Brawa 48538: Kesselwagen Hüls
Die H. Fuchs Waggonfabrik A. G. in Heidelberg sowie andere Hersteller fertigten Anfang der 1940er Jahre sechsachsige Kesselwagen zum Transport von Säuren, um den zunehmenden Bedarf der Rüstungsindustrie und für andere kriegswichtige Transporte gerecht zu werden. Die Wagen hatten ein genietetes Untergestell, genietete Drehgestelle und waren mit einer Handbremse und einer Hildebrand-Knorr-Güterzugbremse ausgerüstet. Der Behälter war als 10-schüssige Schweißkonstruktion ausgeführt und hatte eine 40 mm starke Isolierung sowie eine Heizung mit Anschlüssen am Nichthandbremsende. Am Handbremsende war eine Übergangsbühne mit Bremserhaus angebracht. Mit einem Fassungsvolumen von knapp 40 m³ war der Kessel vergleichweise klein. Durch die Verteilung auf sechs Achsen war jedoch die mittlere Achse recht gering und die Wagen konnten voll beladen auf Strecken eingesetzt werden, deren Streckenklasse es nicht zuließ. Die Kessel konnten ausschließlich von oben befüllt und entleert werden, da bei Wagen für den Säuretransport Bodenventile früher nicht zu lässig waren. Mit den Fahrzeugen, die zumeist von großen Fabriken der chemischen Industrie bei der Deutschen Reichsbahn als Privatwagen eingestellt worden waren, wurden deren Erzeugnisse zwischen den verschiedensten Standorten transportiert.
Die Chemische Industrie sowie die Erdölverarbeitende Industrie bedienen sich beim Transport unterschiedlicher Kesselwagentypen, die heutzutage überwiegend bei Waggonvermietern geparkt sind. Das Vermietungsgeschäft von Güterwagen teilen sich mehrere Gesellschaften in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Frankreich auf. Die verschiedenen Namen der Waggonvermietungsgesellschaften sind uns heute allgegenwärtig bekannt, wobei auch in diesem Bereich Fusionen und Namensänderungen möglich sind, indem aus der Kesselwagen Vermietungsgesellschaft (KVG) das neue Unternehmen GATX wurde. GATX führt diesen Kesselwagen unter der Kennnummer 1693. Hierbei handelt es sich um einen Mineralölwagen mit einem Ladevolumen von 93 m³ und 24 Tonnen Eigengewicht. Als Gesamtgewicht sind 90 Tonnen möglich. Der Kesselwagen hat eine LüP von 16.480 mm. Als Tankcode ist L4BH angeschrieben, die Wagen sind nicht beheizt. Gebaut wurden diese Kesselwagen bei Astra in Rumänien.
Bis in die Mitte der 1950er Jahre war aber weiterhin die Kohle dominierend in der Energieversorgung. Zahlreiche Zechen, vor allem im Ruhrgebiet, versorgten das gesamte Land mit dem unentbehrlichen Brennstoff. Die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik Deutschland und eine Ölschwemme auf den Weltmärkten bildeten die Grundlage für eine ab 1953 erfolgende rasante Umgestaltung des deutschen Energiesektors. Betrug der Mineralölverbrauch in Westdeutschland 1950 rund vier Millionen Tonnen, so hatte dieser sich bis 1955 auf 9,7 Mio. t mehr als verdoppelt und bis 1960 noch einmal verdreifacht auf über 28 Mio. t. 1973 war dann die Spitze bei 147 Mio. t erreicht. Von da an nahm der Verbrauch mit konjunkturellen Schwankungen langsam wieder ab auf aktuell ca. 110 Mio. t im letzten Jahrzehnt.
Diese beeindruckenden Zahlen bedeuteten auch für die Logistiker der Mineralölfirmen eine Herausforderung. Die Raffinerien – bislang entweder auf den deutschen Ölfeldern oder an den Küsten angesiedelt – wurden in die Verbrauchsräume verlegt. Die Rohölzufuhr erfolgte ab den Seehäfen über ein System von Pipelines. Die bisherige Gepflogenheit, den Groß- und Einzelhandel direkt ab Raffinerie zu beliefern, konnte auf Dauer nicht beibehalten werden. Bis in die 1970er Jahre entstand ein flächendeckendes Netz von Großtanklagern, das direkt mit dem Binnenschiff oder mit Ganzzügen der Eisenbahn beliefert wurde. Die Feinverteilung in der Fläche übernahmen dann Straßentankwagen. Die Eisenbahn konnte über die Jahre, auch Dank der Gewährung von Ausnahmetarifen, einen Anteil von ca. 25 bis 35 Prozent der Fertigprodukttransporte für sich verbuchen.
Im Gegensatz zu den festen Brennstoffen, bei der die Bahn auch meist die Wagen stellt, erfolgt der Abtransport von Mineralölen in Privatkesselwagen. Bis Mitte der 1930er Jahre beschafften die Mineralölfirmen diese Wagen überwiegend auf eigene Rechnung. Im Zuge der Aufrüstung wurden sehr viele Wagen von staatlichen Stellen beschafft und von diesen der freien Wirtschaft mietweise überlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Arbeitsteilung im Wesentlichen beibehalten, nur das an Stelle des Staates jetzt private Vermietungsgesellschaften die Beschaffung übernahmen. Bis Ende der 1960er Jahre hatten die Ölgesellschaften ihren eigenen Wagenpark fast komplett durch Mietwagen ersetzt.
Bereits die ersten bekannten Kesselwagen für Mineralölprodukte wiesen die charakteristischen Merkmale auf, die sich bis heute erhalten haben: ein liegender, zylindrischer Transportbehälter mit oben liegenden Domen zum Befüllen und in der Sohle befindlichen beidseitigen Endleereinrichtungen. Auch wenn bereits während des Ersten Weltkrieges die ersten geschweißten Behälter ausgeliefert wurden, war der genietete Kessel bis in die Mitte der 1930er Jahre die Regel. Der Behälter ruhte in zwei Sattelböcken, die über den Hauptquerträgern auf dem Untergestell auflagen. Das Untergestell basierte in der Regel auf den Zeichnungen der zweiachsigen offenen Güterwagen der einstellenden Bahnverwaltung.
Auch wenn die Kesselwagen alle recht ähnlich aussahen, waren die Hauptabmessungen der Behälter sehr unterschiedlich. Auch die Ausrüstung, vor allem die Endleereinrichtung, war oft Hausmarke und stand somit dem freizügigen Einsatz im Wege. Ende der 1920er Jahre setzten Bestrebungen ein, die Kette der Mineralöllogistik zu rationalisieren, d. h. die Tanklager und die Eisenbahn- sowie Straßentankwagen zu standardisieren.
Im Bereich der Kesselwagen entstand ein Typenprogramm basierend auf sieben Kesseldurchmessern und zwei Kessellängen. Fünf Varianten fanden für Mineralölkesselwagen Verwendung. Diese deckten die Hauptladegruppen Benzin, Heizöl und Diesel sowie Bitumen ab. Vereinheitlicht wurden auch Entleerungseinrichtungen, Dome und Heizstutzen. Diese Normwagen wurden in großen Stückzahlen bis Anfang der 1950er Jahre gebaut. Die ab Mitte der 1950er Jahre gebauten Wagen übernahmen aus dieser Norm lediglich die Anbauteile. Durch die Vergrößerung der Achsfahrmasse konnten die Behältervolumen vergrößert werden. Deren Abmessungen waren in den Normen allerdings nicht festgelegt, da sie für den Einsatz der Wagen von untergeordneter Bedeutung waren. Ab Mitte der 1960er Jahre wurden die Normen überarbeitet. Für den Mineralölbereich wurden ausschließlich Drehgestellwagen vorgesehen. Drei Typen mit festgelegten Kessel- und Untergestellmaßen wurden entwickelt. Seitherige Fortschreibungen der Normen betreffen nur noch die Ausrüstung der Wagen.
Bis Ende der 1930er Jahre kamen fast nur zweiachsige Wagen zum Einsatz. Anfang der 1940er Jahre entstand ein Typenprogramm für Mineralölkesselwagen, bei dem auch zwei Drehgestellvarianten für leichte Produkte wie Benzin und Benzol sowie für mittlere und schwere Destillate wie Heizöl und Bitumen entwickelt wurden. Mitte der 1960er Jahre lief die Beschaffung zweiachsiger Mineralölkesselwagen aus. Der große Überhang an zweiachsigen Kesselwagen veranlasste die Vermietungsgesellschaften VTG und EVA in den Jahren 1967 bis 1975, einige hundert dieser Wagen in Drehgestellwagen umzubauen. Seit Anfang der 1970er Jahre ist der Transport von Mineralölen eine Domäne der Drehgestellwagen. Zweiachser konnten sich lediglich in einigen Bereichen mit kleinem Transportvolumen – u. a. Schmier- und Altöle sowie zur Militärversorgung – noch bis zur Jahrtausendwende eine Nische bewahren.
Erste Modellvarianten
Brawa hat diese Kesselwagenbauart erstmals im Jahr 2009 als Neukonstruktion vorgestellt und sogleich drei verschiedene Modellvarianten in gleich drei verschiedenen Epochen angekündigt. Die Modellvariante der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft (DRG) wurde mit Bremserhaus umgesetzt und erhielt die Wagennummer 521 874P. Einsteller des Wagens war die Firma Anorgana GmbH; Artikelnummer 48520. Unter der Artikelnummer 48521 ist ein Epoche III-Modell der DB umgesetzt worden, und zwar der Privatwagen 516 218P der Firma Hoechst AG zum Transport von Säure. Für die Freunde der DR gab es einen Kesselwagen mit hellgrauen Tank mit der Artikelnummer 48522, der mit der Computernummer 27 50 076 3 001-3 beschriftet war.
Im Folgejahr wurden gleich vier weitere Kesselwagen dieser Bauart aufgelegt. Zuerst sei der Kesselwagen der Chemischen Hütte Hüls erwähnt. Das Modell mit der Artikelnummer 48523 wurde mit der Wagennummer 20 80 005 7 590-0P bedruckt. Für die DR wurde erstmals ein Wagen mit Bremserhaus und Epoche III-Beschriftung mit der Artikelnummer 48524 ausgeführt. Der Privatwagen mit der Wagennummer 53-40-15P gehörte der VEB „Chemische Werke“ in Buna. Unter der Artikelnummer 48525 erschien das zweite DRG-Modell, welches diesmal die Wagennummer 577 396P Mainz angeschrieben hatte von von der Firma Dr. Raschig in Ludwigshafen eingestellt war. Die VTG hatte solche Kesselwagen auch in ihrem Fuhrpark. Der als Epoche III-Güterwagen ausgeführte Privatwagen mit der Wagennummer 598 140P war unter der Artikelnummer 48526 erhältlich.
2011 gab es nur zwei Varianten, und zwar wiederum eine DRG-Ausführung mit der Betriebsnummer 563 496P Halle mit der Artikelnummer 48528, der der Firma Leuna gehörte. Unter der Artikelnummer 48527 erschien das zweite Modell der Hoechst AG. Der DB-Wagen trug die Wagennummer 556 137P und hatte noch das Bremserhaus.
Als eine der ersten Wagen dieser Typenfamilie wurden Modelle für die Deutsche Reichsbahn Gesellschaft und der Deutschen Reichsbahn (DR) umgesetzt. Die Modelle des Jahre 2012 waren mit Bremserhaus versehen. Der Epoche-II-Wagen (Artikelnummer 48529) gehörte der Firma BASF und lautete auf die Gattungsbezeichnung ZZd. Die Wagennummer lautete damals 514 001P. In ähnlicher Ausfertigung (Artikelnummer 48531) wurde ein Modell der DR aufgelegt, der die Betriebsanschriften ZZd 53-40-01 hatte.
Im Jahr 2014 wurde ein weiterer Kesselwagen der Firma Hüls aufgelegt. Das Modell mit der Artikelnummer 48530 wurde als Epoche III-Modell mit der Wagennummer 509 220P und mit hellgrauem Tank ausgeführt. Im selben Jahr war dann noch ein Wagen der Firma BASF als Neuheit angekündigt. Dieser Kesselwagen war gänzlich schwarz lackiert und erhielt die Wagennummer 578 129P (Artikelnummer 48533).
Modellvorstellung
Brawa hat seit der ersten Ankündigung dieses sechsachsigen Kesselwagens bereits verschiedene Modellausführungen aufgelegt. Bereits produziert wurde auch schon ein derartiger Wagen mit der Firmenanschrift „Hüls“. Brawa liefert das Modell in der stabilen Plastikbox aus. Das Modell selbst liegt in einer transportsicheren Plastikeinlage. Darunter befinden sich die Betriebsanleitung und ein Zurüstbeutel mit Bremsschläuchen, Kupplungsimitationen und die Bügelkupplungen.
Die Fertigung des Modells erfolgte weitgehendst aus Kunststoff, wobei Brawa ein Fahrzeug vorlegt, daß ohne weitere Zurüstteile auskommt. Der Kesselwagen weist im Bereich des augenfälligen Kessel zahlreiche Gravuren und erhabene Verbindungsteile auf. Weitere Gravuren befinden sich im Bereich des Fahrzeugrahmens und der beiden, sechsachsigen Drehgestelle. Letztere sind am Fahrzeugrahmen eingeklipst. Die Kesselanbauten bestehen aus robust ausgeführten Materialien, wobei die Materialstärke dieser Aufbauten eher klobig wirkt.
Der Kesselwagen ist als Privatwagen der Firma Hüls bei der DB eingereiht. 508 233P lautet die Fahrzeugnummer, die den Wagen der Epoche III zuordnet. Als Heimatbahnhof ist Marl-Hüls angeschrieben. Die Untersuchungsfristen der letzten Revision weisen die Angaben 4 REV 277 14.8.60 auf.
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