Präsentation CD-Comfortjet – gut gemeint, aber schlecht getroffen
Die Fertigstellung der Koralmbahn bzw. deren Inbetriebnahme mit dem Fahrplanwechsel zu Mitte Dezember 2025 wirft langsam seine Schatten voraus. Die bauliche Fertigstellung ist das eine, die Inbetriebnahme sowie die Einschulung der Personale das andere. Damit einhergehend finden auch verschiedene Test- und Probefahrten statt, wie auch dort im Vorfeld schon neue Fahrzeuge zum Einsatz kommen.
Die neue Verkehrsinfrastruktur, die vor 25 Jahren noch ÖBB-intern von verschiedenen Stellen torpediert wurde, zeigt seine Wirkungen und positiven Effekte, wobei die direkte Verbindung der beiden südlichen Landeshauptstädte längst überfällig war. Während viele den Bau der 120 km langen Neubaustrecke als sinnlos belächelt haben, umso größer ist die Bedeutung im europäischen Kontext. Gerade die Beschleunigung des Fernverkehrs zwischen Klagenfurt und Graz ist von grenzenlosen Nutzen und schafft viele neue Potentiale und Veränderungen in den Regionen. Doch nun genug von makroökonomischen Ausflüssen und Überlegungen, die so mancher Erbsenzähler sowieso nicht versteht.
Die Präsentation
Der ComfortJet der CD war in den letzten Monaten mehrmals für Zulassungsfahrten in Österreich. Die Präsentation des Fahrzeuges wurde seitens der ÖBB für den 20. August 2025 um 09:00 Uhr in Wien Hbf. am Bahnsteig 11 ausgerufen. Auf den ersten Blick war schon erstaunlich, daß man ohnehin auf den beengten Verhältnissen des Wiener Hauptbahnhofes gerade dort die Präsentation machte. Das entsprechende Gleis war für ca. zwei Stunden blockiert. Diese Gleisbesetzung durften dann die Fahrgäste des NJ 235 bzw. NJ 40294 aus Italien ausbaden, indem ihr Nachtzug ausnahmsweise und vorzeitig in Wien-Meidling endete.
Bereits am Vortag wurde aus ungarischen Informationsquellen bekannt, daß der ComfortJet der CD nach der Präsentation nach Graz und weiter nach Villach verkehren wird. Die ÖBB haben nur zur Präsentation in Wien geladen, daß aber eine ebensolche mit Taufe auch in Graz stattfand, wurde genauso unter den Tisch gekehrt wie jene in Klagenfurt (ohne Taufe)!
Auf dem Weg zur Veranstaltung wurde dann der RJ 14494 von Wien Hbf (09:55) nach Graz Hbf. (12:40) mit fünf-Minuten-Halt in Wiener Neustadt bekannt. Der Zug wurde sogar im Scotty publiziert, außerdem wurde der Zug ganz offizielle sowohl am Bahnsteig als auch an den Monitoranzeigen ausgewiesen. Mit dieser Publikation haben die ÖBB eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß auf dieser Relation ganz offziell eine Zugverbindung stattfindet.
Diesen Eindruck vermittelte auch die eloquente Moderatorin dieser Veranstaltung, die extra darauf hinwies, auf die Zeit zu achten. Wer nicht mitfährt, möge zeitgerecht den Zug verlassen. Auch die anderen Podiumsmitglieder (ÖBB-Chef Matthä, CD-Chef und Siemens Österreich-Chefin) haben in Ihren Ansprachen freudig vom Einsatz des neues Zuges berichtet und in welchen Ländern die neue Flotte schon zugelassen ist. Laut Siemens ist der ComfortJet der CD in sieben Ländern zugelassen. Das wird auch am Konventionsraster der Garnitur zum Ausdruck gebracht, zudem wurde die besagte Garnitur 12 am 26. oder 28. Mai 2025 mit dem Abnahmedatum versehen.
Die vor der Abfahrt ermögliche Besichtigung zeigt ein sehr komfortables Fahrzeug, welches sowohl in der ersten als auch in der zweiten Klasse sehr positiv auffiel. Der Sitzkomfort erwies sich wesentlich gemütlicher und angenehmer als die jüngst vorgestellten ÖBB-Garnituren (Railjet 2 bzw. ÖBB-KISS-DOSTO). Die Sitze sind nicht so hart, außerdem weisen die Sitze der 2. Klasse eine angenehme Mulde auf, die den Fahrgast paßgenau sitzen läßt. Der Wohlfühleffekt ist nach wenigen Sekunden eingetreten. Für die Kinder gibt es eine Kinderecke und mehrere Spieltische, natürlich in tschechischer Sprache. Der Speisewagen ist wesentlich größer dimensioniert als bei vergleichbaren ÖBB-Fahrzeugen, das kulinarische Angebot kann sich sehen lassen, wenngleich das Kochen mit offenen Feuer bedauerlicherweise der Vergangenheit angehört. Die Menüs weisen ordentliche Preise auf. Zudem kann der Speisewagen mit einem Novum aufwarten, was sogar Andreas Matthä zur positiven Erwähnung verleitete: Offenes Bier vom Faß! Für die ÖBB ist es eben ein Armutszeugnis, dies selbst nicht in den eigenen Zügen anzubieten. Aber dieses Unvermögen ist nur der Anfang dieser Präsentationspleite!
Mitfahrt oder nicht?
Ob man nun mit dem Zug mitfahren darf, kann, mag oder auch will, das scheinen wohl auch die Organisatoren in den Reihen der ÖBB nicht zu wissen. Während man bei der Moderation von der Fahrt nach Graz berichtete, waren auch die eindeutigen Anzeigen auf den Monitoren des Bahnsteigs mehr als eindeutig. Der Monitor am Bahnsteig als auch die Monitoranzeigen am gesamten Bahnhof haben eine klare Sprache gesprochen. Die ÖBB Infra AG spielt diese Daten nicht ein, wenn es sich nicht um einen offiziellen Zug handelt. Dazu kommt noch die Publikation im Fahrplanauskunftssystem Scotty. Auch die Screenshots sprechen eine eindeutige Sprache!
In diesem Zusammenhang fällt aber auch auf, daß die Besichtigung des Zuges in nur einem kurzen Zeitfenster möglich war. Dies betrug gerade einmal 20 Minuten, zudem wurde die Besichtigung dadurch behindert, indem die Taufpaten sich beim Durchqueren der einzelnen Wagen Zeit ließen …
Es erweckt sehr den Anschein, daß die ÖBB nach den bisherigen Präsentationspleiten bei den eigenen Fahrzeugen (ÖBB-nightjet, ÖBB-Railjet 2 und ÖBB-KISS-DOSTO) ein maßgebliches Interesse haben, daß die am Ort befindlichen Testpersonen zu wenig Zeit haben, um sich über das wesentlich bequemere und im Ambiente ansprechende Equipment genauer auseinander zu setzen. Das verhindert zumindest, möglichst viele, positive Eindrücke zu erhaschen.
Abbild eines von den vielen Monitoranzeigen am Wiener Hauptbahnhof:
Interessanterweise hat man es sogar geschafft, für den angeblich nicht existierenden Railjet nach Graz, sogar den Wagenstandsanzeiger korrekt darzustellen:
Und dieser Screenshot zeigt die Detailauskunft im Fahrplanauskunftsystem Scotty:
Wie Mitarbeiter der ÖBB-Pressestelle als auch irgendwelche anonym auftretende Personen der PV AG das Gegenteil erklären, ist zu hinterfragen. Letztendlich stimmen die öffentlich gezeigten Fakten mit den Aussagen nicht überein. Auch die gewählte Zugnummer attestiert dieser Verbindung eine reguläre Führung eines Sonderzuges.
Dubioses Verhalten und scheinbare Wissenslücken einer § 40-Person
Da mehrere Medienvertreter mit dem Zug mitfahren wollten, und sich ein in Anonymität weilender PV-Mitarbeiter nicht damit zufrieden gab, daß der Zug regulär als Zusatzfahrt eingelegt ist, verschwand dieser. Kurze Zeit tauchte dann eine Gruppe von irgendwelchen Mitarbeitern auf, deren Redelsführer sich als § 40-Person ausgab. In seiner Wichtigkeit als bestellter Funktionsträger wurde dem Herrn mitgeteilt, daß dieser Zug im Scotty hinterlegt ist und daß es sich um eine reguläre Zugfahrt handelt. Auch wurde dem Herrn mitgeteilt, daß die Moderatorin von einer Mitfahrmöglichkeit sprach.
Der gute Mann im oranger Warnweste stellte einerseits die Aussage der Moderatorin, welche mit Sicherheit von einer der zahlreichen Fernsehkameras aufgezeichnet ist, in Abrede, noch versuchte er mit seinem Wissen damit zu brillieren, indem er behauptete, daß es sich hierbei um eine Testfahrt handle. Zudem habe die Garnitur noch keine kommerzielle Zulassung, daß das deswegen niemand mitfahren durfte. Warum aber andere Personen – es waren schon einige auf den gesamten Zug verteilt – mitfahren durften, wurde nicht begründet.
Diese Aussagen verdienen eine nähere Überprüfung, und sie halten auch nicht stand:
1) Die § 40-Person hätte aufgrund der Zugnummer wissen müssen, daß es sich um keine Testfahrt handelt. Dagegen spricht die Ausweisung als Zuggattung RJ und die fünfstellige Zugnummer mit 1 beginnend. Testfahrten werden in der Kategorie Sprob und mit einer Zugnummer 9xxxx abgewickelt.
2) Der Zug hat eine kommerzielle Zulassung, erkennbar am Konventionsraster.
3) Die eingesetzte Garnitur ist auch behördlich abgenommen, was an den Anschriften im Revisionsraster zu erkennen ist.
4) Wäre interessant zu wissen, welche Auflagen zur Führung des Zuges in der Faplo angeordnet sind?
Die Vorgangsweise erweckt den Anschein, daß sich die PV AG auf dubiose Weise von vereidigten Amtspersonen bedient. Wenn man sich schon als solche ausgibt, sollte man auch die Courage haben, sich auszuweisen und braucht auch keinen Anhang von mehreren Lakaien. Bedenklich ist aber das vorgebrachte Wissen dieser „Amtsperson“. Mit seinen Aussagen setzt die Person sogar selbst den Verdacht aus, die anzuwendenden Regelwerke im Eisenbahnverkehr nicht zu kennen.
Um meine Aussagen und Feststellungen zu unter untermauern, sei das Betrachten eines ORF-Beitrages aus Kärnten empfohlen:
https://kaernten.orf.at/stories/3318473/
Dieser Beitrag offenbart ganz andere Monitoranzeigen. Es ist insofern interessant, als die Fahrt des ComfortJet einerseits als „Betriebsfahrt“ und andererseits als „D 93361“ angewiesen wird. Die Zugnummer entspricht einer Probe- bzw. Testfahrt. Anhand des ORF-Beitrages und auch anderer publizierter Fotos ist nachvollziehbar, wer u. a. Fahrgast dieser Zugfahrt war.
Die ÖBB-Lügenspirale
Es ist schon bemerkenswert, wie uneins die Aussagen von ÖBB-Mitarbeitern bei ÖBB-Veranstaltungen sind. Offenbar weiß die linke Hand nicht, was die recht tut. Ungeachtet des laufend vorgelebten Unvermögens sind diese ständig gelebten Märchenstunden an Peinlichkeit für den Konzern nicht mehr zu überbieten. Doch eines ist klar, die Aussagen von den drei Personen am Podium, der Moderatorin, anderer ÖBB-Mitarbeiter und der § 40-Person sind bekannt. Es stellt sich jetzt nur die Frage, wer von diesen hat gelogen (und setzt sich somit dem Verdacht des Amtsmissbrauchs aus)?
Abschließend ist auch noch zu hinterfragen, wieso bei solchen Probefahrten der ORF dabei sein durfte und die Fahrten auf der Koralmbahn filmen durfte. Die Fragestellung richtet sich auch an jene Personen, die mitgefahren sind?