Kesselwagen: Liliput 235350 / 235354 / 235360 / 235392

Die ersten Kesselwagen in geschweißter Bauform wurden während der 1930er Jahren gebaut. Diese Wagen hatten in Anlehnung an offene Wagen entwickeltes Untergestell mit einer einheitlichen Länge über Puffer von 8,8 Meter und einen Achsstand von 4,5 Meter. Auf diese Untergestelle wurden Ein- oder Mehrkammerkessel mit ca. 20 bis 22 m³ Fassungsvolumen (ggf. mit Isolierung), später aber auch mit 27 m³ Inhalt gesetzt. Weiterhin gab es auf dem gleichen Untergestell zahlreiche Varianten von Chemie-Kesselwagen mit einem Fassungsvolumen von ca. zehn bis 16 m³. Die Wagen wurden in großen Stückzahlen beschafft und prägten über Jahrzehnte das Bilder der Güterzüge auf deutschen Strecken. Die letzten Vertreter schieden, nachdem die Wagen mit Rollenlager nachgerüstet wurden, erst im Laufe der 1990er Jahre aus dem Betriebsbestand der Bahnverwaltungen bzw. der Einsteller.

Bis in die Mitte der 1950er Jahre war die Kohle dominierend in der Energieversorgung. Zahlreiche Zechen, vor allem im Ruhrgebiet, versorgten das gesamte Land mit dem unentbehrlichen Brennstoff. Die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik Deutschland und eine Ölschwemme auf den Weltmärkten bildeten die Grundlage für eine ab 1953 erfolgende rasante Umgestaltung des deutschen Energiesektors. Betrug der Mineralölverbrauch in Westdeutschland 1950 rund vier Millionen Tonnen, so hatte dieser sich bis 1955 auf 9,7 Mio. t mehr als verdoppelt und bis 1960 noch einmal verdreifacht auf über 28 Mio. t. 1973 war dann die Spitze bei 147 Mio. t erreicht. Von da an nahm der Verbrauch mit konjunkturellen Schwankungen langsam wieder ab auf aktuell ca. 110 Mio. t im letzten Jahrzehnt.

Diese beeindruckenden Zahlen bedeuteten auch für die Logistiker der Mineralölfirmen eine Herausforderung. Die Raffinerien – bislang entweder auf den deutschen Ölfeldern oder an den Küsten angesiedelt – wurden in die Verbrauchsräume verlegt. Die Rohölzufuhr erfolgte ab den Seehäfen über ein System von Pipelines. Die bisherige Gepflogenheit, den Groß- und Einzelhandel direkt ab Raffinerie zu beliefern, konnte auf Dauer nicht beibehalten werden. Bis in die 1970er Jahre entstand ein flächendeckendes Netz von Großtanklagern, das direkt mit dem Binnenschiff oder mit Ganzzügen der Eisenbahn beliefert wurde. Die Feinverteilung in der Fläche übernahmen dann Straßentankwagen. Die Eisenbahn konnte über die Jahre, auch Dank der Gewährung von Ausnahmetarifen, einen Anteil von ca. 25 bis 35 Prozent der Fertigprodukttransporte für sich verbuchen.

Im Gegensatz zu den festen Brennstoffen, bei der die Bahn auch meist die Wagen stellt, erfolgt der Abtransport von Mineralölen in Privatkesselwagen. Bis Mitte der 1930er Jahre beschafften die Mineralölfirmen diese Wagen überwiegend auf eigene Rechnung. Im Zuge der Aufrüstung wurden sehr viele Wagen von staatlichen Stellen beschafft und von diesen der freien Wirtschaft mietweise überlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Arbeitsteilung im Wesentlichen beibehalten, nur das an Stelle des Staates jetzt private Vermietgesellschaften die Beschaffung übernahmen. Bis Ende der 1960er Jahre hatten die Ölgesellschaften ihren eigenen Wagenpark fast komplett durch Mietwagen ersetzt.

Bereits die ersten bekannten Kesselwagen für Mineralölprodukte wiesen die charakteristischen Merkmale auf, die sich bis heute erhalten haben: ein liegender, zylindrischer Transportbehälter mit oben liegenden Domen zum Befüllen und in der Sohle befindlichen beidseitigen Endleereinrichtungen. Auch wenn bereits während des Ersten Weltkrieges die ersten geschweißten Behälter ausgeliefert wurden, war der genietete Kessel bis in die Mitte der 1930er Jahre die Regel. Der Behälter ruhte in zwei Sattelböcken, die über den Hauptquerträgern auf dem Untergestell auflagen. Das Untergestell basierte in der Regel auf den Zeichnungen der zweiachsigen offenen Güterwagen der einstellenden Bahnverwaltung.

Auch wenn die Kesselwagen alle recht ähnlich aussahen, waren die Hauptabmessungen der Behälter sehr unterschiedlich. Auch die Ausrüstung, vor allem die Endleereinrichtung, war oft Hausmarke und stand somit dem freizügigen Einsatz im Wege. Ende der 1920er Jahre setzten Bestrebungen ein, die Kette der Mineralöllogistik zu rationalisieren, d. h. die Tanklager und die Eisenbahn- sowie Straßentankwagen zu standardisieren.

Im Bereich der Kesselwagen entstand ein Typenprogramm basierend auf sieben Kesseldurchmessern und zwei Kessellängen. Fünf Varianten fanden für Mineralölkesselwagen Verwendung. Diese deckten die Hauptladegruppen Benzin, Heizöl und Diesel sowie Bitumen ab. Vereinheitlicht wurden auch Entleereinrichtungen, Dome und Heizstutzen. Diese Normwagen wurden in großen Stückzahlen bis Anfang der 1950er Jahre gebaut. Die ab Mitte der 1950er Jahre gebauten Wagen übernahmen aus dieser Norm lediglich die Anbauteile. Durch die Vergrößerung der Achsfahrmasse konnten die Behältervolumen vergrößert werden. Deren Abmessungen waren in den Normen allerdings nicht festgelegt, da sie für den Einsatz der Wagen von untergeordneter Bedeutung waren. Ab Mitte der 1960er Jahre wurden die Normen überarbeitet. Für den Mineralölbereich wurden ausschließlich Drehgestellwagen vorgesehen. Drei Typen mit festgelegten Kessel- und Untergestellmaßen wurden entwickelt. Seitherige Fortschreibungen der Normen betreffen nur noch die Ausrüstung der Wagen.

Bis Ende der 1930er Jahre kamen fast nur zweiachsige Wagen zum Einsatz. Anfang der 1940er Jahre entstand ein Typenprogramm für Mineralölkesselwagen, bei dem auch zwei Drehgestellvarianten für leichte Produkte wie Benzin und Benzol sowie für mittlere und schwere Destillate wie Heizöl und Bitumen entwickelt wurden. Mitte der 1960er Jahre lief die Beschaffung zweiachsiger Mineralölkesselwagen aus. Der große Überhang
an zweiachsigen Kesselwagen veranlasste die Vermietgesellschaften VTG und EVA in den Jahren 1967 bis 1975, einige hundert dieser Wagen in Drehgestellwagen umzubauen. Seit Anfang der 1970er Jahre ist der Transport von Mineralölen eine Domäne der Drehgestellwagen. Zweiachser konnten sich lediglich in einigen Bereichen mit kleinem Transportvolumen – u. a. Schmier- und Altöle sowie zur Militärversorgung – noch bis zur Jahrtausendwende eine Nische bewahren.


Modellvorstellung

Liliput hat schon vor Jahren den Mehrkammerkesselwagen auf diesem Fahrgestell realisiert, sodaß es logisch war, auch eine weitere Version mit unterschiedlichen Kesselbauarten von 20 m³ und 26,7 m³-Fassungsvolumen ins Programm zu nehmen. Diese Kesselwagen fallen vor allem durch ihren markanten Tankaufbau auf. Die robust ausgeführten Geländer am Kesselscheitel beim Domdeckel prägen nicht nur das Vorbild, sondern sind ein Alleinstellungsmerkmal dieser Kesselwagen. Robust ausgeführt sind auch die Aufstiegsleitern, filigran dagegen der Domdeckel. Die Auftrittflächen kommen ohne weitere Gravuren aus, allerdings sind beim Kessel feine Übergänge erkennbar. Die Bremserbühnen sind bei den Modellen mit und ohne Bremserhaus ausgeführt, dafür wurden die Bretterfugen nachgebildet. Feine Gravuren zieren den Fahrzeugrahmen, der über Nietverbindungen verfügt, aber auch die Laufwerke mit den zierlichen Federpaketen und den Achslagern. Die Laufwerke sind dreidimensional durchgebildet. Zwischen Fahrzeugrahmen und Kessel wurde die Kurzkupplungskulisse eingelassen. Der Blick auf die Fahrzeugunterseite offenbart eine vollständig nachgebildete Bremsanlage.

Die Auslieferung des Modells erfolgt in der bekannten Liliput-Verpackung. In der Kartonschachtel ist die Blisterverpackung eingeschoben. In der zweiteiligen Blisterverpackung ist das Modell abgelegt. Ein Zurüstbeutel ist nicht vorgesehen, da es am Modell nichts zuzurüsten gibt. Die Modelle werden jeweils zum UVP von € 49,90 angeboten. Alle weiteren Detailangaben stehen bei den Modellen. Alle Güterwagen werden mit der neuen Liliput-Kurzkupplung ausgeliefert.


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Privatkesselwagen der BV-ARAL AG Bochum, beschriftet als DB 503 744P mit Heimatbahnhof Bochum-Riemke, Revisionsanschriften REV 102 20.06.52.

Firmengeschichte ARAL

Der Mineralölkonzern ARAL gehört heute zum BP-Konzern und kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Gründung des Unternehmens geht auf den 28. November 1898 zurück, indem 13 Bergbauunternehmen in Bochum die „Westdeutsche Benzol-Verkehrsvereinigung“, aus welcher später die Aral Aktiengesellschaft hervorging, gegründet wurde. Die Aufgabe der Gesellschaft lag die bei der Verkokung von Steinkohle gewonnen Benzol (zum Beispiel zur Farbenherstellung oder Leuchtzwecke) zu vermarkten. Das dabei gewonnene Benzol wurde erst im Jahr 1912 als Kraftstoff für Fahrzeuge getestet. Im Jahr 1918 wurde das Unternehmen nach verschiedenen Umstrukturierungen auf den Namen „Benzol-Verband“ (kurz B. V.“ umbenannt, der Firmensitz blieb weiterhin in Bochum. 1924 gelang es dem Unternehmen unter dem Chemiker Walter Ostwald einen neuartigen Kraftstoff zu entwickeln, der aus einem Benzol-Benzin-Gemisch bestand. Da Benzol zur chemischen Gruppe der Aromaten und Benzin zu den Aliphaten gehört, nennt Ostwald den neuen Kraftstoff „B. V.-Aral“. Dies war die Geburtsstunde von „Aral“ einerseits und andererseits wurde der ersten Superkraftstoff der Welt (unter strengen Qualitätskriterien) entstanden. Zwei Jahre später wurde mit dem Aufbau eines eigenen Tankstellennetzes begonnen. Im Jahre 1927 erhielten die Verkehrszeichen in Deutschland eine neue Farbgebung, was sich mit den bisherigen Hausfarben des Unternehmens spießte. Es erfolgte die Umstallund auf die neuen Hausfarben Blau/Weiß, die zugleich die Stadtfarben von Bochum sind.

Der Zweite Weltkrieg bedeutete die staatliche Zentralisierung des Kraftstoffvertriebes. Anstatt qualitätsvollen Markenbenzins wurde nur noch Einheitskraftstoff produziert und vertrieben. 1951 fällt die Zwangsbewirtschaftung. B. V.-Aral verarbeitet in den Raffinerien wieder Erdöl. 1952 wurde die Gründung der B. V.-Aral Aktiengesellschaft beschlossen, Aral taucht erstmals im Firmennamen auf. Damit einhergehend ist auch der Aufbau einer eigenen Kesselwagenflotte zu bemerken. 1975 wurde die ARAL AG zu 56 % von der VEBA CHEMIE AG übernommen, drei Jahre später gab es weitere Änderungen in der Anteilseignerstruktur. Im Jahr 2000 hat die VEBA OEL AG die ARAL AG zu 100 % übernommen, die neue Gesellschaftsbezeichnung lautet auf „Aral Aktiengesellschaft & Co KG“. Bereits zwei Jahre später wurden per 1. April 2002 an die Deutsche BP AG übertragen.


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Kesselwagen der Firma Johann Haltermann, Hamburg, angeschrieben mit der Wagennummer 21 80 000 3 283-7P, Heimatbahnhof Hamburg-Wilhelmsburg, Revisionsdaten: REV 102 07.06.76.


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Zweiachsiger Kesselwagen mit dem großen 267 hl-Tank, beschriftet als 21 85 072 4 210-3P, eingestellt von der ETRA AG Zürich mit Heimatbahnhof Birsfelden Hafen. Untersuchungsdaten REV 4 Bl 31.07.74.

 


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Als einziges Modell eines Chemiekesselwagens wird derzeit diese Ausführung der Kali Chemie AG in Hannover angeboten, wobei der Kesselwagen durch das keine Fassungsvolumen von 115 hl für den Transport von Salzsäure auffällt. Der Kesselwagen trägt die Wagennummer 566 063P und ist mit dem Heimatbahnhof Nienburg/Weser angeschrieben. Im Revisionsraster stehen die Angaben REV Sz[Kali] 15.04.66.