Der DB-Touristikzug – ACME 90086 (Set D)

Die Eisenbahn als „Massenverkehrsmittel“ folgt beim Personentransport gleich zwei Paradigmen: Sie wird dem Einzelreisenden oder kleinen Reisegruppen ebenso gerecht wie der organisierten Reiseabwicklung mittels eigens dafür geschaffener Reisebüros. Im Charterverkehr bei der Eisenbahn ist es längst Tradition, dass ganze Züge für Ferienreisende gemietet und als Sonderzüge quer durch das Land geführt wurden.

Rückläufige Tendenzen in diesem Marktsegment veranlassten die Deutsche Bahn AG auf der Tourismusbörse 1995 in Berlin bekannt zu geben, den Charterverkehr mit einem neuen Konzept wiederbeleben zu wollen. Das Zauberwort hieß „Touristikzug“, wesentliche Säule des neuen Angebotes war ein eigener Fuhrpark, mit welchem man durch ein modernes Design zu punkten versuchte.

Seit einigen Jahren können die europäischen Bahnen (mit wenigen Ausnahmen) ihre Verkehrsleistungen steigern – die DB schaffte 1994 im Personenfernverkehr einen Umsatzzuwachs von etwa 2,5 %. In Anbetracht stark expandierender Märkte bedeuten solche relativ bescheidenen Wachstumsraten jedoch weiterhin sinkende Marktanteile. Da sie bei den meisten Bahnen inzwischen deutlich unter 10 % betragen, sollte es deren vorrangiges Ziel sein, die Marktanteile zumindest zu halten: dies heißt, äquivalent mit den Märkten zu wachsen.

Marketingstrategien für den Freizeitverkehr

Zur Erschließung des Freizeitmarktes sind im Idealfall Züge denkbar, die optimal für Urlaubs- und Freizeitreisen gestaltet sind. Sie gibt es nur selten, da der Freizeitverkehr nur „Schönwetternachfrage“ hat: An Arbeitstagen und außerhalb der Sommer- und Wintersaison sinkt die Nachfrage so weit, dass eine wirtschaftliche Auslastung solcher Züge bei uns nicht möglich erscheint. Andererseits sind gerade die Zeiten geringer Nachfrage im Freizeitverkehr „Hochsaison“ für Berufs- und Geschäftsreisen. Daraus resultiert die Forderung, Bahnfahrzeuge universell für alle Märkte zu gestalten, will man nicht stets einen Teil des Fahrzeugparks mangels Nachfrage abstellen.

Unter diesen Gegebenheiten entwickelte die DB, wie auch die anderen Bahnen, zu verschiedensten Perioden eigene „Markenartikel“: die DB-Produkte IR, IC/EC und ICE konnten eine hohe Akzeptanz und das wohl höchste Preisniveau in Europa erreichen. Wesentliche Innovationen aller neuen DB-Produkte waren:

– differenzierte Räume, Sitzgruppierungen und Ausstattungskomponenten, um den individuellen Wünschen der Fahrgäste Rechnung zu tragen,

– eigenständige und profilierte Qualitätsmerkmale und Erscheinungsbilder der einzelnen Produkte,

– verbesserter Service im Zug für Information, Betreuung und Catering.

Diese Qualitätsmerkmale trugen wesentlich dazu bei, auch den Freizeitmarkt erfolgreich zu erschließen. Auf Relationen, auf denen zum Beispiel ICE, IC und IR zusammen angeboten werden, konnten im Jahresmittel bis zu 30 % Marktanteil erreicht werden (bei einem landesweiten Durchschnitt von nur 7 %!). Der Erfolg zeigt, dass es durchaus möglich erscheint, mit entsprechendem Design gleicher, allerdings differenzierter Interieurs die Kunden mit verschiedenen Reiseanlässen zufrieden zu stellen. Neben dem Hochpreissegment verfolgte die DB zu Beginn der 1990er Jahre auch eine Niedrigpreisstrategie mit dem Angebot „Schönes Wochenende“ im Nahverkehr: Hier sollen freie Kapazitäten in Zügen mit zur Zeit noch relativ diffusen Qualitäten (von grauen und alten Nahverkehrswagen bis zu den schnellen Neige-Dieseltriebzügen) vermarktet werden, oftmals mit extrem überfüllten Zügen.

Mit der Indienststellung der neuen ICE-2-Züge sollten weitere Innovationen realisiert werden: mit der schnellen und einfachen Teilbarkeit der Züge sollen sowohl mehr Direktverbindungen als auch die Bedienung schwächerer Verkehrsströme möglich werden. Dies sollte vom Markt der „Freizeitreisen“ honoriert werden, da hier die Nachfrage nach „Direktverbindungen“ ein wesentliches Merkmal darstellt.

Durch eine größere Sitzplatzdichte werden zudem mehr Sitzplätze je Fahrzeug geschaffen. Allerdings wird die bisherige Produktqualität der Differenzierung in den Fahrgasträumen in Kommunikationsbereiche (Abteile), Ruhebereiche (gleichgerichtete Sitze) und Arbeits-/Spielbereiche (Sitze mit Tischen) aufgegeben.

Der DB-Touristikzug als neues Nischenprodukt

Seit dem 9. Oktober 1995 werden mit dem Touristik-Zug der Deutschen Bahn AG (DB) nach langer Zeit wieder für den Ferienverkehr besonders gestaltete Fahrzeuge eingesetzt. Der Bahntourismus hatte seit dem Höhepunkt Anfang der sechziger Jahre, als über 800.000 Reisende die Urlaubsangebote nutzten, zunehmend mit der Konkurrenz von Auto und Flugzeug zu kämpfen und verlor seine Marktpositionen. Auch die neu geschaffenen und ab 1979/80 eingesetzten komfortablen Fahrzeuge des TUI-Ferienexpress konnten diesen Trend nicht bremsen, denn die Sitzwagen dieses Zuges wurden 1994 an die Niederländischen Eisenbahnen verkauft.

Gemeinsam mit Fremdenverkehrsverbänden und Reiseunternehmen unternimmt die DB einen neuen Versuch, den Bahntourismus als Markenartikel auszubauen und eine Trendwende einzuleiten. Dabei sollen alle Leistungen vor, während und nach der Reise von den Partnern gemeinsam in ihrer Qualität verbessert und im Umfang schrittweise ausgebaut werden. Eine gemeinsame Verbundwerbung soll dem Kunden die neuen Möglichkeiten bewusst machen und Freizeit- und Erlebnisreisen mit der Bahn wieder selbstverständlicher werden lassen.

Als einer der Mosaiksteine dieser neuen Angebotspolitik zählen auch erhebliche Investitionen in moderne Fahrzeuge für den Bahntourismus. Als sichtbarer Meilenstein auf diesem Wege wurde am 29. September 1995 vom Geschäftsbereich Werke der DB der erste neugestaltete Touristik-Zug dem Geschäftsbereich Fernverkehr übergeben.

Nach sehr kurzer Entwicklungs- und Bauzeit verfügte die DB damit wieder über eine äußerlich und innerlich attraktive Zuggarnitur für den Touristikverkehr, die von Reiseunternehmen, Vereinen, Firmen oder Messeveranstaltern gechartert werden kann. Als Standort des zehnteiligen Zuges ist das Werk Dortmund-Spähenfelde vorgesehen.

Konfiguration und Erscheinungsbild

Der neue Touristik-Zug wird aus drei Abteilwagen der Gattung Bvmkz, vier Großraumwagen der Gattung Bpmz, zwei Restaurantwagen WRkmz und einem Gepäckwagen Dmsdz gebildet. Die Wagen haben in der genannten Reihenfolge zunächst die Bauartnummern 810 bis 813 erhalten. Die sieben Sitzwagen sind in den Werken Krefeld und Neumünster aus ehemaligen Lufthansa-Airport-Express-Wagen umgebaut worden (Abteilwagen Avmz 106 und Großraumwagen Bpmz 296), während der Gepäckwagen im Werk Delitzsch aus einem Dms 905.1 entstand. Die beiden Restaurantwagen stellen für den Touristik-Zug eine Zwischenlösung dar; sie wurden vom Werk Neuaubing aus zwei WRmz 137 hergerichtet. Als endgültige Lösung entstehen ebenfalls in Neuaubing zwei Clubwagen mit völlig neuer Innengestaltung auf der Grundlage von zwei Großraumwagen Bpmz 293.2.

Beim äußeren Erscheinungsbild des Zuges hat man sich für ein farbenfrohes Design entschieden, das mit dunkel- und hellblauen, grünen, gelben und weißen Tönen eine angenehme Einstimmung auf Freizeit, Urlaub und Erlebnis vermitteln soll. Dasselbe Farbkleid erhielten zunächst auch drei Lokomotiven: die elektrische Lokomotive 103 220 und die Diesellokomotiven 218 416 und 218 418. Alle Wagen erhalten eine elektrische Mehrspannungsausrüstung, um auf allen den europäischen Normalspurstrecken einsetzbar zu sein. Druckgeschützte Ausführung und eine zulässige Geschwindigkeit von 200 km/h erlauben auch die Fahrt über die Schnellfahrstrecken der DB. Lediglich der Gepäckwagen ist nicht druckgeschützt, da sich Reisende oder Personal hier nicht ständig aufhalten.

Da nur die Abteilwagen mit einer Galley für die Zubereitung von kleinen Speisen und Getränken für den Service am Platz ausgerüstet sind, werden Abteil- und Großraumwagen abwechselnd im Zuge gereiht, sodass zwei benachbarte Wagen von einer Galley aus versorgt werden können.

Fuhrpark

Da der Touristikzug etwas besonderes darstellen sollte, wurde er mit den charakteristischen Farben von stilisiertem „Meer, Landschaft und Himmel“ versehen. Die sehr bunte Lackierung mit den Farben saphirblau, laubgrün, verkehrsgelb, himmelblau und weiß zierte in Wellen- und Wolkenform sowohl die Triebfahrzeuge als auch die Wagen.

Für die Traktion wurden drei Triebfahrzeuge auserkoren, und für die elektrische Traktion die 103 220, die sowohl im Einsatz vor dem Touristikzug als auch im regulären EC- und IC-Planbetrieb bis zur Kassierung in diesem Design eingesetzt wurde. Für die Verkehrsabwicklung auf nicht elektrifizierten Strecken standen zwei Diesellokomotiven zur Verfügung, und zwar die 218 416 und die 218 418. Beide 218 wurden nach Aufgabe des Konzeptes in Verkehrsrot umlackiert.

Für die Fahrgäste wurde eine Vielzahl an Personenwagen dem neuen Konzept angepasst. Der Reisezugwagenfuhrpark bestand aus den Abteilwagen Bvmkz856, dem Großraumwagen Bpmz857, dem Club-Speisewagen WRkmz858, dem Gepäckwagen Dmsdz859 bzw. Dmsd859.1 sowie dem „Kinderland“-Wagen WGmz825. Alle Fahrzeuge wurden eigens für den Touristikzug adaptiert, in den bunten Farben lackiert und erhielten zusätzlich neben dem großen DB-AG-Logo noch die Aufschrift „Touristikzug“.

Die sechs Abteilwagen der Gattung Bvmkz856 (73 80 84-90 900 bis 902) sind Umbauten früherer Eurofima-Wagen der 1. Klasse (ex Avmz107 73 80 84-95 753, 765 und 766), von denen wiederum drei Fahrzeuge als Bvmkz856.1 (73 80 84-90 910 bis 912) zuvor beim Lufthansa-Airport-Express Verwendung fanden (ex Avmz107 73 80 19-90 711, 743 und 754). Die Wagen verfügen über neun Abteile, eines davon wurde für eine Galley (Bordküche) reserviert, ein weiteres Abteil dient der Unterbringung der Gepäckstücke. Für den Fahrgastverkehr sind sieben Abteile mit je sechs Sitzplätze verblieben, in denen ein ausziehbarer Tisch eingebaut wurde.

Die acht Großraumwagen der Gattung Bpmz857 (73 80 84-90 903 bis 906, ex Bpmz296 73 80 84-95 781, 782, 784 und 785) und der Gattung Bmpz857.1 (73 80 84-90 913 bis 916, ex Bpmz293.2 73 80 29-94 704, 707, 747 und 778; 2005 Umbau in Apmz857.5 73 80 84-90 913 bis 916) entstammen aus IC-Großraumwagen, die zuvor im Dienste des „UrlaubsExpress“ standen, sowie vier ehemaligen Lufthansa-Airport-Express-Wagen. Für die Schaffung eines eigenen Gepäckbereiches in diesen Wagen wurden pro Fahrzeugseite je zwei kleine Fenster verschlossen. Im Fahrgastraum wurden verschiedene Sitzgruppen für zwei bis vier Personen in vis-a-vis-Bestuhlung mit insgesamt 51 Sitzplätzen untergebracht.

Die beiden Club-Speisewagen WRkmz858 (73 80 88-90 907 und 908) standen erst später zur Verfügung und wurden zunächst von zwei Speisewagen der Bauart WRmz137.2 (73 80 88-95 018 und 025 als WRkmz812 73 80 88-95 917 und 918; seit 2002 im CNL-Fuhrpark) vertreten. Einer dieser Wagen war mit einem normalen Speisebereich versehen und hatte ein Kinderabteil, während der zweite Wagen über ein Bistro mit Stehtischen ausgestattet war und eine Lounge mit Ledersesseln hatte. Die beiden Club-Speisewagen wurden aus zwei IC-Großraumwagen (ex Bpmz293.2 73 80 29-94 730 und 749; seit 2002 für CNL-Verkehre bestimmt) umgebaut und wurden ähnlich gestaltet.

Die beiden Gepäckwagen der Gattung Dmsdz859 (51 80 95-90 909, ex Dms902.1 51 80 95-92 004) undDmsd859.1 (51 80 95-90 919, ex Dms902.1 51 80 95-92 015) dienten zur Beförderung von Gepäck, Fahrrädern oder der Skiausrüstung. Die Wagen konnten innen entsprechend adaptiert werden, um auch Collies (Rollcontainer) transportieren zu können. Die Fahrräder konnten entweder an beiden Wagenseiten aufgehängt oder in einer Reihe aufgestellt werden.

Zum Zeitvertreib für die Kinder diente ein Gesellschaftswagen der Gattung WGmz825, er war mit der Anschrift „Kinderland“ versehen.


ACME hat in den letzten Jahren drei unterschiedliche Sets ausgeliefert, die bereits bildlich vorgestellt wurden:

ACME 90083 – Set A

ACME 90084 – Set B

ACME 90085 – Set C


Modellvorstellung

Kurz nach der Spielwarenmesse erfolgte die Komplettierung des Zuges nach der Auslieferung des Set D unter der Artikelnummer 90086. Dieses Set besteht aus einem Großraumwagen Bpmz857 und dem Kinderlandwagen WGmh825; als UVP wird ein Preis von € 159,99 angegeben.  Die Auslieferung erfolgt dabei mit neugestalteter Verpackungseinlage.


 

Nachtrag (10.04.2016) – Erfahrungen zum Betriebseinsatz

Der Zug verursachte bei der ersten Aufstellung auf der Anlage einen Kurzschluß. Eine Nachschau bei den Achsen ergab, daß die isolierten bei einzelne Wagen falsch eingesetzt waren. Dieses Problem betrifft jedenfalls jene Wagen, deren Drehgestelle mit den Metallblättchen zur Stromabnahme ausgeliefert werden.

Ein weiteres Problem stellt die Betriebssicherheit der Wagen beim Anlagenbetrieb dar. Mehrere Wagen entgleisen laufend. Die Ursache liegt im Bereich Drehgestellrahmen und Wagenkasten. Die Drehgestelle werden am problemlosen Ausdrehen gehindert. Zudem scheint auch die Aufnahme der Kurzkupplungskulisse nicht sauber konstruiert zu sein, denn der Schwalbenschwanz der verwendeten Fabrikate lassen sich nicht sauber einsetzen.


Bilder – Set 90086