EK-Special 122: Vectron – Siemens-Loks für Europa

Der EK-Verlag genießt den ausgezeichneten Ruf, normalerweise über Lokomotivtypen ganze Wälzer zu verfassen und als reine Baureihenbücher zu verlegen. Für die Produktion einer richtigen Monografie scheint wohl die Zeit noch zu jung zu sein, daß man sich entschloß, über das Produkt „Vectron“ – so der offizielle Firmenjargon von Siemens – wenigstens ein Sonderheft im Rahmen der Heftreihe EK-Spezial zu verlegen.

Obwohl vom Vectron, den Siemens aus zwei Produkt-Plattformen in eine zusammenfügte, bald eben so viele Lokomotiven im Einsatz stehen wie von der Muttertype „Eurosprinter“ wird das aktuelle Siemensprodukt in seiner mechanischen und technischen Konzeption eher sehr kurz umrissen und dargestellt. Die Darstellung des technischen und elektrischen Teiles nimmt seinen Ausgang in der geschichtlichen Entwicklung bei den Drehstromloks der DE 2500 von Henschel und weiterführend über die RAG E 1200 bzw. der Baureihe 120.0 und der späteren Serien-120 der DB. Die Ausbildung der Eurosprinters ist dann Anlaß, über die Auslieferungen ins Ausland und die sukzessive geänderte Silhouette auf das heutige Erscheinungsbild des Vectron überzuleiten. Positiv fällt dabei auf, daß der Autor immer wieder die Bauartunterschiede zum Taurus beschreibt bzw. auf die technischen Neuerungen eingeht, welche sich vor allem in der Baukastenkonzeption des elektrischen Teiles sowie in der Neugestaltung der Laufwerkskompnenten zeigen.

Der zweite Block ist dem Bau und der Inbetriebsetzung sowie der Zulassung dieser Fahrzeugtype gewidmet, wobei nicht nur Einblicke in die Fertigung, sondern auch das geänderte Procedere einer Lokzulassung in Europa samt aller Schwierigkeiten dargestellt wird, und wie Siemens dabei für sich den optimalen Weg eines „schlanken“ Zulassungsverfahrens gefunden hat.

Der letzte Heftteil ist natürlich der noch jungen Einsatzgeschichte des Vectron gewidmet. Dieser nimmt gut die Hälfte des Heftumfanges ein und listet in alphabetischer Reihung die verschiedenen Eigentümer und Betreiber der Siemens-Neubaulok auf, wobei nicht nur Hintergrundinformationen zum jeweiligen Eigentümer bzw. EVU zu lesen sind, sondern auch aufschlußreiche Loklisten mit Baudaten, NVR-Nummer(n) und die jeweilige Variante angegeben werden, selbst von den noch in Lieferung befindliche Chargen.

Leider finden sich im Heft auch ein paar kleine Fehler, wobei unklar ist, ob es sich um Tipp- bzw. Flüchtigkeitsfehler handeln. Großbritannien hat zwar den Brexit beschlossen, es ändert nichts an der Tatsache, daß es bis zum wirklichen Austritt noch 28 EU-Staaten sind (Seite 40). Glaubt man den Angaben zu den Eigentumsverhältnissen von Alpha Trains Group, so ergeben 65 % und 3 x 15 % insgesamt 110 % (Seite 46). Bei der Bildunterschrift auf Seite 73 hat der gezeigte Turnuszug Kitzbühel längst hinter sich gelassen und steuert Richtung Saalfelden bzw. Schwarzach-St. Veit zu. Ergänzend sei noch angemerkt, daß die Länge des ÖBB-Taurus nicht nur auf die Linzer Verhältnisse, sondern auch auf die Längen einiger Drehscheiben zusätzlich zurückzuführen war. Trotz alledem ist es eine lesenswerte und interessante Lektüre.


Allgemeine Infos:
Verlag: EK-Verlag
Autor: Bernd Beck, Karl Gerhard Baur, Matthias Maier, Jürgen Lorenz
Buchhülle: Paperback
Umfang: 100 Seiten/ DIN A4
Fotos: 170
Grafiken/Pläne: 13
ISBN: 978-3-8446-7015-8
Verkaufspreis: € 11,80 [D]/€ 11,90 [A]