Roco 71095 / 71097: DR 95 0014-1 / DB AG 95 1027-2
Die Baureihe 95 war die letzte Länderbahnbauart und ist im Jahr 1981 auch bei der Deutschen Geschichte geworden. Die Dampflokomotiven der Baureihe 95 (ursprünglich die preuß. T 20, Mgd 9201 – 9210 = DRG 77 001 bis 010) zählen zu den Giganten unter den Tenderlokomotiven in Deutschland. Sie entstanden bei Borsig in Berlin und galten als Weiterentwicklung der berühmten und bewährten Lokomotiven der Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn. Diese Lokomotiven der HABE wiesen eine Achsformel 1′ E 1′ auf. Sie sollten ursprünglich als Zahnradlokomotiven als auch im normalen Reibungsbetrieb auf dem preußischen Streckennetz Verwendung finden. Diese Eigenschaft ist jedoch der preuß. T 16.1 geblieben, waren doch die großen Kolosse der Bauart T 20 für einzelne Strecken im Streckennetz viel zu schwer. Das hohe Reibungsgewicht der T 20 machte sich aber anderenorts nützlich, indem die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft diese Maschinen auf den neigungsreichen Strecken in Thüringen und im Frankenwand verwendete, wo diese schwere Züge über die langen Rampenstrecken schoben. Diese Eigenschaft machte man sich auch in anderen, deutschen Rampenstrecken zunutze und setzte auch diese dort ein.
Mit der T 20 konnten die preußischen Steilstrecken im Adhäsionsbetrieb bewältigt werden, die Zahnstange wurde überflüssig. Borsig und Hanomag lieferten bis 1924 insgesamt 45 Lokomotiven, die über eine Riggenbach-Gegendruckbremse ausgerüstet waren. Die Borsig-Lokomotiven betrafen zwei Baulose mit den Nummern 95 001 bis 010 und 95 011 bis 018. Die erste Serie wurde 1922 mit den Fabriksnummern 11105 bis 11114 geschaffen, die zweite im Jahr 1923 mit den Fabriksnummern 11648 bis 11655. Die Hanomag-Maschinen umfaßten zwei Baulose. Das erste Baulos aus dem Jahr 1923 bestand aus den Lokomotiven 95 019 bis 035 und wiesen die Fabriknummern 10177 bis 10193 auf. Das im Jahr 1924 entstandene Baulos mit den Lokomotiven 95 036 bis 95 045 trägt die Fabriknummern 10251 bis 10260.
Die Reichsbahn hat alle Maschinen übernommen und als Baureihe 95.0 eingereiht. Die DB übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg noch 14 Lokomotiven in ihren Bestand, die im Bw Aschaffenburg stationiert waren. Die westdeutschen 95er kamen auf den Rampenstrecken am Spessart, auf der Geislinger Steige, der Schiefen Ebene und im Frankenwald zum Einsatz und wurden bis 1956 ausgemustert. Die anderen Maschinen verblieben bei der Deutschen Reichsbahn (DR) und wurden den Bw Probstzella und Blankenburg zugewiesen. Die meisten dieser Lokomotiven, immerhin 24 Maschinen, erhielten zwischen 1966 und 1968 eine Ölhauptfeuerung eingebaut. Die Reichsbahn setzte ihre Maschinen auf der Rübelandbahn sowie zwischen Sonneberg und Eisfeld bzw. Saalfeld ein. Der Einsatz der Baureihe 95 ebendort machte dann die ehemaligen preuß. T 14.1 (Baureihe 93.5 – 12) arbeitslos. Sie wurden erst 1981 aus dem Betrieb ausgeschieden, und teilweise als Heizlokomotiven weiterverwendet.
Modellvorstellung
Roco hat bereits im Jahr 2020 die DR-Variante der Baureihe 95 als Neukonstruktion angekündigt, wobei Roco schon bei der Bekanntgabe einige Besonderheiten zu seinem Modell preis gab. So wird die Neukonstruktion als DR-Lok mit Computernummer und Neubaukessel gefertigt, welches dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Zudem wird das Modell in der Produktserie „Edition“ geführt, was auf zusätzliche Highlights im Digitalsektor hindeutete und mit der Umsetzung der Dampfmaschine mit dynamischen Dampfausstoß sowie verschiedenen Soundfunktionen seine Verwirklichung findet. Roco bietet das Modell als Gleichstrom-Analogversion unter der Artikelnummer zum UVP von € 409,90 und in der Digitalversion unter der Artikelnummer 71096 (Gleichstrom-Ausführung) bzw. 79096 (Wechselstrom-Ausführung) zum jeweiligen UVP von € 554,90 an.
Verpackung
Das Modell in der Ausführung „Edition“ macht sich vorab in der voluminösen Verpackung bemerkbar. Das Modell wird in einer robusten, zweifachen Kartonverpackung ausgeliefert. Im Hohlraum ist die Klarsichtbox mit zwei umgebenden Styropor-Einlagen eingesetzt. Die Lok befindet sich in einer Klarsichtbox, steht auf einem Plastikgleis, ist mit zwei Schrauben von unten gesichert. Die Klarsichtbox ist durch zwei Styropor-Einlagen umgeben. Dem Modell liegt eine dicke Betriebsanleitung samt Ersatzteilblatt sowie ein Zurüstbeutel bei. Das Modell ist jedoch soweit zugerüstet, daß nur mehr die Kolbenstangenschutzrohre vom Käufer zuzurüsten sind. Des weiteren liegen noch die Teile zum „Aufmotzen“ der Pufferbrust vor.
Technik
Die Antriebskomponenten sind bei der Baureihe 95 wiederum im Langkessel untergebracht, wobei festzuhalten ist, daß das Zerlegen des Modells für Wartungsarbeiten gegenüber der zuletzt konstruierten Baureihe 86 wesentlich umfangreicher und komplexer ist. Um an das Innenleben seiner 95 zu gelangen, empfiehlt es sich, streng nach den Vorgaben in der Betriebsanleitung zu halten. Im ersten Schritt sind alle Griffstangen bei den Führerstandstüren und oberhalb der Zylinder zu entfernen, danach ist der Führerstandsaufbau mit dem Öltank auszuhebeln. Dieses Teil ist im Unterteil eingesteckt. Der dritte Schritt sieht das Herausziehen von Leitungen aus dem hinteren Kesseldom vor, um dieses Steckteil entnehmen zu können. Darunter befindet sich die einzige Befestigungsschraube des Langkessels am eingesetzten Belastungsgewicht, immerhin ein Bestandteil des Wasserkastens.
Der Antriebsmotor befindet sich unter dem Belastungsgewicht zwischen dem Wasserkasten und ist mit einer Schwungmasse bestückt. Der Antrieb erfolgt über einen Wellenstummel und Zahnräder auf die vierte Kuppelachse. Die anderen Achsen werden über die Kuppelstangen bewegt. Die vierte Kuppelachse ist mit zwei Haftreifen bestückt. Alle Kuppelachsen sind mit einem Seitenspiel versehen, wobei das Seitenspiel die beiden inneren am größten ist. Die erste und die vierte Achse ist starr gelagert, die anderen drei sind gefedert ausgeführt.
Roco hat seine Neukonstruktion mit einer Digitalschnittstelle PluX22 ausgestattet. Die Decoderschnittstelle ist im Führerhaus platziert und ist durch die Abnahme des Führerhaus-Oberteiles leicht zugänglich. Die Fahrzeugplatine umschließt sich des Motors und liegt am Fahrzeugrahmen auf. In der Schnittstelle ist ein Brückenstecker eingesetzt. Das Modell kann zwar nachträglich digitalisiert werden, allerdings verfügt die werkseitige Digitalversion einige Features mehr auf, wie dem Rauchgenerator oder auch zusätzliche Beleuchtungseinrichtungen. Roco hat seine DR 95er mit einer NEM-Kurzkupplungskinematik versehen und bewegen sich unabhängig vom Vorlauf- bzw. Nachlaufdrehgestell.
Fahrverhalten
Das Eigengewicht beträgt 375 Gramm. Die Vorbildgeschwindigkeit beträgt 65 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 98 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 50 % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist sie sogar um ca. 21 % zu hoch.
Optik
Die bullig wirkende Lok erfreut jeden Dampflokliebhaber von DR-Vorbildern. Die Kombination aus Metallteilen und Kunststoffteilen gestattet beide Vorteile zu vereinen. Neben dem höheren Eigenwicht sind viele Detaillierungen bei dieser Neukonstruktion ersichtlich. Der Blick auf die Gehäuseteile macht sich durch feine Gravuren, freistehende Leistungen und diverse Ansetzteile (Ventile, Lokpfeifen, Pumpen) bemerkbar. Am Führerhausdach sind zwar die Dachstege oder Luftklappen angespritzt, dafür ist dazwischen ein feines Ätzteil dazwischen eingesetzt.
Der Wasserkasten ist in geschweißter Ausführung realisiert und weist Ausnehmungen zum Besteigen der Lok auf, erhaben dargestellt ist der farblich abgehobene Wasserstandsanzeiger. Das Führerstandsteil ist ebenfalls mit feinen Gravuren versehen, welche sich am rückwärtigen Öltenderaufbau fortsetzen. Auf der Tenderrückwand sind Aufstiegsleitern eingesetzt. Sehenswert ist auch die Rauchkammertüre mit den filigran umgesetzten Verschlüssen und dem eingesetzten Handrad. Die Pufferbrust ist mit einer geriffelten Trittfläche versehen.
Das Laufwerk besteht aus Metallachsen, die feine Achsspeichen aufweisen. Das Gestänge ist ebenfalls aus Metall gefertigt und brüniert bzw. farblich lackiert ausgeführt. Die Steuerungsteile bestehen aus filigran gefertigten Teilen. Außerdem weist die Neukonstruktion den freien Blick zwischen dem Fahrwerk und dem Langkessel auf.
Farbgebung und Beschriftung
Die Farbgebung der 95 0014-1 ist infolge der Bauteile selbsterklärend. Die Anschriften der Lok fallen in die Epoche IV und sind in weißer Farbe aufgedruckt. Sie ist beim Bw Probstzella der Rbd Erfurt stationiert. Das Revisionsdatum weist die Bremsuntersuchung im AW Meiningen vom 08.02.79 aus. Alle Anschriften sind lupenrein ausgeführt.
Beleuchtung
Das Modell ist mit warmweißen LED ausgestattet, in der Fahrtrichtung dreimal weiß leuchten. Positiv fällt auf, daß die Leuchtkraft erstmals einer schwachen Glühlampe nachempfunden ist! Die Lok verfügt als Besonderheit über eine Laufwerksbeleuchtung, die nur beim Digitalmodell vorhanden ist. Außerdem existiert eine Führerstandsbeleuchtung.
Bilder
Modellvorstellung 71097 – DB AG 95 1027-2 (Museumslok)
Nach der Epoche IV-Ausführung der DR folgt die Modellausführung der Museumslokomotive 95 1027-2 der DB AG im aktuellen Erscheinungsbild der Gegenwart. Roco legt die Museumslok natürlich in drei verschiedene Technikvarianten auf. Das Zweileiter-Gleichstrom-Modell wird unter der Artikelnummer 71097 zum UVP von € 430,90. Natürlich kommen auch die Liebhaber mit Echtdampf nicht zu kurz, hierfür stehen die digitalisierten Modelle mit den Artikelnummern 71098 (Gleichstrom) und 79098 (Wechselstrom) zur Verfügung. Der UVP beträgt jeweils € 592,90. Roco hat bei der Museumslok erstmals die Ausführung mit Kohlefeuerung und Kohlebunker realisiert, zum Lieferumfang gehört auch ein Ätzschildersatz. Die Museumslok ist dem Bw Blankenburg in der Rbd Magdeburg zugeordnet. Als letzte Untersuchungsanschriften finden sich am Führerhaus die Angaben „Br. Rev. 3 Mei 28.11.18“. An der Museumslok sind noch weitere Anschriften sichtbar, die vollständige NVR-Nummer 90 80 0095 027-3 D-DLHBS sowie Piktogramme mit Hinweise auf Gefahrenpotentiale. Beim genauen Hinsehen findet man auch noch weitere Beschriftungen wie unterhalb das Revisionsraster bei der Führerstandstüren.