzug des Kartonschubers wird die stabile Plastikverpackung zugänglich. Oberhalb einer Ausnehmung der Blisterverpackung ist ein Zurüstbeutel abgelegt. Darin befinden sich die zierlichen Bremsschläuche und ein Kupplungsadapter. Dünne Folien bzw. transparente Schutzstreifen sind für das Modell nur frontseitig vorgesehen. Die Betriebsanleitungen bzw. Beschreibungen und die Garantieurkunde sind in der extra eingesetzten Kartonhülle der Umverpackung abgelegt bzw. darin eingeschoben.
Technik
Der freie Durchblick durch den „Fahrgastraum“ erfordert für die Unterbringung der Antriebskomponenten ein kompaktes Unterbringen dieser Bauteile. Wie man das Fahrzeug öffnet, ist auf den ersten Blick in der Betriebsanleitung nicht ersichtlich. Die Fahrzeugskizze zeigt ein Gehäuse mit Rastnasen. Allerdings ist das Gehäuseteil aus Metall gefertigt und daher am Chassis festgeschraubt sein.
Für den Antrieb des Meßwagens dient ein in der Bodenplatte eingelassener Mittelmotor mit beidseitigem Wellenstummel, der auf beide Antriebsachsen wirkt, wobei auf die Ausstattung mit Haftreifen verzichtet wurde. Unterhalb des linken Führerstandes der teilweise verschlossenen Seitenwand ist die Decoder-Schnittstelle verbaut, in welchem schon ein Baustein für den Digitalbetrieb mit Soundfunktionen eingesetzt ist. Der Baustein verarbeitet die Datenformate DCC und mfx. An der Fahrzeugunterseite befinden sich Kurzkupplungskulissen.
Fahrverhalten
Die Indusi-Meßwagen weist durch sein Metallgehäuse ein Eigengewicht von 252 Gramm auf. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte der Vorbildgeschwindigkeit von ca. 49 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 45 % zu niedrig, gegenüber dem NEM-Wert (+ 30 %) ist die Modellgeschwindigkeit um ca. 75 % zu niedrig.
Optik
Der Blick auf das Modell zeigt ein ordentlich modelliertes Fahrzeug, welches trotz Metallgehäuse hinreichend Details aufweist. Die feinen Nietreichen lassen sich einerseits ertasten bzw. werden je nach Lichteinfall sichtbar. Auch die seitlichen Lüfterjalousien und das Zieraluband ist äußerst dezent umgesetzt. Feine Gravuren finden sich bei den Türbereichen, wobei je eine Türe pro Fahrzeugseite gegenüber dem Spenderfahrzeug verschlossen wurde wie auch drei Seitenfenster. Die Fenstereinsätze sind paßgenau ausgeführt und sind sowohl mit Gummifassungen oder Alu-Stegen versehen. Die Scheibenwischer sind ins Bauteil eingraviert. Die Frontpuffer wie auch die Scharfenbergkupplung sind absolute Hingucker. Das Dach weist ebensolche feine Gravuren auf und ist mit zierlichen Nietreihen und Dachlüftern versehen. Das Laufwerk ist mit allen unterflurig situierten Aggregaten nachgebildet.
Farbgebung und Beschriftung
Das Modell ist purpurrot lackiert und verfügt über ein hellgraues Dach bzw. erhaben dargestellte Aluzierleisten unterhalb des Fensterbandes. Alle Farbtrennkanten sind sauber ausgeführt. Auch die Beschriftung gibt keinen Anlaß zur Kritik. Das Modell ist mit der Betriebsnummer 724 003-9 bedruckt und wird als „Prüfwagen für Indusi-Streckeneinrichtungen Signalwerkstätte Wuppertal“ beschriftet. Alle Anschriften am Fahrzeugrahmen sind trennscharf ausgeführt, im Revisionsraster steht die Angabe zum Fahrzeugumbau samt Inbetriebnahme mit den Daten REV U2 Ks 22.06.72.
Beleuchtung
Der Triebwagen ist mit warmweiße und rote LED bestückt. Das Spitzenlicht ist dreifach belegt, das Schlußlicht zweifach. Der Lichtwechsel erfolgt Fahrtrichtungsabhängig. Im Digitalbetrieb sind noch weitere Features vorhanden.
Bilder