Roco 73464: ÖBB 1245 512-7
Die Elektrifizierung der Tauernbahn sowie auch die Verstärkung des Oberbaues ließen einen Bedarf an neuen „Universalloks“ entstehen, die – auf Wunsch der Unternehmensleitung – in Anlehnung aus der bereits bewährten Vorgängerreihe 1145 hervorgehen sollte. Mit dem Zusammenschluß aller vier Hersteller des elektrischen Teiles ergab sich die Arbeitsgemeinschaft ABES, die die erste „Einheitslok“ Österreichs bauten. Damit sollte ein gewisser Grad an Typisierung erreicht werden. Den mechanischen Teil lieferte die Wiener Lokomotivfabrik Floridsdorf. Bereits 1934 bis 1936 wurden die ersten acht Maschinen (BBÖ 1170.201 – 208 = ÖBB 1245.01 – 08) abgeliefert. Sie unterscheiden sich in der Dachausführung, indem die ersten sechs Loks ein „Haubendach“ mit kleinen Frontfenstern hatten. Die beiden anderen entsprachen weitgehend der Vorgängertype 1145. Die Loks waren wieder um einen Meter länger, hatten eine Achslast von 21 t und im elektrischen Teil konnten sie eine wesentlich höhere Leistung aufweisen.
Es kam 1936 zur Folgebestellung von weiteren 25 Loks (BBÖ 1170.209 – 233 = 1245.509 – 533), die 1938/39 in Dienst gestellt wurden. Selbst die Deutsche Reichsbahn bestellte noch weitere acht Maschinen, die diese schon als E 45.234 bis 241 (1245.534ff) in Betrieb nahmen. Die beiden Nachlieferungen unterschieden sich wie folgt: Die 1170.219 bis 228 wurden ohne E-Bremse ausgeliefert (später nachgerüstet), sie wurden auf der Westbahn eingesetzt. Die 1170.229 bis 233 erhielten zusätzlich eine Vielfachsteuerung. Die Letztserie entspricht der neunten Lok.
Die letzten Vertreter der Reihe 1245 wurden am 1. Dezember 1995 kassiert. Im Nostalgiebestand der ÖBB wurden mehrere Lokomotiven übernommen, einige Exemplare sind heute noch bei Vereinen betriebsfähig.
Roco hat vor gut zehn Jahren die Neukonstruktion der Reihe 1245.500 der ÖBB angekündigt und bisher verschiedene Modellausführungen aufgelegt. Das aktuelle Neuheitenprogramm sieht die Ausführung einer blutorangen Lokomotive mit silbernen Dach und kleinen Betriebsnummern an den Fahrzeugfronten vor. Angekündigt wurde die Lok auch, um die bekannten Milchzüge im Linienstern von Selzthal nachbilden zu können. Das angekündigte Modell wird in drei verschiedenen Ausführungen angeboten, und zwar als Gleichstrom-Modell ohne Loksound (73464 zum UVP von € 199,90), als Gleichstrom-Modell mit Loksound (73465 zum UVP von € 269,90) und als Wechselstrom-Modell mit Loksound (79465 zum UVP von € 269,90).
Ein dringender Appell an den Hersteller: Die mitgelieferte Betriebsanleitung ist zwar ausführlich gestaltet. Viele abgedruckte Skizzen sind derart grob pixellig, daß diese nicht mehr gut lesbar sind. Bereits verkleinerte Vorlagen wurden derart aufgebläht, daß diese nur mehr viele Piselwolken zeigen und keine klaren Konturen der Zeichnungen.
Verpackung
Die ÖBB-Universallok wird in der robusten Roco-Verpackung (zweifache Kartonverpackung) ausgeliefert. Das Modell liegt dort in einer Plastikfolie umhüllt im Schaumstoff und wird durch eine Plastikhaube geschützt. Zum Lieferumfang gehören die Betriebsanleitung, das Ersatzteilblatt und ein Zurüstbeutel. Im letzt genannten befindet sich auch der Aufbau der Widerstandsbremse. Gegenüber früheren Modellausführungen sind verschiedene, erhaben dargestellte Fahrzeugteile schon werkseitig montiert.
Technik
Die technischen Komponenten sind unter dem Lokgehäuse versteckt und basieren auf bisherigen Konstruktionsprinzipien. Für den Antrieb dient wiederum ein Mittelmotor, an welchem eine große Schwungmasse angeflantscht ist. Der Antrieb auf alle Achsen erfolgt sodann über das Stirn-/Schneckengetriebe alle Achsen angetreibt. Der erste Radsatz verfügt beidseitig über Haftreifen.
Das Lokgehäuse läßt sich im Ablieferungszustand am einfachsten annehmen, indem die seitlichen Rastnasen – teils unter Zuhilfenahme eines Schraubenziehers – von unten hinausgedrückt werden. Dieser Vorgang erfordert aber sehr viel Fingerspitzengefühl und ist leider nicht so einfach durchführbar. Beim Öffnen ist mir eine dieser Rastnasen aus der Verankerung gebrochen. Das Einsetzen erforderte das halbe zerlegen der Lok. Das Gehäuse ist dann nach oben abziehbar, wenngleich die Seitenwände auch nach außen gedrückt werden. Der Vorgang ist jedoch bei einer zugerüsteten Maschine wesentlich schwieriger. Denn es müssen in diesem Falle die Griffstangen der Führerstandstüren entfernt werden.
Die Fahrzeugplatine ist über dem Mittelmotor seitlich am Metallrahmen mit Schrauben befestigt. Auf der Fahrzeugplatine ist die Schnittstelle nach NEM 652 gut sichtbar, werkseitig ist ein Brückenstecker eingesetzt, welcher für den Betrieb unter analogen Verhältnissen unabdingbar ist. Natürlich ist auch dieses Roco-Modell mit einer Kurzkupplungskulisse mit NEM-Normschacht (NEM 652 – 8polig) versehen.
Fahrverhalten
Das Eigengewicht der Lok beträgt 329 Gramm. Die Höchstgeschwindigkeit beim Vorbild beträgt 80 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 121 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 52 % zu schnell und nach dem NEM-Wert (+ 30 %) um ca. 22 % zu schnell.
Optik
Das vorliegende Modell der ÖBB-Reihe 1245 stellt eine neuzeitliche Konstruktion der Salzburger dar, wobei für die Modellumsetzung moderne Computertechnik zum Einsatz kam. Ungeachtet dessen weisen die Vorbildmaschinen viele Unterschiede auf, sodaß es nicht einfach ist, ein dem Vorbild gerechtes Modell umzusetzen. Die wesentliche Grundkonzeption und die Proportionen sind bestens getroffen. Der Lokkasten ist mit zahlreichen Gravuren versehen. Der erste Blick richtet sich an den filigran ausgeführten Lüftergitter der Seitenwände und die hauchdünnen Nietenreihen am Fahrzeugkasten. Sehr schön umgesetzt wurde auch das zurückgesetzte Führerhaus, aber auch die beidseitigen Vorbauten. An den Vorbauten sind die feinen Winkeleisen erkennbar.
Alle Fenstereinsätze sind paßgenau eingesetzt und weisen feine Alu-Stege auf. Die frontseitigen Fenster sind in Gummidichtung gefaßt. Beim Dach ist Roco ein genialer Schachzug in der Konstruktion gelungen. Das Modell wird werkseitig ohne den Bremsturm der Widerstandsbremse ausgeliefert. In der Dachform sind vier Abdeckungen eingeklipst. Wer das Modell mit der Widerstandsbremse darstellen will, braucht nur die hier Abdeckungen aus dem Dach entfernen und steckt das Bauteil ein. Am Dach befinden sich zwei Stromabnahmer mit Wanisch-Palette. Die extra eingesetzten Dachstege sind strukturiert umgesetzt.
Der Brückenrahmen zeigt nicht nur die nach außen verjüngte Bauform an, sondern es sind auch die seitlichen Behälter genauso vorhanden wie auch die Nietreihen. Die Drehgestelle bestehen einerseits aus glatten Flächen und andererseits aus den extra außen angesetzten Federpaketen und Antriebstöpfe. An den Frontseiten sind die großen Verschieberplattformen berücksichtigt worden.
Das Modell wird teilweise zugerüstet ausgeliefert, wobei insbesondere die Griffstangen an den Fahrzeugfronten bereits angesetzt sind. Für den Modellbahner verbleiben noch das Ansetzen der Scheinwerfer, die Windabweiser, der seitlichen Griffstangen zu den Führerstandstüren und auch die Stiegenauftritte.
Bedruckung und Beschriftung
Verschiedene Farbtrennkanten ergeben sich schon konstruktiv. Das Modell ist sauber lackiert und auch bedruckt. Bei genaueren Hinsehen fällt vielleicht sofort auf, daß eine seitliche Loknummer nicht zentriert dargestellt ist. Es gab die Vorbildlok der 1245.512-7 wirklich mit links bündig versehenen Anschriften. Durch das Zusammenfallen der Farbtrennkanten mit den konstruktionsbedingten Kanten ergeben sich keine Farbverläufe am Modell. Das Gehäuse verfügt über drei sauber lackierte Zierlinien. Die auserwählte 1245.512-7 war eine Lok der Zfl. Villach. An der Maschine sind als letzte Bremsuntersuchung der 25.6.85 angeschrieben.
Beleuchtung
Die ÖBB 1245 wird mit einer LED-Beleuchtung ausgeliefert. Der Lichtwechsel erfolgt von drei weißen Spitzenlichtern zu drei roten Schlußlichtern. Im Digitalmodus sind weitere Beleuchtungsfeatures verfügbar. Die Lichtstärke ist beim Analogmodell viel zu hell und ist im Vergleich zum Vorbild stark überzogen.
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