Piko 40800 / 40802: NS 600 / US-Army

Diese 65 Tonnen schweren, 650 PS starken 0-4-4-0 dieselelektrischen Lokomotiven (Achsfolge Bo‘ Bo‘), die für die Steuerung von Triebzügen ausgerüstet sind, wurden von Whitcomb nach der Projektnummer Nr. 65-DE-19A für den allgemeinen Einsatz auf allen europäischen Normalspurstrecken gebaut. Die Konstruktion wurde aus den im Nahen Osten eingesetzten Baureihen WD 12XX und 13XX, 65-DE-14, 65-DE-14A und 65-DE-14B weiterentwickelt. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 45 mph (umgerechnet ca. 70 km/h) konnten sie sowohl im Streckendienst als auch im Verschubbetrieb eingesetzt werden. Von diesem Basismodell, das zu den USA/TC-Standardausführungen gehörte, wurden mehrere kleinere Varianten hergestellt, die auch gepanzert werden konnten.

Das Design war für amerikanische Verhältnisse recht konventionell, die Lokomotiven waren mit Scheinwerfern und Mittelführerhäusern ausgestattet. Die beiden Dieselmotoren waren aufgeladene Buda-Motoren des Typs 6-DCS-1879 mit einer Leistung von jeweils 325 PS bei 1.200 U/min. Die gesamte elektrische Ausrüstung stammte von der Westinghouse Electrical & Manufacturing Corporation und bestand aus einem Generator des Typs 197 A, einem Hilfsgenerator des Typs YG-41-B und vier Fahrmotoren des Typs 970A mit einem 14:72-Untersetzungsgetriebe.

Die Werksnummern waren dabei – mit Angabe der Fabriksnummern wie folgt:

7961 bis 7990: 60331 bis 60360; Baujahr 1943
8120 bis 8147: 60361 bis 60388; Baujahr 1944
8400 bis 8498: 60406 bis 60504; Baujahr 1944
8800 bis 8802: 60515 bis 60517; Baujahr 1944
8803 bis 8811: 60518 bis 60526; Baujahr 1945

Fast alle der ersten drei Serien wurden nach Übersee versendet. Die Lokomotiven wurden in drei Kisten verschifft, einer 40ft 4in x 12ft 8in x 10ft 4in mit einem Gewicht von knapp fünfzig Tonnen, die das Fahrgestell, Einzelteile und Werkzeuge enthielt, und zwei 12ft 3in x 9ft 4in x 4ft 1lin mit einem Gewicht von 14,5 Tonnen, die jeweils eine Drehgestellbaugruppe enthielten. Die letzte Serie, 8800 bis 8811, wurde jedoch in den Vereinigten Staaten in verschiedenen Depots und Arsenalen eingesetzt.

Einige dieser Dieselfahrzeuge, die im europäischen Einsatzgebiet verwendet wurden, kamen zunächst 1944 nach Großbritannien, bevor sie auf den Kontinent verschifft wurden. USA/TC 7961 bis 7990 kamen alle nach Großbritannien, die ersten 7964 und 7965 im Dezember 1943 und die übrigen im Januar und Februar 1944. USA/TC 8120 bis 8129 kamen im April 1944 in Großbritannien an; 8457, 8458, 8463 und 8464 erst später im Jahr 1944. In den Werkstätten von Newport Ebbw Junction wurden die Dieselloks zusammengebaut und für den Einsatz vorbereitet. USA/TC 7964, 7965, 7967 und 7970 erschienen am 21. Januar in Newport, 7963, 7974, 7975, 7978 und 7980 am 23. Februar, 7971 und 7972 am 28. April, während 7967, 7968, 7974, 7975 und 7977 am 16. Juli in den Werften standen. Diese Lokomotiven wurden nach Llanelly gefahren, vermutlich als erste Testfahrt, und am 21. Juli standen USA/TC 7971, 7972, 7978, 8120, 8122 und 8127 im hiesigen Schuppen von Llanelly.

USA/TC 7961, 7973, 7976, 7979, 7981 bis 7990 trafen im Februar 1944 bei der Longmoor Military Railway ein, lackiert in einem hellen Sandton (ähnlich der Wüstentarnung des MEF). Sie wurden funktionsfähig gemacht, schwarz lackiert und in Personenzügen eingesetzt, bevor sie eingelagert wurden. USA/TC 7976, 7987 bis 7989 waren zum Beispiel im Mai und Juni mit Personenzügen im Einsatz. USA/TC 7966, die im Februar 1944 an die Melbourne Military Railway ging, kam im Mai nach Longmoor. Bis August waren jedoch fast alle von ihnen nicht mehr dort. USA/TC 7979 war am 30. Juni Verschublok in Eastleigh North Yard, während 7973, 7979, 7981, 7983 und 7985 im Juli in Southampton war und 7976, 7984, 7985 und 7990 am 31. Juli. USA/TC 7961 erschien dagegen am 1. August in Cricklewood und 7969 am 29. Juli in Didcot.

Auf dem Kontinent trafen diese Lokomotiven zwischen Juni und August 1944 ein und wurden durch andere ergänzt, die ebenfalls 1944 direkt aus den USA nach Frankreich geschickt wurden. Die komplette Serie in Frankreich war USA/TC 7961 bis 7990, 8120 bis 8129 sowie 8422, 8440 bis 8445, 8447, 8457 bis 8464, 8466, 8469 bis 8476, 8478 bis 8482, 8492 und 8494. Sie wurden für den Verschubdienst und verschiedene andere Zwecke eingesetzt. Die USA/TC 8125 war die erste alliierte Militärlokomotive, die in Paris eintraf. Einige wurden dem Depot Versailles Matelots zugeteilt, um die Züge in der Steigung vom Verschiebebahnhof nach St. Cyr hinaufzuschieben. Sie wurden gelegentlich im Güterfernverkehr und im Sanitätsdienst eingesetzt, als entsprechende Dampfloks fehlten. Die erste dieser Loks wurde im September 1944 eingesetzt. Damals wurden sie in der Regel paarweise eingesetzt, aber gelegentlich traten sie auch einzeln oder zu dritt auf.

Die Lokomotiven der Baureihe 8400 bis 8498 kamen fast alle direkt aus den Vereinigten Staaten. Diese Lokomotiven, die neu und braun lackiert ankamen, wurden in einer in Batignolles eingerichteten Dieselreparaturwerkstatt für den Einsatz vorbereitet. Anschließend wurden sie grün umlackiert und für den Einsatz in anderen Teilen Frankreichs und in Belgien eingesetzt. 68 Maschinen der Serien 81XX und 84XX wurden 1944 direkt aus den Vereinigten Staaten nach Italien verschifft. Sie erhielten die Nummern MRS 1300 bis 1367, wahrscheinlich in der Reihenfolge, in der sie in Neapel eintrafen. Leider sind nicht alle Werksnummern oder USA/TC-Nummern bekannt, so dass die Beziehung zwischen den beiden Serien nicht vollständig geklärt werden kann.

Alle MRS-Lokomotiven mit den Nummern 1300 bis 1367 wurden infolge des Kriegsendes von Italien sowie die meisten der nach Frankreich verschifften Lokomotiven im Sommer 1945 in die Vereinigten Staaten zurückgeschickt. Gleich 118 dieser Lokomotiven wurden in Hawkins Point bei Baltimore eingelagert, darunter auch alle ehemaligen MRS-Lokomotiven. Es war beabsichtigt, diese Lokomotiven aufzuarbeiten und in den Westen zu senden, um den Krieg gegen Japan zu unterstützen, aber dieser Plan wurde aufgrund des schnellen Kriegsendes im Fernen Osten aufgegeben. Der bestehende Auftrag für weitere Lokomotiven dieser Type, die USA/TC 8812 bis 8909 mit den Baudaten Whitcomb 60527 bis 60624 von 1945, wurde etwa zur gleichen Zeit storniert.

In den nächsten zwei Jahren wurden alle diese Lokomotiven aus dem Dienst der USA/TC verkauft, meist an private Finnen in den Vereinigten Staaten. Einige wurden in Länder wie Kanada, Mexiko und Kuba exportiert. Einige wurden an Whitcomb zurück verkauft, der sie zur Baureihe 70-DE-26 umbaute und dann weiterverkaufte. Auch die Lokomotiven der Baureihe 88XX wurden verkauft.

Zwanzig der in Europa eingesetzten Lokomotiven wurden von den Nederlandsche Spoorwegen (Niederländischen Eisenbahnen NS) gekauft. Es waren dies USA/TC 7962, 7979, 7984, 7985, 8129, 8447, 8460, 8469 bis 8476, 8478, 8479, 8481, 8482 als NS Reeks 600 mit den Betriebsnummern 601 bis 619, wobei Lok 7961 als Ersatzteilspender diente. Die Buda-Motoren erwiesen sich als nicht ganz zufriedenstellend und wurden zunächst ausgebaut und dann durch Thomassen 6 Fe-Motoren mit 300 PS von Thomassen Motoren-Fabrick, De Steeg, ersetzt. USA/TC 7962, 8129, 8460, 8469, 8471, 8478 und 8482 wurden nie im NS-Dienst eingesetzt, bevor sie umgebaut wurden. Gleichzeitig wurden neue Elektromotoren (Stork) und Ausrüstungen eingebaut. Die erste umgebaute Lok war NS 604, die 1951 umgebaut wurde, vermutlich als Versuch, der sich als erfolgreich erwies, da die übrigen Loks 1953/54 umgebaut wurden (mit Ausnahme von 603, die 1953 verschrottet wurde). Der Umbau wurde in den Tilburger Werken durchgeführt, und die Lokomotiven wurden 1953 der Reihe nach mit neuen Betriebsnummern der Nummerngruppe 20XX umnummeriert, wobei Lok 601 zur Lok 2001 wurde. Sie wurden für Verschub- und Güterzüge auf Nebenstrecken eingesetzt.

Die NS setzte diese Dieseltriebwagen der Serie 2000, immerhin noch 18 Stück, von Zwolle aus ein und waren im Osten der Niederlande im Einsatz. Im Jahr 1955 erfolgte die Umstationierung nach Amsterdam. Zwischen 1958 und 1960 wurden alle Maschinen dann ausgemustert und verschrottet. Die Museumsgesellschaften SGB und VSM haben in den Jahren 2017 und 2018 je eine Maschine der Bauart 62-DE-19A wieder beschafft, die nun im Museumsbetrieb beider Gesellschaften anzutreffen sind.


Modellvorstellung

Nachdem der Sonneberger Hersteller diese US-Diesellok bereits zuvor in der Baugröße H0 realisiert hat, war es nur mehr folgerichtig einzuschätzen, daß dieses Vorbild dann auch für die kleinere Baugröße N in der Pipeline der geplanten Neuheiten steckt. Piko hat diese symmetrisch aufgebaute Mittelführerstandslokomotive des Typs BR 65-DE-19-A der USATC inkl. der Ableger für die Niederländischen Staatsbahnen, zunächst als Reihe 600, später als Reihe 2000 bezeichnet, als Formneuheit in den N-Katalog 2023 geschrieben. Als Neuheiten ausgewiesen ist eine Modellausführung der NS als Reihe 600 in Epoche III und eine der USATC in Epoche II. Die angekündigte Modelle sind mit und ohne Loksound verfügbar. Beim Loksound befindet sich dieser bereits „onboard“. Die UVPs betragen € 190,– (ohne) bzw. € 300,– (mit Geräuschkulisse).

Verpackung

Die Auslieferung der neukonstruierten US-Mittelführerstandslokomotive erfolgt in der bekannten Piko-Blisterbox, in welchem das Modell nach Abzug des Oberteiles und der Abnahme des Schutzdeckel aus dem paßgenauen Kunststoffeinsatz entnommen werden kann. Ein mitgelieferter Zurüstbeutel befindet sich unter dem Blistereinsatz. Im Zurüstbeutel befinden sich verschiedene Anbauteile für die Pufferbrust sowie sonstige Teile. Darunter sind die Betriebsanleitungen samt Ersatzteilblätter eingelegt.

Technik

Die Antriebskomponenten des Modells sind im Lokgehäuse untergebracht. Das Gehäuse ist am Chassis festgeschraubt. Zuerst müssen die zwei Schrauben für die Unterflurverkleidung (Fahrzeugtank) entfernt werden. Nachdem dieses Teil entfernt ist, müssen zwei weitere Schrauben gelöst werden, um danach das Lokgehäuse nach oben abziehen zu können.

Beim Innenleben zeigt sich über dem Motorblock ein Konstrukt von ansatzweise einer Zentralplatine. Die Digitalschnittstelle ist auf einer Vorbauseite in stehender Lage vorgesehen und entspricht dem Typ Next18. Der Mittelmotor mit Schwungmasse ist in der Ausbuchtung des Führerhauses untergebracht, weshalb aufgrund der sehr engen Platzverhältnisse teils durch die Seitenfenster sichtbar bleibt. Der Mittelmotor überträgt sein Drehmoment – ebenfalls aus Platzgründen – via Stirnrad-/Schneckengetriebe auf ein Drehgestell. Somit sind nur zwei Achsen angetrieben, wobei die erste Antriebsachse beidseitig zwei Haftreifen verfügt. Die Neukonstruktion ist mit einer Kurzkupplungskulisse versehen.

Fahreigenschaften

Das Modell bringt ein Eigengewicht von 59 Gramm auf die Waage. Die Testrunden auf dem kleinsten Radius des „piccolo“-Gleissystems von Fleischmann erbracht. Der Motor ist absolut sehr leise surrend.

Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben umgerechnete Werte von ca. 102 km/h. Diese ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. 36 % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert mit der Draufgabe von 50 % um gerade einmal ca. 14 % zu niedrig.

Optik

Das Modell zeichnet sich allein durch den symmetrischen Fahrzeugaufbau aus. Dieses Charakteristikum findet sich im vorliegenden Modell wieder, zumal die Kastenform an und für sich sehr schlicht ausgeführt ist. Die konstruktive Besonderheit betrifft daher die richtige Modellumsetzung der entsprechenden Neigungen oder Winkel. Beide Vorbauten weisen feine wie tiefe Gravuren auf, besonders gut zur Geltung kommen die angravierten Seitenverkleidungen (Wartungsklappen) mit den Lüfterschlitzen oder die beim Führerhaus befindlichen Lüftergitter. Sämtliche Armaturen, Scharniere udgl. sind erhaben umgesetzt.

Am Dach der Vorbauten sind einerseits die oberen Scheinwerfer eingesetzt und andererseits die Typhone, im Übergangsbereich sind ab Werk bereits verschiedene Griffstangen montiert, wie auch bei den Verschieberplattformen. Das Führerhaus sitzt paßgenau auf dem Fahrzeugteil der Vorbauten und ist in dieses Teil aufgesteckt. Auf einer Seitenwand sind ebenfalls fein modellierte Wartungsklappen zu sehen.

Der Fahrzeugumlauf besteht aus einem geriffelt ausgeführten Belag. Im unterflur angeordneten Fahrzeugtank sind einige Ausnehmungen vorgesehen. Die Drehgestelle weisen ebenso gut durchgezeichnete Konturen mit entsprechender Tiefenwirkung auf.

Farbgebung und Bedruckung

Noch nie war wohl ein Fahrzeug so leicht zu lackieren bzw. zu bedrucken wie die vorliegende Diesellok. Wesentliche Fahrzeugteile lassen sich schon durch die entsprechenden Bauteile richtig einfärben, sodaß nur mehr eine Zierlinie als Bedruckung und die Anschriften extra anzubringen waren. Die eingesetzten Griffstangen sind schon farblich korrekt abgespritzt. Piko hat seiner NS-Lokomotive die Loknummer 612 aufgedruckt, die im runden Lokschild mit Messingrand ersichtlich ist. Alle Anschriften sind unter Heranziehung einer Lupe gut lesbar. Die Revisionsanschriften sind nur auf einer Fahrzeugseite am linken Fahrzeugrahmen angeschrieben und lauten auf REV HLM. 13.11.1946.

Beleuchtung

Piko hat die Neukonstruktion mit LED versehen. Die Ansteuerung erfolgt fahrtrichtungsabhängig. Die Stirnbeleuchtung ist weiß, es gibt kein Schlußlicht. Bei den Digitalmodellen sind zusätzliche Funktionen vorgesehen.


 

Bilder


Modellvorstellung 40802

Die wesentlichen Ausführungen zu dieser Bauart wurden schon oben dargestellt. Die USATC-Lok ist gegenüber der NS-Variante durchgehend schwarz lackiert, auch alle Anbauteile (in der Regel eingesetzte Griffstangen) sind ebenfalls alle schwarz lackiert. Die geänderten Anschriften sind in weißer Farbe aufgetragen. Sämtliche Anschriften sind in englischer Sprache, aufgedruckt ist auch ein mehrfarbiges Fabriksschild oder der Buchstabe „F“ für Front. Dafür sucht man eine Loknummer vergebens. Das vorliegende Modell wird für € 190,– angeboten. Das Soundmodell mit der Artikelnummer 40803 ist zum UVP von € 300,– erhältlich.