Roco 70433: ÖBB 1044.01

Der Schock muss tief gesessen sein, als der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky bei einem Staatsbesuch in Schweden moderne Triebfahrzeuge geordert hat. Es war vor allem ein Zaunpfahl gegenüber der heimischen Fahrzeugindustrie, hinsichtlich Innovation offener zu sein. Wie erinnerlich, hat ASEA schon länger Lokomotiven mit Thyristorsteuerung gefertigt, einige Vertreterinnen dieser Lokfamilie waren sogar in Österreich zu Probefahren.

Eine zunächst angedachte Weiterbeschaffung der schwedischen Type schied aufgrund der geringen Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h von vorne herein aus, nachdem auf dem Streckennetz der ÖBB bereits eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h galt und zudem im grenzüberschreitenden Verkehr – gerade mit der DB – eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h abzeichnete. Auch die bis 1977 in Beschaffung befindliche Reihe 1042 war zu langsam, und die von ASEA im Angebot befindliche 160 km/h Variante litt an zu geringer Zugkraft. Schließlich war aber die Zugkraft das maßgebliche Kriterium bei der Beschaffung der 1043.

Die ÖBB beschlossen daher – auf Basis der Reihe 1043 und unter Beachtung der Probefahrten mit der BLS Re 4/4 sowie unter Bedachtnahme der aktuellen Entwicklungen bei der Rhätischen Bahn – eine für österreichische Verhältnisse taugliche Thyristorlok zu bauen, die nach wie vor alle Vorzüge der 30 % höheren Zugkraft im Vergleich zur Reihe 1043 aufweisen sollte.

Die österreichische Schienenverkehrsindustrie, namentlich SGP für den mechanischen Teil und BBC (federführend), ELIN und Siemens für den elektrischen Teil, lieferten 1974 den ersten Prototypen als 1044.01 ab. Der Prototyp 1044.02 folgte um einige Monate später. Beide Loks unterschieden sich lediglich in der Ansteuerung der Thyristoren. Die 1044.01 wurde mit einer Achtbrückenschaltung und die 1044.02 mit einer Quasi-Vierbrückenschaltung geliefert. Da im Zuge von Erprobungen keinerlei Unterschiede konstatiert wurden, wurde bei den Serienloks die Vierbrückenschaltung bevorzugt.

Die ÖBB bestellten in zwei Tranchen jeweils 24 Loks. Monatlich wurden je zwei Lokomotiven abgeliefert, allerdings geriet die Serienlieferung nach massiven Probleme alsbald ins Stocken. Nach vermehrten Radreifenbrüche setzte der harte Winter infolge Flugschnee den Motoren sehr zu, und Kurzschlüsse setzten viele Maschinen außer Gefecht. Das Problem wurde durch Zyklonabscheider in den Lüftergitter beseitigt, sodass bis 1987 insgesamt 126 Lokomotiven in Dienst gestellt wurden, währenddessen im selben Jahr aus dem Prototyp 1044.01 die Schnellfahrlok 1044.501 wurde.

Weitere 90 Lokomotiven einer modifizierten Nachbauserie wurden zwischen 1989 und 1995 als 1044.201 bis 290 beschafft. Während dieser Zeit kam es zu zahlreichen Unfällen und erneuten Wiederaufbauten. Davon betroffen waren die Lokomotiven 1044.023, 043, 072, 077, 092, 117 und 241. Hinter der 1044.200 verbarg sich die nach einem Neuaufbau und nach mehrmaliger Umzeichnung entstandene 1044.051. Die Lokomotiven der Reihe 1044.2 wurden zwischen 2002 und 2005 zur Reihe 1144.200 umgebaut. Der Umbau der Hauptlieferserie zur Reihe 1144.0 erfolgte in den Jahren 2009 bis 2013. Bei diesen Umbauten wurde einerseits eine Serienangleichung (Reihe 1044.200) vorgenommen sowie andererseits die technische Möglichkeit der Tandemsteuerung und der Einsatz im Wendezugbetrieb geschaffen.

Modellvorstellung

Alle Modellbahnhersteller haben bei der Modellumsetzung der ÖBB-Reihe 1044 nur die Lokomotiven der Serienlieferungen nachgebildet, und es bisher gescheut, die beiden Prototyp-Lokomotiven mit den doch wesentlichen Änderungen im Modell umzusetzen. Diese bis einst sehr zögerliche Haltung rief dafür mehrere Kleinserienhersteller auf, aus Serienloks von Roco modifizierte Varianten der 1044.01 und der 1044.02 bzw. 1044.002-2 anzubieten. Wesentliches Erkennungsmerkmal war dabei das vergrößerte Seitenfenster beider Lokomotiven.

Die wieder entdeckte, teils intensive Produktpflege im Hause Roco bescherte den Modellbahnern fast 50 Jahre dem Bau der beiden Prototypen endlich korrekt nachgebildete Modell aus einer Großserienproduktion, wobei der Hersteller die bisherigen Verbesserungen und Adaptionen seiner Konstruktion hat einfließen lassen. Roco bietet das Modell der 1044.01 wie gewohnt in drei verschiedenen Modellausführungen an. Das vorliegende Modell ist ein analoges Gleichstrom-Fahrzeug, welches mit der Artikelnummer 70433 zum UVP von € 225,90 verspätet den Weg in den Fachhandel fand. Da dem Hersteller aber die notwendigen Decoder für die Ausführungen mit Loksound zur Verfügung standen, wurde zunächst die Dreileiter-Wechselstrom-Ausführung mit der Artikelnummer 78434 ausgeliefert, gefolgt von der Zweileiter-Gleichstrom-Variante mit Loksound, Artikelnummer 70434. Der UVP für die Soundloks wurde mit € 335,90 angesetzt.

Verpackung

Die Auslieferung der 1044.01 erfolgt in der bekannten Roco-Schachtel mit Überkarton. Das Modell liegt dort in einer Plastikfolie umhüllt im Schaumstoff und wird durch eine Plastikhaube geschützt. Zum Lieferumfang gehören die Betriebsanleitung, das Ersatzteilblatt und ein Zurüstbeutel mit diversen Anbauteilen.

Technik

Der technische Teil ist unter dem Lokkasten zu finden. Dieser lässt sich durch Lösen der vier Rastnasen im Bereich der Drehgestelle nach oben abziehen. Allerdings sollte man mit dem aus Kunststoff gefertigtem Lokgehäuse sorgsam umgehen, wurden doch bei dieser Formvariante die vier Führerstandstreppen am Gehäuse angespritzt. Die Platine befindet sich über dem Antriebsteil der Lokomotive und ist mit einer PluX22-Digitalschnittstelle ausgestattet. Um die Platine ist eine Plastikhalterung auf dem Lokrahmen gesteckt, die im Halbrelief einzelne Aggregatgruppen im Maschinenraum nachbilden. Der im Lokrahmen eingepasste Mittelmotor ist mit zwei großen Schwungmassen bestückt. Der Antrieb des Fahrzeuges erfolgt via Kardanwelle und Stirnrad-/Schneckengetriebe auf alle vier Achsen. Die äußerste Achse unter dem Führerstand 2 ist mit zwei Haftreifen versehen. Alle Achsen dienen der Stromaufnahme.

Fahrverhalten

Das Fahrverhalten des gegenständlichen Modells schließt an den gewohnten Standard vergleichbarer Roco-Modelle nahtlos an. Das Modell bringt ein Gewicht von 400 g auf die Waage. Das Vorbild hat eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. Messungen bei 12 V Gleichstrom ergaben einen umgerechneten Wert von ca. 176 km/h. Die berechnete Modellgeschwindigkeit ist gegenüber der Vorbildgeschwindigkeit um ca. zehn % zu schnell, gegenüber dem NEM-Wert – unter Berücksichtigung der Erhöhung um 30 % – ist sie wiederum um ca. 20 % zu gering.

Optik

Das gegenständliche Modell beruhrt auf der bereits überarbeiteten Konstruktion der Gegenwart mit korrekt ausgeführter Stirnfront. Im Zuge dieser Überarbeitung wurden auch Änderungen bei den Anbauteilen vorgenommen, indem erfreulicherweise verschiedene Anbauteile schon ab Werk montiert sind. Dies trifft bei der 1044.01 ebenfalls zu und betrifft die Griffstangen aus Metalldraht an der Front, die Griffstangen bei den Türen, die Sprühdüsen der Fensterwaschanlage, die UIC-Dosen und die frontseitigen Lokschilder, zusätzlich sind noch die am Dach befindlichen Griffstangen in der Dachschräge zu erwähnen. Lediglich die Seitenspiegel und die Scheibenwischer müssen auch bei diesem Modell selbst eingesetzt werden.

Änderungen sind auch bei den Drehgestellen auszumachen. Roco hat die Drehgestelle noch feiner graviert, zudem wurden die Achslagerdeckel korrekt und äußerst filigran umgesetzt sowie auch die Sandfallrohre auf Radlaufebene nachgebildet. Auf selber Ebene befinden sich die Bremsklötze. Änderungen wurden auch beim Lokkasten vollzogen, indem für die seitliche Beschilderung eigene Gravuren zur Anwendung gelangten und die Schildersätze erhaben dargestellt und extra bedruckt sind. Markantes Merkmal an dieser Formvariante sind die großen, seitlichen Führerstandsfenster, die aus zwei sehr feinen Fensterstegen bestehen. Positive Veränderungen erfuhr auch das Dach. Das Auslaßgitter über dem Bremsturm wurde als feines Ätzteil realisiert und eingesetzt, wiewohl die Dachsicken noch feiner dargestellt wurden.

Farbgebung und Beschriftung

Die Lackierung der 1044.01 ist sauber ausgeführt. Alle Farbtrennkanten sind trennscharf getroffen, selbst an den Rundungen. Die Lüftergitter sind silbern lackiert, Fahrwerk und Rahmen sind in Schwarz gehalten. Sämtliche Anschriften sind korrekt und lupenrein wiedergegeben. Die Lok ist in der Zf. Wien-West beheimatet. Das Feld mit der Angabe zur letzten Bremsuntersuchung ist leer.

Beleuchtung

Die Fahrzeugbeleuchtung ist mit zeitgemäßen LEDs ausgestattet und wird fahrtrichtungsabhängig angesteuert. Das Spitzenlicht besteht aus drei warmweiße LED, das Schlußlicht aus zwei roten LED.


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