Piko 37212 – ÖBB 64.311

Unter den Länderbahn-Personenzugtenderlokomotiven für den Einsatz auf Nebenbahnen und für den leichten Dient auf Hauptstrecken dominierten einst die Fahrzeuge mit der Achsfolge 1′ C 1′. Von dieser Bauart versprach man sich besonders gute Laufeigenschaften in beiden Fahrtrichtungen. In Baden bewährten sich die Gattungen VI b und VI c, in Sachsen die Gattung XIV HT, und in Württemberg war die Gattung T 5 lange Zeit unentbehrlich. Nur in Bayern konnte man sich mit dieser Achsanordnung nie anfreunden.

Als dann die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahn den Bau von Einheitslokomotiven in die Wege geleitet hatte, entstanden zunächst die großen Schlepptenderlokomotiven der Baureihen 01/02 und 43/44. Bald folgten dann aber auch die ersten Tenderlokomotiven aus dem bereits festgelegten Typenplan. Darunter befand sich auch eine 1’ C 1′-Personenzugtenderlokomotive. Sie sollte dazu beitragen, den Verkehr auf Nebenbahnen schneller und wirtschaftlicher abzuwickeln. Feste Vorgaben für die neue Baureihe 64 waren eine größte Achslast von 15 t und eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h.

Viele Bauteile und Baugruppen waren identisch mit denen der Baureihe 24, einer leichten Schlepptenderlokomotive, und der Baureihe 86, einer Tenderlokomotive für den Güterzugdienst auf Nebenbahnen. Diese drei Gattungen von Heißdampf-Zweizylinderlokomotiven galten als sehr wirtschaftlich und leistungsfähig. Die Baureihe 64 verdrängte dann auch bald viele der überalterten Länderbahnlokomotiven von den Nebenstrecken der Deutschen Reichsbahn. Auf einigen Hauptbahnen konnten sie auch mit gutem Erfolg im Personennahverkehr, mitunter sogar im leichten Eilzugdienst, eingesetzt werden.

Urheberfirma der Reihe 64 waren die Borsig Lokomotivwerke GmbH in Berlin-Tegel. Der Lieferanteil von Borsig blieb aber gering. Aus dem Tegeler Werk kamen nur die ersten sieben Lokomotiven mit den Betriebsnummern 64 001 bis 007 und eine kleine Serie mit den Nummern 64 192 bis 197, die alle im Jahre 1928 in Dienst gestellt wurden. Die übrigen Maschinen entstanden in den anderen deutschen Lokomotivfabriken, die zu jener Zeit um das Überleben kämpften. Nur die Berliner Maschinenbau-AG, vorm. Louis Schwartzkopff, war nicht am Bau der Reihe 64 beteiligt, wohl aber die AEG, die sechs Maschinen mit den Betriebsnummern 64 027 bis 032 lieferte. Bestellt waren insgesamt 610 Lokomotiven. Die beiden letzten an Jung und Orenstein & Koppel bereits vergebenen sieben Eisenbahn-Baulose wurden jedoch storniert.

Zur Ausführung und Ablieferung gelangten schließlich 520 Fahrzeuge, die letzten im zweiten Kriegsjahr 1940. Hierbei fanden „Heimstoffe“ Verwendung, welche die Buntmetalle ersetzen sollten. Die Heimstoff-Lokomotiven waren besonders gekennzeichnet. Das Führerhaus war mit dem Großbuchstaben H beschriftet. Im Laufe des langen Beschaffungszeitraumes ergaben sich verschiedene Bauartänderungen. Bis zur Betriebsnummer 64 383 blieben die Lokomotiven ohne Laufradbremse. Die Maschinen 64 384 bis 417 verfügten über Scherenbremsen an Treib- und Kuppelachsen sowie über einfach Laufradbremsen. Ab der Betriebsnummer 64 418 hatten die Fahrzeuge dann einfache Bremsen an allen Rädern. Die Lokomotiven 64 233 und 234, 64 243 bis 257 und 64 273 bis 282 wurden mit Abdampfinjektoren der Bauart Friedmann geliefert. Eine Besonderheit war die von der Maschinenfabrik Esslingen gefertigte 64 293, die eine Ventilsteuerung der Bauart Günther erhalten hatte. Die letzte Bauserie 64 511 bis 520 fuhr mit Krauss-Helmholtz-Gestellen; alle anderen Maschinen waren mit Bissel-Achsen ausgestattet. In ihrer Ursprungsausführung hatten die Lokomotiven der Baureihe 64 noch genietete Wasserkästen und eine Länge über Puffer von 12.400 mm. Ab der Betriebsnummer 64 368 wurden die Fahrzeuge vorne geringfügig verlängert, die Länge über Puffer betrug nun 12.500 mm. Ab Mitte der 1930er Jahre bediente man sich bei der Fertigung von Lokomotiven in zunehmendem Maße der modernen Schweißverfahren. Die Baureihe 64 wurde nun mit geschweißten Wasserkästen geliefert.

Eine größere Anzahl von Lokomotiven der Baureihe 64 fiel den Kriegsereignissen zum Opfer. Zahlreiche Maschinen verblieben nach 1945 im Osten, neben der Deutschen Reichsbahn mit 115 Lokomotiven, in der CSD und bei der PKP. Die DB erhielt ungefähr 278 Lokomotiven. Bei der Deutschen Bundesbahn gelangten im Jahre 1950 noch 273 Fahrzeuge zum Einsatz, bei der Deutschen Reichsbahn in der DDR waren noch 124 Maschinen vorhanden. Die Mehrzahl der Lokomotiven, die der Deutschen Bundesbahn zur Verfügung standen, kamen südlich der Mainlinie zum Einsatz, bis sie mehr und mehr von den Diesellokomotiven der Baureihe V 100 verdrängt wurden. 1964 hatte sich ihre Zahl bereits beträchtlich verringert, nur noch 186 Lokomotiven zahlten zum Einsatzbestand. Einzelne Fahrzeuge waren im Norden der Bundesrepublik verblieben, der Rest fuhr im Süden. Geradezu drastisch waren die Quoten der Ausmusterung in den nachfolgenden Jahren. Nur noch 75 Lokomotiven zählten am Anfang des Jahres 1968, bei Inkrafttreten des neuen Nummernplanes, zum Einsatzbestand der DB. Kurz zuvor waren noch 31 Maschinen ausgemustert worden.

Das Ende war nun nicht mehr aufzuhalten, und Ende 1972 war der Bestand auf 15 Fahrzeuge zusammengeschmolzen, die von den Direktionen Nürnberg, Regensburg und Stuttgart eingesetzt wurden. Ein Jahr später waren nur noch 6 Lokomotiven betriebsfähig, die 064 255, 305, 393 und 415 im Bw Weiden sowie die 064 419 und 491 im BW Crailsheim. Die Ausmusterung dieser letzten Exemplare vollzog sich dann im Laufe des Jahres 1974. Eine von drei Maschinen, die Ende 1973 auch noch vorhanden, aber bereits z-gestellt waren, ist die 064 289. Diese Lokomotive konnte von den Eisenbahnfreunden Zollernbahn erworben und vor dem Verschrotten bewahrt werden. Nach einer aufwendigen Instandsetzung wurde die Maschine wieder betriebsfähig und steht für Sonderfahrten zur Verfügung. Ein weiteres, allerdings nicht betriebsfähiges Exemplar, die 64 295, befindet sich im Deutschen Dampflok-Museum in Neuenmarkt-Wirsberg. In die Obhut des Eisenbahnclubs München im Bayerischen Eisenbahnmuseum gelangte die 64 419.

Eine einzige Lok ist nach 1945 in Österreich verblieben. Es war dies die 64.311. Sie war bis zur ihrer Kassierung am 28. November 1957 in Attnang-Puchheim, Hütteldorf, St. Pölten und Wien-West stationiert.


Modellvorstellung

Piko hat das Einzelstück im Rahmen der Neuheiten 2016 angekündigt und im Sommer ausgeliefert. Das Modell wird in der stabilen Styroporverpackung ausgeliefert, dem verschiedene Zurüstteile und eine Beschreibung sowie Ersatzteilliste beiliegen. Ein Fläschchen mit Dampfentwickler gehört ebenfalls zum Lieferumfang. Die Lok gelangt unter der Artikelnummer 37212 zum UVP von € 620,– zur Auslieferung.

Das Modell der Reihe 64 der ÖBB zeichnet sich durch viele zierliche, fein detaillierte Details wie Pumpen, Griffstangen und Leitungen auf. Die Filigranität der Umsetzung ist auf die Erfordernisse des harten Gartenbahnbetriebes abgestimmt. Die Rauchkammertüre ist zum Öffnen nachgebildet. Die Radsätze und die Speichen sind aus Kunststoff gefertigt und sind mit einem Edelstahlradreifen ummantelt. Für den Antrieb sorgt ein sieben-poliger Bühler-Motor, der das Modell über alle Kuppelachsen antreibt. Piko liefert das Modell mit einer digitalen Schnittstelle aus. Das Sound-Kit ist eigens erhältlich, dafür serienmäßig ist ein schaltbarer Dampfgenerator und eine schaltbare Triebwerksbeleuchtung vorgesehen. Die Beleuchtung der Lok erfolgt durch LED, die Fahrrichtungsabhängig leuchten.


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