ÖBB-Flachwagen (ex deutsche Bauart) von ARTITEC

Die Deutsche Wehrmacht benötigte im Zweiten Weltkrieg zur Beförderung von Kriegsmaterial eine große Anzahl von Güterwagen. Für schweres Gerät (insbesondere Panzerfahrzeuge udgl.) mußten dafür besondere Wagen mit hohen Lastgrenzen beschafft werden. Dafür wurden ab 1940 die hier vorgestellten Flachwagen der Bauart SSy Köln beschafft.

Die Wagen laufen auf zweiachsigen Drehgestellen in zwei unterschiedlichen Ausführungen der Bauart 977. Beide Bauarten sind aus Pressblechen gefertigt und bilden einen H-förmigen Rahmen, der an beiden Enden durch Kopfstücke verstärkt wird. Die Vollradsätze laufen in Gleitlagern.

Die Achslagergehäuse sind bei den Drehgestellen nach Zeichnung Fwg 905.04.01 über siebenlagige Pakete aus Blatttragfedern und lange Schaken mit dem Rahmen verbunden. Bei den Drehgestellen nach Zeichnung Fwg 505.04.15 wurden zehnlagige Blatttragfeder-Pakete verbaut. Der kleinste, befahrbare Bogenhalbmesser beträgt 35 Meter.

Auch bei den Bremsen gibt es zwei unterschiedliche Bauarten. So haben die Wagen mit den Drehgestellen nach der Zeichnung Fwp 505.04.15 eine Druckluftbremse der Bauart Hildebrandt-Knorr Hik-G ohne GP-Umstellung. Bei Wagen mit Drehgestellen nach der Zeichnung Fwg 905.04.01 ist der GP-Wechsel vorhanden, hier lautet die Bezeichnung Hik-GP.

Die zweistufige Lastabbremsung muß manuell umgestellt werden. Ein Bremszylinder überträgt seine Kraft über das Bremsgestänge auf die einfachen Bremssohlen, die auf die Laufflächen der Radsätze wirken.

Ein Teil der Wagen ist mit einer Feststellbremse ausgestattet, die die Fahrzeuge am selbstständigen Wegrollen hindert. Sie wird über eine am Stirngeländer befestigte Bremskurbel bedient. Wird das Bühnengeländer herabgelassen, ist die Bremskurbel außer Funktion, und die Feststellbremse kann über die am Langträger montierten Handräder betätigt werden.

An den Wagenenden sind normale Schraubenkupplungen und Zughaken montiert, mit denen die Fahrzeuge in Züge eingestellt werden können. Auftretende Stoßkräfte werden über Hülsenpuffer der Bauart Ringfeder mit runden Puffertellern übertragen.

Das Untergestell besteht aus Langträgern, die aus Stabilitätsgründen zwischen den Drehgestellen fischbauchartig nach unten ausgeformt sind. Die Langträger sind durch die beiden Hauptquerträger, die die Verbindung zu den Drehgestellen herstellen, weiteren Querträgern und den Kopfstücken zu einem Rahmen verbunden. Bei einigen Wagen sind die Fischbauchlangträger an den Enden etwas eingezogen, bei anderen SSy 45 laufen sie gerade durch. Die Ladefläche ist mit Kiefernholzbohlen belegt. In Längs- und Querrichtung eingebaute Ladeschwellen lassen sich ausklappen. Dadurch kann das Ladegut auch mit Gabelstaplern auf den Wagen abgesetzt werden.

An jeder Längseite können vier Rungen eingesteckt werden. Werden die Rungen nicht benötigt, können sie an Haken an den Langträger befestigt und so immer mitgenommen werden. Trittstufen am Wagenende mit dem Geländer, Seilösen und Zettelkästen vervollständigen die Ausstattung der schwarzen, nach den Vorgaben des RIV international einsatzfähigen Wagen.

Die Deutsche Reichsbahn reihte diese vierachsige Schwerlastwagen unter der Gattungsbezeichnung SSys und der  Nummerngruppe 40606 – 43999 sowie den Gattungsbezirk Köln in den Bestand ein. Nachdem die Ursprungsausführung in der Reichsbahn-Ausführung als Epoche II-Modell bereits vorgestellt werden konnte, lieferte Artitec zwischenzeitlich im Frühjahr 2015 die beiden unterschiedlichen ÖBB-Varianten aus. Bekanntermaßen gelangte eine kleine Flotte dieser Wagen nach 1945 in den Güterwagenbestand der späteren ÖBB.

Der ÖBB-Dienstbehelf 801 (Nummernplan der normalspurigen Güterwagen, Ausgabe 1952) reihte die ehemaligen Reichsbahn-Flachwagen in die Nummerngruppe 397000 – 397099 bzw. 397500 – 397599 ein und gab ihnen die Gattungsbezeichnung SSy(s). Das Ladegewicht ist mit 50 Tonnen, die Tragfähigkeit mit 52 Tonnen angegeben, wobei der Drehgestellabstand mit 6,15 m und der Achsstand im Drehgestell mit 1,8 m festgeschrieben wird. Im ÖBB-Dienstbehelf 802 (Angaben über die wichtigsten Güterwagenbauarten, Ausgabe 1954) findet sich diese ehemalige DR-Sonderbauart wieder und erwähnt dabei einen Wagenbestand von 15 Stück. Alle übernommenen Wagen waren mit einer Handbremse ausgestattet und wiesen ein Eigengewicht von 16,2 t auf.

Die ÖBB reihte die verstärkte Ausführung in der Nummerngruppe 397000 – 397099 ein, jene Wagen mit dem Fischbauchträger in die Nummerngruppe 397500 – 397599. Vom letztgenannten dürfte es vermutlich nur einen derartigen Wagen gegeben haben. Mit der Einführung in das UIC-Nummernschema wurden die Wagen neu beschriftet. Nähere Angaben hierzu macht der DB 832-1 (Angaben über die wichtigsten Güterwagenbauarten, Ausgabe 1967). Die frühere Gattungsbezeichnung SSy änderte sich in das neue Gattungszeichen S, gleichzeitig wurde die Wagennummer auf die Typennummer 4200 umgestellt. Die neue UIC-Nummer lautete 4200 000 – 4200 099, wobei alle 15 Flachwagen noch vorhanden waren und im RIV-Bestand aufgingen. Keinerlei Erwähnung finden diese Wagen im gleichnamigen Dienstbehelf der ÖBB von 1984.

Unter der Artikelnummer 20.280.04 gelangte das Modell des SSy mit der Wagennummer 397 590 in der Epoche III-Ausführung in den Fachhandel. Das Modell entspricht der Ursprungsausführung mit Fischbauchträger und ist hellgrau lackiert und wurde am 7. Mai 1962 in Straßhof einer Revision unterzogen. Ebenfalls zur Auslieferung gelangte ein Modell mit der Artikelnummer 20.281.05 in Epoche IV-Beschriftung. Das schwarz-lackierte Modell trägt die Gattungsbezeichnung S und die Wagennummer 31 81 420 0 005-4. Das Revisionsdatum lautet REV Str 09.04.68. Der Güterwagen entspricht der bereits verstärkten Bauart.

Artitec liefert die Modelle in der bisher bekannten Verpackung aus. Jedem Modell liegt ein Zurüstbeutel bei, indem verschiedene Anbauteile das ohnehin tadellose Modell noch besser zur Geltung kommen lässt. Die Modelle werden im gut sortieren Fachhandel vertrieben und kosten je € 32,90 UVP.

Die Ursprungsausführung der DRG-Flachwagen

Der Bau von Schienenfahrzeugen erlebte mit der Einführung der Schweißtechnologie ab 1933 eine völlig neue Perspektive, was die Konstruktion und die Ausführung von Eisenbahnfahrzeugen betraf und damit zur Ablöse der alten und sehr aufwendigen sowie mühsamen Methode des Nietens führte. Der Vorteil dieser neuen Technologie lag klar auf der Hand, konnten doch damit die Fahrzeuge wesentlich stabiler und robuster bei geringeren Eigengewicht konzipiert werden.

Die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft entwickelte daraufhin bis 1945 eine ganze Serie von Güterwagen in geschweißter Bauart. Diese Entwicklung wurde zwar durch die Kriegswirren behindert, führte aber dennoch zu Neuentwicklungen wichtiger Wagentypen.

Dazu zählte u. a. der gegenständliche vierachsige Flachwagen der Gattung SSkra, der dem Gattungsbezirk Köln zugeordnet war. Diese Bauart wurde den Güterwagen der Regelbauart zugewiesen und kam ab 1940 auf deutschen Gleisen zum Einsatz. Der vierachsige Flachwagen der Gattung SSkra (SSy) Köln ist ein aus geschweißten Blechträger und Profilen gefertigter Schwerlastwagen, der für ein Ladegewicht von 48 bzw. 50 t ausgelegt ist. Die Wagen haben eine Länge über Puffer von 10.800 mm, eine Bremserbühne und sind 15,5 Tonnen schwer. Die Landelänge beträgt 8.800 mm bis zur Bremserbühne bzw. eine Gesamtladelänge von 9.500 mm und eignete sich speziell zur Verladung von militärischen Gerät. Die Flachwagen sind mit zwei geschweißten Pressblech-Drehgestellen ausgestattet. Sie haben einen Drehzapfenabstand von 6.150 mm sowie einen Achsstand von 1.800 mm. Für das problemlose Beladen wurde das Bremserbühnengeländer absenkbar ausgeführt. Als Bremssysteme gelangten ein Handrad als Feststellbremse an jeder Wagenseite sowie eine Hildebrandt-Knorr-Druckluftbremse zum Einbau. Je Wagenseiten können jeweils vier abnehmbare, stählerne Rungen montiert werden.

Die Wagen der Gattung SSy bzw. SSkra des Gattungsbezirkes Köln gelangten nach dem Krieg an verschiedene Bahnverwaltungen. Bei der DB wurden diese Wagen als SSy 45 bezeichnet, bei der Deutschen Reichsbahn als SSy 65. Die ÖBB reihte die Wagen mit der Gattungsbezeichnung SSy ein. Weitere Wagen belangten unter der Regie der DB zur Bundeswehr. Diese Wagen erhielten dann Rahmenverstärkungen, welche besonders augenfällig waren.

Modellausführung

Obwohl es bereits ein vergleichbares H0-Modell von anderen Herstellern gibt, wurde bei Artitec die Erstversion dieser vierachsigen Flachwagen ausgewählt, deren Besonderheit der geschwungene Langträger ist, während andere Ausführungen eckigere Ausführungen darstellen.

Das Modell ist einer Kartonschachtel verpackt. Nach dem Öffnen der Lasche muss das in der Blisterverpackung eingelegte Modell aus der Kartenverpackung herauszogen werden. Dem Modell liegt eine mehrsprachige, kurze und mit Bildern versehene Kurzbeschreibung sowie ein Zurüstbeutel bei. Der Zurüstbeutel beinhaltet verschiedene Zubauteile wie weitere Metallrungen, Anschriftentafeln, Kupplungshaken, Luftschläuche udgl.

Das Modell hinterlässt auf den ersten Blick einen erfreulichen Eindruck, welcher bei genauerem Hinsehen zusätzlich verstärkt wird. Die Ladefläche sowie auch die Langträger sind aus Kunststoff gefertigt. Der Ladeboden weist Holzimitationen auf und wird durch 16 Metallbohlen durchbrochen, die für die Verzurrung des Ladegutes angeordnet sind. Weitere Ausnehmungen sind für die insgesamt acht Rungen vorgesehen. Unterhalb der Ladefläche ist mittig ein flacher Metallblock eingelassen, um dem Modell mehr Eigengewicht zu geben. Das Modell ist ca. 40 Gramm schwer.

Die beiden Drehgestelle sind mittels Kreuzschrauben am Wagenboden verankert. Die Drehgestelle lassen sich problemlos ausdrehen, zudem wurde seitens des Herstellers eine Kurzkupplungskulisse nach NEM 362 berücksichtigt. Die Metallachsen sind isoliert. Der Rollwiderstand ist gering.

Am Langträger sind mehrere Anbauteile extra angesetzt, unter anderem das Handrad für die Handbremse sowie auch die vier fix befestigten Rungen. Die Bedruckung ist sauber ausgeführt, wobei extra zu erwähnen ist, dass der Bremsstellhebel mit roter Farbe versehen ist und die Bremsstelltafel weiß lackiert wurde.

Abschließend wird noch ein Blick auf die optische Ausführung der Drehgestelle geworfen. Auch hier hat der Hersteller und sein Konstrukteur tolle Arbeit geleistet. Die Federpakete und die Aufhängungen sind feinst detailliert, selbiges gilt auch für die Achslager, wobei auch die Aussparungen am Drehgestellrahmen sehr gut zur Geltung kommen.

Conclusio: Die Neukonstruktion wird im Fachhandel zu einem UVP von € 32,90 angeboten. Dies mag für einen solchen Waggon durchaus hoch erscheinen, aber der Gegenwert dieses Modells von einem Kleinserienhersteller ist hoch und wenn man dabei dann den Vergleich auf gleichwertige Konstruktionen anderer Hersteller wirft, wiederum günstig.

Anmerkung: Artitec stellte nur die DRG-Variante mit der Artikel-Nr. 20.280.01 bereit. Ich hätte liebend gerne die ÖBB-Variante gezeigt und präsentiert, ebenso Abwandlungen als DB-Modell oder als BW-Variante. Sollte sich diese Möglichkeit noch ergeben, werde ich gerne darüber berichten.